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Profi-Spiele – ohne VfL-Beteiligung:
Saison 2009/2010
VfB Speldorf - RW Oberhausen
0:3 König, Terranova, Embers 7.700 (DFB-Pokal, 1. Runde, in Duisburg)
Saison 2008/2009
Arminia Bielefeld - 1. FC
Köln 2:0 Kamper, Wichniarek 24.400
Borussia Mönchengladbach
- 1. FC Köln 1:2 Brouwers - Ehret, Novakovic 44.500 (ausverkauft)
Karlsruher SC - Borussia
Dortmund 0:1 Zidan 29.657
Arminia Bielefeld - VfL
Wolfsburg 0:3 Gentner, Grafite, Dejagah 20.200
1. FC Köln - Bayer
Leverkusen 0:2 Kießling, Helmes 48.500 (ausverkauft)
Arminia Bielefeld - VfB
Stuttgart 2:2 Katongo, Munteanu - Delpierre, Hitzlsperger 25.800
Saison 2006/2007
MSV Duisburg - Bayer Leverkusen
3:2 n.V. Lavric, Idrissou, Mokhtari - Rolfes, Barnetta 16.140 (DFB-Pokal,
2. Runde)
MSV Duisburg - FC Hansa
Rostock 1:2 Schlicke - Yelen, Shapourzadeh 19.100
Saison 2005/2006
FC Schalke 04 - MSV Duisburg
3:0 Kuranyi, Rodriguez, EIGENTOR Meyer 61.524 (ausverkauft)
Bayer Leverkusen - MSV Duisburg
3:2 Freier, Barnetta, Berbatov - Lavric 2 22.500 (ausverkauft)
MSV Duisburg - Hannover
96 0:0 20.000
MSV Duisburg - Hamburger
SV 0:2 Eigentor Möhrle, Ailton 28.164
Saison 2004/2005
MSV Duisburg - 1. FC Saarbrücken
2:1 Ahanfouf, Kurth - Nehrbauer 12.101
MSV Duisburg - Alemannia
Aachen 1:0 van Houdt 20.820
MSV Duisburg - Eintracht
Frankfurt 1:1 van Houdt - van Lent 15.216
MSV Duisburg - TSV München
1860 0:1 Tyce 13.800
Saison 2003 / 2004
Deutschland - Schottland
(EM-Qualifikationsspiel) 2:1 Bobic, Ballack 67.000 in Dortmund (ausverkauft)
MSV Duisburg - 1. FC Union
Berlin 1:0 Hirsch 8.423
MSV Duisburg - FSV Mainz
05 0:1 Thurk 10.120
MSV Duisburg - Eintracht
Trier 2:0 Bugera, Baelum 7.122
MSV Duisburg - Alemannia
Aachen 2:1 Ahanfouf, Baelum - Pflipsen 8.570
RW Oberhausen - FSV Mainz
05 0:0 7.114
MSV Duisburg - VfL Osnabrück
3:1 Bugera, El Kasmi, Kurth - Lenze 8.035
RW Oberhausen - MSV Duisburg
0:3 Kurth 2, Ahanfouf 14.117
Italien U21 - Kroatien U21
1:0 de Rossi 5.486 in Bochum (U21-EM, Vorrunde)
Italien U21 - Serbien-Montenegro
U21 3:0 de Rossi, Bovo, Gillardino 20.092 in Bochum (U21-EM, Endspiel)
Saison 2002 / 2003
FC Schalke 04 - Hertha BSC
Berlin (Ligapokal-Endspiel) 1:4 Agali - Marcelinho (2), Alex Alves, Pinto
15.000 im Bochumer Ruhrstadion
MSV Duisburg - Eintracht
Braunschweig 1:1 Kienle - Thomas 4.450
Deutschland - Niederlande
(Freundschaftsländerspiel) 1:3 Bobic - Kluivert, Hasselbaink, van
Nistelrooy 60.601 in Gelsenkirchen (ausverkauft)
MSV Duisburg - 1.FC Köln
2:2 Ebbers, Zeyer - Kringe, Lottner 16.348
Düsseldorf Rheinfire
- Scottish Claymores (NFL-Europe / American Football) 34:17 43.500 in Gelsenkirchen
Saison 2001 / 2002 (1.
Bundesliga):
FC Schalke 04 – Bayer Leverkusen
3:3 Hajto, Mpenza, Böhme - Schneider, Kirsten, Ballack 60.124 (ausverkauft)
Borussia Dortmund - Slovan
Liberec (UEFA-Cup-Viertelfinale) 4:0 Amoroso, Ewerthon, Koller, Ricken
36.000
Deutschland - Österreich
(Freundschaftsländerspiel) 6:2 Klose 3, Bode 2, Bierofka - Aufhauser,
Wallner 22.000 in Leverkusen
Saison 2000 / 2001 (UEFA-Pokal):
1860 München – FK Drnovice
1:0 Max 8.000 (1. Runde)
Saison 1999 / 2000:
Hallenturnier in der Arena
Oberhausen Sieger: Borussia Mönchengladbach
Saison 1998 / 1999 (1.
Bundesliga):
Werder Bremen – FC Schalke
04 1:0 Borowski
Saison 1996 / 1997 (2.
Bundesliga):
MSV Duisburg – Chemnitzer
FC 1:0
Saison 1995 / 1996 (1.
Bundesliga):
MSV Duisburg – Karlsruher
SC 2:2
Saison 1993 / 1994 (alle
1. Bundesliga):
MSV Duisburg – VfB Leipzig
2:1 Wohlert, Weidemann – Pancev 15.000
B. Mönchengladbach
– Karlsruher SC 1:2 Hochstätter – Krieg, Nowotny 17.000
MSV Duisburg – Werder Bremen
1:0 Közle 21.000
Wattenscheid 09 – Bayern
München 1:3 Bach – Valencia, Frey, Matthäus 32.000
Mönchengladbach – Bayern
München 2:0 Herrlich 2 34.500
Mönchengladbach – B.
Dortmund 0:0 34.500
Saison 1992 / 1993 (2.
Bundesliga):
MSV Duisburg – Fortuna Köln
2:0 Westerbeek, Tarnat 9.000
MSV Duisburg – Wuppertaler
SV 2:1 Westerbeek, Struckmann – Hwang
MSV Duisburg – E. Braunschweig
3:1 Westerbeek, Struckmann, Preetz – Buchheister
Deutschland – Ghana (Freundschaftsländerspiel)
6:1 Effenberg 2, Klinsmann 2, Möller, Kirsten – Abedi Pele 30.000
in Bochum
Saison 1991 / 1992 (1.
Bundesliga):
MSV Duisburg – Eintracht
Frankfurt 3:6 Nijhuis, Woelk, Tönnies – Sippel 2,Yeboah, Möller,
Andersen, Bein
MSV Duisburg – Werder Bremen
0:0
MSV Duisburg – 1.FC Köln
1:3 Steininger – Sturm, Fuchs, Ordenewitz
MSV Duisburg – Borussia
Dortmund 0:1 Chapuisat
Saison 1990 / 1991:
MSV Duisburg – 1.FC Saarbrücken
1:1 Tönnies
Saison 1987 / 1988:
Bayer Leverkusen – Bayern
München 3:4 Götz, Hausmann, Tita - Wegmann 2, Bayerschmidt, Matthäus
(letzter Spieltag)
Saison 1984 / 1985:
MSV Duisburg – Kickers Offenbach
1:1
INSGESAMT:
55 Spiele
25 in der 1. Bundesliga
18 in der 2. Bundesliga
4 Länderspiele
2 UEFA-Pokal-Spiele
2 DFB-Pokal-Spiele
1 Ligapokal-Finale
2 U21-EM-Länderspiele
plus 1 Hallenturnier
plus 1 American-Football-Spiel
davon
30 x mit Beteiligung des
MSV Duisburg
5 x mit Beteiligung des
1. FC Köln
4 x mit Beteiligung des
FC Schalke 04
4 x mit Beteiligung von
Borussia Mönchengladbach
4 x mit Beteiligung von
Borussia Dortmund
4 x mit Beteiligung von
Bayer Leverkusen
3 x mit Beteiligung des
FC Bayern München
3 x mit Beteiligung von
Rot-Weiß Oberhausen
Des Soziologen Spielwiese
Also so richtig gefühlsdurchströmt
war ich nur in einem einzigen einmütigen Augenblick... so gefühlsdurchströmt,
wie beim Anblick der Traumfrau, wenn es einfach nur noch "Zoom" macht oder
"Klick" oder ach ihr wisst schon was ich meine. Du betrittst ein riesengroßes
Stadion, das 80.000 Menschen Platz bietet, beeindruckendes Bauwerk, schaust
Dich um, viele Menschen, mit Rock, mit Kilt, blau-weiß, blau sowieso,
schwarz-rot-gold, Trikots, siehst Norbert Dickel als Moderator, fühlst
Dich auch blau, irgendwie, und dann diese Musik. "When I wake up yeah I
know I'm gonna be - I'm gonna be the man who wakes up next to you - When
I go out yeah I know I'm gonna be - I'm gonna be the man who goes along
with you - If I get drunk yes I know I'm gonna be - I'm gonna be the man
who gets drunk next to you - And if I haver yeah I know I'm gonna be -
I'm gonna be the man who's havering to you- BUT I WOULD WALK 500 MILES
AND I WOULD WALK 500 MORE JUST TO BE THE MAN WHO WALKED A THOUSAND MILES
TO FALL DOWN AT YOUR DOOR!" Lauter "DA-DA-DAAAA"´s folgen, grölen
was das Zeug hält. Kommt gut, kommt wahnsinnig gut. Wow. Zoom.
Thommy und Sam haben diesen
einen winzigen Augenblick verpasst. Sie standen am Bierwagen.
Was war das nur für
ein Spiel, für ein Abend? Ein Sammelsurium an witzigen Szenen, an
Bruchstücken für ein weiteres Kapitel in meinem Fußballleben,
an Sandburgen für die Spielwiese des Soziologen. Ein Abend, an dem
Thommy mit besonderer Vehemenz "Ich freu mich auf den Text auf Deiner Homepage"
sagt und mich damit so unter Druck setzt wie Rudi Völler die deutsche
Mannschaft mit seiner isländisch-trapatoniähnlichen Brand-Wutrede.
Ein Abend, der mit einer kurdischen Demonstration vor der Mülheimer
Bahnhofsklitsche "La Stazione" (welch irrwitziger Name) begann, in der
Thommy und ich uns grad Pizza und Pommes-Currywurst-Majo reinfegten. Ein
Puzzle aus Mini-Szenen. Die ich am besten kurz hintereinander"schneide".
Mit losen Verbindungswörtern, Sätzen, was weiß ich.
Nun denn: Drei Länderspiele
hab ich schon gesehen, aber eins von der Sorte "PFLICHTspiel" war noch
nicht dabei. Doch einmal mehr bin ich der erfahrenste der Sippschaft, denn
mein Bruder Thommy hat gerade einmal eins zu bieten, und das war auch noch
1993, als Klinsmann nebst Uwe Bein noch spielte; und Gerd und Sam sind
noch ganz jungfräulich auf diesem Fußball-Gebiet. Mensch, das
freut mich aber, dass die alle dabei sind. Ansonsten, in der Bochumer Ostkurve,
da ist es doch irgendwie unpersönlich, so emotinal, dass man den anderen
zwar registriert, aber auch nur halb. Und nun... ein Länderspiel,
fünf volle Stunden Zeit zum quatschen, zum belustigen... Verabredung
im Waggon hinter der Lok, im Regionalexpress Richtung Dortmund, 19.05 Uhr,
es schifft in Strömen. Ab bis Dortmund, die Polizei ist dort ausnahmsweise
unser Freund und Helfer, und steckt uns, dass die U-Bahnen nicht fahren,
weil ein Volldepp die Notbremse gezogen hat. Also ab zur S-Bahn; klappt
auch ganz gut. "Mensch die Polizei hat mir geholfen, obwohl ich ein Schwarzer
bin!", brüllt Sam laut. Hihi, kann ein lustiger Abend werden. Was
werden wohl die deutschen Fans rufen? "Deutschland ist das geilste Land
der Welt?"
Soll ich lachen oder weinen?
