WAZ/NRZ: SPORT IN MÜLHEIM
www.andreasernst.com

 - Andi´s Arbeitsprotokoll gibt´s HIER -
(eine wirklich seeehr ausführliche Statistik)


  • ARBEITSPROTOKOLL

  •  
  • Einleitung
  • 1000 Tipps für Auswärtsspiele
  • 21.08.1999 Porträt Michael Klauß (Fußball)
  • 18.11.1999 Porträt Nathalie Christian (Ski)
  • 23.12.2000 Weihnachtsgeschichte mit Sargis Sargsian (Tennis)
  • 03.05.2001 Reportage Orhan Özcan nach 18 Monaten Sperre (Fußball)
  • 03.09.2001 Ein 08/15-normaler-Spielbericht: Hilden-Nord-Speldorf (Fußball)
  • 17.11.2001 Interview mit zwei Trainern (Fußball)
  • 23.11.2001 Abschied vom Läufer-Ehepaar Küpper (Leichtathletik)
  • 31.12.2001 Jahres-Rückblick
  • 11.01.2002 Reportage F-Jugend VfB Speldorf (Fußball)
  • 12.01.2002 Neujahrsempfang Mülheimer Sportbund (Sportpolitik)
  • 12.03.2002 Weltmeister Timo Weß landet in Düsseldorf (Hockey)
  • 10.09.2002 Mannschaftsvorstellung RSV Mülheim - Damen-Verbandsliga (Handball)
  • 11.09.2002 RSV Mülheim wird 100 Jahre alt (allgemein)
  • 13.09.2002 Reportage mit Thorsten Burgsmüller und Hakan Köroglu (Fußball, vor dem Lokalderby)
  • 16.09.2002 Bericht über Renntag "Rund in Winkhausen" (Radsport)
  • 24.12.2002 Weihnachtsgeschichte über die Handball-Familie Lickfeld (Handball)
  • 03.01.2003 Porträt über den Fußballspieler Dirk Roenz (Fußball)
  • 14.01.2003 Reportage über Trainer Helmut Kantner (Schwimmen)
  • 06.02.2003 Bericht über die Ehrung für Rudi Lunkenheimer (Ringen)
  • 08.03.2003 Doppel-Porträt über Björn Rohpeter und Marc Wildschütz (Fußball)
  • 30.04.2003 "Star der Woche" Tim van Voorst (Ringen)
  • 05.07.2003 Bericht über eine Fußball-Schule von Frank Mill (Fußball)
  • 09.09.2003 "Star der Woche" Joachim Bohra (Fußball)
  • 09.09.2003 Eine Mannschaftsvorstellung: RSV Mülheim - die Fortsetzung (10.9.02) (Handball)
  • 04.10.2003 Wildes Kanu-Herbstcup-Rumgefeature (Kanu)
  • 10.10.2003 Vor dem Fußball-Derby: Interview mit den Trainern (Fußball)
  • 13.10.2003 Nach dem Fußball-Derby: Der Bericht (Fußball)
  • 14.10.2003 Porträt: Helmut Lender und seine Traditionsmannschaft (Fußball)
  • 05.11.2003 "Star der Woche" Dirk Heisterkamp (Fußball)
  • 13.12.2003 Interview mit Turan Isleyen (Fußball)
  • 24.12.2003 Weihnachtsgeschichte 2003 über - na klar - Dirk Roenz (Fußball)
  • 21.03.2004 Porträt über Trainer Ernst Bachmann (Fußball)
  • 14.04.2004 "Star der Woche" Stefan Hohensee (Fußball)
  • 16.04.2004 ANDI INTERN: Selbst gespielte Seiten !!!
  • 05.06.2004 Porträt über den Läufer Markus Lüther (Leichtathletik)
  • 02.07.2004 Vatan Spor wird Galatasaray Mülheim: ANDI IM HAUPTSPORT (Fußball)
  • 05.07.2004 FOTOSTORY: Galasaray Mülheim - Galatasaray Istanbul 1:7 (Fußball)
  • 01.08.2004 Porträt über den Vereinspräsidenten Metin Adigüzel von Galatasaray (Fußball)
  • 11.10.2004 Reportage über dreckige Galatasaray-Umkleidecontainer (Fußball)
  • 13.12.2004 Reportage II: Die Container werden um- und dann abgebaut (Fußball)
  • 14.03.2005 Bericht: Schach-Bundesliga in der Essener Orangerie (Schach)
  • 07.05.2005 Porträt über Turan Isleyen von Galatasaray Mülheim (Fußball)
  • 21.05.2005 Interview: Dirk Roenz vor seinem letzten Spiel für den VfB Speldorf (Fußball)
  • 05.10.2005 WAZ öffnet Pforten: Die RWE Rhein-Ruhr Sporthalle (Allgemein)
  • 15.02.2006 "Star der Woche" Bastian Kempmann (Handball)
  • 10.05.2006 "Star der Woche" Jan Stremmel (Tennis)
  • 24.05.2006 "Stars der Woche": Ömer und Musa Aliklic (Fußball)
  • 01.06.2006 Reportage: Jugendleiter versucht sich als Schiedsrichter (Fußball)
  • 10.08.2006 VfB Speldorf - SW Essen 2:1 (Fußball, WAZ-Sport in Essen)
  • 19.01.2007 ANDI IM HAUPTSPORT: Porträt Dirk Rauin (Handball, Hauptsport)
  • 7.-13.06.2007 Deutsche Jugend-Meisterschaft. Andi vor Ort! (Schwimmen)
  • 11.06.2007 Der MSV 07 feiert seinen 100. Geburtstag (Fußball)
  • Links:

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    Einleitung

    Tag für Tag stehen Zeilen in der WAZ, die aus meiner Feder stammen – na ja, zumindest fast jeden Tag. Auf dieser Seite kann ich Euch natürlich nicht alle Artikel präsentieren; schließlich erscheinen pro Monat im Durchschnitt 4000 Zeilen von mir, das macht über 240.000 Zeilen in den letzten Jahren!
    Da in der Sportredaktion sehr viel Alltagsarbeit anfällt, wie zum Beispiel „normale“ Vorberichte, Kurzmeldungen, „normale“ Spielberichte, habe ich mich dafür entschieden, an dieser Stelle meine große Reportagen und Porträts zur Verfügung zu stellen – und mein tägliches Brot nur an ein/zwei Beispiel darzustellen.
    Viel Spaß beim Schmökern!
    Noch eine Anmerkung: Im Online-Archiv der WAZ stehen die Texte nur ab Januar 1999. Alle Texte, die ich für die WAZ zwischen August 1996 und Dezember 1998 verfasst habe, müsste ich mühsam abtippen. Das werde ich erst nach und nach erledigen.

    Köhring und der Andi Foto-Kollege Köhring und der Andi bei Vatan Spor im August 2003

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    1000 TIPPS FÜR AUSWÄRTSSPIELE:

    Im Rahmen meiner Tätigkeit für die WAZ/NRZ-Sportredaktion Mülheim bereiste ich einige Sportplätze des Ruhrgebiets mit Bus und Bahn... meine Erfahrungen habe ich auf der Seite "1000 Tipps für Auswärtsspiele" zusammengefasst. Klickt mal drauf!

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    21.8.1999

    Ein verlorener Sohn, der nie weg war
    Ex-Profi Michael Klauß wieder bei Union 09

    Treffpunkt 20 Uhr, Klubhaus des TuS Union 09. Michael Klauß ordert an der Theke eine Spezi und hockt sich beschwingt in die Ecke. Der Ex-Profi kommt nicht eben wie Absteiger daher, wenngleich er mittlerweile tief unten in der Landesliga kickt.
    Das ist er also. 28 Jahre alt, sieht noch jung aus, hat sich gut gehalten für so viele Fußball-Jahre. 1977fing er bei Union 09 an, machte weiter in der Jugend des MSV Duisburg und bei Bayer Uerdingen. Dort wurde er Deutscher B-Jugend-Meister und bestritt einige Jugend-Länderspiele. Mit Uerdingen und dem VfL Bochum kickte er in der Bundesliga, zwischendurch ein halbes Jahr in St. Pauli eine Klasse tiefer. Es folgten ein paar Jahre in der Regional- (Wuppertal, Darmstadt) und Oberliga (Oberhausen, Wegberg-Beeck). Laut Statistik spielt ein durchschnittlicher Profi vier Jahre in der Bundesliga. Das habe ich, schmunzelt er. Und jetzt die Rückkehr des verlorenen Sohnes?
    Michael nimmt einen Schluck von der Spezi und lächelt: „Ich verstehe das nicht. Wieso verloren? Eigentlich war ich doch nie richtig weg.“ Obwohl er in der Bundesliga spielte  die Abschlussfahrten mit seinen Kameraden von Union ließ er sich nicht nehmen, wobei durch seinen Vater Heinz als Fußball-Obmann der Kontakt sowieso blieb.
    Trotzdem: Reichlich komisch, dass Michael im besten Fußball-Alter trotz der Erfahrung von 50 Bundesliga-Partien jetzt in der sechsten Liga spielt. Es war ein Tribut an meine Familie  dieser Satz fasst die Gründe zusammen. Jahrelang mussten Frau Silke, die Kinder Christen (4) und Charlyn (1) sowie Golden Retriever Sally auf ihn verzichten. Während seiner Profi-Zeit holte er das Abi nach, wurde danach per Fernstudium Diplom-Sportökonom und hat nun einen Job in Mönchengladbach. Er stand vor der Wahl: „Entweder noch einmal angreifen und zwei, drei Jahre in der 2. Bundesliga die große Kohle abkassieren, wobei so groß wäre die gar nicht gewesen, oder zurückkehren zu Union und mehr Zeit für die Familie haben.“ Die Wahl traf er schnell. Fußball war nie sein Ein und Alles.
    In der Landesliga sei es sowieso spaßiger. Er weiß, dass er an seiner Erfahrung gemessen wird und sein Klub nicht zuletzt wegen ihm zu den Aufstiegsaspiranten zählt: „Das macht mir nix aus. Wer verlangt, dass ich in jedem Spiel zwei Tore schieße, hat noch nie selbst Fußball gespielt.“
    Der Rückblick auf die Profi-Zeit  positiv, aber mit Distanz. Ich habe alles erlebt, in den schönsten Stadien gespielt. Für den internationalen Fußball war ich letztendlich nicht gut genug. Realistisch ist er geblieben und nie abgehoben. Deswegen jucken ihm heute nicht die Füße, wenn er die ehemaligen Mitstreiter im Fernsehen sieht. Zu Dariusz Wosz hielt er den Kontakt ein paar Jahre aufrecht. Der war aber nicht die größte Granate, mit der ich zusammengespielt habe. „Die war Brian Laudrup in Uerdingen.“
    Was er viel mehr behalten hat als seine Teamkollegen, sind die Trainer. In diesem Bereich liegt seine Zukunft. Die B-Lizenz hat er erworben. Die reicht ihm. Die A-Lizenz wäre zu professionell (Ich will ja nicht in Verlegenheit kommen). In zwei oder drei Jahren schon möchte er einsteigen, wenn möglich bei Union. Hängengeblieben sind in seinem Gedächtnis Trainer wie Werner Fuchs („leider viel zu früh verstorben“) oder Jürgen Gelsdorf („der hatte so eine natürliche Autorität“). Ja, autoritär müsse ein Trainer sein, meint Michael Klauß. Aber fair.
    Nicht nur der Trainerjob reizt ihn. Als Sport-Ökonom hat er auch von Management eine Menge Ahnung. Natürlich schüttelt er den Kopf, wenn er sieht, dass Mülheim in Sachen Fußball im Ruhrgebiet ganz hinten liegt: „Es ist doch ein tolles Ziel, in einer Stadt wie Mülheim, die viele Fußball-Begeisterte hat, einmal Oberliga-Fußball zu präsentieren.“ Er selbst ist waschechter Mülheimer. Apropos waschen: „Die Umkleidekabinen an der Südstraße sehen noch genauso aus wie vor 15 Jahren. Aber dafür ist ja kein Geld da.“ Vielleicht besorgt er es ja, irgendwann.
    Anderthalb Stunden später, viel hat Michael Klauß erzählt. Zum Glück hatte er eine große Spezi bestellt.

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    18.11.1999
    Nathalie fühlt sich im Schnee zu Hause
    Ski-Pendlerin zwischen Mülheim und Italien

    Draußen bedecken die ersten Schneeflocken den Bürgersteig, im kuschelig-warmen Haus plaudert Nathalie Christian mal leidenschaftlich, mal verlegen über ihr liebstes Hobby  Ski fahren.
    Hobby? Ist Ski fahren für Nathalie wirklich nur ein Hobby? Wohl kaum. Zur Schule gehen in Mülheim, über die Piste brettern in Stilfserjoch/Italien  eine vereinbare Kombination?
    Nathalie schmunzelt. Um ihren Hals baumeln ein paar gewonnene Medaillen, die sie sich für den Fototermin umhing. 18 Jahre ist sie alt und sieht mit ihren blonden Haaren ein wenig aus wie eine Schauspielerin aus den Willy-Bogner-Filmen. Im normalen Leben werkelt sie am Gymnasium Broich an ihrem Abi. Die meisten Lehrer unterstützen Nathalies Hobby. Seit Ende August sieht ihr Wochenend-Programm so aus: Freitags nach der Schule geht es ab nach Italien. Von Samstag bis Montagabend wird trainiert, insgesamt sieben Stunden pro Tag, dann fährt sie mit dem Zug zurück nach Mülheim. Also nichts ist es mit wilden Ski-Partys oder Erholung im Schnee. „Meistens bin ich um 21 Uhr im Bett, nur selten um 23 Uhr“, berichtet Nathalie. Von Dienstag bis Freitag wird in Mülheim weiter trainiert: Mit Joggen, Schwimmen, Krafttraining und Rad fahren hält sie sich fit. Und nebenbei geht sie noch zur Schule. Wegen des ganzen Stresses schafft sie wahrscheinlich nur einen Notendurchschnitt von 2,2...
    Nathalie startet für den Ski-Klub Mülheim (den gibt es wirklich) und wird trainiert von Christian Flühr. Die Begeisterung für den weißen Sport wurde ihr in die Wiege gelegt: Mit 16 Monaten habe ich zum ersten Mal auf Skiern gestanden. Als sie 15 war, folgte die erste Ausbildung zur Skilehrerin, ein Jahr später die zweite. Während dieser Schulung kam die Eingebung, auch Rennen fahren zu wollen. In diesem Jahr startet sie bei einigen Wettbewerben der FIS-Reihe und möchte Punkte für den Deutschen Ski-Verband holen. Höhepunkt ist die 24-Stunden-EM in Ims in anderthalb Wochen. Einen Tag lang rauf und runter, ohne Pause. „Wer die meisten Runden gedreht hat, gewinnt. Nur zehn Frauen aus Europa nehmen teil. Die Anderen tun sich das nicht an.“ Nathalie kennt keine Grenzen, ist aber schon tierisch nervös.
    Die Nase voll vom Ski fahren hat sie nicht. In zwei Monaten will Nathalie einen Weltrekord aufstellen  48 Stunden nonstop auf den Brettern stehen. Nach dem Abi ist ein Studium angesagt. Irgendwas mit Sport, na klar, auf jeden Fall in Österreich. Dann kann sie nebenbei als Skilehrerin arbeiten und hat's zum Training nicht weit. Draußen schneit es. Genug geplaudert. Nathalie denkt an ihr Privatleben. Ja, das hat sie auch noch.
    Andreas Ernst

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    23.12.2000
    Heiligabend kommt der Sargis...
    Armenischer Tennis-Profi feiert Weihnachten in Mülheim und fliegt dann nach Australien