Auf zum Stadion, und lauter Menschen, die sich getreu dem Motto "Hier bin
ich Mensch, hier darf ich Nazi sein!" fortbewegen. "Deutschland-Schals
- nur fünf Euro", brüllt ein Händler, der sich mitten im
Regen eine Erkältung holt. "Mehr ist der Scheiß auch nicht wert",
antwortet Thommy laut. Keiner dreht sich um. Weils regnet? Weils so kalt
ist? "Deutschlaaaaand - Deutschlaaaaand" brüllen die Menschen; "der
Führer hätte seine helle Freude daran", flüstere ich Thommy
zu; nicht zum einzigen Mal an diesem Abend. Es ist alles so neu, so anders;
viele Fans, alle komischer Laune. 0:0 hat die Mannschaft in Island gespielt,
stand vier Tage lang im Mittelpunkt der BILD-Schlagzeilen. Und dann auch
noch die Schotten; mit Böööörti Vogts. Hui, viele Schotten
da, die meisten mit Kilt. Und dann Gerd, mit VfL-Bochum-Schal (er ist übrigens
der einzige, den ich damit gesehen habe); Thommy, mit Vietnam-Trikot; Andi,
mit Kamerun-Shirt und Sam, der dunkelhäutige (einer, der wenigen).
Ein Quartett voller Ausnahmen. Irgendeiner sieht doppelt; blickt auf mein
Kamerun-Shirt, schaut Sam an und brüllt: "KAMERUUUUUN!" Manmanman...
"Nee, Block 74 ist nicht hier - ist woanders. Einma um Stadion rum!" Alles
klar, und das mitten im Regen. Stadion ist imposant, keine Frage, ich komm
bestimmt wieder, wenn wir uns mit dem VfL die nächste 0:5-Klatsche
abholen (wie vor ein paar Jahren, als Axel Sundermann an sechs von fünf
Gegentoren schuld war, ich erinnere mich genau); und doch: Die Aufgänge
auf den Tribünen sind von einem Architekten gestaltet worden, der
sonst Parkhäuser konzipiert.
Sitzen ist fürn Arsch,
aber die UEFA schreibts vor. Block 74, Reihe 24, Plätze 10 bis 13,
sitzen sogar richtig, im Gegensatz zu ein paar anderen, die die Reihenzahlen
nicht lesen können. Macht gar nix. 500 Miles, dann noch "God gave
Rock´n´roll to you", Stimmung ist astrein. Sitzen in einem
gemischten Block, aber links von uns: Nur Schotten. Hier bin ich Mensch,
hier darf ich Nazi sein; dieser Gedanke überfällt mich einmal
mehr beim Blick in viele Gesichter rechts (wie bezeichnend) und gegenüber.
Schwarz-rot-gelb angemalt, schwarz-rot-gold auf den Schals, auf dem Trikot,
als Shirt. "Der übertreibt aber!", werden wohl einige von Euch denken;
okay, lasst uns über Nationalstolz diskutieren. Ich hab den ganz und
gar nicht. "Gut, dass der Freier nicht mitspielt", trötet Thommy feststellend.
"Ansonsten hätte ich mit dem Haufen sympathisieren müssen!" Dann
doch lieber ein halber Schotte sein, und die schrägen Sprechchöre
mitträllern, die ohnehin keiner versteht, wahrscheinlich nicht einmal
die Schotten selbst. Der strömende Regen spiegelt sich im Flutlicht,
schön sieht das aus. Kahn wird ausgepfiffen, Sam wedelt mit einer
kleinen Deutschland-Fahne, als "Heeeey Baby, uuu-aaahh - I wanne knooooow"
undsoweiter angespielt wird. Eine affige Chereographie-Einlage des Europapark
Rusts folgt, bei der sich einige Hauptdarsteller mächtig auf die Fresse
legen, und dann ist´s soweit: 22 Spieler laufen ein, singen die Hymne.
Die läuft auf der Anzeigetafel gleich mit. Die erste Strophe des "Deutschland-Lieds"
hat keiner gesungen, aber wenn die über die Anzeigetafel gelaufen
wäre, es hätt kaum jemanden außer uns gejuckt.
Anpfiff.
Da wäre dann die Geschichte
mit dem Schwaben.
Der Platz neben mir ist
noch frei. Bis 20 Minuten vor dem Anpfiff, zehn Minuten vorher, eine Minute
vorher, Hymnen vorbei, Stimmung bei den Schotten gut, bis vier Mann sich
auf die leeren Plätze neben mir setzen. Es schwäbelt in Reihe
24. "Ich komm aus Schtuttgart, bin siebenahalb Schtunde gefahrn!" Morgen
früh müsse er um 8 Uhr arbeiten, frohlockt der Typ mir ins Auge,
obwohl ich ihn mit dem Du-interessierst-mich-einen-Scheißdreck-Blick
ansehe und ihn beharrlich anschweige. "Stand up - if you hate England"
wird angestimmt, alle außer uns stehen auf, der Typ auch, brüllt
mit, setzt sich, guckt mich an. "Also weißte, eigentlich habe ich
nix gegen Ausländer, aber ich war schon in Schottland, und als Fußballfan...
weißte, eigentlich wähle ich ja Grün!" Ja, gut, sicher...
das neuartigste Totschlag-Argument. "Eigentlich wähle ich ja Grün!"
Ein nationalstolzer Voll-Spinner.
Und dann wären da noch
Sam und Thommy.
Die Schotten zeigen nicht
viel bis gar nichts. Vor allem der Zweier rechts hinten in der Abwehr kriegt
ja mal gar nix hin, und er wird von Trottel-Tobi Rau dauernd überlaufen
(was nicht für ihn spricht). Irgendwann passt Kuranyi dann auf Bobitsch,
und es steht 1:0. Naja, dann müssen wir unseren Abgesang verschieben.
In der Halbzeitpause gibt dann ein deutscher Edelfan vor 67.000 Leuten
zu, Schalke-Fan zu sein. Hut ab! Aber für den Satz "ich hab dem Emmerich
sein Tor gesehn" wird er von allen geknutscht. Nach der Pause wimmst der
Ballack-Depp einen Elfmeter zum 2:0 in den Kasten, und das scheints gewesen
zu sein. Oder nicht? McCann zum 1:2 in der 60. Minute - und Jubel. Bis
zum Schluss bleibts spannend. Was das mit Sam und Thommy zu tun hat? Ganz
einfach, jedesmal, sobald ein Schotte die Mittellinie überschreitet,
packen sich die beiden an den Armen, brüllen "JAAAAA-JAAAA-JAAA",
auf den Ausgleich und die danach auf die Mannschaft prasselnde Häme
spekulierend. Insgeheim denke ich genauso, drücke die Daumen mit,
würd mich doch auch sehr freuen.
Doch der Schwabe wiederum...
... findet das alles gar
nicht komisch. "Diese Schadefreud, des isch zum Kotschn...", brummelt er
fortwährend vor sich hin; wir versauen ihm ganz schön die Laune;
eine gar nicht mal so schlecht aussehende Frau tätschelt ihm zur Beruhigung
die Birne (wohl seine Freundin, warum auch immer). Würd ich auch noch
loslegen, krieg ich voll einen auf die Zwölf, schwants mir. Halt meine
Klappe, wohlweislich. Dann scheint Berti Vogts Fußball mit Kegeln
zu verwechseln. "Abräumen", hat er wohl seinen Jungs zugebrüllt,
und die fegen die deutschen Spieler mit Hammergrätschen ganz schön
vom tiefen Acker. Irgendwann fliegt ein Schotte runter, und ich frage mich,
wie ausländerfeindlich die Stimmung gewesen wäre, wenn Türken
so gespielt hätten. Aber ach was, die Schotten sind halt so. "Deutschlaaaaand
- Deutschlaaaand"- und "Steht auf wenn Ihr deutsche seid!"-Sprechchöre
würden den Führer zum Onanieren auf die Toilette treiben. Leicht
ironische Elemente wie "Wir wollen Weizen für Waldi" anstatt "Es gibt
nur ein Rudi Völler" gehen leider ruckizucki verloren.
Abpfiff. Es geht zu Ende.
Mit einem 2:1 für Deutschland
und der mutmaßlichen EM-Qualifikation. Mit einem durchschnittlichen,
aber unterhaltsamen Spiel. Mit massenweise Erfahrungen im Umgang der deutschen
Fußballfans mit Nationalstolz. Mit einem alten Opa, der "Du hast
aber einen weiten Rückweg" sagt, als er mein Kamerun-Shirt sieht (und
das ernst meint). Mit einem Dudelsack spielenden Schottland-Fan in der
S-Bahn zurück. Mit interessanten und witzigen Gesprächen mit
den Jungs mal außerhalb der Ostkurve.
Mit Bruchstücken für
ein weiteres Kapitel in meinem Fußballleben. An Sandburgen für
die Spielwiese des Soziologen.
Mit einem winzigen Zoom-Moment...
Meeting Björn Joppe
Da war ich auch.
Joppe und Schröder
haben 90 Minuten gespielt.
Zweite Liga halt.
Keiner mag uns, scheissegal
22 Euro hab ich in diese verfluchte Eintrittskarte investiert. 22 Euro, also ein Quadratzentimeter in einen Betonklotz des neuen Duisburger Wedaustadions (nennt mich Mit-Inhaber) und dann sehe ich das gurkigste Rumgestümper des Jahres. Schlecht gegen noch schlechter. Einfallslos gegen noch einfallsloser. Mies gegen noch mieser. Langweilig gegen noch langweiliger. "Wir sind Zebras, Super-Zebras, keiner mag uns, scheißegal", brüllt irgendein Fanklub. Ja, nun, sicher... Und das sollen Aufstiegskandidaten sein? Bitte, steigt ruhig auf, kommt dann ins Ruhrstadion und holt Euch sechs Stück ab. Keine Sorge, wir erledigen das. 22 Euro, doch mein Arbeitskollege Marcus Lemke, ein Duisburg-Fan, der links neben mir eine Currywurst vertilgt (während ich mir eine 2,50-Euro-Cola reinwürge), ist noch viel ärmer dran. Den nimmt das auch noch völlig mit und trifft das persönlich. Ich verfluche meinen Nebenjob als "Fußball-Junkie" schon, als Thurk das einzige Tor des Tages für Mainz schießt. In der 73. Minute. Die Rufe reichen von "Meier raus!" (mit Vorliebe und ganz laut!) über "Nasenmann raus!" bis zu "Wir haben nie wieder ne Torchance!" und "Wir wollen Ewald wiederhaben!" Da passiert endlich mal was, und genau dann ist das Spiel vorbei. 22 Euro für so einen Mist. Das wären vier Abende im Kino gewesen. Inklusive Cola.
KAMELLE, DÄ PRINZ KÜTT - Freitag, 20. Februar 2004, 19 Uhr:Drei Tage vor Rosenmontag
19.30 Uhr. Spiel läuft
eine halbe Stunde. Wäre schon eher da gewesen, wenn um 19 Uhr noch
Sonderbusse vom Duisburger Hauptbahnhof zum Stadion gefahren wären.
Also auf die S-Bahn warten. Und noch zehn Minuten latschen. "Gibts noch
ne ermäßigte Karte für arme Studenten?" "Ja, gibts. 4 Euro
bitte." Und... TOOOOOOOOR! Na super... da geh ich einmal in dieses blöde
Stadion, zu einem noch viel blöööderen Zweitligaspiel, und
dann verpass ich auch noch eins von wahrscheinlich ziemlich wenigen Toren.
Freitagabend, es ist kalt. Ich hab mal wieder keine Jacke an und bemühe
mich darum, nicht zu frieren. Scheiß drauf, ist nur der MSV. Hab
schon ne halbe Stunde versäumt, die Zeit für ne heiße Bratwurst
hab ich auch noch. Ein kurzer Blick auf die Anzeigetafel verrät, dass
Herr Baelum in der 25. Minute das Tor erzielt hat. Egal. Ich war vorher
noch unterwegs, und bin halt später gekommen. Aber ich habs meinem
Zebra-Kumpel Helmut versprochen...
... der steht laut sms irgendwo
unter einer Mercedes-Werbung. Wow, die sind schon richtig weit mit dem
Stadion-Umbau. Leider ist das daher ziemlich eng in der Kurve, und an ein
Durchkommen vor der Halbzeitpause nicht zu denken. Wie das Spiel so sein
mag, kann ich nur erahnen. Pause, Helmut? Helmut? Blick links, Blick rechts.