    Von Andreas Ernst
    Wenn Uwe Schumann mit seiner Familie in diesem Jahr unter dem Weihnachtsbaum Geschenke verteilt, sitzt ein besonderer Gast mit am Gabentisch: Der in Mülheim wohnende armenische Tennis-Profi Sargis Sargsian ist dabei.
    Weihnachten, Fest der Liebe, die Kerzen auf den Tannenbäumen erhellen die dunklen Straßen. Auch die Wohnung von Uwe, Anette, Felix und Tom Schumann ist geschmückt.  Es klingelt an der Tür. Nein, der Weihnachtsmann ist es nicht. Der kommt ja erst am 24. Dezember. Felix Schumann (4) stürmt das Treppenhaus hinab, Tom (11 Monate) liegt in den Armen von Papa Uwe, dem Teamchef des Tennis-Bundesligisten Kahlenberger HTC. Felix springt in die auffangbereiten Arme von Sargis Sargsian. Seit ein paar Wochen wohnt der 27-Jährige in einem Saarner Appartement, nicht weit vom KHTC-Gelände entfernt. Ein freundliches „Hello“ ertönt, ab sofort wird Englisch geredet. Felix schleppt den prominenten Gast ins Wohnzimmer, der Fußball fliegt durch den Raum.
    Auf dem Tisch liegen Weihnachtsplätzchen. Mit Schokolade, auch welche ohne. In Armenien wird Weihnachten nicht gefeiert, verrät die Nummer 94 der Weltrangliste. Ein bisschen vom 6. auf den 7. Januar, aber ohne Geschenke. Die Leute arbeiten an diesem Tag. Trotzdem freut er sich auf den 24., den er im Kreis der Schumanns verbringt. „Wir treffen uns am Nachmittag, meine Eltern sind dann auch da. Es gibt Gans zum Abendessen, wir werden Lieder singen, dann die Geschenke an die Kinder verteilen“, sagt Anette Schumann. Ein klassischer Weihnachtsabend. Es ist etwas anderes, mit
    jemandem aus einem anderen Land zu feiern. „Sargis ist ein sympathischer Mensch“, meint Anette Schumann. Seit zehn Jahren hat sie kein Englisch mehr gesprochen und sich nun einen Übersetzer gekauft. „Es ist schön, nicht nur geschäftlich, sondern auch freundschaftlich verbunden zu sein“, ergänzt Uwe, der Sargsian im Rahmen seiner Firma Professional Management Team Ruhr (PMTR) betreut.
    Acht Jahre lang lebte Sargis Sargsian in Orlando/USA. Dort ist die Weihnachtskultur wie in Deutschland. Sargsian mag das Weihnachtsfest. Nicht mehr, nicht weniger. Es ist toll für die Kinder. Er selbst will auch Vater werden. Erst ein Mädchen, dann zwei Jungs.
    Das Handy von Uwe Schumann klingelt. Ein Flugtermin wird nachgefragt. Am 27. Dezember jettet Sargis Sargsian in Richtung Australien. Mitte Januar beginnen die Australian Open in Melbourne  das erste Grand-Slam-Turnier im Jahr 2001. Seit Wochen arbeitet er mit Trainer Arif Ünal hart, hat zum Beispiel seinen Aufschlag umgestellt. Er quält sich stundenlang im Fitness-Studio, trainiert mit den KHTC-Teamkollegen Björn Jacob und René Heidbrink. Sargsian: „Ich mag das Turnier in Australien nicht so sehr. Die Hitze macht mir nichts aus, aber es ist windig, und die Courts liegen mir nicht.“ Sprich: Eigentlich flog er immer früh raus.
    Nun soll alles anders werden. Zuerst spielt er die ATP-Turniere in Adelaide und Sydney, dann reist er gemeinsam mit Arif Ünal weiter nach Melbourne. Der KHTC-Trainer freut sich vor allem auf Trainingseinheiten mit André Agassi, mit dem Sargsian mehrmals Doppel spielte. Sein Ziel für das Jahr 2001 hat der Armenier hochgeschraubt. Eigentlich sollten es die Top 50 der Welt sein. Das war vor ein paar Wochen. Nun will ich unter die ersten 30. Doch halt: Seine Ziele nimmt er erst ab Montag wieder ins Visier. Morgen lässt er den Tennisschläger in der Ecke stehen. Dann ist Fußball spielen mit
    den Schumann-Kindern, Gänsebraten essen und Geschenke auspacken angesagt.
    Denkt ein viel beschäftigter Tennis-Profi eigentlich wenigstens zu Weihnachten an seine eigene Familie? „Ich telefoniere ab und zu mit meinen Eltern, aber das hat mit Weihnachten nichts zu tun. Mein Bruder wohnt in den USA, arbeitet dort als Computer-Programmierer.“ Sargis Sargsian, ein intelligenter Mensch, der jede Frage beantwortet; der auf Menschen zugeht, drei Sprachen spricht (Russisch, Armenisch, Englisch). Bald sollen Deutsch und Spanisch folgen. Die ersten Wochen der Zusammenarbeit waren laut Uwe Schumann optimal. „Sargis ist einer, der sich über Kleinigkeiten freut, der auch einmal ,Danke' sagen kann. Unter den Tennis-Spielern ist er sehr beliebt. Er geht auf Menschen zu, aber es helfen ihm auch viele Leute.“
    Fühlt sich ein Tennis-Profi, der 52 Wochen im Jahr mehrmals die Welt umrundet, irgendwo heimisch? Eine schwierige Frage. Da nippt Sargis Sargsian lieber erst an seinem Apfelsaft-Glas, bevor er antwortet. „Heimat? Ich habe hier in Mülheim momentan meine Basis. Ich bin ja nicht hierher gezogen, weil die Stadt so schön ist  oder etwa das Wetter. Das Wetter hasse ich im Moment sogar. Aber Heimat? Ich weiß nicht. Irgendwie ist es vielleicht doch Armenien. Meine Eltern wohnen dort, unser Haus steht dort, ich spiele für Armenien und werde immer für Armenien spielen.“ Doch seine Besuche in dem Land, das an die Türkei und den Irak grenzt, sind rar geworden.
    Felix Schumann zupft an Sargis Sargsians Hand. Er will wieder Fußball spielen. In drei Wochen wird sich Papa Uwe die Nächte um die Ohren schlagen und die Australian Open nachts vor dem TV-Gerät verfolgen. Dem Sohnemann sagt er nichts davon. „Nachher will er noch mitgucken, wenn er hört, dass Sargis spielt.“ Dieser schaut auf die Uhr, trinkt sein Glas aus. Bald ist Training angesagt, dann muss er noch Einkaufen. Er fühlt sich wohl in Mülheim.

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    03.05.2001
    Am Sonntag endet die lange Pause
    Orhan Özcans 18-monatige Sperre läuft ab

    Von Andreas Ernst
    Den 24. Oktober 1999 wird Fußballspieler Orhan Özcan nie vergessen. In der Partie des Landesligisten Vatan Spor beim VfB Homberg wurde Schiedsrichter Carsten Bongers durch Tritte schwer verletzt. Özcan erhielt als einer der angeblich Hauptschuldigen eine anderthalbjährige Sperre. Am 6. Mai darf er wieder spielen.
    Wenn es um die Ereignisse an jenem Sonntag im Herbst geht, dann spult Özcan wie eine Kassette seine Version ab. Immer wieder erzählt er sie, ob vor dem Landgericht, dem Sportgericht oder seiner Familie, Freunden und Mitspielern: „Das 2:1 für Homberg fiel, unsere Abwehr war stehen geblieben, die Fahne des Linienrichters oben. Der Schiedsrichter erkannte auf Tor. Wir sind alle zu ihm gerannt. Bevor ich da war, hatte ihn der erste Zuschauer umgetreten. Ich habe gar nichts gemacht.“ In seinen Augen hätte das Urteil nur unschuldig lauten dürfen.
    Es kam anders. Am Montag nach dem Spiel klingelte die Polizei an. Sie verhaftete mich wegen „versuchten Totschlags“. Eine Nacht war ich in Gewahrsam und wusste nicht, warum. Während der Sportgerichtsverhandlung sagte ein Großteil der Zeugen  ob von Vatan- oder VfB-Seite  für Özcan aus, aber die Spruchkammer sah die Schuld des 25-Jährigen, der bei Mannesmann arbeitet, als erwiesen an. VfB-Spieler hätten ihn erkannt. Der Vorwurf: Orhan Özcan habe Bongers mit einem Tritt zu Fall gebracht. Anderthalb Jahre wurde er dafür gesperrt.
    Die 18 Monate ohne Sport prägten den Mittelfeld-Regisseur, der bei Kocaelispor sogar auf vier Einsätze in der ersten türkischen Liga kam. „Ich wurde von Jedem als der Schuldige angesehen  nach dem Urteil. Von vielen war ich sehr enttäuscht, auch vom damaligen Vatan-Vorstand. Kein Anruf kam. Aus diesem Kreis hielt nur Turan Isleyen zu mir.“ Dieser übernahm vor kurzem den Vorsitz, und nur deshalb kickt Özcan weiter für Vatan.
    Am Sonntag muss er beim 1. FC Kleve nicht mehr zuschauen. Trainer Pascal Notthoff freut sich darauf, endlich seine Nummer 10 einsetzen zu können: „Ich habe Orhan als einen fairen, ehrlichen Sportsmann kennengelernt und glaube, was er sagt. Für die Landesliga ist er ein überragender Spieler.“ Geschäftsführer Boris Walitza meint: „Ich bin sicher, dass es nicht so war, wie es ihm vorgeworfen wird.“ Walitza hatte zwei Gnadengesuche beim Fußballverband Niederrhein eingereicht  beide wurden abgelehnt. „Er würde nie einen Schiedsrichter treten“, urteilt sein damaliger Trainer Mohamed Ali Abdelhafid. Özcan: „Hätte ich etwas gemacht, hätte ich das auch zugegeben.“
    Dass ihm die Verletzungen von Schiedsrichter Bongers leid tun, hat er mehrfach gesagt: So etwas darf nie passieren. In Kleve zieht Özcan erstmals gemeinsam mit Yücel Akdan im Mittelfeld die Fäden. Ein Moment, auf den er lange wartete.

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    EIN GANZ NORMALER SPIELBERICHT
    03.09.2001
    Speldorfer nutzten Fehler gnadenlos aus
    VfB gewann auch das dritte Spiel

    Von Andreas Ernst
    Wenn die Fans des VfB Speldorf ihren Lieblingen im Moment zusehen, wissen sie nicht, ob sie lachen oder weinen sollen. Beim SV Hilden-Nord fuhren die Grün-Weißen zwar den dritten Sieg in der dritten Fußball-Verbandsligapartie ein, doch sicher herausgespielt war der 2:0 (0:0)-Erfolg beim Schlusslicht nicht.
    Es ist schwierig, die Leistung der Grün-Weißen treffend zusammenzufassen. In der ersten Halbzeit retteten die Speldorfer mit Mühe das torlose Remis in die Kabine, in der Schlussphase hätten sie dagegen spielend hoch gewinnen können. Doch genau das unterscheidet die Grün-Weißen noch von einer Spitzenmannschaft: Sie spielen nicht konstant genug und werden deshalb irgendwann eine Partie bei einem vermeintlich schwachen Gegner verlieren.
    Der SV hatte sich die 0:2-Heimniederlage vor 300 Zuschauern an der Furtwängler Straße selbst zuzuschreiben. In der ersten Hälfte spielte er sehr aggressiv, häufig unfair. Vier gelbe Karten holten sich die Gastgeber im ersten Abschnitt ab, doch diese Taktik ging auf. Die Speldorfer ließen sich einschüchtern, stolperten auf dem Kunstrasen häufig. Doch im VfB-Tor klingelte es nicht. Michael Lorenz (4./36.) und Markus Zieris (28./31./33.) vergaben fünf gute Kopfballchancen alle vorbereitet von Andreas Bundschuh, der über die rechte Seite viel Druck entfachte. „Wir wussten, dass wir in der Luft Probleme bekommen. Hilden hat große Stürmer“, meinte VfB-Trainer Dirk Pusch. Bei seinem Team herrschte Flaute im Angriff. Dirk Roenz und Stefan Majek tauchten unter, Ömer Aydin musste nach 20 Minuten aufgrund von Knieproblemen ausscheiden.
    Nach dem Wechsel bekamen die Speldorfer ein Tor geschenkt. Die Hildener waren in der VfB-Hälfte in Ballbesitz, als SV-Kapitän Thomas Knüfermann 20 Meter vor seinem eigenen Tor meckerte. Schiedsrichter Erik Golz (Rommerskirchen) zeigte Knüfermann Gelb und gab Freistoß für den VfB. Diese Chance ließ sich Stefan Majek nicht entgehen  0:1 (48.). Die Gastgeber gaben nicht auf. In der 59. Minute foulte Karsten Rafoth im Strafraum Volkan Denizci. Doch der Unglücksrabe Knüfermann scheiterte mit dem Elfmeter an Markus Hangert. Der Torwart ragte gestern aus der Speldorfer Mannschaft heraus. Nach dieser Szene war die Partie gelaufen. Die Hildener rannten sich ein ums andere Mal in der nun sattelfesten Speldorfer Deckung fest, in der vor allem der junge Marc Wildschütz beeindruckte. Bei Kontern hatte der VfB nun Chancen im Minutentakt. In der 71. Minute vollstreckte Dirk Roenz nach einem Wildschütz-Pass zum 2:0-Endstand.
    Am nächsten Sonntag steigt am Blötter Weg das erste Spitzenspiel. Dann trifft der VfB auf Union Solingen. Beide Teams sind noch verlustpunktfrei.
    VfB Speldorf: Hangert, Rafoth, Müller, Wildschütz, Köroglu, Häse, Hoffterheide, Roenz, Pröpper (86. Karasalihovic), Aydin (20. Konowski), Majek.

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    17.11.2001
    Union will sich morgen für die Prügel revanchieren
    Trainer Ernst Bachmann: „Mülheim ist keine Fußball-Stadt“

    Die Mülheimer Fußballfans fiebern dem Verbandsliga-Lokalderby entgegen. Am Sonntag um 14.30 Uhr stehen sich an der Südstraße der TuS Union 09 und der VfB Speldorf gegenüber. Marcus Lemke und Andreas Ernst sprachen im Vorfeld der Partie mit den Trainern Ernst Bachmann (Union 09) und Dirk Pusch (VfB Speldorf) über die Favoritenrolle, Taktik, Personalprobleme, Ziele und über den Mülheimer Fußball.
    ? Gibt es bei der Neuauflage des Lokalderbys überhaupt einen Favoriten?
    Dirk Pusch: „Aufgrund der letzten Spiele gebe ich die Favoritenrolle gern an Union weiter. Aber ich denke, dass es im Derby generell überhaupt keinen Favoriten gibt.“
    Ernst Bachmann: „Ich sehe das genauso. Im Lokalduell kann der Letzte den Ersten schlagen oder ein Kreisligist den Landes- oder Verbandsligisten. Es ist immer alles möglich.“
    ?  Ist die Anspannung vor diesem Spiel größer als bei anderen Partien? Gibt es diesbezüglich Unterschiede bei Spielern und Trainer?
    Pusch: „Die Anspannung ist bei den Spielern sicherlich etwas größer. Ich denke eher an die Gesamtsituation: Wir müssen unseren Negativtrend stoppen und eine positive Serie starten. Daher sollten wir die Partie gewinnen. Insofern ist es für mich ein ganz normales Meisterschaftsspiel.“
    Bachmann: „Ich sehe das Duell als Trainer auch nicht so emotionsgeladen. Für meine Spieler ist das schon etwas anderes, da sie in der letzten Saison zweimal von den Speldorfern Prügel bekommen haben. Daher brennen sie auf eine Revanche.“
    ? Wie tief haben sich denn die beiden Niederlagen der Vorsaison in den Köpfen der Union-Spieler festgesetzt? Ist das ein Nachteil oder könnte es sogar ein Vorteil sein?
    Bachmann: „In einer solchen Begegnung können die Spieler auch übermotiviert sein. Dann läuft es natürlich nicht. Wir haben aber einen guten Lauf. Über die Niederlagen sollten wir nicht mehr nachdenken.“
    ? Dirk Pusch, fährt die VfB-Elf aufgrund der zuletzt guten Ergebnisse gegen Union 09 mit viel Selbstbewusstsein zur Südstraße?
    Pusch: „Es spielt keine Rolle, ob eine Mannschaft mehrmals vorher gewonnen hat. Wir können uns für die Vorjahressiege heute nichts mehr kaufen. Es beginnt wieder bei Null.“
    ? Welche Taktik werden Sie anwenden? Werden Spieler besonders eng bewacht?
    Pusch: „Unsere Taktik ist, einen Treffer mehr als Union 09 zu schießen. Alles andere ist von der Situation am Sonntag abhängig. Natürlich werden wir auf einige Union-Spieler ganz besonders achten.“
    Bachmann: „Wir kennen die Speldorfer Mannschaft sehr gut und haben sie auch in dieser Saison
    mehrfach beobachtet. Es gibt einige Spieler,die wir in Schach halten müssen. Zunächst sollten wir aber die Mannschaftsaufstellung des VfB abwarten.“
    ? Gibt es personelle Probleme vor dem Lokalkderby?
    Bachmann: „Joachim Bohra fällt aufgrund seiner Knieverletzung aus. Ralf Zils ist angeschlagen. Sein Einsatz ist noch fraglich.“
    Pusch: „Dirk Roenz und Martin Hoffterheide fehlen bei uns. Es sieht auch nicht danach aus, als ob Markus Hangert im Tor steht.“
    ? Welche sind im Moment in ihrem Team die stärksten Mannschaftsteile?
    Bachmann: „Wir haben bei unseren Verpflichtungen Wert auf den Defensivbereich gelegt und auch erst 21 Tore kassiert. Andererseits sind uns aber auch schon 32 Treffer gelungen. Die Ausgeglichenheit macht uns im Moment stark.“
    Pusch: „Wir sind ausgeglichen von der Rolle. Das liegt einerseits an Verletzungen, aber auch daran, dass einige nicht ihre Leistung bringen. Ich hoffe, dass es irgendwann knallt und dann die Form stimmt.“
    ? Die Neuzugänge spielen bei Union eine größere Rolle. Hat Union besser eingekauft?
    Pusch: „Ich kann nur von uns reden. Unsere Neuzugänge hatten viel Verletzungspech. Dass aber ein Marc Wildschütz so hervorragend einschlägt, damit hatte niemand gerechnet. Ich hoffe, dass alle Neuverpflichtungen in dieser Saison noch zeigen können, was sie drauf haben.“
    Bachmann: „Bei uns hat sich alles zum Guten gewendet. Vor der Saison hatten wir das Problem mit Hakan Turna, als er in die Türkei ging. Wir mussten einen Libero finden und haben Kai Berges geholt. Nun spielen beide. Yücel Akdan kam wie Phönix aus der Asche. Insgesamt hatte ich nicht so viel Pech mit Verletzungen wie der VfB. Bei jedem Trainingstag sind mindestens 20 Spieler da.“
    ? 13 Spieltage sind um. Haben sich die Ziele verändert?
    Pusch: „Oben haben wir im Moment nichts zu suchen  schon gar nicht mit der Leistung, die wir abliefern. Wenn unsere verletzten Spieler zurückkommen und einige ihre Normalform wiederfinden, wollen wir uns um den fünften Platz herum festbeißen.“
    Bachmann: „Eigentlich ist das zweite Jahr schwerer, aber die Liga diesmal nicht ganz so stark. Uns fehlt die Stabilität, um den vierten Platz halten zu können. Ein Rang zwischen sechs und acht ist möglich.“
    ? Was passiert bei einer Niederlage beim VfB?
    Pusch: „Der Druck ist jetzt schon groß. Viel schlimmer kann es nicht mehr werden. Wir haben noch längst nicht in die Saison gefunden, obwohl schon so viele Spiele absolviert sind. Es täte natürlich doppelt weh, ein Derby zu verlieren, aber davon würde die Welt nicht untergehen.“
    ? Herr Bachmann, Sie waren zwei Jahre lang weg von Union. Was hat sich verändert?
    Bachmann: „Bei Union bewegt sich einiges. Es gibt eine Tribüne, neue Umkleidekabinen werden
    gebaut, die Zulaufwege sind besser geworden.“
    ? Während es in anderen Sportarten in Mülheim Abstiege zu beklagen gab, geht es im Fußball aufwärts. Kann die Oberliga ein Thema werden?
    Pusch: „Sicher ist die Oberliga in Zukunft für beide Vereine drin, wenn ein gutes Jahr gelingt und kein Verletzungspech eintritt.“
    Bachmann: „Mülheim ist keine Fußball-Stadt. Die Speldorfer haben immerhin mehr Sponsoren im Rücken. Für uns wäre die Oberliga so tödlich wie in diesem Jahr für Hamborn 07, die nach dem Aufstieg nun unten stehen. Im Moment ist das indiskutabel.“
    ? Muss es nicht das Ziel einer Mannschaft sein, am Ende der Saison vor dem Lokalrivalen zu stehen? Es gab zwischen Ihnen diesbezüglich kürzlich einen kleinen Disput.
    Bachmann: „Das ist doch klar, dass wir vor Speldorf sein wollen. Nur zu diesem Zeitpunkt, als zu lesen war, dass Dirk Pusch unbedingt vor Union 09 landen wolle, war aufgrund unserer Möglichkeiten und unseres Spielermaterials gar nicht daran zu denken. Jetzt ist die Situation anders, weil Dirk Pusch viele Verletzte in seinen Reihen hat. Unser oberstes Ziel ist es aber nach wie vor, mindestens wieder Achter zu werden.
    Pusch: „Wir haben natürlich die Ambition, bester Mülheimer Fußballverein zu bleiben. Mir würde es aber nichts ausmachen, wenn Union am Ende Erster ist, wir Zweiter sind und beide Teams aufsteigen.“

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    23.11.2001
    Im Witthausbusch weinen die Bäume
    Läufer-Ehepaar Küpper zieht es nach Berlin

    Von Andreas Ernst
    Es gibt nur ein Ehepaar in Mülheim, das im Witthausbusch jeden Stock und Stein duzt: Hannelore und Wolfgang Küpper. Doch ab dem 1. Dezember müssen die Bäume ohne ihre Lieblinge auskommen. Die Küppers ziehen nach Berlin um.
    Es gibt viele Zahlen, die das Lauf-Lebenswerk der beiden untermauern, und dennoch beschreibt keine die wirkliche Bedeutung für die Mülheimer Leichtathletik im Allgemeinen und den TSV Viktoria im Besonderen. Seit 1969 sind sie beim TSV tätig, als Jugendwart, Mittel- und Langstreckentrainer, Kindergruppenbetreuer, Organisatoren des sonntäglichen Lauftreffs im Witthausbusch, Veranstalter von Sportangeboten in Altersheimen und Leiter der Sportabzeichen-Gruppe. Sie sind TSV-Urgesteine. „Der Verlust ist schmerzlich“, meint die Vorsitzende Ulrike Dyhr. „Als sie mir die Nachricht bei einem Lauftreff übermittelt haben“, stockte mir der Atem, ergänzt der Leichtathletik-Abteilungsleiter laus Moll, der die Küppers von der ersten Sekunde an begleitete.
    Es war nicht immer einfach mit den beiden: Als einen „Widerspruch provozierenden Debattierer“ bezeichnet Moll den 65-jährigen Wolfgang. Vereinskameraden bezeichnen ihn als Perfektionisten, der ungern Aufgaben aus der Hand gibt; aber auch als einen sehr zuverlässigen und treuen Mann mit einem phänomenalen Gedächtnis. Wolfgang Küpper selbst sah sich nie als Funktionär, sondern als „Läufer, der sich um administrative Dinge kümmert.“ Selbstverständlich hat er seine Nachfolge bis ins letzte Detail selbst geregelt.
    Seine Frau Hannelore (66) besticht vor allem durch ein außergewöhnliches sportliches Talent, das sie allerdings erst spät auch in Wettkämpfen zeigen durfte. Schließlich war der Marathonlauf lange Jahre für Frauen nicht zugelassen. Mittlerweile sammelte sie so viele Pokale und Urkunden, dass sie sich für ihre Berliner Wohnung keine Bilder kaufen müsste...
    Die Küppers verlassen Mülheim  für die Läufer der Stadt jahrzehntelang eine unvorstellbare Nachricht. Der Grund ist sechs Monate alt: In Berlin leben Tochter Antje und Ehemann Horst mit Enkeltochter Lara. Da Antje wieder ihrem Beruf als Entwicklungsingenieurin nachgehen möchte, erklärten sich Oma und Opa Küpper bereit, die tägliche Betreuung zu übernehmen. Im Bezirk Tempelhof haben sie eine Wohnung gefunden  und die Laufstrecken schon erkundet.
    Zur Abschiedsfeier kamen 50 Vereinsmitglieder. Eigentlich hätte er im Witthausbusch, den TSV-Spaßvögel in „Küppers Busch“ umbenannt haben, stattfinden müssen. Doch im November wäre dies ein wenig zu kalt gewesen. So fand der Abend in der warmen Stube am Kahlenberg-Sportplatz statt. Es wurden selbstverständlich unzählige Anekdoten erzählt. Geschenke zur Erinnerung an Mülheim bekamen sie viele überreicht  unter anderem ein Luftbild und ein Aquarell vom Witthausbusch. Beim Anblick der Präsente kullerten die Tränen.
    Keine Frage: Auch die Küppers werden ihre Bäume im Witthausbusch vermissen.

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    31.12.2001
    Gute Zeiten, schlechte Zeiten. . .
    . . . für die Hauptdarsteller der Mülheimer Sportszene  Seifenoper mit Taschentuch-Garantie

    Der Titel einer täglichen Seifenoper im Fernsehen lässt schon deren Inhalt erahnen: Gute Zeiten, schlechte Zeiten. Wenn aus dem Mülheimer Sport ein Drehbuch zur Serie entstünde, welche Namen würden auf der Liste der strahlenden Hauptdarsteller stehen?
    Viele Protagonisten sind auf dem Wasser zu finden: Vier Jungs mit Goldmedaillen um den Hals. Die Junioren Philipp Nörtershäuser, Jan-Ole Gehrmann, Tobias Caspar und Steuermann Stephan Boer werden Ruder-Weltmeister. Annette Henk und Ute Hüppop gelingt dasselbe im deutschen Drachenbootteam in Philadelphia (USA). Oder auch Sven Küpper, der Deutsche Meister im Motorbootfahren.
    Sich in die Herzen der Fans kicken Dirk Roenz, Fußballspieler vom VfB Speldorf, und Michael Klauß von Union 09. Beide stehen als Symbol für den Aufschwung des Fußballsports. In der fünftklassigen Verbandsliga haben sich der VfB und Union oben etabliert.
    Hauptdarsteller wären auch Armin Locker, Ringer im Oberligateam des KSV Styrum, der ungeschlagen bleibt und den KSV zum Klassenerhalt führt, oder Berthold Scholz vom MASA BSC, Teamchef des zweifachen Deutschen Bogensport-Meisters.
    Weitere mögliche Stars: Reiner Seven vom Fußballklub MSV 07 und Jan-Hendrik Söller aus dem Herren-30-Tennisteam des Kahlenberger HTC. Der 40-jährige Seven führt den MSV zurück in die Bezirksliga. Söller ist der Kapitän der KHTC-Jungsenioren, die an der Mintarder Straße wenigstens für ein paar lachende Gesichter sorgen und 2002 in der Bundesliga spielen.
    Fähige Darsteller sind da. Aber gibt es genügend Schauplätze, die serienwürdig sind?
    Aber klar! Zum Beispiel der mit klatschenden Fans auf der Schlossbrücke, die beim Drachenboot-Festival ein Boot nach dem anderen ins Ziel brüllen. Das ganze bei 30 Grad im Schatten. Eine Abkühlung sehnen anderthalb Kilometer weiter flussaufwärts auch die Läufer beim Ruhrauenlauf herbei, der auch die Massen anlockt. Und überhaupt: Bei Groß-Veranstaltungen trifft sich die Mülheimer Sportfamilie. Etwa Tengelmann-Lauf, EASY-Halbmarathon, der medl-Cup im Tennis, der Tag des Jugendfußballs  um hier nur die spektakulärsten Beispiele zu nennen.
    Ohne diese tollen Erfolge in Abrede stellen zu wollen, ist eines gewiss: Den Deutschen Fernsehpreis verdienen wir nur in Randsportarten. Die großen Produktionen spielen anderorts. Denn wer kennt in Dortmund schon den Deutschen Meister im Bogenschießen!
    Die Mülheimer Seifenoper ist die einzige, der Zuschauer untreu werden.
    Andreas Ernst



    Beliebteste Zutaten eines jeden Soap-Erfolgsrezeptes sind die traurigen Szenen. Taschentuch-Garantie inklusive. An der Sendestaffel 2001 hätte die Firma Tempo wahrlich ihren Spaß.
    Vorspann. Dramatische Titelmusik a la Lindenstraße. Die gibt es auch in Mülheim. Heißt hier aber Südstraße. In der Hauptrolle: Heinz Moseler, Leiter des dort ansässigen Mülheimer SportService (MSS). Moseler kämpft an mehreren Fronten. Und das sind ausnahmslos Sporthallen  wie etwa die Ruhr-Sporthalle.
    Diese hat zwar eine Kapazität von 1100 Plätzen, ist aber seit dem Sommer nur noch für 100 Personen gleichzeitig nutzbar. An der Lehner- und Kleiststraße tropft es durchs Dach, an der Von-der-Tann-Straße streikt die Heizung. Schließung. Terminchaos. Vereinsfrust. Den Klubs und dem Schulsport
    droht der Kollaps. Moseler und sein Team können den Kreislauf mit einigen Finanzspritzen mühsam stabilisieren.Trifft ihn die alleinige Schuld? Und was passiert nun in Mülheim? Antworten in der nächsten Folge.
    Schnitt. Im Hintergrund läuft der Song Time To Say Good-Bye. Auf einem Kunstrasenplatz liegen Hockeyspieler. Tränen kullern. Der HTC Uhlenhorst ist nach 31 Jahren aus der Hockey-Bundesliga abgestiegen. Eine knallharte Quittung für zu ausgeprägte Gutgläubigkeit des Vorstandes. Aus der HTCU-Story ließe sich locker ein abendfüllender Kinofilm machen. Auf der Tribüne trauern Moseler und Sportdezernent Wilfried Cleven. Das sportliche Aushängeschild der Stadt ist nur noch zweitklassig.
    Schnitt. Nächster Abstieg. Diesmal Tennis. In Schwarz-Weiß laufen Bilder aus dem Jahr 2000 ab. Ein jubelnder Karsten Braasch, ein schmetternder Christian Schäffkes, ein lachender Teamchef Uwe Schumann. Doch die Realität 2001: bunt und traurig. Im zweiten Bundesliga-Jahr schafft der KHTC den Klassenerhalt nicht. Ein trauriger Karsten Braasch, ein verlierender Christian Schäffkes, ein niedergeschlagener Uwe Schumann. Zu wenig dicke Sponsoren, zu viele zweitklassige Asse an den Top-Positionen.
    Schnitt. Die nächste Tragödie. Rollschuhfahrer stehen vor den verschlossenen Türen der Skate Galaxy. Gleichzeitig erschreckt Bernhard Wirkus vom Mülheimer Sportbund (MSB) ob der nicht eingeplanten roten Zahlen im Sparbuch.
    Schnitt. Wieder verschlossene Türen. Mülheims sportliches Sahnebonbon, die Hallenfußball-Stadtmeisterschaft, fällt aus. Wieder trauern die Fans.
    Abspann. Die Melodie aus dem Marienhof, der Text allerdings in leicht abgewandelter Form: „Es muss viel passieren, hoffentlich bleibt nichts mehr gleich.“
    Andreas Ernst
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    11.01.2002
    Wandeln auf den Spuren von Figo
    Torhungrige F-Jugend des VfB Speldorf ist seit zehn Monaten ungeschlagen