Helmut? Jepp, gefunden! Zweite Halbzeit, Elfmeter Bugera, 2:0. Das Spiel
ist einseitig, Duisburg spielt (ich glaub zum ersten Mal in dieser Saison)
ganz ordentlich und fährt den Dreier nach Hause. Leider gibts diesmal
keien "Nasenmann raus"-Rufe, aber okay, kann ja
nicht
immer Karneval sein. In drei Tagen ist Rosenmontag.
20.50 Uhr. Jetzt erstmal
ein Dönerteller.
Hätten wir mal...
Jeder Fußballfan neigt
dazu, viele Sätze mit den drei Worten "Hätten wir mal" zu beginnen.
"Hätten wir mal letzte Woche, dann würden wir jetzt..." heißt
es dann meist, und es folgt ein minutenlanger Redeschwall voll von vergebenen
Möglichkeiten. Pro Saison kommt das in etwa fünfmal vor (je nach
Verein und der jeweiligen Situation auch dreimal oder achtmal - ich zum
Beispiel hab das in dieser Saison, da es so gut läuft, noch nicht
gesagt). So ist das eigentlich. Es sei denn, das eigene Fußballherz
schlägt für den MSV Duisburg. Die Duisburger sind seit vier Jahren
ununterbrochen an jedem Spieltag damit beschäftigt, ihre Spielanalyse
mit "Hätten wir mal" zu beginnen. Am Ende stehen sie dann in der 2.
Bundesliga sowieso wieder auf Platz neun, zehn oder elf - mit genauso vielen
Punkten Abstand nach oben wie auch nach unten, und suhlen sich im Sumpf
des Selbstmitleids. Genauso ist es auch in diesem Jahr.
Um solche "Hätten wir
mal"-Sprüche ansetzen zu können, muss der MSV ab und zu auch
mal ein bravouröses Spiel abliefern. Das heutige war so eins. Ich
werde noch so etwas wie der Zebra-Glücksbringer. Zwei überzeugende
Heimspiele hat der MSV gebracht, beide habe ich gesehen, gegen Trier und
heute. Was gäbe es sonst noch zu berichten? Das erste Teilstück
des neuen Stadions wurde eingeweiht. Die Currywurst-Pommes-Majo ist im
Wedaustadion mehr schlecht als recht. Pavel Drsek hat den Fahrenhorst-Nachfolger-Test
noch nicht ganz bestanden. Aachen hat mich enttäuscht. Das Wedaustadion
ist grau, kalt und hässlich. Hoffentlich wird das neue schöner.
Das wärs. Ein nettes Spielchen.
Warum ich überhaupt
da war?
Guckt Euch mal meine Seite
an. Die Fußballsucht hat wieder zugeschlagen.
Besuch in der Emscherkurve
"Fußball ist unser Leben - der König Fußball regiert die Welt", lautet ein Satz aus einem völlig schlechten, übertriebenen Schlager, und doch - so scheints mir - trifft zumindest der zweite Teil auf mich zurzeit zu. Samstag Hertha gegen Bochum, Sonntag VfB Speldorf gegen Viktoria Goch, Montag MSV Duisburg gegen Alemannia Aachen, Dienstag Chelsea gegen Stuttgart im Fernsehen, heute erst in Oberhausen und dann im Fernsehen Real Madrid gegen Bayern. Und ich krieg von diesem simplen, dämlichen, blöden Spiel einfach nicht den Hals voll. Ich bin so süchtig danach, dass ich sogar bereit bin, mich neben Kumpel Helmut in die "Emscherkurve" des Niederrheinstadions in Oberhausen zu stellen. Bei einer ziemlichen Kälte und einem unangenehmen Wind auf die unüberdachte Stehplatztribüne eines Stadions, das so gerade eben Zweitligaansprüchen genügt. Ich bin bereit, mir 80 Minuten lang ein absolut langweiliges Gekicke mit null Torchancen anzusehen, und das bei Nieselregen. Gibt es eine Selbsthilfegruppe für anonyme Fußballfans? Ich wär ein heißer Teilnehmer-Kandidat. Gegangen sind Helmut und ich zehn Minuten vor dem Abpfiff. Wir wollten ja schließlich pünktlich zum Bayern-Spiel vor dem Fernseher sein.
Merke: CD's sind Wurfgeschosse
19 Uhr, Mülheim Hauptbahnhof. SMS: "Sind noch in Mülheim. Wird knapp!" 19 Uhr, Wedaustadion Duisburg: Anpfiff zum Zweitligaspiel Duisburg - Tabellenachter - gegen Osnabrück - Tabellenschlusslicht. Warum tue ich mir das an? Warum gehe ich da überhaupt hin? Will ich das überhaupt? Egal, versprochen ist versprochen. Es stürmt. Mist, jetzt kommt auch noch Regen dazu. 19.02 Uhr: Abfahrt mit Arbeitskollege Marcus, der auch zum Spiel will. 19.08 Uhr: Zwischenstopp am Blötter Weg, ein Foto knipsen für die Stadionzeitung des VfB Speldorf. Ins Auto, Antenne Ruhr einschalten. RWO führt 1:0 in Fürth, Moderator Below wiederholt die Entstehung des Tores immer und immer und immer wieder. 19.25 Uhr: Antenne Ruhr, immer noch. Marcus hat zahlreiche rote Ampeln mitgenommen und hätte - wenn er beobachtet worden wäre - so viele Punkte in Flensburg gesammelt wie der MSV im Moment in der 2. Bundesliga. "Und in Duisburg ist was passiert. Es steht 1:1." "Was für ein verkorkster Abend", sagt Marcus. In der Redaktion total abgehetzt, drei Seiten fertig gestellt, dann zu spät kommen - und auch noch zwei Tore verpassen. Und es stürmt. 19.31 Uhr: Kassenhäuschen. 19.32 Uhr: Ordner. "Tut mir leid", quängelt einer. "Mit den CD´s in ihrer Tasche kommen sie nicht rein. Das sind Wurfgeschosse!" Hallo?? 100 Meter weg vom Spielfeld, Gegenwind und dann CD's????? 19.45 Uhr: Duisburg schießt durch Kurth das 2:1. Treffe Kumpel Helmut in der Kurve. Wir labern ein bisschen, schauen uns die mäßige zweite Halbzeit an, die der bessere MSV noch mit dem Tor zum 3:1-Endstand abschließt. Osnabrück geht wohl sicher runter in Liga drei, wir bestaunen das neue Stadion, und fahren nach Hause. Was habe ich genau an diesem Abend an der Wedau gewollt? Ich weiß es nicht. Wirklich nicht.
Seid stolz auf dieses Spiel
Wahnsinn wieviel Fußball
ich in dieser Saison gesehen habe. Es wird allein mein 29. Profifußball-Live-im-Stadion-Spiel
sein. Es? Wochenende der Revierderbys. Morgen das "große" Bochum
gegen Schalke. Und heute das "kleine". Oberhausen gegen Duisburg. Kanalkurve
im Niederrheinstadion. Im Stadion, das ich auch mit dem Fahrrad prima erreichen
könnte. Fahre mit Kumpel Helmut. Mit dem Auto.
Es gibt nicht nur einen
MSV-Fan in meinem Bekanntenkreis, der mich immer zu den Spielen mitnehmen
möchte. Nein, auch mein Onkel Dietmar, wohnhaft in... genau: Duisburg,
besucht regelmäßig das Wedaustadion, und beide haben sich beschwert.
Meine Texte hier auf der Homepage seien zu negativ. Warum ich überhaupt
mitginge, wenn ich es sowieso nur runterputze? Okay, Kritik angekommen;
aber ein paar von den Spielen, die ich gesehen habe, waren wirklich sehr
schlecht. Das ist nicht das Thema. Ausnahmsweise haben die MSV-Fans mal
wieder den Taschenrechner rausgeholt, ausnahmsweise fängt jeder Satz
mit "Hätten wir mal" an (sieh nach beim Aachen-Spiel),
und als wir am 18.20 Uhr am Stadion eintreffen, fragen wir uns, warum die
Infrastruktur rund um RWO erstligareif sein sollte. Sie ists nicht. Für
ein paar Tausend Gäste-Anhänger stehen gerade einmal zwei Aufgänge
mit insgesamt sechs (!) Kartenabreißern zur Verfügung. Es ist
alles so verflucht eng, als ob niemand vorbereitet gewesen wäre. Kommen
dennoch rein, an polternden Security-Bierbäuchen vorbei und platzieren
uns mittig hinter dem Tor. Es wird enger und enger, und - ich gebe zu -
voller als beim damaligen VfL-Gastspiel hier. Die Stimmung ist völlig
anders. Wir Bochumer haben das nicht als "echtes" Revierderby angesehen.
Oberhausen und Duisburg - das ist Niederrhein... aber wir? Wir sind Westfalen,
eher in Richtung Dortmund, Gelsenkirchen, Bielefeld orientiert. Nebensache.
Helmut ist euphorisch. Seine gute Laune fing beim guten Parkplatz, in Turbinenhallen-Nähe,
an. Er hat glatt vergessen, dass er mit seinem neuen Polo morgens eine
Laterne geküsst hat. "Bestimmt 15.000", schätzen wir die Zuschauerzahl,
als sich die Lederjacken-Fraktion in unsere Richtung bewegt. Das sind diejenigen,
die sich mit modischen (Ganz-)kurzhaarfrisuren fortbewegen, die vermutlich
gerade "Freigang" haben (um mal Vorurteile auszupacken). Irgendeiner beschimpft
den Schiedsrichter bei jeder Entscheidung contra MSV als "Jude". Peinlich
und unendlich traurig zugleich. Oberhausen beginnt stark. Caio köpft
an die Latte und köpft kurze Zeit später nochmal - ein MSV-Spieler
klärt. Auf oder hinter der Linie? Auf, meint der Schiri... Helmut
schnauft durch, ich freue mich. Will nur ein gutes Fußballspiel sehen,
und das scheine ich zu bekommen. Auf einmal kippt jemand aus der Lederjacken-Richtung
um. Wird auf die Laufbahn getragen. Polizisten kommen angestürmt,
die auf solche Situationen vorbereitet sein müssten. Müssten.
Denn eine junge grün uniformierte Frau fleht: "Was soll ich machen?"
Die Lederjacken drehen durch. Es kommt zu leichteren Tumulten, als nach
zwei Minuten immer noch kein Sanitäter eingetroffen ist. "Das sieht
nicht gut aus", ferndiagnostizieren wir. Nach drei Minuten kommt endlich
ein Sani, nach zehn Minuten dann drei Krankenwagen. Der Kerl scheint noch
zu leben, aber die Krankenversorgung ist ein Skandal. Und das bei einer
Großveranstaltung mit offiziell 14.117 Menschen!! Vom Spiel haben
wir noch nicht viel mitbekommen. Nach 15 Minuten hat sich der MSV bekrabbelt
und nun das Spiel scheinbar im Griff. Nach einer halben Stunde flankt Keidel,
und Ahanfouf nickt zum 1:0 ein. Große Freude im Block, die Lederjacken
zünden eine Rauchbombe, und wir haben genug. Wir wechseln unseren
Standort. Sehen Ouedraogos RWO-Chance. Er ist frei durch, doch vergibt.
Halbzeit 1:0, es ist viel drin; nicht nur im Spiel, sondern auch außerhalb.
Es gibt diesmal viel zu erzählen, und - Hallo Dietmar, Hallo Helmut
- noch nichts Negatives.
Seitenwechsel der Mannschaften.
Solche Spiele eignen sich immer prächtig, Fankurven von anderen Klubs
zu analysieren. Wer den "Ultras" zuhört, der kann die eigenen "Ultras"
besser bewerten. Der "2010 - ihr werdet es schon sehen"-Sprechchor ist
wohl ultra-übergreifend, genauso "Ihr seid nur Auswechselspieler"
zu den gegnerischen Ersatzleuten, sofern sie sich vor der eigenen Kurve
warmlaufen. Auch die kurvenwechselseitigen Rufe (die eine Seite ruft "MSV",
die andere antwortet "MSV" - beim VfL geht das so: "Wen lieben wir?"; "V
F L !"), das "Humba-humba-Tätärä"-Gebrülle sowie die
"Steht auf für den ... "-Gesänge sind gleich. Schade, dass sich
die Ultras jeweils so ähnlich sind. Lediglich in Choreographien und
Größe der Gruppe heben sie sich voneinander ab. Ich habe den
MSV schon genug kritisiert, wie gesagt. Dann muss das diesmal nicht sein.
Aber es wäre auch unangebracht. In Halbzeit zwei spielt der MSV stark.