    Von Andreas Ernst
    Mannschaftsbesprechung. Ein Dutzend 6- bis 8-Jährige versammeln sich um ihren Trainer. Was habt Ihr denn zu Weihnachten bekommen?, fragt der Coach. Fünfzehn Stimmen quasseln durcheinander. Dann unterbricht der Trainer und ruft: Wollen wir Fußball spielen? Da lassen sich die Kicker nicht zweimal bitten und bolzen direkt drauflos.
    103 Tore setzten die F-Junioren des VfB Speldorf in den ersten 13 Spielen der Saison in die gegnerischen Maschen  das ist bei einem Durchschnittswert von fast acht Treffern pro Spiel Spitze im Mülheimer Jugendfußball. Und die Liste der Spielernamen liest sich wie die Aufstellung einer hiesigen Prominenten-Mannschaft: Woodburn, Baltromei, Eichholz, Fingerhut. Doch nicht nur, weil hier Söhne von Galopptrainern, Jockeys und Fußballern im VfB-Trikot kicken, verdient diese Mannschaft Erwähnung. Sondern auch, weil der Trainer ein Ehemaliger ist.
    Frank Fingerhut, der bis 1994 beim VfB Speldorf und Dümpten 13 in der Bezirksliga trainierte, bringt nun F-Junioren das Fußball spielen bei. 37 Jahre ist er mittlerweile alt, der Inhaber der B-Lizenz. „Jugend und Senioren das ist etwas völlig Anderes“, plaudert Fingerhut, während er von einem Kind unterbrochen wird: Du Frank... kannst Du mir mal die Schuhe zumachen? Fingerhut lächelt und hilft gern. Natürlich lässt er sich duzen: „Im F-Jugendbereich siezen lassen; davon halte ich nichts.“
    Er versucht mit seiner Mannschaft die These zu widerlegen, dass F-Junioren sowieso nur auf einem Knubbel herumlaufen und alles zum Ball strebt. Wir setzen im Training sehr viel auf Technik. Was bei uns schon gut klappt, ist das Spiel über Außen mit einem Rückpass zum Abschluss. Auch Standardsituationen übt Frank Fingerhut ein. Ganz wichtig ist, dass wir jede
    Übung mit dem Ball machen. Die Abschlussfahrt im letzten Jahr führte in die Fußballschule
    des Ex-Schalkers Ingo Anderbrügge  da bekamen die Kinder große Augen. Viel Zeit zum Erzählen hat Fingerhut während einer Trainingseinheit nicht. Immer wieder wird er von seinen Kindern gefordert, als Schiedsrichter verlangt. Ein Blick auf die Trikots verrät die Lieblinge: Bayern Münchens 21 (Alexander Zickler) ist vertreten, ebenso Portugals 7 (Luis Figo). Eben jener Welt-Fußballer 2001 aus den Reihen von Real Madrid ist auch für Fingerhuts Sohn Tim der Star. Und mit 39 Toren ist Tim sogar der beste Torschütze des Teams, vor Marc Baltromei (21) und Pascal Eichholz (20). Beim 19:0-Erfolg gegen den Nachwuchs des Mülheimer FC 97 traf Tim allein elfmal!
    „Er trägt genau wie Figo die Nummer sieben“, erzählt Frank Fingerhut schmunzelnd, stellt aber sofort klar: „Er hat zwar die meisten Tore geschossen, aber unsere ersten Sieben sind ausgeglichen stark.“ Das sei in den meisten F-Jugendteams anders, in denen es höchstens zwei herausragende Spieler gebe. Seit dem 24. März 2001 ist die VfB-F-Jugend unbesiegt. Vor knapp zehn Monaten gab es ein 1:2 beim SV Rot-Weiß. In den Seniorenbereich will Frank Fingerhut nicht mehr zurückkehren: Bei der Jugend macht es viel mehr Spaß. Die Kinder würden am liebsten dreimal hintereinander trainieren.
    Außerdem sind Mannschaftsbesprechungen mit F-Junioren ebenso interessant wie anstrengend.
    „Wer von Euch war denn Silvester um zwölf noch wach?“, fragt Frank Fingerhut. Die Finger schnellen in die Höhe. „Bis drei war ich auf“, schreit der erste. „Bis fünf!“ „Bis sechs!“ „Ich durfte sogar am Bier nippen!“  So ist das in der F-Jugend. Chaotisch. Durcheinander. Laut. Aber eben liebenswert.
    VfB Speldorf F 1: Alexander Frank, Pascal Eichholz, Dean Woodburn, Marc Baltromei, Sebastian Kirsch, Kevin Musiol, Dustin Rathke, Onur Gülbeyaz, Moritz Pac, Christian Decker, Marvin Lepper, Tim Fingerhut, Luca Lersch, Dennis Krause, Felix Zander.

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    12.01.2002
    Große Worte vor dem großen Mahl
    Mülheimer Sport-Zukunft: Funktionäre denken positiv - Die Basis ist skeptisch

    Vorbei sind die Zeiten, als die Grußworte beim Neujahrsempfang des Mülheimer Sportbunds (MSB) nur fünf Minuten dauerten. 2001 passierte einfach zu viel. Um alle Flops des Vorjahres noch einmal aufzuzählen, brauchte der Vorsitzende Bernhard Wirkus diesmal 20 Minuten.
    Der Duft von Würstchen, Kasslerscheiben und Bohnengemüse lag schon in der Luft; doch vor der Hauptspeise waren 350 Vertreter aus 150 Vereinen  neuer Teilnehmer-Rekord  heiß auf Neuigkeiten. Auch die anwesende Prominenz wollte es sich schmecken lassen. Doch vorher galt es, die Klubs über die aktuelle Situation des MSB zu informieren.
    Dezernenten und Politiker waren in einer bisher nicht dagewesenen Anzahl in die frisch renovierte Halle an der Südstraße gekommen. An der Spitze stand Oberbürgermeister Dr. Jens Baganz, der seiner Begrüßung eine optimistische Note verlieh: „Wir sollten diese Halle als Symbol dafür nehmen, dass wir unsere Sportstätten so schnell wie möglich wieder auf Vordermann bringen wollen.“
    Nacheinander teilten Baganz und Bernhard Wirkus den Klubs ihre Meinung über die strittigen Themen mit. Wirkus sprach lange über die Hallen-Misere: „Die Situation war und ist unerträglich, die Kritik am Mülheimer SportService aber unangebracht. 20 Millionen Euro Sanierungsstau lassen sich nicht in fünf Jahren beheben.“ Jens Baganz hob vor allem die Bedeutung einer Beteiligung Mülheims an der Olympia-Bewerbung der Rhein-Ruhr-Region hervor. „Die olympischen Hockey-Wettbewerbe sind für uns eine einmalige Chance. Es ist mein Herzenswunsch, dass uns das gelingt.“
    Ein positives Signal sollte von dem Neujahrsempfang ausgehen. Der Optimismus der Funktionäre war unübersehbar. Doch die Basis blieb da nach wie vor eher skeptisch. Handballer beschwerten sich über unzulängliche Trainingsmöglichkeiten im Winter; Fußballer über die ausgefallene Hallen-Stadtmeisterschaft.
    Der Frust sitzt tief. Kassler, Bohnengemüse und Würstchen konnten die Stimmung da auch nicht anheben.
    aer

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    13.03.2002
    Gratulationsmarathon mit Goldmedaille
    Timo Weß landete in Mülheim und fuhr direkt in die Schule

    Wann kommen sie denn endlich? Die Uhr zeigt 8.20 Uhr, ungeduldig warten 60 Personen am Flughafen Düsseldorf auf vier Hockey-Weltmeister. Ausgerüstet mit Sektflaschen und Vereinsfahnen. Dann endlich: Die Tür geht auf, müde Helden stapfen dem jubelnden Volk entgegen. Dabei ist auch Timo Weß, Kapitän des HTC Uhlenhorst.
    Die Blicke wandern in die Runde. Viele sind da. Vereinskollegen, seine Eltern Hubert und Heidi und sogar Oberbürgermeister Dr. Jens Baganz. "Schön, dass ihr hier seid", sagt Timo. Es folgt der Gratulationsmarathon. Als ob die Stunden zuvor nicht anstrengend genug gewesen wären. Am Samstag der Endspielsieg, dann die lange Party, am nächsten Tag der 13-stündige Flug vom malaysischen Kuala Lumpur
    über Frankfurt nach Düsseldorf. Auch "Welthockeyspieler" Florian Kunz, Christian
    Schulten (beide Gladbach) sowie Matthias Witthaus und Bundestrainer Bernhard Peters (Krefeld) überstehen diese Tortur.
    Die Erzählungen beginnen. "Im Sportstudio am Samstag hattest du deinen großen Auftritt", rufen die HTCU-Teamkollegen und lachen. In Großaufnahme war der 19-jährige Weß zu sehen, als er Bundestrainer Peters umarmte. Seine Eltern beobachten das Geschehen aus der Ferne. "Es ist Wahnsinn, was der Junge miterlebt", sagt Vater Hubert. In den mageren Mülheimer Sportzeiten grinsen Jens Baganz und Sportdezernent Wilfried Cleven bis über beide Ohren. "Ehrensache" sei es, dass sie dabei sind. Der Präsident der Unternehmerverbandsgruppe, Heinz Lison, spendet der HTCU-Jugendabteilung spontan 500 Euro.
    Das bekommt der Weltmeister nicht mit. Er hat sowieso keine Zeit. Die Schule ruft.
    Mittwochmorgen steht eine Deutsch-Klausur auf dem Plan. Nach den Gratulationen geht die Reise zum Moerser Adolfinum, seinem Gymnasium. Trotz Müdigkeit. Trotz Jetlags. Aber das strahlende Weltmeister-Lächeln ist das beste Rezept gegen Augenränder...

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    10.9.2002
    Handballdamen träumen vom Aufstieg
    Laut RSV-Trainer Jochen Kraus ist das große Ziel aber in dieser Saison noch unerreichbar

    Anmerkung: Ein Geständnis - bei den RSV-Damen bin ich etwas befangen, denn diese Mannschaft ist meine liebste im Handball in Mülheim (ich schaue mir - selten, aber ich tu´s - Spiele dieser Mädels an, obwohl ich nicht über sie berichten muss). Herzliche Grüße gehen an dieser Stelle an alle Spielerinnen, vor allem aber an meine Arbeitskollegin und gute Bekannte/Kollegin/Freundin (sucht Euch was aus) Tina Konrad (die in dieser Mannschaft spielt), ihren Freund Helmut (mit dem ich sehr gerne noch mehr Zeit verbringe als mit Tina, um über alle Themen der Welt zu diskutieren und viel Rad zu fahren, by the way: HELMUT, ICH WERDE DICH BEIM RAD FAHREN IRGENDWANN ABHÄNGEN! UND WIE!) und Tina´s Schwester Marie, die (hoffe ich) alle ab und an mal auf dieser Homepage zu Besuch sind!

    Von Andreas Ernst
    Der RSV wird 100 Jahre alt - und dieses Jubiläum verlockt zu Träumen von einer erfolgreichen Zukunft. Jochen Kraus, Trainer der Damen-Handballmannschaft, wünscht sich einen Aufstieg in die Oberliga. Doch noch heißt der Alltag "Verbandsliga" und das Ziel "oberes Tabellendrittel".
    In keiner anderen Mülheimer Mannschaft herrscht so viel "familiäre Atmosphäre" wie im ersten Damen-Aufgebot des RSV: Gleich drei Geschwisterpaare zählen zum aus 13 Spielerinnen bestehenden Handballkader. Abgänge gab es keine, und es ist nicht verwunderlich, dass die beiden Neuzugänge eigentlich keine "Neuen" sind. Anja Karoß und Yvonne Stamm gehörten lange Zeit der RSV-Mannschaft an, bevor sie eine Handball-Pause einlegten. Nun sind sie wieder da und - laut Trainer Jochen Kraus - echte Verstärkungen: "Anja versteht sich mit vielen Spielerinnen blind. Jede Position ist nun doppelt besetzt", sagt Trainer Kraus.
    Apropos Kraus: Der 42-Jährige hat nach einer fünfjährigen Pause das Verbandsligateam im Vorjahr erneut übernommen und auf Rang sieben geführt. Die Aufgabe an der Kleiststraße macht ihm viel Spaß. "Stimmung und Kameradschaft sind super, wir haben in der Vorbereitung alle zwei Tage trainiert und auch mal andere Sachen ausprobiert, beispielsweise Aqua-Jogging."
    Weil der RSV aber nun zwei Spielerinnen mehr zur Verfügung hat, könnte die heile Welt aus den Fugen geraten. Es drohen nämlich Härtefälle und einigen Spielerinnen oft die harten Bankplätze. Trainer Jochen Kraus sieht da keine Probleme und meint: "Eigentlich haben alle immer ausreichend Spielanteile bekommen. Außerdem sind wir so gefestigt, dass wir für den gemeinsamen Erfolg persönliche Interessen zurückstecken."
    Doch was zählt für den Coach eigentlich als Erfolg? Das obere Tabellendrittel soll es sein, nachdem die RSV-Damen zuletzt stets nur im Mittelfeld zu finden waren. Und da wären noch die RSV-Träume im Jubiläumsjahr: "Jeder Trainer hat das Ziel, irgendwann mal aufzusteigen", erzählt Kraus und fügt sofort einschränkend hinzu: "In dieser Saison ist dieses Ziel aber verfrüht." Favorisiert sind seiner Meinung nach Düsseldorf 99 und Gräfrath.
    Übrigens: Der letzte Aufstieg einer RSV-Damenmannschaft in die Handball-Oberliga gelang in der Saison 1992/93, also vor genau zehn Jahren. Der Trainer damals hieß: Jochen Kraus - der Mann mit den Träumen.

    HINWEIS: Auf der Vereins-Homepage gibt es ein erstaunliches Gästebuch!

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    11.9.2002
    Rasensportler schwelgen in Erinnerungen
    Heißener Klub wird 100 Jahre alt - Jubiläumsfeiern mit Sportwoche und Festball

    Anmerkung: Obwohl ich die Damen-Handballmannschaft mag, heißt das nicht, dass ich den Hauptverein nicht kritisch beäuge. Für diesen Artikel wurde ich (wie ich finde völlig unberechtigt) auf dem Festakt des RSV (ganz offiziell in der Mülheimer Sparkasse, ich durfte (!) am Mülheimer VIP (!)-Tisch sitzen) von älteren RSV-Mitgliedern angefeindet...

    Von Andreas Ernst
    Die Mülheimer Handballgeschichte ist eng mit dem Vereinsnamen RSV verbunden. In diesem Jahr feiern die Rasensportler ihren 100. Geburtstag - und schwelgen dabei in Erinnerungen an die glorreiche Vergangenheit.
    Niederrhein-, westdeutsche und sogar deutsche Meisterschaften feierte der Klub aus Heißen. Doch der Reihe nach: 1919 entstand der Rasensportverein als Fusion der Klubs Verein für Rasenspiele (VfR) Heißen, der 1902 gegründet wurde, und Mülheimer Spielverein. 1924 begann die Geschichte des Handballsports beim RSV - und Hans Keiter, der 1936 in Berlin die olympische Goldmedaille gewann, ist in der Mülheimer Sportszene bis heute bekannt.  Der steile Aufstieg des RSV begann nach dem 2. Weltkrieg, als der RSV im Feldhandball zweimal den deutschen Meistertitel gewann (1946/47, 1948/49). Die Heimspiele erlebten oft mehrere tausend Zuschauer. In den Jahren darauf folgten zahlreiche westdeutsche Meisterschaften, auch als nicht mehr auf dem Feld, sondern nur noch in der Halle gespielt wurde. Die Saison 1969/70 war schließlich die letzte in der Bundesliga. Da musste der RSV aber schon nach Oberhausen ausweichen - in Mülheim stand keine Halle zur Verfügung. Auch die Handball-Damen machten in jener Zeit auf sich aufmerksam und holten neben vielen Niederrheinmeisterschaften (die letzte 1968) auch zweimal den deutschen Titel (1960, 1961).
    Der Handball spielte in den 100 Vereinsjahren immer die Hauptrolle. Von den übrigen Abteilungen sind lediglich die Fußballer - die 1973 ihren Gipfel mit dem Aufstieg in die Landesliga erreichten - und die Leichtathleten noch übrig, während die Sportarten Volleyball, Schwimmen, Tischtennis, Fechten und Tennis lediglich kurze Episoden blieben.
    Nun zeigt der Kalender aber das Jahr 2002 an - und der Verein RSV fristet in Mülheim ein Mittelmaß-Dasein. Bei den Handballspielen der Herren- und Frauenmannschaften finden sich nicht mehr Tausende, sondern höchstens zwei Dutzend Zuschauer ein, der RSV-Platz an der Rudolf-Harbig-Straße hätte eine Modernisierung nötig und die Fußballer bevölkern seit vielen Jahren das Mittelfeld der Kreisliga A, achte Klasse im Fußball. Von einst 1450 Mitgliedern Ende der 70-er Jahre sind nach Auflösung der Schwimmabteilung nur noch 640 übrig geblieben. Es verwundert nicht, dass in der Festschrift die Vergangenheit bis 1970 ausführlichst behandelt, die Gegenwart aber nur beiläufig erwähnt wird. Der Name "Rasensportverein" trifft auch nicht mehr zu. Die Fußballer spielen auf Asche, die Handballer in der Halle.
    Doch trotz aller Mittelmäßigkeit wird das runde Jubiläum groß gefeiert. Schon seit dem 98. Geburtstag im Jahr 2000 laufen beim RSV-Vorstand um den Vorsitzenden Norbert Zmorek die Vorbereitungen. Die Fußball- und die Handballjugend-Abteilung veranstalteten bereits Jubiläumsturniere. Vom 19.9. bis 22.9. folgt eine Sportwoche. Diese wird von den offiziellen Feiern eingerahmt: Der Festakt steigt am 15.9. in der Sparkasse, der Festball am 28.9. in der Stadthalle.