Wir fragen uns einerseits, warum der MSV erst seit drei Spielen so überzeugt,
und andererseits, wie Oberhausen an 42 Punkte gekommen ist. Kaum zu fassen:
Vor vier Spielen war Oberhausen Erster, und der MSV auf Platz 14. Jetzt
trennen beide Teams wohl nur noch vier Punkte. Kurth erzielt das 2:0 in
der 58., wenn auch aus abseitsverdächtiger Position, und sogar noch
das 3:0, kurz vor Schluss. Dann fliegt Oberhausens Cipi nach einer Beingrätsche
vom Platz - also auch in Halbzeit zwei wieder alles drin im Spiel der Ruhrpott-Zweitliga-Rivalen.
Ich überlege mir, wie ich das Spiel wohl aus RWO-Sicht bewertet hätte?
Wahrscheinlich so: Sehr gut angefangen, zwei gute Chancen gehabt, ein vermeintliches
Tor nicht gegeben. Beim Stand von 0:1 eine weitere sehr dicke Chance nicht
genutzt - und durch ein klares Abseitstor auf die Verliererstraße
geraten und unnötig hoch verloren. Dass das Resultat am Ende in Ordnung
geht, dürfte wohl niemand bestreiten.
Mit einem guten Fußballspiel
im Magen geht es zum guten Parkplatz. Helmuts Euphorie ist nicht enttäuscht
worden. Und ich kann endlich auch einmal den MSV Duisburg loben - mit Ausnahme
der Lederjacken-Fraktion.
Aber sonst? Spiel gut, Stimmung
gut: Ihr könnt stolz auf dieses Spiel sein.
Italienischer Fussball ist grausam!!!
Jaja, ich höre schon
wieder das Geseier in meinen Ohren: "Blablaaaa Andi du bist total bekloppt,
du guckst dir auch jeden Scheiß an!"
Zurzeit wird ein großes
Fußballturnier in Deutschland, ja sogar zum großen Teil in
Nordrhein-Westfalen ausgetragen, und keiner nimmt davon Notiz. Es ist immerhin
die Europameisterschaft der U21-Mannschaften, der künftigen Topstars
- und es geht nicht nur um die EM, sondern auch um die Olympia-Qualifikation.
Und getreu dem Expo-2000-Motto "Das gibts nur einmal, das kommt nicht wieder",
beschlossen mein VfL-Kurvenkumpel Gerd und ich beim Hannover-Spiel,
uns das Rumgekicke von verwöhnten Jungmillionären mal im Ruhrstadion
live anzusehen. Gesagt, getan; und so saßen wir dann da, heute um
20.45 Uhr. Fremd in unserem eigenen Ruhrstadion...
"Gerd, lass uns doch mal
setzen. Schön auf die Tribüne. Wenn schon dekadent, dann richtig,
oder?" Komisch, es ist "unser" geliebtes Ruhrstadion, und doch weht hier
eine komische Luft... INTERNATIONALE Luft... sie kann ja direkt hierbleiben,
und braucht in diesem Jahr mal nicht nach Dortmund oder Gelsenkirchen weiterziehen.
Dienstagabend, ein ganz
normaler Werktag im Ruhrgebiet geht zu Ende. Die S-Bahnen, Regionalexpresse
und U-Bahnen sind prall gefüllt, und doch fällt etwas auf. Genau:
Auffällig viele tragen ein "Croatia"- oder "Italia"-Trikot. Stimmt,
es ist ja U21-EM. Gerd und ich haben uns an der Tankstelle gegenüber
der Ostkurve verabredet, und - hilfe - auch Gerd trägt ein Italien-Shirt.
Ich dachte, wir könnten uns NEUTRAL bewegen. Falsch gedacht. "15 Euro
für einen ermäßigten Sitzplatz - das geht doch." Wir bezahlen,
treffen Michael Schuuuuuuuuuuulz, den ehemaligen Auf-alles-drauf-Treter
von Bremen und Dortmund und jetzigen Dummschwätzer des DSF, am Bratwurststand,
und setzen uns hin. Viel ist nicht gerade los, so dass uns die freie Sitzplatz-Auswahl
bleibt. Das Ruhrstadion wirkt auf einmal so klein, so beschaulich. "Warte
ab, in zehn Jahren hast du auch deinen festen Sitzplatz", flunkert Gerd
- und ich könnte ihn verfluchen... wir stellen fest, wie mittig wir
in der Ostkurve stehen; und obwohl uns der Tribünenüberblick
auch durchaus gefällt, beschließen wir, es bei diesem einmaligen
Ausrutscher bewenden zu lassen. Drei Reihen vor uns sitzt Frank Benatelli,
während Halbzeit zwei rauscht unser Ersatztorwart Christian Vander
vorbei.
Die Organisation des Ganzen
ist bescheiden. Okay, nur knapp fünfeinhalbtausend Zuschauer sind
da; aber für zwei ganze Sitzplatzblöcke gerade mal einen Würstchen/Getränke-Stand
mit vier Mitarbeitern öffnen? Also bitte... Die Nationalhymnen von
irgendsoeinem komischen Bergarbeiterchor sind auch nicht gerade laut. Und
überhaupt werde ich diesen ganzen Länderspielquatsch immer lachhaft
finden. Gerd und ich haben keine Ahnung. Keine Ahnung, wie der Tabellenstand
ist, keine Ahnung von den Spielern der Mannschaften. Nur der Herr Babic,
die Nummer zehn Kroatiens und Nummer 19 Bayer Leverkusens, ist uns ein
Begriff. Irgendjemand verrät uns, dass beide Mannschaften unbedingt
gewinnen müssen, um weiterzukommen. Aha. Wir wollen uns nur amüsieren
- das geht in unserem gemischten Block prächtig (die einen rufen etwas
auf Kroatisch. die anderen brüllen ständig "ITALIA! ITALIA! ITALIA!)
- und ein gutes Fußballspiel sehen.
Aber wir haben vergessen,
dass eine italienische Fußballmannschaft mitspielt.
Meine Wertschätzung
für die italienische Art, das Fußballspiel zu interpretieren,
sinkt von Minute zu Minute. Und sie war ohnehin nicht hoch. Fragt mal meine
Kollegen, die dabei sind, wenn ich ein Spiel von AC Mailand live im Fernsehen
sehe. Ich krieg bei diesem langweiligen Catenaccio-Mist das Kotzen... Fast
80 Prozent aller Spiele mit italienischer Beteiligung laufen gleich ab.
Du merkst, dass alle elf Spieler durchaus technische Möglichkeiten
besitzen. Aber garantiert werden alle elf nur gerade eben soviel von ihren
Fertigkeiten zeigen, dass es zu einem 1:0-Sieg reicht. Ich behaupte immer,
dass die Ansprache des AC-Milan-Trainers vor Europapokal-Auswärtsspielen
ausfällt. Er schreibt einfach nur "0:0" an die Tafel und geht raus.
Und meistens folgen seine Spieler dem Trainerwunsch.
Und jetzt schaut doch mal
auf das Endergebnis und ratet, wie das Spiel abgelaufen ist... haargenau:
Die Italiener haben ein winziges, mickriges, saublödes Tor geschossen,
natürlich nach einer Standardsituation, bloß nicht aus dem Spiel
heraus. Daniele de Rossi oder so ähnlich war der Torschütze,
in der etwa zwanzigsten Minute. Und der Rest? Dank des tollen Tribünen-Überblicks
sind die zwei Viererketten der Italiener in Abwehr und Mittelfeld gut zu
erkennen. Alle verschieben sich prima in Ballrichtung. Die gegnerische
Elf wird erst Mitte der eigenen Spielhälfte richtig attackiert. Dadurch
wird das Spielfeld so verflucht eng, dass den Kroaten kein Platz zum Kombinieren
bleibt. Möglichkeiten bleiben nur wenige. Angriffe durch die Spielfeldmitte
sind nahezu unmöglich. Bei Standardsituationen versagen die auch sonst
erschreckend einfallslosen Kroaten in schöner Regelmäßigkeit
- das Eckenverhältnis schwillt auf 10:1 (!!!) an. Und wenn einmal
eine Flanke in die Mitte fliegt, fegt ein überragender Innenverteidiger
den Ball mit dem Kopf weg. Ja, einen herausragenden Innenverteidiger braucht
das italienische Spiel. In der A-Elf ist das der Job von Nesta. Entlastung
ist nicht nötig. Ab dem 1:0 überschreiten die blau-weißen
Italiener höchstens fünfmal die Mittellinie, tragen selbst überhaupt
nichts mehr zum Spiel bei. Die Ballbesitz-Statistik liegt bei gefühlten
75:25 Prozent für Kroatien. Trotz Unterzahl (Del Nero hat Gelb-Rot
gesehen) schaukelt Italiens U21 den Sieg locker und mit viiiiiiel Zeitspiel
nach Hause. Ich schwöre, dass der italienischen Mannschaft selbst
gegen die zweite Mannschaft des VfB Speldorf aus der Kreisliga B ein 1:0
reichen würde...
"Ich hab doch schon direkt
nach dem 1:0 gesagt, dass wir nach Hause gehen können", sage ich zu
Gerd nach dem Abpfiff. Es war doch sonnenklar... Das Spiel erhält
von uns die Spielnote 4. Die anderen neutralen Besucher haben es ähnlich
gesehen. "Wenn die Italiener ein Tor schießen, wird es verdammt schwer",
sagt jemand in der Bahn. "Man haben die dicht gemacht", bemerkt ein zweiter.
Es war für Taktik-Ästheten womöglich ein Genuss.
Ich fand es einfach nur
grausam.
Von Bengalos und einem Rasensprenger
Buchstaben, Wörter,
Texte... ständig nur Texte, schreiben, schreiben, schreiben... muss
das denn immer sein? Nein, und deshalb wollte ich das Geschehene beim U21-Fußballspiel
zwischen den Nationalmannschaft von Italien und Serbien/Montenegro eigentlich
in einem "Fotoroman" festgehalten wissen. Doch nach diesem Erlebnis muss
ich einfach noch ein paar Anmerkungen zum Spiel tätigen...
Vor einer
Woche noch habe ich die italienische U21 verflucht. Habe so getan,
als würde ich mir nie wieder so einen Mist ansehen. Und nun? Sieben
Tage später sitze ich wieder im Ruhrstadion, und gucke mir wieder
die italienische U21 an. Geplant war das nicht. Als Gerd nämlich vor
dem VfL-Stadioncenter stand, um die Tickets zu besorgen, stand noch gar
nicht fest, wer das Finale bestreiten würde. Wir hofften natürlich
auf die deutsche Mannschaft, doch zwei Stunden nach der Kauf-Transaktion
verabschiedete sich Stielikes Mannschaft aus dem Turnier. Wir bibberten
und zitterten, hofften auf wenigstens einen (den Vorurteilen nach) "ruhigen"
Finalteilnehmer (das wäre Schweden gewesen), aber nun gut... es wurden
Italien und Serbien/Montenegro. Mein Tipp? 1:0 natürlich.
Dienstag, Treffpunkt 20
Uhr vor der Tankstelle am Ruhrstadion. "Du lernst eine waschechte Schach-Weltmeisterin
kennen", hat Gerd mir per sms mitgeteilt. Und das ist Carmen (so heißt
sie glaube ich) tatsächlich. Als 10-Jährige war sie in ihrer
Altersklasse die Beste auf diesem Planeten. Sie sitzt neben uns, und in
welchem Block wir hocken, wird uns klar, als Gerd aufgefordert wird, sein
Italien-Trikot "auf links" anzuziehen. Der serbisch-montenegrinischer Block.
Bin mal gespannt. Es ist tierisch warm heute. Hätte ich doch mal ne
kurze Hose angezogen. Einige tragen Milosevic-T-Shirts. Selbst Achtjährige
laufen schon mit Militärmützen rum. Muss ja nichts heißen.
Es wird voller und voller und voller. Mit 10.000 hatten die Veranstalter
gerechnet, 20.000 Zuschauer kommen. Das Spiel beginnt daher 15 Minuten
später. Unser Block A ist der am prallsten gefüllte. Hinweise,
dass Zuschauer aus dem A-Block in die freien Blöcke C und D ausweichen
sollen, verhallen ungehört. Die Fans brüllen eigentlich ununterbrochen
"Süüüürbia! Süüüüürbia!",
und noch ist alles ganz friedlich. Neben uns hocken zwei Bochum-Fans in
meinem Alter. Wir alle lachen uns kaputt. Noch.