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    13.9.2002
    Zwei Spieler freuen sich besonders
    Thorsten Burgsmüller und Hakan Köroglu treffen am Sonntag auf ihre Ex-Klubs

    Von Andreas Ernst
    Die herbstliche Sonne überflutet das Fußballstadion am Blötter Weg. Am Sonntag, beim Derby zwischen Union und Speldorf, werden bestimmt 1000 Zuschauer dort sein. Doch 72 Stunden vor dem Anpfiff nehmen nur zwei auf der Tribüne Platz: die Spieler Thorsten Burgsmüller und Hakan Köroglu.
    Burgsmüller, 25, Fernmelde-Techniker, läuft dann im grün-weißen Trikot des VfB Speldorf auf. Köroglu, 28, Mitarbeiter in einer Werbe-Agentur, trägt das Union-Dress. Eines verbindet sie: Sie haben schon bei beiden Klubs gespielt.
    Ein wenig blinzeln müssen sie beim Blick in die Sonne. Zum Derby fällt ihnen viel ein - beispielsweise die Erinnerungen an die Zeit beim jeweils anderen Klub. "Ich war jung", erzählt Burgsmüller, "und nur ein Jahr bei Union. Den Durchbruch habe ich nicht geschafft." Ganz anders Köroglu: "Fünf Jahre war ich beim VfB Stammspieler. Wir hatten eine charakterstarke Mannschaft, die den Verein dahin geführt hat, wo er jetzt steht."
    Nachdenklich schaut Köroglu auf den Rasen an der "Blötte". Es ist zu spüren, dass es ihn wurmt, von Trainer Frank Kurth aussortiert worden zu sein. "Ich habe die Entscheidung des Trainers respektiert, aber sie kam plötzlich und sehr spät." Stark genug für die VfB-Elf hätte er sich "auf jeden Fall" gefühlt. Zum Thema "Trainer" kann Burgsmüller auch etwas beitragen. "Ich war oft nicht einer Meinung mit Ernst Bachmann. Ich wäre nicht gegangen, aber er wollte mich nicht mehr haben. Leider sagte er mir das damals nicht persönlich."
    Nachkarten wollen beide nicht. Beispiel Burgsmüller: "Sicher ist es schön, gegen einen alten Trainer zu gewinnen. Aber ich muss nicht mehr beweisen, dass ich Fußball spielen kann."
    Die Herbstsonne scheint immer noch. Die Unterhaltung schwenkt auf die Unterschiede zwischen den Klubs über. "Bei Speldorf wird sehr professionell gearbeitet", meint Burgsmüller. "Die Unterschiede liegen im finanziellen Bereich", entgegnet Köroglu und ergänzt: "Speldorf hat zum ersten Mal einem Trainer so viel Verantwortung überlassen. Der durfte alles selbst zusammenstellen." Köroglu, der Neu-Unioner, denkt scheinbar oft über seinen Ex-Klub nach, der - so betont er ständig - klar favorisiert sei.
    Die Diskussion kommt zum Schluss. Ist das Derby für die beiden ein besonderes Spiel? "Eigentlich", sagt Burgsmüller, "sind alle 30 Spiele gleich wichtig, aber wir wollen schon zeigen, dass wir die Nummer eins in Mülheim sind." Köroglus Vorfreude ist groß. Noch
    einmal legt er seine Stirn in Falten. "Es stellt sich die Frage, wie viele Mülheimer noch beim VfB spielen." Und er, ein Mülheimer, fügt hinzu: "Vielleicht ist das ein kleiner
    Vorteil für uns."
    Zum Abschied reichen sich beide die Hand. "Bis Sonntag", ruft Burgsmüller. Bleibt das Wetter schön, dann wartet eine große Kulisse auf die zwei.

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    16.9.2002
    Wolfram Wiese fuhr der Konkurrenz davon
    Spannende Rennen lockten nur wenige Zuschauer an

    Von Andreas Ernst
    Dass er den "Preis der Sparkasse" gewonnen hatte, bekam Wolfram Wiese gar nicht mit. Er flog auf seinem Rad mit einer solch rasenden Geschwindigkeit durchs Ziel, als wollte er noch einmal 84 Kilometer zurücklegen.
    Die Zuschauer hatten die Sieger der "Tour de France"-Etappen vor Augen: Wie sie das Trikot noch einmal zurechtrücken, beide Arme in die Luft strecken und laut jubeln. Doch Wolfram Wiese spielte da nicht mit. Böswillig meinte er das aber nicht. Die Rennjury vergaß schlichtweg, die letzte der 70 Rennrunden einzuläuten - und Wiese ahnte nicht, dass er schon gewonnen hatte.
    Dies war eine von vielen Episoden am Radrenntag "Rund in Winkhausen" mit dem Start- und Zielpunkt an der Hügelstraße. Der "28. Preis der Sparkasse" war das Hauptereignis. 90 Top-Fahrer aus Dänemark, Tschechien und Deutschland gingen an den Start, aber nur 27 kamen an. Das Tempo war auf dem 1,2-km-Rundkurs für die meisten einfach zu hoch, am Ende erreichte Sieger Wiese ein Stundenmittel von knapp 50 km/h. Bereits nach 20 Runden hatten sich Wiese und fünf weitere Fahrer vom Hauptfeld abgesetzt. Nachdem der
    große Favorit Lars Wackernagel (München) durch einen Reifenschaden weit zurückfiel, war der Weg für Wolfram Wiese frei.
    Begleitet vom Beifall der Zuschauer fuhr der Kölner dem Sieg entgegen. Doch so sehr die Radfans auch klatschten - der Organisator Klaus Külschbach vom RC Sturmvogel schaute ein wenig enttäuscht an den Streckenrand. Während des Hauptrennens verirrten sich maximal 600 Fans nach Winkhausen, über den Tag verteilt schätzte Külschbach die Zahl auf 2000. "Hätte ich Erik Zabel hier, wäre die Bude voll." Doch ein Zabel, der kommt nicht umsonst. Insgesamt 12 500 Euro muss der RC durch Sponsoren aufbringen, um unter anderem Siegprämien, Startgelder und Unterbringungskosten für Gäste zu bezahlen. Zabel allein kostet mindestens das Doppelte.
    Die Veranstaltung hat ein hohes sportliches Niveau, doch scheinbar locken nur Radprofis mit großen Namen die Massen an. Külschbach und die 40 Helfer vom RC Sturmvogel gaben sich alle Mühe, auch als zwischendurch ein kurzer Regenschauer die Stimmung ein wenig vermieste.
    Nicht nur die 90 Starter im Hauptrennen waren aktiv, sondern auch 340 Fahrer in drei weiteren Klassen. Am Ende gewannen Tim Gajewiak (Stadtlohn/Schüler U 15), Joop Ribbers (Niederlande/Senioren) und Friedemann Schmude (Stromberg/C-Klasse). Mülheimer
    landeten nicht auf den vorderen Plätzen, der Schüler Matthias Raaben hatte sogar Pech. Er stürzte und musste verletzt ausscheiden.
    Die letzte Episode lieferte der "Mann des Tages" Wolfram Wiese. Als er das oberste Treppchen erklomm, riss auch er endlich die Arme hoch. Da holte er den Jubel nach, den er bei der Fahrt über den Zielstrich vermissen ließ.

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    24.12.2002
    Stille Nacht, gemeinsame Nacht

    Der Text

    Hallo Ihr Lickfelds ! Ich weiß, dass einige von Euch auch mal auf meine Homepage klicken. Daher seid ganz besonders gegrüßt !!!

    Von Andreas Ernst
    Es gibt Familien, da dreht sich an 365 Tagen im Jahr alles um Sport. Nur einmal im Jahr ist ein Abend in gemeinsamer Runde garantiert: am 24. Dezember. Denn am Heiligabend feiert die versammelte Verwandtschaft nicht in irgendwelchen Hallen, sondern unterm Tannenbaum. Etwa die Handball-Familie Lickfeld.
    Ein Blick ins Wohnzimmer von Nicole, 26, Marketing-Assistentin. So richtig weihnachtlich schaut es nicht aus. Auf dem Tisch steht kein Glühwein, sondern eine Flasche Cola - direkt neben einer Weihnachtsmann-Mütze, die zumindest einen Hauch von Heiligabend-Stimmung verbreitet. Worüber wird wohl gesprochen, wenn bei den Lickfelds das Geschenkeauspacken ansteht?
    Na klar, zuerst über die Geschenke. Aber spätestens als zweites über Handball. "Selbst unsere Verwandten, die nicht aus dem Handball kommen, fragen ständig nach wie es bei uns sportlich so läuft", sagt Nicole und wendet sich ihrer Schwester Verena (21, Erzieherin) zu. Sie nickt. Ebenso wie ihre Cousinen Mareike (19, Studentin) und Christina (16, Schülerin). In Straßenklamotten sehen die vier für den Reporter ganz anders aus. Ansonsten tragen sie einen rot-weißen Handball-Dress - den des RSV.
    Christina kramt zwei Handbälle aus ihrer Sporttasche. Sie ist das Küken der Lickfeld-Bande, spielt gleichzeitig (!) in der A- und B-Jugend. Die erste Frauenmannschaft ist ihr Zukunftsziel. "Irgendwann will ich mal in der Oberliga spielen", sagt sie und rollt einen der Bälle über den Tisch. Nicole nimmt diesen auf. "Das schafft sie. Christina ist die mit Abstand Talentierteste unserer Familie." Stimmt das? Verena und Mareike bejahen.
    Dieses Trio wirft und verhindert Tore im Damenteam des RSV, das in der Verbandsliga zurzeit um Punkte kämpft. Bislang aber ohne Ausbeute. 0:14 - so lautet die traurige Bilanz nach sieben Spielen. "Der sportliche Wunsch", ruft Mareike energisch, "ist doch klar. Wir wollen nicht absteigen."
    Der Ball kullert zu Verena. Wie sie zum RSV kam, ist leicht zu erraten. Sie schaute als Kind ihrer Schwester Nicole zu. Die gehörte zum allerersten Mini-Handballteam, das der RSV hatte. Und wie kam sie zum Handball? Nicole guckte sich die Spiele ihrer Tante an, der Mutter von Christina und Mareike. Der Kreis schließt sich.
    Eine nette Plauderei entwickelt sich. Nicole: "Für uns kam nie in Frage, den Verein zu wechseln. Es ist schön, dass wir alle zusammenspielen. Der RSV ist ja ohnehin ein Familienbetrieb. Übrigens trainiert Mareikes und Christinas Vater nun sogar die erste Fußballmannschaft." Verena: "Ich trainiere übrigens auch nebenbei, nämlich unsere Handball-E-Jugend." Christina: "Dabei helfe ich schon mal. Ich bin sowieso fast jeden Tag in der Halle." Mareike: "Nur Weihnachten nicht. Da sind die Hallen geschlossen." Nicole: "Ich würde gern mal mit unserer Frauenmannschaft aufsteigen. Aber ich hoffe nicht, dass wir vorher absteigen." Die aktuelle Verbandsliga-Tabelle hängt deshalb auch nicht am Weihnachtsbaum.
    Die Colaflasche auf dem Tisch ist fast leer. Ein Blick aus dem Fenster lässt die Kälte dieses Dezembers erahnen. Im Haus gegenüber blinkt ein Elektro-Stern. Die rote Mütze hat nun Christina übergestülpt. Es wird langsam weihnachtlicher bei Lickfelds. Genau wie bei den vielen anderen Sportfamilien in Mülheim. Ihr Sportzeug liegt jetzt in der hintersten Ecke des Schranks. Allerdings höchstens für drei Tage.

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    3.1.2003

    Ein Tor-Garant namens "Mütze"
    VfB-Stürmer prägt Mülheimer Fußball-Szene seit 1988 wie kaum ein zweiter

    Von Andreas Ernst
    Den 1. Dezember 2002 strich die Vereinsfamilie des Fußball-Verbandsligisten VfB Speldorf aus dem Kalender. 1:2 in Düsseldorf verloren. Zweifel an den hohen Zielen. Und doch war dieser Tag ein besonderer: Dirk Roenz bestritt sein 300. Spiel für den VfB. Ein Jubiläum, das unterging.
    Still ruht der Platz am Blötter Weg in den ersten Tagen des Januars. Dabei ist in den letzten 15 Jahren so viel passiert. Abstieg in die Landesliga, Wiederaufstieg, Platzumbau. Und egal was geschah, einer war immer dabei. Dirk Roenz eben.
    Rückblick: 14. August '88. Die Sonne brennt. Im Verbandsligaduell Goch gegen VfB sind 27 Minuten gespielt. Spielstand 1:0 für die Viktoria. Dann wechselt Trainer Werner Schneider den erst 18-jährigen Dirk Roenz ein. Das Talent reißt das Spiel an sich, schießt zwei Tore zum 2:1-Sieg. Da ahnt der Stürmer nicht, dass er bis heute in 13 Spielzeiten den VfB-Dress tragen wird.
    Vom ersten Tag an liebten die Fans seine Spielweise. Leidenschaft bis zur letzten Sekunde. Oft übertriebener Einsatz. Traumpässe. Supertore. Jubelorgien. Vor allem von 1993 bis 1996, als er in der Landesliga mit Holger Vössing und Holger Maertin ein nie zu stoppendes Trio bildete. Der Aufstieg war die Folge. 1999/2000 wurde er Verbandsliga-Schützenkönig mit 22 "Buden". Nun ist er wieder auf dem Weg dorthin. Zwischenbilanz: 14 Spiele, 14 Tore.
    "Mütze" nennen sie ihn. Keiner weiß genau, warum. Gerüchte kursieren. Von
    Kopfbedeckungen. Und Weihnachtsfeiern. Aber jener "Mütze" ist auf jeden Fall an der "Blötte" ein Star. Dabei stand er im September 2001 kurz vor dem Karriereende. Der Grund: Doppelter Wadenbeinbruch. Bänderrisse. Aufgeben? Niemals! Er kämpfte für sein Comeback. Und packte es. Sein erstes Spiel nach einem Jahr Pause war das 1:1 gegen Remscheid. Torschütze? Na, klar: Roenz.
    Im November feierte der Familienvater, der bei der Mülheimer Entsorgungsgesellschaft tätig ist, seinen 33. Geburtstag. Ein weiterer Aufstieg mit dem VfB ist sein sportlicher Traum. Eins wäre sicher: Dem "Mütze" würden die Speldorfer dann an der Blötte ein Denkmal setzen.
    13 Jahre beim VfB im Überblick -
    1988/89: 29 Spiele/10 Tore,
    1989/90: 26/13,
    1992/93: 11/3,
    1993/94: 27/14,
    1994/95: 28/24,
    1995/96: 29/18,
    1996/97: 24/9,
    1997/98: 29/10,
    1998/99: 21/4,
    1999/00: 23/10,
    2000/01: 29/22,
    2001/02: 11/9,
    2002/03: 14/14.
    Gesamtbilanz: 301/160.
    Weitere Vereine: 1. FC Mülheim (1990/91), ETB Schwarz-Weiß Essen (1991/92).

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    14.1.2003

    "Liegen auf einer Wellenlänge"

    Anmerkung: Ja, ich gestehe mal wieder! Helmut Kantner und seine Freundin Tina Konrad (schöne Grüße!) zählen zu meinen engsten Freunden, daher war dieser Text eine besondere Herausforderung. Bin mal gespannt, ob ich diese bestanden habe ...

    Von Andreas Ernst
    Ein Dutzend Kinder stürmt Helmut Kantner entgegen. "Das Wasser ist zu kalt. Nur 20 Grad", brüllen sie. Der 30-Jährige betritt das Nordbad, bespricht die Lage mit Harry Schulz. Es wirkt, als würden die beiden schon seit Jahren zusammenarbeiten. Dabei bilden sie erst seit dem 1. Januar das Schwimm-Trainerteam beim Amateursportclub (ASC).
    Neues Jahr, neues Konzept: Beim ASC beginnt ein interessanter Versuch. Ab sofort haben zwei Trainer das Sagen, beide Inhaber der B-Lizenz. Harry Schulz ist seit 25 Jahren dabei und war für die ASC-Leistungsgruppe mit 70 Schwimmern bisher alleine verantwortlich. Das neue Konzept sieht eine Förderung in Kleingruppen vor - und zwar mit professionellen Mitteln. Die Fitnesswerte der Schwimmer werden per Laktattest ermittelt. Die Top-Talente trainieren täglich, selbst wenn die Wassertemperatur nur 20 und nicht wie üblich 24 Grad beträgt. Zukünftig werden auch Trainingsstunden vor Schulbeginn angeboten.
    Eine tragende Rolle in diesem Konzept spielt Helmut Kantner. Er arbeitete beim TSV Viktoria und zuletzt bei Rhenania Köln. Dort betreute er unter anderem den Sohn von Ex-Weltmeister Rainer Henkel. Der angehende Berufsschullehrer für Wirtschaftswissenschaften und Sport sagte gern zu: "Harry und ich liegen auf einer Wellenlänge. Zudem ist der Vorstand des ASC offen für Neuerungen."
    Sich selbst bezeichnet er als "unbequem". Er denkt sehr leistungsorientiert und behält seine Meinung selten für sich. Fortschritte erhofft er sich nicht nur von den Schwimmern. Kantner will die A-Lizenz erwerben und hält sich stets auf dem neuesten Stand der Trainingsmethodik. "Mein Ziel sind mündige Schwimmer."
    Die SG Mülheim interessiert den ASC nur am Rand. "Wir schauen zuerst auf uns. Die SG profitiert automatisch, wenn wir gut arbeiten", meint der Vorsitzende Werner Weskamp. Im Vergleich zu anderen Großklubs sind die Ziele des ASC bescheiden. Weskamp: "Um ganz vorn mitschwimmen zu können, fehlt uns eine 50-Meter-Bahn." Das neue Konzept hätte sich schon gelohnt, wenn ein Talent den Endlauf bei einer deutschen Meisterschaft erreichen würde. Das hat schon länger niemand mehr geschafft.

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    6.2.2003

    Hohe Ehrung für einen stillen Sympathieträger

    Rudi Lunkenheimer

    Anmerkung: Rudi Lunkenheimer ist ein "großer alter Mann" im Mülheimer Sport, der sich durch seine stets bescheidene Art viel Respekt erworben hat. Einer der angenehmeren offiziellen Termine.

    Als die letzten Ehrengäste das Schloss Broich verließen, atmete Rudi Lunkenheimer tief durch: "Bin ich froh, dass diese Veranstaltung zu Ende ist." So ist er, der 72-Jährige: Im Mittelpunkt steht er auch dann nicht gern, wenn er das Bundesverdienstkreuz am Bande erhält.
    Minutenlang musste er nach der Ehrung Hände schütteln. Von jungen Athleten bis zu Weggefährten aus 54 Jahren rund um den Ringkampfsport - viele folgten der Einladung ins Schloss. Lunkenheimer war aktiver Ringer (1949 bis 1964), danach in den verschiedensten Funktionen beim KSV Styrum (Vorsitzender von 1961 bis 1989 und von 1995 bis 1999) und im Ringerverband NRW tätig. Doch die Bezeichnung "Funktionär" trifft auf ihn nicht zu. Sein eigenes Engagement war für ihn stets nebensächlich. Über Jahrzehnte gab er vielen jungen Athleten Rat und praktische Hilfe. "Sport prägt die jungen Menschen und vermittelt ihnen Charaktereigenschaften, die für das spätere Leben von Vorteil sind", lautet sein Motto. Vom KSV wurde er 1989 zum Ehrenvorsitzenden gewählt. Bis heute arbeitet er als Geschäftsführer. Seine Haustür steht allen KSV-Ringern offen.
    "Ich kenne Rudi Lunkenheimer seit 39 Jahren. Er ist ein stets verlässlicher Partner, der sich nie in den Vordergrund gedrängt hat", sagte Sportdezernent Wilfried Cleven. In ihrer Rede würdigte Bürgermeisterin Lisa Poungias den Styrumer: "Ihre hohe soziale Kompetenz und ihre herausragenden integrativen Fähigkeiten haben sie zu einem Sympathieträger für den Ringkampfsport in NRW werden lassen." Soviel Lob war ihm fast schon unangehm. "Zwischenzeitlich habe mich gefragt, über wen die eigentlich redet", verriet er. Dabei setzte er ein verschmitztes Lächeln auf und widmete sich anschließend seinen Enkelkindern Robin, Vanessa und Celina.
    Einer wie er würde jedem Sportverein gut tun. Beim KSV Styrum hoffen sie darauf, dass ihnen "ihr Rudi" noch viele Jahre erhalten bleibt.
    aer

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    8.3.2003
    Mülheimer Talente sorgen für Furore

    Anmerkung: Ein neuer Versuch: Ein von zwei Personen geschriebenes Doppel-Porträt vor dem Fußball-Lokalderby Union Mülheim - VfB Speldorf

    Von Marcus Lemke und Andreas Ernst
    Die Aufgebote der Mülheimer Fußball-Verbandsligisten TuS Union 09 und VfB Speldorf sind sich recht ähnlich. In beiden Kadern gibt es eine gesunde Mischung zwischen Routiniers und Nachwuchsspielern. Zwei Talente sorgten in den letzten Monaten durch ihre beständig guten Leistungen für Aufsehen: Björn Rohpeter (Union 09) und Marc Wildschütz (VfB Speldorf).
    Es gibt Fußballtalente, die um jeden Preis im Mittelpunkt stehen und auf sich aufmerksam machen wollen. Und es gibt junge Spieler wie Björn Rohpeter - ein ruhiger Typ auf und außerhalb des Platzes. Beim Verbandsligisten Union 09 hat er sich klammheimlich zu einer festen Größe entwickelt.
    Im zarten Alter von sieben Jahren meldeten die Eltern Rohpeter ihren Sprössling beim TuS Union 09 an - bis heute blieb ihr Sohn dem Klub von der Südstraße treu. Dass er irgendwann einmal in der Verbandsliga spielen würde, konnte der junge Björn zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnen. Denn da kickte Union noch in der Kreisliga A. "Ich war ein Spätstarter", gesteht er. In seiner Jugendzeit spielte er nur ein Jahr lang in der Niederrheinliga, und über die Stadtauswahl kam er nie hinaus.
    Nun ist der Mülheimer Stadtinspektorenanwärter 22 Jahre alt, und die meisten seiner ehemaligen Teamkollegen haben Union inzwischen verlassen. Den Verein wechseln, daran hat er bisher nur gedacht. "Als Axel Benzinger vor einigen Jahren den 1. FC Wülfrath trainierte, wäre ich fast gegangen. Aber irgendwie habe ich gekniffen." Zu sehr ärgerte ihn, dass teure Neuzugänge oft den Jugendlichen vorgezogen wurden. "Wir haben eigentlich immer gespielt, mussten aber bei Null anfangen, wenn neue Leute kamen." Aber HSV-Fan Rohpeter blieb der bescheidene Typ, der oft ein Lächeln auf den Lippen trägt. Der nie große Töne spuckt, aber auch nicht zu den Duckmäusern zählt. Der geduldig auf seine Chancen wartete und sich auch durchsetzte.
    Morgen im Lokalderby wird er im defensiven Mittelfeld still und zuverlässig seine Arbeit verrichten. Dass es seinem Verein zurzeit schlecht geht, findet er schade. Große fußballerische Zukunftspläne hat er nicht. "Profi werde ich bestimmt nicht mehr", schmunzelt er. In der Verbands- oder Landesliga sieht er sein Leistungslimit.
    Marc Wildschütz, sozusagen Rohpeters Pendant auf VfB-Seite, hat den Traum vom Fußballprofi noch nicht ganz ausgeträumt: "Da gehört auch eine große Portion Glück dazu. Wer weiß, vielleicht klappt es ja mal irgendwann." Mit 1,74 Meter Körpergröße hat Wildschütz nicht gerade Idealmaß für einen Verteidiger. Dennoch ist er einer der VfB-Akteure, die mit extrem wenigen Ausnahmen konstant gute Leistungen bringen. "Die Trainer setzen mich immer auf die dribbelstarken gegnerischen Stürmer an", erzählt der 21-Jährige, der dadurch den "Kopfball-Ungeheuern" der Verbandsliga aus dem Weg gehen kann. Trotz seines jungen Alters ist sein Zweikampfverhalten schon beinahe ausgereift. Er hat in seiner jungen Karriere manchen Torjäger an die Kette gelegt.
    In der Jugend spielte Marc Wildschütz zehn Jahre lang für Katernberg 19, um dann bei den Essener Traditionsklubs SC Rot-Weiß und ETB Schwarz-Weiß anzuheuern. Im Sommer 2001 stand der Wechsel in den Seniorenbereich an. Bei zwei Probetrainingseinheiten in Speldorf überzeugte Wildschütz den damaligen VfB-Trainer Dirk Pusch, sodass ein Vertrag geschlossen wurde. Der Speldorfer Vorsitzende Klaus Wörsdörfer erzählt: "Ich habe Marc noch gesagt, dass er damit rechnen muss, auch mal in der zweiten Mannschaft zu spielen. Doch er war schon damals sehr selbstbewusst und ging davon aus, dass er den Sprung in das Verbandsliga-Aufgebot schaffen würde." Dies gelang Marc Wildschütz eindrucksvoll, denn er avancierte sofort zum Stammspieler. Auch nach dem Trainerwechsel vor der laufenden Saison hat sich daran nichts geändert. Frank Kurth hält ebenfalls viel von seinem Talent. Nun will der Youngster unbedingt mit dem VfB in die Oberliga. Wenn es dieses Jahr nicht klappen sollte, dann aber spätestens in der nächsten Saison. Sowohl das Speldorfer Team als auch Marc Wildschütz haben das Potenzial dazu. Viermal in der Woche wird derzeit beim VfB trainiert - für den 21-Jährigen kein Problem: "Wenn wir in die Oberliga aufsteigen und möglicherweise fünfmal trainieren, dann soll es so sein." Dafür nimmt der Blondschopf auch die Fahrt von Essen-Katernberg nach Mülheim-Speldorf in Kauf.
    Marc Wildschütz hofft morgen auf viele Zuschauer: "Es ist phantastisch, vor vielen Leuten zu spielen. Beim VfB hat sich ein Fanklub gebildet. Jetzt wird es auch manchmal richtig laut. Das spornt uns natürlich an." Zum Abschluss des Gespräches mit der Sportredaktion wagt Wildschütz sogar einen Tipp für das Lokalderby, zu dem eine fast vierstellige Zuschauerzahl erwartet wird: "Wir gewinnen mit 2:0 Toren. Als Verteidiger muss ich natürlich darauf tippen, dass wir keinen Gegentreffer kassieren." Björn Rohpeter wird versuchen, seinem Kontrahenten morgen die Suppe zu versalzen.

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    30.4.2003
    Basis-Griffe beherrschte Tim schon als Kleinkind

    Von Andreas Ernst
    Im elterlichen Schlafzimmer begann die Ringerkarriere von Tim van Voorst. Er konnte kaum laufen und probierte doch als Kleinkind mit Vater Ralf die ersten Griffe. Heute ist er 13 Jahre alt, beim KSV Styrum aktiv und ein großes Talent: Am Sonntag scheiterte er bei der deutschen C-Jugend-Meisterschaft erst im Finale.
    Im ersten Moment nach der Schlusssirene sank Tim in Metternich-Rübenach bedröppelt zu Boden. Wieder Zweiter, genauso wie 2002, so lauteten seine Gedanken. Doch schon ein paar Sekunden später wich die Enttäuschung der Freude.
    Trotz seiner Jugend hat Tim schon einige Charakterstärken entwickelt. Er ist zielstrebig, und fleißig, aber gleichzeitig locker geblieben. Doch der Reihe nach: Seine Zukunftspläne hat Tim genau abgesteckt. Als Schüler der 8. Klasse paukt er in der Realschule Mellinghofer Straße für seine nächsten Ziele: Das Abitur und ein Sport-Studium hat er fest eingeplant. Dem Ringen möchte er treu bleiben. "Ich will 2004 auch in der B-Jugend bei der deutschen Meisterschaft aufs Treppchen. Wer das nämlich dreimal schafft, wird zur Nationalmannschaft eingeladen." Gern wäre Tim, der am liebsten im griechisch-römischen Stil ringt, im Herbst in der Verbandsliga dabei. Dazu fehlen ihm zwölf Kilo - mindestens 50 kg muss er wiegen. Auch auf der Matte agiert Tim zielstrebig, wenn auch manchmal zu ungeduldig. Auf taktische Tricks verzichtet er. Vier DM-Kämpfe gewann er vorzeitig: "So kann ich Kondition sparen."
    Der Erfolg ist auf seinen Fleiß zurückzuführen. Jeden Tag trainiert der Styrumer. Einmal pro Woche fährt er ins Trainingszentrum des KSV Witten. Den Abwerbeversuchen des Bundesligisten hielt er bisher stand. "Witten ist weit weg - und Styrum doch der beste Verein", sagt Tim und erzählt stolz, dass am Finaltag viele KSV-Mitglieder die weite Autofahrt nach Metternich auf sich nahmen.
    Locker und entspannt gibt sich Tim neben der Matte. Na klar, gibt er zu, "habe ich in der Nacht vor dem Finale kaum geschlafen und war sehr nervös." Ansonsten ist er offen und geht gern auf Leute zu. "Tim kennt Ringer aus ganz Deutschland", ergänzt Ralf van Voorst.
    Seinem Vater rang er eine Wette ab: "Es geht darum, wer von uns zuerst deutscher Meister wird. Ich habe das nicht geschafft, jetzt muss mein Vater bei den Senioren-Meisterschaften mitringen." Ein amüsanter Rollentausch: Dann steht der 13-jährige Sohnemann in der Mattenecke und gibt seinem Vater die Tipps. Der ist Tims größter Förderer, begleitet ihn zu fast jeder Trainingseinheit - auch nach Witten. "So wie der Junge wäre ich früher auch gern gewesen", sagt er und beteuert: "Wir setzen ihn aber nicht unter Druck." Für Tim gibt es außer Ringen kaum ein anderes Thema. "Auch mit allen meinen Freunden rede ich immer wieder darüber."
    Von Woche zu Woche entwickelt sich Tim weiter. Nur eins ist immer geblieben: Im elterlichen Schlafzimmer ringt er immer noch mit Vater Ralf.

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    5.7.2003

    Pfostenschuss verfolgt Mill immer noch

    Fränkie und der Rest
    (v.l.) Wilfried Weinbach, Michael Klauß, Frank Kurth, Dirk Helmig, Frank Mill

    Erklärung: Es war ein kalter Dienstagmorgen, als ein völlig müder langhaariger Trottel aus dem Bett stapfte, sich den Schlaf aus den Augen rieb, in Trance taumelnd sein Handy anknipste und im nächsten Moment mit dem Gesicht unter dem Wasserhahn verschwand. Kaum die Augen aufgerissen, piepste das tragbare Telefon mit der "Triumphmarsch"-Melodie. Nur "Nummer unbekannt" leuchtete auf dem Display auf... ist bestimmt mein Bruder oder der Kantner. "Andreas Ernst?" "Tag, Frank Mill hier!" Mensch, hätte ich in dem Moment gern mein eigenes Gesicht gesehen. Kurz bevor ich ein "Du hast mich auch schon mal besser verarscht" herausbrachte, sprudelte es aus dem anderen Ende heraus. "Fußballschule ... (blabla) ... VfB Speldorf ... (blabla) ... Telefonnummer von Frank Kurth bekommen ... (blabla) ... Termin ausmachen". Frank Mill. Flugs war der Termin ausgemacht und flugs wurde der "40 Jahre Bundesliga"-Kicker gewälzt. 387 Bundesligaspiele, 123 Tore. WM-Aufgebot 1990. Eine lebende Fußball-Legende. Bei mir am Telefon. Ich rief sofort Thommy an. "Und Bruderherz... was wäre Deine erste Frage?" "Wie der den Ball damals an den Pfosten schießen konnte!" Stimmt, das war ja auch der Mill, der freistehend... in jeder Pleiten, Pech und Pannen-Sendung taucht das heute noch auf. Ein paar Tage später der Termin am Blötter Weg. Die üblichen Gesichter wie Frank Kurth und Michael Klauß (alles Ex-Profis, mit denen ich zu tun habe, wenn ich mal protzen darf!?!) und dann kommt Frank Mill. Ein netter Kerl. "Weißt Du eigentlich, dass Du in Ottmar Hitzfelds Biografie auf drei Seiten erwähnt bist, Fränkie?", fragt Frank Kurth. "Nee, aber Du wirst lachen: Wir telefonieren einmal im Monat!" In was für Kreise bin ich denn geraten... das Interview geht schnell rum (wir sind ja beide irgendwie Profis *hüstel*) und das war´s auch schon. Frank Mill und ich...
    Eine nette Geschichte, oder?
    Was bleibt? Frank Mills Handy-Nummer in meinem Telefonbuch!
    Und natürlich der WAZ/NRZ-Text...