Das Spiel ist wie erwartet
geprägt von der italienischen Anti-Fußball-Taktik. In der ersten
Halbzeit gibt es zwei Chancen. Beide für Italien. Einmal geht der
Ball an den Pfosten (es wäre auch ein Tor aus dem Spiel heraus gewesen,
tsetsetse, das geht ja gar nicht). Wenn, dann treffen Italiener nur nach
Standardsituationen. So wie de Rossi per Kopf nach einer Ecke zum 1:0 in
der 31. Minute. Die Serben haben öfter den Ball und ihre Zuschauer
rühmen sich damit, ihre Mannschaft feldüberlegen zu sehen, aber
es bringt NICHTS. Halbzeit 1:0. Die Zuschauer sind immer noch laut. Die
Stimmung ist gut. Dann folgt die Auslosung der letzten zwei UEFA-Cup-Plätze.
Unter anderem im Topf: Der SC Freiburg und ein albanischer Vertreter. Der
wird aus unserer serbischen Ecke tiiiiierisch ausgepfiffen. Nachwirkungen.
Die Achtjährigen richten ihre Militärmützen. Freiburg wird
nicht ausgelost, dafür Mannschaften aus Armenien und der Ukraine.
Wir trauern mit Freiburg (ich hätte dem SC und Volker Finke das sehr
gegönnt), lachen und stellen fest, dass eins von diesen beiden Teams
bestimmt unser Erstrundengegner wird.
Die Temperaturen treiben
uns immer noch die Schweißtropfen auf die Stirn, Schachfrau Carmen
hat ihren Spaß, doch nun wird das Spiel härter und hitziger.
Schon in Halbzeit eins hat sich ein Serbe mit Gelb-Rot aus dem Spiel verabschiedet,
doch (wen wunderts?) machen die Italiener nichts, um die Überzahl
zu einer Spielstanderhöhung auszunutzen. Es ist ein einziges Ballhinundhergeschiebe.
"Wir können nach Hause gehen", krame ich meinen Spruch aus der letzten
Woche wieder hervor. Ein Foul folgt auf das nächste, die Zuschauer
drehen auf und auf, und dann leuchten die ersten bengalischen Fackeln.
Sieht ja nett aus, aber ist verdammt gefährlich. Das Spiel wird unterbrochen.
Eine Minute. Zwei Minuten. Drei Minuten. Dann fliegen Fackeln auf den Platz.
Und eine Fackel landet fast in unserem A-Block. Fünf Meter fehlten,
und ich wäre ein Brathähnchen gewesen. Puuuuuhhh... die Stimmung
ist wirklich aggressiv, und ich bin froh, dass Gerds "Lazio-Rom"-Schal
nicht auf den ersten Blick als solcher zu identifizieren ist. Die Serben
haben zwischen der 65. und 75. Minute ihre beste Phase, schießen
zweimal gefährlich aufs Tor. Spiel wieder offen? Dann kommt wieder
einer frei zum Schuss, holt aus, und...? Auf einmal springt ein Rasensprenger
an. Im Spiel. Einfach so. Das Gelächter ist groß und hört
gerade bei uns Bochumern nicht mehr auf. "Wir kriegen nie wieder ein Länderspiel
oder eine EM", lachen wir.. "Erst versagt der Ordnungsdienst, und dann
auch noch der Greenkeeper!" Wobei das für ein knappes UEFA-Cup-Spiel
keine so schlechte Taktik wäre. Fehlt nur noch, dass das Flutlicht
ausfällt, unken wir. Aber hell bleibt es.
Das Spiel wäre ganz
gewiss 1:0 ausgegangen, wenn, ja wenn der serbische Torwart nicht einmal
kahnmäßig gepatzt hätte. Nach einer Stadardsituation (natürlich)
lässt er den Ball vor die Füße von Boro fallen. Unnötig.
Unverständlich. Ein solches Geschenk nimmt eine solch abgezockte Mannschaft
natürlich an. 2:0. Die Entscheidung. Eine Minute später gibt
es zur Feier des Titels sogar ein Tor aus dem Spiel heraus. Gilardino,
3:0. Die Serben treten sich den Frust von der Seele. Ein weiterer Spieler
sieht Rot.
Nach etlichen Minuten Nachspielzeit
ertönt der Abpfiff gegen 22.48 Uhr. "Normal" wäre 22.30 Uhr gewesen.
Zum Glück lief das alles ohne Verlängerung ab. Ansonsten wäre
das ein Mammutspiel bis in die Nacht hinein geworden. Die Siegerehrung
erleben wir nur aus der Rückansicht, dafür aber live eine Prügelei
vor der Tribüne. Das Großaufgebot der Polizei, dass die Ostkurve
während der zweiten Hälfte beschützte, ist nach wenigen
Sekunden zur Stelle. So viele grüne Männchen habe ich auf dem
Spielfeld lange nicht gesehen. Ein sehr emotionaler Fußballabend
geht zu Ende. Mit einem verdienten Europameister (tja, muss ich wohl leider
zugeben) und der Erkenntnis, dass wir in einer Kurve mit Fans saßen,
von denen einige die Worte "sportlich fair" noch nie in diesem Zusammenhang
gedeutet haben. Bengalos werfen? Nein danke! Leute verprügeln? Nein
danke! Unfaire Sprechchöre gegen alles und jeden (auch: "Deutsche
Schweine")? Nein danke!
Es war ein echtes Erlebnis.
Mein wohl einziges EM-Finale in meiner Fußball-Karriere werde ich
ganz bestimmt nicht vergessen.
Und nun überlasse ich
Euch den Bildern...
FOTOROMAN
Ziemlich finster und eine verdammt große Baustelle - das trifft auf die Arena UND das MSV-Spiel zu !
Blitz und Donner
So sieht das aus in der neuen MSV-Arena!
Sieben Buchstaben. Sieben
Buchstaben, die für mich die Welt bedeuten, im Moment. Vor allem nach
der Sommerpause. Scheiß auf die Olympischen Spiele, Scheiß
auf Radsport, Schwimmen, Leichtathletik, wasweißich. F U ß
B A L L will ich sehen. 22 Spieler, elf pro Mannschaft, zwei Tore, ein
Ball. So einfach. Dieses dumme, simple, verrückte Spiel liebe ich
sehr. So sehr, dass ich mir heute Abend das Zweitbundesliga-Spiel MSV Duisburg
gegen 1. FC Saarbrücken angucke. Jeder halbwegs normale neutrale Fan,
der sich nicht zu einer der beiden Mannschaften hingezogen fühlt,
würde dankend abwinken bei einem solchen Angebot, nicht jedoch ich.
Außerdem... das neue MSV-WedauArenadingsgerät würde ich
schon ganz gerne sehen (die Fans sind ja so stolz darauf) - und Helmut
und Tina sind schließlich auch dabei. Dann machts doch doppelt Spaß.
Und so stehe ich auf der
König-Pilsener-Tribüne, und lasse meinen Blick schweifen. Nur
zwei Tribünen sind schon offen. Eben jene KöPi-Tribüne und
die zukünftige Gegengerade. Die anderen noch baufälligen Seiten
geben den Anstoß für tolle Wortspielchen; aber neeeein, das
wäre zu einfach an dieser Stelle (ich habe mir schon fest vorgenommen,
nicht einmal Freitag, den 13. einzubauen). Nett ist es geworden, fast wie
in
Wolfsburg - mit Unterrang und Oberrang, und etwa 30.000 Plätzen.
Eben nur nicht in VW-grün, sondern in Zebrablau. "Entschieden zu viele
Sitzplätze", merkt Christian an, ein alter Kumpel von Helmut. Stimmt,
der Mann hat Recht; so hab ich das noch gar nicht gesehen. Duisburg hat
eine Arbeitslosenquote von unglaublich viel Prozent - und dann entsteht
hier eine Bude mit Business-Seats, großer VIP-Loge und massig Sitzplätzen.
Und wofür? Internationale Spiele? Hallo??? Soso, der MSV will also
in Liga eins. Das Rahmenprogramm beginnt - und in eben jener Liga eins
gäbe es dafür nur ein müdes Lächeln. Irgendein Benny
schmettert Bohlen-Songs (er war wohl bei der "Superstar"-Show dabei und
kommt zufällig aus Duisburg), und MSV-Präsi Walter Hellmich hält
so penetrant seine Fresse in Richtung Fankurve, dass wirklich jeder merkt,
dass er sich selbst gern dafür feiern lässt, die Arena gebaut
zu haben. Prima, gut gemacht Walter, aber ein bisschen mehr Bescheidenheit
wäre wohl angebrachter. Danke! Als wenn das noch nicht alles wäre,
regen auch noch die beiden Sprecher zum Schumunzeln an, da ihnen nur ganz
ganz wenige Sprechchöre einfallen. Immer wenn sie "MSV Duisburg" sagen
wollen, lassen sie das "DUISBURG!" von den Fans brüllen. Nette Idee,
aber alle zehn Sekunden? Ilja Gruev wird verabschiedet. Wenigstens das
hat Herzschmerz.
Das erste Spiel hat Duisburg
1:3 in Dresden verloren. Der Trainer ist seltsamerweise immer noch Nasenmann
Meier. Seit dem 21. November 2003 gegen Mainz versuchen
Fans (und ziemlich oft auch die Spieler) alles, um diesen Mann von der
Trainerbank zu vertreiben, aber aus irgendwelchen Gründen hat Herr
Hellmich an seinem Unsympath festgehalten. In der Kurve stellte ich leicht-nervöse
Zuckungen fest. Soll die Mannschaft verlieren, damit Meier fliegt? Denn
wenn sie hoch gewinnt, ist zunächst alles wieder gut - aber die nächste
Niederlage folgt bestimmt...!? "Keiner mag uns, scheißegal", brüllen
die Zebras. Ich denk mir meinen Teil.
Dass Saarbrücken die
mit Abstand schlechteste Zweitligamannschaft ist (und wohl auch bleiben
wird), ist uns allen bewusst (und manchmal hab ich den Eindruck, ihnen
selber auch), und dennoch passiert in Halbzeit eins NICHTS. Na gut, in
Minute 42 schießt Ahanfouf das 1:0. Aber keiner weiß warum.
Jedenfalls erspart er seinem Trainer laute "Meier raus!"-Rufe beim Gang
in die Kabine; aber explosiv bleibt es, als Hellmich (mal wieder) den Rasen
betritt, um irgendeinen Scheck zu überreichen. Es blitzt. Es donnert.
Es regnet. Wir werden nicht nass - das Dach der neuen Arena hält.
Wir diskutieren. Wir analysieren. Wir beobachten Helmut, wie er laut "Meier
raus" brüllt, und danach ein geschmeidiges "HAU AB!!!!" hinterherschmeißt.
Und wir lachen darüber. Ich bin zum ersten Mal auch mit Tina beim
MSV. Komisch irgendwie. In der zweiten Halbzeit hat das Ganze doch wesentlich
mehr mit Fußball zu tun, aber das auch nur, weil der Ball wenigstens
ein paar Mal in den Strafraum fliegt. Nehrbauer schießt das 1:1 ("Meier
raus" danach), Kurth bringt den MSV mit 2:1 nach vorn; und Nsawila und
noch so ein Depp vergeben für Saarbrücken große Chancen.
Helmut flüchtet sich von einem negativen Höhepunkt in den nächsten
mit seiner Spielbeschreibung ("Gurkenkick", "Das schlimmste Spiel seit
langem" usw.). Ich finds witzig. Nun gut, hohes Spielniveau war das nicht;
und der MSV wird bestimmt nicht aufsteigen, wenn er seine Leistung nicht
steigern kann - aber hey, wenigstens gewonnen. "Ach, nur drei Punkte für
die Plätze acht bis zwölf. So wie immer", flucht Helmut. Im American
Diners in der Mülheimer City klingt der Abend aus. Helmut trägt
sein Zebra-Trikot mit der Beflockung "van Nistelrooy". Ich glaube, nicht
mal der hätte das Spiel der Duisburger Mannschaft heute beleben können.
Zu umständlich, zu langsam, zu offensichtlich. Leute, Leute, Leute,
was habt Ihr nur in der Vorbereitung gemacht? Es gibt noch so viele Baustellen
im Wedaustadion. Bin gespannt, wie viele davon bis zu meinem nächsten
Besuch an der Wedau geschlossen sind.
Und was bleibt? Die Erkenntnis,
dass mir nicht mal Blitz und Donner meine Fußball-Laune verhageln.
Und ich hab schon deutlich
unlustigere Abende erlebt.
Aber schon Massen an deutlich
besseren Fußballspielen.
Willi Landgraf (r.) guckt zu... der Zweitliga-Rekordspieler war mein "Mann des Tages"!
Ihr müsst noch viel lernen!
Seit mehreren Tagen schon
pappen die Notizen mit einem gelben "Post-It" an der rechten, oberen Bildschirmkante.
"Feuerwerk" steht da drauf, "Zebras", "Nebel" und "Glück". Stimmt,
ich wollte, ja muss doch eigentlich noch den Text ausformulieren. Die Notizen
zu zusammenhängenden Sätzen verarbeiten, auch den MSV Duisburg
zum wiederholten Mal hier verewigen. Dann will ich das mal tun.
Es ist das spöttische
Lächeln eines Erstligisten, dass mich in der MSV-Arena begleitet.
Schon der Termin entlockt mir ein Grinsen. Montagabend. DSF heißt
das auch. Und DSF ist der Zweitliga-Sender par excellence. Innerhalb eines
Jahres hat Präsident Hellmich dem MSV ein schönes Stadion an
die Wedau gebaut, und heute sollen zum ersten Mal alle Tribünen begehbar
sein. Unter dem Motto "Richtfest" läuft das ganze Spiel, und der MSV
will nebenbei auch noch auf Platz zwei der Tabelle springen. Mein MSV-Kumpel
Helmut ist schon seit Tagen nervös, und für mich wirds eine einzige
Hetzerei. Eben noch an der Uni ein Seminar zum Thema "Bundesverfassungsgericht"
besucht, dann noch bei einem WAZ-Termin in Mülheims neuester Halle
(Harbecke-Sporthalle heißt die) über Hockeyfrauen geschrieben,
und nun schon ab im Auto. Habs Helmut ja versprochen, obwohl ich mir bei
einem Sieg eine weitere Woche dieses dämliche Aufstiegsgeseier anhören
muss. Vor dem Stadion sehe ich fast den kompletten MSV - aber nicht Duisburg,
sondern 07, das ist ein Mülheimer Bezirksligist. Das Stadion ist nett
- sieht in etwa so aus wie die VW-Arena in Wolfsburg, nur in Grün.
Und zum wiederholten Mal entdecke ich zwei Schwachpunkte: Erstens sind
einfach zu wenig Stehplätze im Stadion (das ist gerade im nicht gerade
reichen Duisburg ein großer Patzer) und zweitens finde ich die Lösung
mit Unter- und Oberrang einfach nicht schön genug. Aber geschenkt,
sollen sie doch stolz sein auf ihr Stadion. Ist auch wirklich nett.
Meine Fresse, was sind die
alle nervös. 20.000 Zuschauer, ganz ordentlich für den MSV. Und
gegen wen spielen die eigentlich? Yepp, ganz in gelb, das muss Alemannia
Aachen sein. Ich beobachte 90 Minuten lang meist schweigend und knipsend
ein spannendes Fußballspiel. 1:0 geht das ganze aus, durch ein saublödes
Tor von van Houdt kurz vor der Halbzeit. Fragt mich nicht, wie oft ich
Helmut die Phrase "Ihr habt den Papst in der Tasche" zuwerfe. Direkt nach
dem 1:0 meint Helmut, das Tor sei zum richtigen Zeitpunkt, weil die Aachener
jetzt kommen müssten. "Die machen doch sowieso schon das ganze Spiel,
also ist das keine Umstellung", entgegne ich klugscheißerisch. Die
Zebras müssen noch viel lernen. Dass sie das Spiel ohne Gegentor überstehen,
gleicht einem Wunder. "Wenn das 1:1 ausgeht, beschwert sich hier keiner",
geben viele Fans um mich herum zu. Die Aachen sind cleverer, spielerisch
reifer, einfach besser. Entscheidend ist, dass mit Meijer und Michalke
die beiden besten und torgefährlichsten Spieler fehlen. Glück
muss man haben, gerade im Aufstiegskampf, das habe ich Bochumer schon oft
genug erleben dürfen. Die Aachener Fans sind deutlich lauter, tonangebend
geradezu. Und woran liegt das? Die Alemannia hat die MSV-Fans leise gespielt.
"Sowas hat man lange nicht gesehen, so schön so schööön",
brüllen die Zebra-Fans. Naja, dann bin ich aber froh, dass ich in
den letzten Wochen nicht da war.
Dass der Fußballabend
dennoch auf die "Weißt Du noch, damals...?"-Liste kommt, liegt an
der Halbzeitpause. Aufgrund des Richtfests hat der MSV-Vorstand beschlossen,
ein Feuerwerk in die Luft zu jagen. An sich ist da nix dran, sollen sie
ruhig. Doch die Deppen schießen die Leuchtraketen nicht vom neuen
Dach nach oben, sondern vom Rasen. Rauchbildung ist natürlich die
Folge - und der Qualm zieht nicht weg. Zieht und zieht nicht weg. Alles
ist vernebelt, ich bin froh, dass ich den drei Meter weiter stehenden Helmut
noch schemenhaft erkennen kann. Die Halbzeitpause dauert eine Viertelstunde
länger - und mensch ihr Zebras: Solltet Ihr den Aufstieg tatsächlich
schaffen, freut euch. Aber zur Erstliga-Tauglichkeit fehlt euch noch viel.
Gute Stadionsprecher zum Beispiel auch noch. Die beiden sind sehr sehr
nervtötend - und der Zebragalopp zur Ankündigung eines Eckballs
erst recht. Und in Erdkunde haben die MSV-Fans auch nicht gerade gut aufgepasst.
"Hurra das ganze Dorf ist da", brüllen sie; und Aachen ist nicht gerade
ein Dorf - und nein, es ist keine Ironie erkennbar.
Abpfiff, es ist aus, vorbei.
Helmut versucht mich wie schon den ganzen Abend hochzunehmen. Ohne Erfolg.
Aber doch: Eigentlich -
wenn alles "normal" gelaufen wäre, hätten wir mit dem VfL am
Dienstag im DFB-Pokal hier gespielt. Ich bin froh, dass wir es nicht müssen.
Es wäre nicht gut ausgegangen. Und noch eins hat der Abend mir persönlich
gebracht: Die Angst vor der 2. Bundesliga. So schnell will ich nicht wieder
Montags zum Fußball fahren müssen. Ich will noch weiter das
spöttische Lächeln eines Erstligisten auf meinen Lippen tragen.
Remember Braunschweig und Litti
Premiere bittet (v.l.) Norbert Meier und Friedhelm Funkel zum Gespräch
Langsam betreten wir die
Stehstufen der "König-Pilsener-Tribüne." Mal wieder haben wir
nur einen Parkplatz am Arsch der Welt bekommen. Nix hier mit ner Möglichkeit
direkt vor der Haupttribüne. Nix hier mit nem Parkplatz an der Regattabahn.
Nein, noch zehn Fuß-Minuten weiter außerhalb fast schon beim
VfL Wedau stehen wir. Wir? Helmut, André - zwei MSV-Fans - und ich;
das ist fast schon eine feste Besuchergruppe geworden. Oh je, hört
mir zu, hört mich an - ich bin tatsächlich in letzter Zeit sehr
regelmäßig an der Wedau gewesen - warum spielen die auch nur
ständig am Freitagabend? Und warum bin ich nur so verdammt fußballverrückt?
Langsam betreten wir die
Stehstufen der "König-Pilsener-Tribüne". Doch, das neue Stadion
gefällt mir, das muss ich noch einmal betonen. Es ist nichts im Vergleich
zu unserem Ruhrstadion, das ich heute zum ersten Mal "gutes altes Retro-Stadion"
getauft habe, aber ganz nett, vor allem im Vergleich zu der alten, schäbigen,
zugigen Wedau-Hütte. Wenn das noch stehen würde, dann hätte
ich Helmut ganz gewiss einen Vogel gezeigt und laut "Näääääää"
gebrüllt. Bei dem Fisselregen hätte der sich bestimmt selbst
nicht auf die unüberdachte alte Nordgerade gestellt. 15.000 sind da.
Früher wäre es nur die Hälfte gewesen. Lasst mich noch einmal
die Situation zusammenfassen: In den letzten Jahren konnte ich täglich,
bei jedem Telefonat mit Helmut spötteln. Wir waren obenauf, und der
MSV eben nicht. Stets im Mittelfeld der zweiten Liga herumkrebsend, verlor
Helmut die Lust, und ich kann mich noch gut an meinen Dauer-Lachkick erinnern,
am 28. Oktober 2002. Vor zwei Jahren und einem Monat. Das MSV-Spiel
gegen Braunschweig war so etwas wie der Tiefpunkt in der jüngsten
Vereinsgeschichte. 4.400 Zuschauer, Litti letztmals als Zebra-Trainer,
Dreizehnter gegen Achtzehnter, Überschrift "Meine Fresse war das schlecht".
Jetzt hat der MSV ein neues Stadion, einen ganz anderen Trainer, eine völlig
ausgewechselte Mannschaft, alle sieben Heimspiele gewonnen, und - ja, ich
gebs zu - der Aufstieg in die Bundesliga ist kaum noch zu verhindern. Nun
gut, 30 Punkte fehlen noch, bis der feststeht, aber in dieser zweiten Liga
sollte das kein allzu großes Problem darstellen. Da bleiben mir im
Moment alle ironischen Kommentare im Halse stecken, und im Gegenteil, ich
kriege sie selbst ab und alles zurück. Die Stichworte "Tabellennachbar"
und "Absteiger" fallen desöfteren, der Satz "Dann gibts wohl nächstes
Jahr wieder kein Revierderby" fliegt mir auch regelmäßig entgegen.
Morgen spielen wir gegen Nürnberg, da fällt wohl schon eine kleine
Vorentscheidung, wo es wohl in der nächsten Saison hingeht. Für
den VfL - und damit für mich.
Langsam betreten wir die
Stehstufen der "König-Pilsener-Tribüne". Direkt vor uns steht
der Premiere-Pavillon. Seit unserem letzten Abstieg hat sich einiges geändert.
Mittlerweile gibt es auch in der 2. Bundesliga die "Premiere-Konferenz",
und sowohl am Freitag als auch am Sonntag ein "Spiel des Tages". Und das
DSF-Montagmatch darf natürlich auch nicht fehlen. Über mediale
Präsenz dürfte ich mich auch in Liga zwo also nicht beschweren.
Andi, jetzt HÖR ABER AUF mit diesen Gedanken, ist gut jetzt, wir sind
noch nicht abgestiegen, sind noch nicht. Eine Kamera steht dort, mehrere
Bildschirme, Helfer, Moderator Christian Sprenger - und zwei Trainer. Norbert
"Nasenmann" Meier und Friedhelm Funkel. Zwei Trainer, die ich schon erlebt
habe, nicht nur auf den Bänken Deutschlands. Der eine, Meier, trainierte
einst, als ich noch spielte, eine meiner gegnerischen Mannschaften. Es
war die A-Jugend von Borussia Mönchengladbach, mit Marcel Ketelaer
(Nürnberg, der war mein Gegenspieler!) und Sven Lintjens (heute RWE).
Wir hielten in diesem Niederrheinpokal-Spiel über eine halbe Stunde
lang das 0:0, Nasenmann war richtig sauer. Am Ende stand es 0:8, aber nur
wir haben gefeiert. Und Funkel? Der war gerade frisch bei Hansa Rostock
rausgeflogen, und trat in einem Promi-Spiel in Mülheim gegen eine
Betriebssportmannschaft an. Und ich musste darüber berichten. Das
Spiel endete 15:irgendwie für die Promis, Funkel schoss mehrere Tore,
irgendwas zwischen vier und acht. Heute sind beide hauptverantwortlich
für Zweitligateams.
Eintracht Frankfurt also
spielt heute an der Wedau. Zweite Bundesliga, irgendwo in der Bedeutungslosigkeit.
Im letzten Jahr, im Abstiegsjahr, hätte Eintracht uns fast die Saison
versaut. Vorletzter Spieltag, Sam war gerade frisch verheiratet, mehrere
Tausend Bochumer am Main, der Sieg nur eine Frage der Höhe. Und dann
dieses verdammte 2:3.