    Von Andreas Ernst
    Er stand zwar im Weltmeister-Aufgebot von 1990, doch unsterblich geworden ist Ex-Profi Frank Mill durch eine Fußball-Panne: Einmal schoss er das runde Leder freistehend vor dem leeren Tor an den Pfosten. Heutzutage zeigt Mill Kindern, wie es richtig geht. Mit seiner Ferien-Fußballschule macht er im August in Mülheim Station.
    Zwei Wochen lang richtet sich die von Mill und Dirk Helmig (früher bei RW Essen und VfL Bochum) organisierte Schule "kidsactive" beim VfB Speldorf am Blötter Weg ein. Vom 11. bis 15.8. und vom 18. bis 22.8. bekommen Kinder zwischen 8 und 13 die Chance, von Ex-Profis zu lernen.
    44 Jahre ist Mill inzwischen alt. Insgesamt 387 Bundesligaspiele hat er absolviert und dabei 123 Tore geschossen. Zeitgleich finden Kurse an neun Orten in Deutschland statt. "Der Ball ist immer dabei. Es gibt Spielformen, Technikschulung und Gymnastik", erzählt er. Ein Trainingstag dauert von 9.30 bis 15.30 Uhr. In der Mittagspause warten viele Überraschungen auf die Kinder. Autogramme verteilen Christoph Metzelder (Dortmund) und Trainer Norbert Meier (MSV Duisburg). Zudem gibt Schiedsrichter-Unikat Wolf-Dieter Ahlenfelder einen Blick in die Welt der Unparteiischen. "Ein Kamerateam der DSF-Sendung ,Fujuma´ hat sich für die Mülheimer Schule angesagt", verrät Mill ein weiteres Schmankerl.
    Das Training leiten Frank Benatelli (früher beim VfL Bochum, heute bei SW Essen), VfB-Trainer Frank Kurth und der Ex-"09er" Michael Klauß. Alle drei sind Inhaber der A-Lizenz. Auch Mill schaut natürlich vorbei - und muss wahrscheinlich die Pfostenschuss-Szene nachspielen.
    Kosten: 149 Euro pro Kind für fünf Tage, Ausrüstung und Verpflegung inklusive. Termine: 11.8. bis 15.8. oder 18.8. bis 22.8., Informationen und Anmeldung bei Hermann Bovermann vom VfB (Tel: 5 05 49), bei Dirk Helmig von "kidsactive" (Tel: 0201/677 377) oder im Internet (www.kidsactive.de).

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    9.9.2003
    "Jo" will die Nummer 10 noch zwei Jahre tragen
    34-Jähriger erlebt seinen zweiten Frühling

    Jo

    Von Andreas Ernst
    Eigentlich hatte er zwei Möglichkeiten: "Entweder ich knall voll drauf oder ich heb den Ball über den Torwart." Gewählt hat Joachim Bohra die dritte Variante: "Ich hab die Kugel einfach nur leicht angetippt - und drin war sie." Es war das 3:2 für Union im Verbandsligaspiel bei Fortuna Düsseldorf II - und der Sieg.
    Zuvor hatte "Jo" schon das 2:2 erzielt. Deshalb kürte ihn die Sportredaktion zum "Star der Woche".
    Einer der bekanntesten Fußballer der Stadt ist Bohra, mittlerweile 34, seit vielen Jahren. Obwohl er auch bei anderen Klubs spielte (SW Essen, Velbert, Speldorf, Vatan), steht sein Name in Verbindung mit Union. Vor der Saison kehrte er zurück. Viele trauten ihm den Sprung in die Verbandsliga nicht mehr zu. "Ach, was die anderen sagen, interessiert mich nicht", meint er. Er ist von seiner Qualität überzeugt.
    Das Interesse zog er bei Union in 262 Spielen auf sich. Dabei erzielte er 157 Tore. Dreimal ist er mit 09 aufgestiegen, viermal Hallen-Stadtmeister geworden. Die schwierigen Zeiten, als er nach einem Kreuzbandriss im August 2002 im Streit ging, hat er abgehakt. "Was damals im Klubhaus geredet wurde, ist mir egal. Bin sowieso ´ne ehrliche Haut und verstehe mich mit allen gut."
    Zwei Kinder hat der verheiratete "Jo", der bei der Stadtverwaltung arbeitet. Sebastian ist sechs, Michel ein Jahr alt. Michel? "Wie der große Platini", erzählt der Papa. Platini, die langjährige "Nummer 10" Frankreichs. Die "10" trägt "Jo" auch, und das mit Stolz. "Alle großen Spielmacher haben diese Nummer getragen."
    Vertraglich bekam er das Trikot nicht zugesichert; doch das ist an der Südstraße ein "running gag". "Ich werde immer damit aufgezogen", sagt er. Noch anderthalb Jahre will er spielen, "und dann in Rente gehen", womöglich ein Jugendteam trainieren. "Vielleicht bin ich ja der erste Unioner, der ein Abschiedsspiel bekommt."
    Keine Frage: Viele ehemalige Mitspieler aus 20 Jahren bei Union würden kommen. Und der technisch beschlagene "Jo" könnte noch einmal alles zeigen; den Ball draufknallen, drüberheben oder leicht antippen. Beifall wäre ihm sicher.

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    9.9.2003
    Handballfrauen heben nicht ab
    Linnenschmidt und Karoß haben aufgehört - Högerle ist der neue Trainer

    Anmerkung: Betrachtet es als Fortsetzung des Textes vom 10.9.2002

    Die RSV-Damen

    von links: Iris, Britta, Nicole, Trainer Peter, Martina, Tina, Christina, Verena (Nachnamen sind blöd)!

    Von Andreas Ernst
    Die Handball-Verbandsliga ist für die Mülheimer Herrenmannschaften zurzeit ein Traum. Die Frauen des RSV behaupten sich dagegen schon seit vielen Jahren in der fünfthöchsten Klasse. Nur zwei Spielerinnen haben das Team verlassen - aber diese Verluste sind so gravierend, dass die RSV-Damen nur den Klassenerhalt anstreben.
    Nach vielen Jahren hat Heidi Linnenschmidt ihre Handballstiefel an den Nagel gehängt. Sie war stets die Führungsfigur an der Kleiststraße. Wenn es nicht lief, stauchte sie ihre Teamkolleginnen zusammen - zudem gab sie in der Abwehr den Ton an und packte selbst energisch zu. Die meisten Tore warf in den letzten Jahren Anja Karoß. Auch sie hat aufgehört.
    Seit vier Wochen versucht Peter Högerle seine Mannschaft auch ohne die beiden langjährigen Leistungsträgerinnen in Form zu bringen. Der 37-jährige Berufsschullehrer ist der neue RSV-Trainer. Er selbst hat in der Oberliga gespielt. Als Trainer ist er seit elf Jahren tätig - der Kontakt zum RSV kam über das Internet zu Stande. Seine neue Mannschaft kennt er schon genau, da er in der letzten Saison die RSV-Reserve (Landesliga) betreute. Högerle misst 1,90 m und überragt die meisten Damen um einen Kopf.
    Doch abgehoben ist der Coach nicht. "Unser Ziel kann nur der Klassenerhalt sein. Wenn alle gesund bleiben, ist sogar ein Platz im oberen Mittelfeld realistisch", sagt er. Er hat ein einfaches Konzept, wie die Verluste zu kompensieren sind. "Jede Spielerin muss mehr Verantwortung übernehmen", meint er. Neu dabei ist Nida Berber, die zuletzt in Hessen spielte, nun aber in Mülheim wohnt und sich daher dem RSV anschloss. Zudem wurden Christina Lickfeld, die eigentlich noch in der A-Jugend spielen könnte, und Verena Schmidt (zweite Mannschaft) ins Verbandsligateam befördert. Högerle: "Christina ist schon so stark, dass sie in dieser Klasse mithalten kann."
    Zwei Stärken sieht er: Die eine heißt Susanne Schmitz-Freihoff. "Sie ist eine der stärksten Torhüterinnen in der Verbandsliga", glaubt der Trainer. Zudem baut er vor allem auf Tempogegenstöße: "Darauf wird es in der kommenden Saison ankommen. Und da wir mit Britta Borchert eine der schnellsten Spielerinnen haben, sind wir gerüstet." Lediglich an der Abwehrarbeit feilt er noch - ohne Karoß und Linnenschmidt liegt in der Defensive das derzeitige Problem.
    Höhere Ziele sind tabu. Das Wort "Oberliga" steht auf dem Index. "Es wäre vermessen, davon zu reden. Noch zwei, drei Jahre sollten wir warten - und dann mal schauen", sagt Högerle. Er ist eben groß, aber nicht überheblich.

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    4.10.2003
    Malerisches Schauspiel an der Ruhr
    46 Rennen bei Nieselregen - Vier Vereine besuchen den MKV zur Geburtstags-Regatta

    Anmerkung: Das nennt man "wildes Rumgefeature!"

    Von Andreas Ernst
    Für Radfahrer gab es gestern auf dem Leinpfad unterhalb der Mendener Brücke kein Durchkommen: "Achtung! Durchfahrt vermeiden! Kanu-Regatta!", verriet ein großes Schild. Diejenigen, die sich vorbeitrauten, brauchten lang für diese Strecke. Am Herbst-Cup des Mülheimer Kanusport-Vereins (MKV) kamen sie nicht vorbei.
    Herbst ist genau das richtige Stichwort. Die Ruhr bildet in diesen Tagen ein malerisches Schauspiel. Die Bäume verlieren langsam ihre Blätter, bedecken das Wasser. Der eine oder andere kleinere Schauer kündigt die kalten Tage an. Grau in grau präsentiert sich der Himmel. "Ein bisschen Sonnenschein wäre schon schön gewesen", sagt Franz Bodsch vom Organisationsteam. "Aber wir sind doch Wassersportler, da werfen uns die paar Regentropfen nicht um."
    Enten halten sich nicht in der Nähe der Stege auf. Dort sind Kajaks und Canadier en masse zu sehen. Kajaks, die schmalen Boote mit Doppelpaddel, und Canadier mit sechs Sportlern und einem Steuermann mit Stechpaddel. Bodsch schaut sich das Geschehen von oben an, aus dem Regattabüro im MKV-Klubhaus. Einen schönen Blick hat er: auf die Mendener Brücke, das Wasser und die Ruhraue. Aber das registriert er kaum: "Ich hätte nicht gedacht, dass Ergebnisse eintippen so anstrengend sein kann." Zudem sieht er ein bisschen übermüdet aus. "Am Vorabend war eine Party zum MKV-Geburtstag. Um 3 Uhr ist der Letzte gegangen." Und wer? "Ich."
    Doch eine reine Spaß-Veranstaltung ist der Herbst-Cup nicht. 46 Rennen finden insgesamt statt, angereist sind neben dem MKV und der DJK Ruhrwacht drei weitere Vereine. Besondere Aufmerksamkeit genießen die Wettbewerbe um die Stadtmeisterschaft. Die MKV-Eltern bekommen davon nur wenig mit. Sie betreuen liebevoll die Getränke- und Speisestände im Klubhaus. Bei besserem Wetter wäre der Umsatz höher gewesen - weil mehr Spaziergänger zugeschaut hätten. "Ach, das ist doch nur ein Randaspekt", sagt Bodsch.
    Ein bisschen Spaß ist dann aber schon dabei. Zum Beispiel in den Rennen, in denen geübte Kinder mit ungeübten Eltern im Kajak sitzen. Oder in den Canadier-Wettbewerben mit Mannschaften, die "Terror Team", "Altbier-Express" und "Sahnespritzer" heißen.
    Am Ende eines langen Kanutages erhält jeder eine Medaille. "Das war unsere erste Regatta seit acht Jahren", atmet Franz Bodsch durch. "Ich bin seit 6 Uhr auf." Moment mal, war er nicht erst um 3 Uhr im Bett? "Stimmt", sagt er. "Deshalb haue ich mich jetzt auch erst mal aufs Ohr."

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    10.10.2003
    Die Ernsthaftigkeit fehlt sonntags oft
    Mülheims Fußballer im Ballermann - Druck im Derby lastet vor allem auf dem VfB Speldorf

    Siebter Spieltag in der Fußball-Verbandsliga. Derby. Der TuS Union 09 erwartet am Sonntag (15 Uhr) den VfB Speldorf. Mit den Trainern Ernst Bachmann (58, TuS) und Frank Kurth (41, VfB) sprachen Andreas Ernst und Andree Hagel.
    WAZ/NRZ:
    Dass der VfB bisher nicht zufrieden sein kann, ist klar. Sie liegen nur einen Zähler hinter dem Lokalrivalen, Herr Bachmann. Sind Sie mit Ihren sechs Punkten aus sechs Spielen zufrieden?
    Bachmann:
    Das ist schon in Ordnung, obwohl wir ein, zwei Punkte mehr haben könnten. Das ist bei uns noch ein Integrationsproblem. Wir haben noch nicht die fertigen Spieler. Acht, neun Punkte waren das Ziel. Aber die Mannschaft braucht halt noch ein bisschen.
    WAZ/NRZ:
    Wie wichtig ist das Spiel? Der VfB steckte nach einer vierten Niederlage in Serie endgültig in der Krise? Für den TuS Union 09 begänne spätestens dann der Kampf um den Klassenerhalt?
    Kurth:
    Es ist ein Derby, das hat einen ganz anderen Stellenwert als ein anderes Verbandsliga-Spiel. Ein Derbysieg stünde uns in unserer jetzigen Situation besser zu Gesicht als etwa ein Sieg über Homberg. Krise? Mit jedem nicht gewonnenen Spiel wird unsere Situation prekärer.
    Bachmann:
    Der Kampf um den Klassenerhalt hat am ersten Spieltag angefangen. Ich glaube nach dem Nettetal-Spiel, dass langsam jeder begriffen hat, wo's langgeht. So ein Derby führt zu einer ganz anderen Situation. Da hängt sich jeder rein, und da ist jeder bereit. Komischerweise.
    WAZ/NRZ:
    Auf Mülheims Straßen ist zu hören, dass der TuS alles unternehmen werde, um auf dem Ascheplatz an der Südstraße zu spielen? Warum wäre das ein Vorteil für Ihre Mannschaft, Herr Bachmann?
    Bachmann:
    Wir werden alles dafür tun, um auf Rasen spielen zu jkönnen. Und wir werden zu 90 Prozent auf Rasen spielen.
    WAZ/NRZ:
    Und der Vorteil auf Asche wäre?
    Bachmann:
    Ich sehe keinen Vorteil.
    WAZ/NRZ:
    Und warum wäre ein Spiel auf Asche ein Nachteil für Ihr Mannschaft, Herr Kurth?
    Kurth:
    Es geht darum zu fighten. Egal, ob wir auf Rasen oder auf Asche spielen.
    WAZ/NRZ:
    Wer häufiger auf der Speldorfer Homepage im Gästebuch liest, stößt darauf, dass Ihnen die Fans vorwerfen, aus den guten Einzelspielern keine Mannschaft geformt zu haben, und ein ehemaliger Torwart könne kein guter Trainer sein. Beschäftigen Sie sich mit solchen Vorwürfen?
    Kurth:
    Dazu kann ich nur sagen, dass vor vier Wochen nach dem 2:2 in Oberhausen ein junger Spieler zu mir gekommen ist. Und der hat mir einiges erzählt. Das kommt von Spielern, die wir nicht haben wollten oder aussortiert haben. Und deshalb interessiert mich das überhaupt nicht.
    WAZ/NRZ:
    Wie sehen Sie das?
    Bachmann:
    Ich denke, dass Frank ordentliche Arbeit macht. Ich habe das Pokalspiel gegen Solingen und eine Mannschaft gesehen, die Willen und Einsatz gezeigt hat und Freude hatte. Ich habe auch mit Spielern gesprochen: Die sind mit ihrem Trainer zufrieden.
    WAZ/NRZ:
    Schütteln Sie heute oft den Kopf, wenn Sie sehen, was alles beim Fußball so passiert oder passiert ist?
    Bachmann:
    Früher sind wir zum Platz gegangen und haben und reingehängt. Heute haben die jungen Leute andere Interessen. Es ist unheimlich schwierig, junge Spieler heranzuführen, die sich der Situation stellen. Die Ernsthaftigkeit fehlt sonntags oft. 30 Prozent der Mülheimer Fußballer sind samstags im Ballermann. Ich kann doch nicht jeden anrufen. Was soll ich da machen?
    Kurth:
    Das kann ich nur unterstreichen. Du bist nicht nur Arbeitskraft als Trainer, du bist ja auch das Sozialamt. Ich kenne heute kaum einen Spieler, der das Geld wegpackt. Die planen das in ihren Lebensunterhalt ein. Ich habe ja nichts dagegen, dass jemand für gute Leistung auch gutes Geld bekommt. Aber für eine mittelmäßige Leistung gutes Geld? Da wird mir angst und bange. Noch einmal zurück: Wir haben einen zweiten Physiotherapeuten geholt, den ich zu 20 Prozent aus eigener Tasche bezahle. Wenn ich dann als Abzocker
    hingestellt werde, tut das weh.
    WAZ/NRZ:
    Noch einmal zurück zum Spiel. Auf welchem Team lastet mehr Druck?
    Bachmann:
    Mit Sicherheit stehen die Speldorfer mehr unter Druck. Dass sie gewinnen wollen, könnte für uns ein Vorteil sein. Eine Niederlage wäre für den VfB fatal, ärgerlich.
    WAZ/NRZ:
    Sehen Sie da auch so, Herr Kurth?
    Kurth:
    Auf der Mannschaft lastet mehr Druck. Sie ist gefordert, ein Zeichen zu setzen und nicht nur die spielerischen Mittel einzusetzen. Egal, auf welchem Geläuf.
    Bachmann:
    Wir spielen auf Rasen.