Aber der "Vadder Abraham"-Sprechchor in der Straßenbahn vom Bahnhof
bis zum Stadion bleibt unvergesslich. "Zebrastreifen weiß und blau"
trällern die einen. "Du schöne SGE" schallts von der anderen
Seite. Der Spielverlauf ist eigentlich klar. Zwei Mannschaften spielen
90 Minuten Fußball, und am Ende gewinnt der MSV - so ist das im Moment
in Liga zwei (wobei mir diese Anlehnung ans Gary-Lineker-Zitat schon wieder
literarische Schmerzen zufügt, das fällt mittlerweile schon in
den Phrasenbereich). Wenn der MSV fünf Eigentore schießen würde,
der Gegner hätte garantiert sechs zu bieten. Und wie läuft das
Spiel? Die Frankfurter sind in einem zunächst ziemlich ereignis- und
trostlosen Kick bei usseligem Wetter einen klitzekleinen Tick feldüberlegen,
schaffen es aber nicht, sich gegen die MSV-Mauer (die Abwehr steht wirklich
1 A) eine Chance zu erarbeiten. Eintracht besser, und der MSV? Trifft.
Flanke von links, van Houdt hält seinen linken Stab hin, 1:0. Eben
der normale Verlauf. In der Viertelstunde vor und in der Viertelstunde
nach der Pause drückt der MSV, vergibt einen Großteil seiner
insgesamt zwölf Ecken und dazu noch drei/vier weitere "Schöngschen"
- und ja, doch, er verdient sich die Führung. Dann aber besinnt sich
Trainer Meier seiner italienischen Fußball-Auffassung, und lässt
seine Mannschaft getreu dem Motto "da brennt schon nichts an" den knappen
Vorsprung nach Juventus-Manier verteidigen. Das geht gut. Frankfurt drückt
und drückt, aber Baelum und Drsek kriegen ihre Flossen immer wieder
dazwischen. "500 Minuten ohne Gegentor" leuchtets zwischendurch auf der
Videowand auf, doch - oh Wunder - viel mehr werden es nicht. Irgendwie
nickt van Lent die Kugel (ja richtig, der gute alte van Lent) über
die Linie, 1:1, vier Minuten vor Schluss. Völlig unerwartet, aber
bei weitem nicht unverdient. Der Schiri pfeift ab, und - noch ein Wunder
- keiner pfeift. Ein Unentschieden zu Hause! Und KEIN sonst so wahnsinnig
kritischer Duisburger pfeift! Sieben Heimsiege in Folge beschwichtigen.
Der Vorsprung ist immer noch beachtlich. "Ich sags ja, jetzt geht das wieder
los", schimpft nur ein Ordner, der den Ausgang überwacht. Kein berauschendes
Fußballfest, aber auch kein verschenkter Abend.
Wieder ein 1:1. Wie vor
genau zwei Jahren. Und doch hat sich so viel geändert.
0:0-Spiel mit Tor
Der halbe VfB Speldorf vor der Telba-Loge...
Was bleibt ist meine Sympathie
für Adolf Sauerland. Der Mann hat einen schrecklich unglücklichen
Vornamen und gehört ganz und gar der falschen Partei an, aber in der
Halbzeitpause hat er bei der Verleihung des Schecks für die Flutopfer
nach dem Benefizspiel "Wir
freuen uns darauf, im nächsten Jahr gegen den VfL Bochum in der Bundesliga
zu spielen" gesagt. Danke!
Was bleibt ist ein Unterschied,
den ich feststellen durfte. Den Unterschied zwischen "des Volkes Zorn"
und "des Volkes Schweigen". Nach einem 0:1, der zweiten Niederlage hintereinander,
und das gerade von den kritischen Fans des MSV, hätte ich eigentlich
mit dem lautstark vorgebrachten Zorn des Volkes gerechnet. Doch die Menge
schwieg. 13.800 Münder standen offen, wussten nicht, wie sie mit der
Situation umgehen sollten. Verloren. Erste Heimniederlage seit einem Jahr.
Was war das jetzt genau? Was bleibt sind immer noch acht Punkte Vorsprung.
Was bleibt ist der dauerhafte
Blick auf die von der Stehtribüne gut sichtbare "Telba"-Loge. "Telba"
ist der Hauptsponsor meines Heimatvereins VfB Speldorf, für den ich
die Stadionzeitung erstelle, und ein Großteil der Verbandsliga-Mannschaft
samt Trainerteam und Betreuern saß in und vor der Loge. Hoffentlich
haben sie sich nicht allzu viel von den beiden Mannschaften abgeschaut.
Was nicht bleibt ist eine
Erinnerung an dieses Spiel. In der Halbzeit ein Anruf von meinem Bruder
Thommy: "Das sind zwei Spitzenteams der Zweiten Liga. Trotzdem ist das
noch drei Klassen schlechter als das, was bei uns in der Bundesliga abgeht."
Es ist schwach. Was in erster Linie an den 60ern liegt. In den ersten 15
Minuten spielen sie auf Zeit, als würden sie im Pokalfinale 30 Sekunden
vor Schluss 1:0 führen. Gemäääächlich, ruuuuuuhig
lassen sie es angehen und schießen in Halbzeit eins zweimal am Tor
vorbei. Das war´s. Sie setzen auf die nicht gerade beliebte "Wir
wollen Fußball verhindern"-Taktik - setzen die aber perfekt um. Nun
gut, aber der MSV ist auch nicht grad in Weltklasse-Form. Zwar die ganze
Zeit feldüberlegen. Aber einfallslos, unkonzentriert, nur bei Drsek-Einwürfen
und Lottner-Freistößen halbwegs gefährlich. Nach der Pause
dasselbe Bild. Keine Mannschaft bringt es zu einer 1000-prozentigen Torchance.
So genügt ein heller Moment von Roman Tyce in der 78. Minute, um das
glasklare 0:0-Spiel mit einem Tor auf den Kopf zu stellen. Was bleibt ist
die Spielnote 4,5, die ich dem Grauenkick bei richtig kalten Winterbedingungen
verpassen möchte. Nee Jungs, das war nix.
Was bleibt sind: siehe oben.
Acht Punkte Vorsprung. Zebras lasst den Kopf nicht hängen. Das war
zwar richtig mies, und Spaß gemacht hats diesmal nicht wirklich.
Ich hätte fünf Euro mehr im Portmonee, hätte damit einen
Dreiviertel-Dönerteller finanziert, hätte zu Hause Premiere oder
DSF gucken und dabei ne Tasse Tee trinken können. Hätte, wenn
und ... aber ich bin nun mal so fußballverrückt.
Den Aufstieg kann der MSV
trotzdem kaum noch verhindern. Und in der nächsten Saison zeigen wir
Bochumer Euch, wie es richtig geht!
Nichts für die Annalen
Haaach jaaaaa, und es ist
wieder die Zeit, und es ist wieder ein Jahr, in dem der VfL Bochum nicht
in der 1. Bundesliga spielt. Und es sind so eeeeewig schreeeecklich langweilige
Samstag-Nachmittage, die ich leise in mich hinein schluchzend vor der Premiere-Konferenz
verbringe oder die ich bei irgendeinem WAZ-Termin totschlage (denn jetzt
habe ich ja an Samstagen Zeit und keinen Grund mehr, um freizunehmen).
Es ist schon verdammt blöd, so eine verlorene Saison irgendwie umkriegen
zu müssen. In der 2. Bundesliga sind die Mannschaften selbst zu blöd,
um uns wenigstens vorübergehend die Tabellenführung wieder zu
klauen - und die Bundesliga interessiert mich erst recht 'nen Scheiß,
weil meine Kicker-Manager-Mannschaft total versagt. Wer hat schon auf Hashemian
und Madsen gesetzt? Eben! Ich! Und wie viele Tore haben die beiden bisher
geschossen? NULL!
Meine Freunde Helmut und
Tina, die völlig begeistert seit ein paar Wochen durch die Liga reisen,
weil es der MSV Duisburg nach ein paar Jahren Pause mal wieder für
ein Jahr in die Erstklassigkeit geschafft hat, haben sich glücklicherweise
drei Tickets für das Spiel in Herne-Ost gekauft, und die dritte fiel
sogar für mich ab. Als völlig neutral beobachtender Fußball-Liebhaber
möchte ich mir die Spielerei anschauen. Schon seit 13.30 Uhr sind
wir unterwegs, eigentlich unverschämt früh... aber wer weiß,
lieber zu früh fahren. Und was passiert rund um Gladbeck? Natürlich!
STAU! Es geht nur noch gaaaanz langsam vorwärts, mitten auf der A2.
Direkt an der passenden Ausfahrt "Gelsenkirchen-Buer" befindet sich eine
Baustelle. Tolle Planung. Um 14.45 Uhr, als wir eigentlich schon lange
in der Kurve stehen und die erste Bratwurst verputzen wollten, befahren
wir soeben den Parkplatz. Und um 15.05 Uhr, als unser Darmtrakt laut Planung
die zweite Bratwurst hätte verdauen sollen, stehen wir vor der Arena
und schauen laut fluchenden Fußballfans zu. Wieder geht es nur ganz
langsam vorwärts, Helmut verliert allmählich die Fassung. Erst
um 15.15 Uhr öffnen die Schalker ein weiteres Einlasstor, sehr weise,
denn ansonsten wäre die Situation mutmaßlich eskaliert. Aber
noch sind wir nicht drin. Die Kontrolle für Herren ist easy. Einmal
kurz abgetastet, Schlüssel gezeigt fertig. Doch Tina fehlt noch. Und
die arme Tina erwischt's hart. Selbst ihren Labello-Stift muss sie öffnen;
keine Ahnung, welche mörderischen Gegenstände dort verborgen
sein könnten. 15.25 Uhr, schnell noch pinkeln gehen, und auf halbem
Weg in die Kurve ertönt auch schon "Whatever you want" von Status
Quo, die immer wieder gänsehaut verursachende Schalker Einlauf-Musik.
Aber wohin stellen? Um kurz vor halb ist die Kurve natürlich total
ausverkauft, und als der Schiri anpfeift, sehe ich nur deshalb den grünen
Rasen, weil ich 1,86 Meter groß bin. Alle unter 1,75? Pech!
Irgendwie schaffen wir es,
uns nach oben durchzuschlagen, und da köpft Kuranyi auch schon das
1:0 für Schalke. Kuranyi, der jetzt in Mülheim wohnt. Helmut
brüllt auch schon ganz laut: "Ich verrat gleich deine Adresse!! Quatsch,
ich verbreite sie in einem Hooligan-Forum!!!" Für neutrale Beobachter
(und - siehe oben - Fußball-Liebhaber wie mich) ist's ein sehr munterer
Kick. Die Schalker führen nach 90 Minuten nicht nur nach Toren mit
3:0 (Duisburgs Meyer per Eigentor und Rodriguez erhöhen noch), sondern
auch nach Chancen (8:2) und Ecken (7:6). Verdienter Sieg also. Was das
Spiel dennoch spannend macht, ist die Tatsache, dass es bis zur 75. Minute
1:0 steht. Und dieses Ergebnis sorgt immer für knisternde Spannung.
Zudem vergibt Ahanfouf innerhalb von 25 Sekunden zwei Riiiiiiiiiesenchancen
zum Ausgleich, und sowas rüttelt eine Fankurve wach. Ein okay-es Spiel
und eine okay-e Atmosphäre. Alles nicht weltklasse, aber eben 1. Bundesliga.
Und nicht etwa LR Ahlen. Oder Paderborn. Zweite Liga, ist das alles traurig.
Die Schalker sind seltsam leise, die Duisburger froh, dass sie endlich
einmal ein Pflichtspiel hier bestreiten und sehr laut "Wir sind Zeeeebras
weiß-blau, unser KLUBBB der EM-ES-VAU" brüllen dürfen.
Als mitten in der ersten Halbzeit 20, 30 Bullen die Kurve stürmen,
einmal eine Runde drehen und wieder rauslaufen, da schwillt mein Kamm noch
einmal an. Also in der 2. Bundesliga werden die Gästefans wenigstens
noch mit Handschlag und einem dummen, aber lieb gemeinten Spruch begrüßt
- wie in Ahlen. Scheiß Bundesliga.
Abpfiff. "Kein Fußball-Nachmittag,
der in die Annalen eingeht", sagt Helmut, als wir eine Schinken-Salami-Pizza
in uns reinstopfen und dabei die "Sportschau" gucken. Oh ja. Anfahrt...
scheiße! Schlange vor dem Stadion... lang! Kontrollen... unverschämt!
Gästefans... kriminalisiert bis zum Anschlag! Spiel... für Neutrale
okay, für Duisburger ohjeohje! Ich jedenfalls hab jetzt genug geschrieben.
Genug von meinem Ausflug in die 1. Bundesliga, dem vermutlich einzigen
in dieser ansonsten für mich so highlightlosen Saison. Ich geh jetzt
in die Matrix und tanz zu "A little more for little you" von den Hives.
und
Laaaaaaaaaaaaaaangweilig
- Samstag, 12. März 2006, 15.30 Uhr:
MSV Duisburg - Hannover
96 0:0
Zweimal Mitleid
Zweimal 1. Bundesliga. Zweimal
MSV Duisburg. Zweimal "Wir sind Zeeeeeeeeeebraaaaas weiß-blau, unser
Klupp, der EM-ESS-FAU!" Zweimal ohne Sieg. Zweimal Abstiegskampf. Zweimal
über den unnötigen Abstieg aus dem Vorjahr ärgern. Zweimal
über Bundesliga-Fußball aufregen. Zweimal dem MSV den sofortigen
Wiederaufstieg wünschen. Zweimal Mitleid.
Was bleibt von diesen beiden
Spielen, die ich gemeinsam mit meinem Kumpel Helmut erlebte, weil seine
Freundin und zukünftige Frau Tina nicht konnte!?
18. Februar, Leverkusen
- Kapitel eins
"Guck mal, der meint Dich",
sage ich zu Helmut. Wir sitzen auf der Sitzplatz-Tribüne, 45 Minuten
vor dem Anpfiff, er ist der Einzige im blau-weißen MSV-Komplett-Dress
und wird von einem Löwen in Bayer-Leverkusen-Kluft angewunken. Welch
skurrile Szene! Helmut kann sich sogar zurückhalten und zeigt nicht
den Stinkefinger. Immerhin ist die BayArena ein einziger Familienblock
und natürlich sitzen schon Dutzende Grundschüler auf den Sitzplätzen.
18. Februar, Leverkusen
- Kapitel zwei
Bayer Leverkusen braucht
niemand in der 1. Bundesliga. Wenn dieser Klub von der Landkarte verschwinden
würde, wen würde es wirklich stören?
18. Februar, Leverkusen
- Kapitel drei
Das Spiel selbst: Sehr,
sehr unterhaltsam. Die Duisburger sind absolut chancenlos und gewinnen
sogar fast. Bayer führt nach zehn Minuten mit 2:0, könnte nach
40 mit 6:0 vorn liegen. Dann schießen die Duisburger zweimal aufs
Tor und gleichen aus. Beim 2:2 bleibt's, bis Duisburgs Biliskov nach einem
Kopfstoß vom Platz muss. Dennoch bietet sich Tararache beim dritten
MSV-Torschuss des Spiels die Riesenchance zum 3:2, doch er vergeigt und
im Gegenzug trifft Berbatov für Bayer zum natürlich verdienten
3:2. Spielnote 2,5.
12. März, Duisburg
- keine Kapitel
Dieses Spiel war so langweilig,
so schwach und das alles bei einer eisigen Kälte: Dazu gibt es nichts
zu sagen. Nun gut, vielleicht noch dies: 1. Ich bin noch nicht in der Lage,
Peter Neururer auf der Bank eines anderen Fußballvereins zu sehen,
ohne ihn für den Abstieg zu verfluchen, 2. Wenn Thomas "ich stehe
frei vor Georg Koch und kriege den Ball nicht unter" Brdaric für die
WM nominiert wird, dann lache ich mich kaputt und 3. die Duisburger tun
mir leid.
Ja, Mitleid. Das empfinde ich nach den diesen beiden Spielen. Im nächsten Jahr werden der MSV und der VfL wohl nicht aufeinander treffen.
Warum der MSV absteigen muss? Ein Beweis-Spiel! - Samstag, 15. April 2006, 15.30 Uhr:Sekt? Champagner? Cola!
Holger Fach in der Telba-Loge... Trainerkandidat beim MSV? Oder dem VfB?
Eine Bahnfahrt, die ist lustig,
eine Bahnfahrt, die ist schön... Treffpunkt 13.55 Uhr, Mülheim
Hauptbahnhof. Ein "normaler" Samstagmittag. Naja, scheinbar. "Gilde", ein
Bekannter aus alten Jugendfreizeit-Zeiten, lehnt am fünften Gleis,
am Treppengeländer, nippt an einer Flasche Bier und brüllt: "Andiandiandieeernst."
Ääääh, ja... Er fährt nach Düsseldorf, zum
Spiel Fortuna gegen Wuppertaler SV in der LTU-Arena. Die ganz in Rot und
Gelb gekleideten Jungs und Mädels ziehts zum Eishockey nach Düsseldorf.
Und da sind die Mengen an Blau-Weißen. MSV Duisburg gegen Hamburger
SV. Zwei MSV-Dauerkarten von Helmut und Tina (Ihr wisst schon: Die MSV-Fans
aus den letzten Spielberichten auf dieser Seite) lagern in meinem Portmonee.
Angesichts der aussichtslosen Tabellensituation haben es die Beiden vorgezogen,
über Ostern auf der niederländischen Insel Texel am Strand zu
verschwinden - und mir die Tickets zu vermachen. Ich nehme meinen Kumpel
Alex mit, der erst zum dritten Mal in seinem Leben ein Profifußball-Spiel
besucht. 13.56 Uhr, die S-Bahn Richtung Düsseldorf fährt ein.
Und ab. Fortuna. DEG. HSV? MSV!
Wann endlich spielen Duisburg
und Bochum wieder gegeneinander. Neulich hat Tina einen Gutschein gefunden,
den ich den Beiden mal gebastelt habe. Ist schon etwas länger her.
Ich versprach ihnen, sie beim Spiel VfL gegen MSV in Bochum zum Spiel und
nachher zum Essen einzuladen. Das kann noch dauern... Am Duisburger Hauptbahnhof
wird die Bahn rappelvoll. Und rappelvoll sind einige Fans auch schon. Die
sitzen seit sechs Stunden im Zug, dem Wochenend-Ticket sei gedankt. "Sekt
für die Nutten, Champagner für uns - wir sind alle Hamburger
Jungs", brüllen sie, hüpfen herum. Ich hätte bei diesem
Tabellenstand auch so gute Laune. Als Alex ein leises "Deutscher Meister
wird nur der FCB" anstimmen will, klopft ihm ein HSV-Fan sanft auf die
Schulter. "Sag das mal lieber nicht so laut." Der ganze Waggon singt vom
Auswärtssieg, einer schwarz-weiß-roten Invasion undundund...
die ganze Palette eben, und das in den zwei Minuten vom Hauptbahnhof bis
zum Bahnhof "Duisburg-Schlenk". Wie schon beim Heimspiel gegen Hannover
interessiert es den Kartenabreißer nicht, dass ich unter Tinas Namen
das Spiel besuche. Liegt vermutlich an den langen Haaren. Spaziergang durch
die Kurve. Nein, Fußball-Euphorie und der Glaube an das Klassenerhalt-Wunde
sehen anders aus. Wir bestellen Würstchen, Cola, Apfelschorle, stellen
uns hin, alles ist noch recht weitläufig. Der Fangzaun stört
wieder einmal. Ein dünnerer Stoff wie in Bochum wäre wesentlich
angebrachter. Letzte Woche sah Alex sein Fußballspiel Nummer zwei,
in Dortmund. "Da war es voller, enger, alle waren wesentlich besoffener
und aggressiver." Ein Blick auf die Handy-Uhr, dauert noch eine halbe Stunde
bis zum Anpfiff. Die Telba-Loge ist leer, kein Spieler des VfB Speldorf
- dort ist Telba Hauptsponsor - dort. Aber hey, den kenn ich doch... "Ey
Alex, guck mal, ist das nicht der Holger Fach??" Bingo, Volltreffer. Schnell
die Kamera gezückt und abgedrückt. Einer, der als Trainer für
die nächste Saison im Gespräch ist, tippt auf seinem Handy herum.
Das mache ich sogleich auch und schicke die Nachricht an Helmut. Tina antwortet:
"Helmut ist noch bewusstlos vor Schreck. Dir viel Spaß. :-)" HSV
spielt mit Ailton, aber ohne van der Vaart. Supa-Ritchie gibt ein Interview
(mit ihm auf der Tribüne hat der MSV noch nicht verloren) und der
langzeitverletzte Andreas Voss erhält ein zehn Meter langes Transparent
mit Genesungswünschen der MSV-Fans. Ein nettes Vor-Anpfiff-Programm.
Nett. Und doch ist hier keine Champagner-Stimmung. "Wir bleiben dabei,
egal, wie schlecht wir auch spielen", brüllt ein Fan kurz vor dem
MSV-Quiz ins Stadion-Mikrofon. Er hat "schlecht" gesagt. Bezeichnend.
Warum der MSV absteigen
muss, zeigen die 90 durchschnittlichen Bundesliga-Minuten. Während
der gesamten Spielzeit ist der MSV engagierter, bemühter, zweikampfstärker.
Neu-Trainer Heiko "witzige Mähne" Scholz hat seine Jungs wirklich
gut eingestellt. 59 Prozent Ballbesitz, 25:7 Torschüsse und 8:2 Ecken
lügen eigentlich nicht. Und doch gewinnt der HSV souverän mit
2:0, und das mit einer mageren Leistung unter dem Motto "nicht mehr gemacht
als nötig". Anderthalb Chancen reichen dem Meisterschaftsaspiranten
für einen wenig glanzvollen Erfolg. In Minute 23 flankt Atouba nach
einem schnell ausgeführten Eckball und Möhrle bugsiert das Leder
über die eigene Torlinie. Sechs Minuten später folgt der einzige
wirklich meisterliche Angriff des HSV. Barbarez schickt mit einem Zuckerpass
Ailton auf die Reise, und der lässt Koch keine Chance. Eine gute Aktion
in 90 Minuten? "Ihr werdet nie deutscher Meister", trällern die MSV-Fans.
Jawoll. In Halbzeit zwei schießt der HSV nur einmal aufs Duisburger
Tor. Der MSV erarbeitet sich Ecke auf Ecke, Freistoß auf Freistoß,
schlägt den Ball oft, öfter, noch mehr in den Hamburger Strafraum
- und doch bleibt es erschreckend harmlos. Kirschsteins Tor ist nie in
richtiger Gefahr. Auf den anderen Plätzen passiert auch nicht viel
- nur neun Tore fallen in den anderen sechs Stadien. Die Spiel mit der
Note 4 plätschert gemächlich dahin. Der HSV gewinnt 2:0, und
ich habe Mitleid mit den tapferen Zebras, die mittlerweile den auch in
Bochum gut bekannten Sprechchor "Nur ein Jahr, dann sind wir wieder da"
rufen. Die mit einer versteckten Träne im Auge "Wir sind Zeeebraaas
weiß-blau" brüllen. Sie haben den Erstliga-Traum geträumt.
Und nach nur einem Jahr sind sie wieder da angekommen, wo sie nie wieder
hinwollten. Alex ruft zwischendurch seine Oma an. Am Ostersonntag geht
er zum Abendessen hin. Er regt sich immer noch über den Fangzaun auf.
Und hat auch Mitleid.
Ruhig spazieren wir zurück,
setzen langsam einen Fuß vor den anderen. Die S-Bahn kommt erst um
17.52 Uhr, bleibt sogar genug Zeit, um Richtung Bahnhof zu laufen. An der
Haltestelle "Duisburg-Grunewald" zwei Straßenecken weiter steigen
wir in einen komischerweise fast komplett leeren Sonderbus Richtung Hauptbahnhof.
Dort angekommen, springen wir in den Regionalexpress, der pünktlich
einfährt. Nun ist es 18.13 Uhr, und ich muss ruck, zuck diesen Text
zu Ende schreiben. Denn die Sportschau fängt jetzt an. Meine erste
Beschäftigung für den heutigen Samstagabend nach der Sportschau
liegt schon bereit. Die Videokassette mit der VfL-Aufstiegssendung der
Saison 2002/2003. Als der VfL in Aachen an diesem Wahnsinns-Maimittag den
Sprung in Liga eins schaffte. Am Montag fahren wir wieder nach Aachen.
Und wieder können wir es perfekt machen. Das MSV-Spiel ist schon lange
im hintersten Teil meines Gehirns angekommen. Dafür war es zu unbedeutend,
zu langweilig.
Beckmann, Reinhold Beckmann.
Erstes Spiel Frankfurt gegen Mainz. Ich hör auf jetzt.