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    13.10.2003
    Derby ohne Sieger - aber mit Verlierer
    2:2 - Von hohen VfB-Ansprüchen ist nicht viel zu sehen - Union zeigt eine ordentliche Leistung

    Von Andreas Ernst
    Schluss, Aus, das Derby in der Fußball-Verbandsliga ist vorbei. Es endete 2:2 (1:1), hatte also keinen Gewinner. Aber doch einen Verlierer: Der VfB Speldorf blieb zum fünften Mal sieglos, keine Spur von den hohen Ambitionen. Die Arme hochreißen durften nur die Spieler des TuS Union 09.
    "Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich doch aussprechen!" Frank Kurth hat es nicht leicht. Bei den VfB-Fans wird er immer umstrittener, und bei der Pressekonferenz kam er kaum durch mit seiner Analyse. "Die Verunsicherung war der Mannschaft anzumerken", sagte er. Union-Coach Ernst Bachmann hatte da die festere Stimme: "Ich muss meiner Mannschaft ein Lob dafür zollen, dass sie gegen einen starken Gegner wie der VfB an sich ist bestanden hat."
    Starker Gegner? Es lief dumm für den VfB: Erst musste Thomas Maaßen nach dem Aufwärmen passen, Fuat Güngör spielte. Und dann saß der erste Schuss. Nach einer abgewehrten Ecke für Union hielt Thomas Thiel drauf. Yasar Kurt fälschte ab, drin, 1:0 (6.).
    Die 09er spielten so gut sie konnten. Dass sie keinen Gegner in dieser Verbandsliga-Saison an die Wand spielen können, das ist klar. Das weiß auch Trainer
    Bachmann. Er baute auf dieselbe Elf wie in Nettetal. Und auf dieselbe Taktik. Björn Rohpeter (gegen Rene´ Kägebein) und Jörg Müller (gegen Dirk Roenz) spielten stur gegen den Mann. Martin Espelmann (gegen Thomas Pröpper) und Moritz Schroer (gegen Björn Matzel) sollten die Speldorfer Außen ausbremsen. Union stand tief gestaffelt in der eigenen Hälfte, riskierte, dass die Speldorfer klar feldüberlegen waren.
    Waren die dann auch. Doch wenn die Speldorfer ihr Querpass-Festival einmal unterbrachen, dann war Union-Libero Ralf Zils zur Stelle. "Sauber Ralle", war dann auch der meist gebrüllte Satz der Union-Fans, wenn ihr Kapitän den Ball erobert und auf die Tribüne oder in die gegnerische Hälfte gedroschen hatte. Großer Fußball ist das nicht. Aber besser geht's bei 09 nicht.
    So wäre das vermutlich bis zum Spielende weitergegangen, wenn Dirk Roenz nicht beim VfB spielen würde. In der 27. Minute bekam der Torjäger einen Pass von Marco Ferreira. Eine Drehung, ein Schuss, ein Platzfehler, der Ball springt ins lange Eck, 1:1. Dann noch zwei Chancen für Thomas Pröpper (37./43.), und doch: Eine VfB-Führung wäre nicht verdient gewesen. Denn wie wäre das Spiel gelaufen, wenn Joachim Bohra freistehend das leere Tor getroffen und nicht vorbeigeschossen hätte (31.)?
    In der zweiten Hälfte gab es die nächste Was-wäre-wenn-Szene: Nach einem Foul von Fuat Güngör an Mahmoud Ibrahim entschied Schiri Sven Intveen auf indirekten Freistoß und nicht auf Elfmeter (65.). Zweimal hatten die Speldorfer also Glück. Die blieben überlegen und gingen in Führung. Wieder ein Pass von Ferreira, wieder ein freistehender Roenz, wieder ein Tor (73.).
    2:1-Führung - das sollte beruhigen. Sollte. Denn der VfB präsentierte sich als leblose Ansammlung von Einzelkämpfern. Ein rackernder Roenz, ein phasenweise dribbelstarker Matzel - ein bisschen wenig. Keiner versuchte, seinen Mitspieler anzutreiben, aufzumuntern. Auch nicht nach dem 2:2. Martin Espelmann hatte geflankt und Alex Calianu per Kopf vollendet (84.). Dass Calianu wegen übertriebenen Torjubels Gelb-Rot bekam: geschenkt. Die Speldorfer nutzten das nicht. Fast wäre Andre Schwartz gar das 3:2 gelungen. Die VfB-Fans hätte das nicht geschockt. Sie blieben sowieso 90 Minuten ruhig. Was bleibt? Ein verdientes 2:2 in einem mäßigen Spiel. Aber spannend war's.
    Beide Mannschaften sind Mittelmaß. Nicht mehr, nicht weniger. Doch nur für Union ist das ein Kompliment.
    Tore: 1:0 Thomas Thiel (6.), 1:1/1:2 Dirk Roenz (27./73.), 2:2 Alex Calianu (84.).
    TuS Union 09: Reinhold - Zils - Rohpeter (40. Schwartz), Müller - Espelmann, Berges, Thiel (73. Briks), Schroer, Ibrahim - Bohra (46. Siegmund) - Calianu.
    VfB Speldorf: Gottwald - Kurt - Wildschütz (87. Dehn), Synowiec - Güngör, Matzel, Ferreira, Przybilla, Pröpper - Kägebein (79. Burgsmüller), Roenz.

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    14.10.2003
    Für sein Lebenswerk ignoriert Helmut Lender ärztlichen Rat
    Traditions-Fußballmannschaft mit 1335 Spielen ist in Mülheim einmalig

    Von Andreas Ernst
    Draußen weht der Wind die Blätter auf die Straße, Regen und Sonne wechseln sich ab. Drinnen serviert Helmut Lender Kaffee und Plätzchen. Er hat ausgeschnittene Zeitungsartikel ausgebreitet, präsentiert sein Statistik-Büchlein. Darin enthalten: 40 Jahre "Lender-Elf" mit 1335 Fußball-Spielen.
    1963 bis 2003 - eine verdammt lange Zeit.Helmut Lender ist inzwischen 65, aber immer noch als Libero dabei. Wenn es mal gar nicht mehr geht, dann "mache ich als Betreuer weiter". Was hat sein Team nicht alles überdauert: Als Lender unter dem Dach des TSV Viktoria gemeinsam mit seinem Bruder Peter erstmals die Spieler zusammentrommelte, da wurden ihm die Sportplätze von Wilfried Cleven zugewiesen. Der ist mittlerweile Sportdezernent. Erster Treffpunkt war die Mintarder Straße. 1963 war dort die Sporthalle gerade im Rohbau - mittlerweile wurde sie schon wieder abgerissen.
    Es fing an in der Leichtathletik-Abteilung des RSV. Vom Speer und der Kugel hatten die Lenders und ein paar Kollegen die Nase voll und gründeten ein Fußballteam. Aus Trainingseinheiten wurden Freundschaftsspiele, die Sportler brachten Freunde mit - und im Laufe der Jahre entstand eine Traditionself, die in Mülheim einmalig ist. "So um die 350 Spieler haben mittlerweile mitgemacht", meint der "Chef" beim Blick ins Büchlein. Bei der jährlichen Weihnachtsfeier werden dann die Erinnerungen hervorgekramt: "Wir haben mal neun Stück reingekriegt, aber auch schon 15 geschossen. Wir wurden von Klaus Steilmann zu Wattenscheid 09 eingeladen. Und von Kickers Offenbach. Gegen Ronny Worm und Holger Osieck haben wir gespielt."
    Heute sind die Gegner überwiegend die Betriebsmannschaften von Krankenhäusern, Feuerwehr und Firmen. Drei Trainingszeiten stehen Lender zur Verfügung. Zehn Spieler sind immer da. Und nicht nur alte. "Die Mischung macht es aus. Junge kommen immer dazu." tephan Giesbert vom MSV 07 mischt ab und zu mit, auch Martin Espelmann von Union und der Saarner Sebastian Pick trugen schon das Lender-Trikot. Bekannteste Spieler waren Ex-Profi Wilfried Mackscheidt und das Badminton-Ass Gerd Kucki. "Bei uns knallt es
    auch schon mal, und wir schreien uns an", sagt Lender. "Aber beim Bier hinterher lachen wir dann wieder gemeinsam." In der Betriebssport-Hobbyliga machte die Lender-Elf nie mit. "Da wird zu viel geknüppelt."
    Wie viele Spiele er selbst bestritten hat? Er tippt auf seine Schulter und sagt: "Da bin ich Anfang des Jahres operiert worden." Dann auf sein Knie: "Da habe ich auch immer Probleme." Seine Ärzte rieten ihm mehrmals zum Aufhören. Doch stets ignorierte er diesen Rat. "Diese Mannschaft", sagt der frühere Konstrukteur der KWU und blickt dabei auf Kaffee, Kuchen, Zeitungsartikel und Büchlein, "die ist sowas wie mein Lebenswerk." Und so bestreitet er pünktlich zum 40-jährigen Bestehen sein 1200. Spiel.
    Es gibt also einen doppelten Grund zum Feiern.

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    5.11.2003
    Torjäger im Team der Freunde

    Dirk

    Kleiner Tipp: Sucht mal im Gästebuch nach einem Eintrag von einem gewissen "Dirk"...

    Von Andreas Ernst
    Die Nummer zehn trägt Dirk Heisterkamp bei den Spielen des SV Rot-Weiß auf Brust und Rücken, wie die großen Spielmacher. Der Torjäger mit Talent ist in der Fußball-Bezirksliga bei seinem Heimatverein gestrandet. Dabei hätte er auch höher spielen können.
    Seine Qualitäten bewies der 26-jährige Fußballspieler im Lokalderby am letzten Sonntag bei Vatan Spor. Er schoss beim 2:1-Sieg der Rot-Weißen beide Tore und wurde deshalb von der Sportredaktion zum "Star der Woche"erkoren.
    Wenn Dirk Heisterkamp auf den Fußball-Ascheplatz an der Bruchstraße blickt, dann fühlt er sich rundum wohl. "Hier kenne ich alle", sagt er und blickt zurück. Als er sechs Jahre alt war, meldeten ihn seine Eltern, die direkt um die Ecke wohnen, beim SV Rot-Weiß an. In der F-Jugend lernte er viele Freunde kennen, wie Raik Schröder, Daniel Weinbach, Marco Donsbach, Frank Bollmann und Hatem Guerbouj. Doch immer in der Stadtliga spielen? Dafür war der torgefährliche Techniker einfach zu gut. In der B- und A-Jugend trat er beim VfB Speldorf vor den Ball, und eine Karriere in der Verbandsliga winkte.
    Das war seine erste große Chance, doch er ließ sie aus. "Ich war einfach noch jung. Damals begann die Feierei, kamen die Frauen. Ohne nachzudenken bin ich den bequemeren Weg und zurück zu Rot-Weiß in die Kreisliga A gegangen", sagt er und grübelt: "Naja, im Nachhinein hätte ich mich anders entscheiden sollen. Das war schon ein bisschen bekloppt."
    Also wieder Rot-Weiß: Als er in der Kreisliga A in der Saison 1999/2000 Schützenkönig wurde (28 Tore), bekam er seine zweite Chance, beim SV Bottrop 1911 in der Landesliga. Zwei Jahre trug er das SV-Trikot, schaffte den Verbandsliga-Aufstieg und war Stammspieler. Doch wieder wählte er den bequemen Weg: "Viermal in der Woche nach Bottrop fahren - das war mir zuviel, obwohl ich ordentliches Geld bekommen habe." Wieder kehrte er zu Rot-Weiß zurück: "Genauso wie viele Freunde."
    Die Freunde, damit meint er unter anderem Schröder, Weinbach, Donsbach, Bollmann und Guerbouj - wie schon in der F-Jugend. "Ich habe alle Entscheidungen stark von meinen Kumpels abhängig gemacht", sagt er, der bei der Diakonie in Essen im technischen Dienst tätig und mit Marina verlobt ist.
    Mit dem Alter hat Heisterkamp die "Feierei" eingeschränkt: "Am Samstag sitzen wir meist beim Playstationspielen zusammen." In früheren Zeiten - Spiel hin oder her - dauerten die Partys schon mal bis ins Morgengrauen. Doch ganz ruhig geworden ist er nicht. "Freitags lassen wir es richtig krachen", verrät er. Dann ist fast das ganze Rot-Weiß-Team im "Freeland" anzutreffen.
    Und wenn es nicht so gut läuft, dann richten ihn seine Freunde auf, wie vor dem Vatan-Spiel. Heisterkamp steckte in einer Formkrise: "Ich wusste nicht warum." Doch im Derby hatte er sein Visier wieder richtig eingestellt.

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    13.12.2003
    Sport ist eine große Chance für die Freundschaft

    Turan Isleyen

    Die Wortwechsel nach dem B-Jugendspiel zwischen Vatan Spor und dem TV Voerde (wir berichteten) verdeutlichten, dass es zwischen deutschen und ausländischen Fußballteams oft Schwierigkeiten gibt. Darüber sprach Sportredaktions-Mitarbeiter Andreas Ernst mit Turan Isleyen (41), dem Ehrenvorsitzenden von Vatan.

    Sportredaktion: Wie haben Sie von dem B-Jugendspiel erfahren?
    Turan Isleyen: Ich war nicht dabei und habe es erst hinterher gehört. Ich finde es nicht in Ordnung, wenn der Schiedsrichter uns beschimpft hat.
    Sportredaktion: 1989 haben Sie Vatan gegründet. Wie hat sich das Verhältnis zu den übrigen Vereinen entwickelt?
    Isleyen: 1989 sind wir herzlich aufgenommen worden. Der Erfolg war da, alle haben gratuliert. Erste Schwierigkeiten kamen nach dem Landesliga-Aufstieg auf, als noch die zweite und dritte Mannschaft sowie die Jugendabteilung dazukamen. Das verstehe ich nicht. Ich sehe uns nicht als ausländischen Klub. Wir sind dem Fußballverband genauso angeschlossen wie alle anderen. Wir nennen uns Mülheim Vatan Spor. Vatan heißt Heimat, und der Vereinsname soll verdeutlichen, dass Mülheim unsere Heimat ist. Bei uns dürfen alle Nationen spielen. Viele von uns haben die deutsche Staatsangehörigkeit. Meine Kinder und ich haben auch einen deutschen Pass. Wir leben alle seit vielen Jahren hier und sind traurig, wenn wir als Ausländer bezeichnet werden.
    Sportredaktion: Wie kann das Verhältnis verbessert werden?
    Isleyen: Ich sehe das so: Der Sport bietet eine große Chance, die deutsch-türkische Freundschaft zu stabilisieren. Dazu erwarten wir auch von deutschen Vereinen ein paar Schritte. Allein geht das nicht. Wir wollen auch freundlich aufgenommen werden. Wir bieten 200 Jugendlichen eine Heimat. Mülheim braucht Vatan Spor. Solche Sachen wie beim Spielabbruch in Homberg 1999 passieren uns nicht mehr. Darüber sind wir bis heute traurig. Gewalt hat in unserem Verein nichts zu suchen.
    Sportredaktion: Ist der Aufstieg in diesem Jahr Pflicht?
    Isleyen: Wir haben drei schwere Jahre hinter uns. Natürlich ist unser Ziel der Wiederaufstieg. Trainer Abdelhafid und die Spieler geben sich große Mühe, es gibt keine bösen Worte. Mit diesen Gedanken können diese Jungs den Aufstieg schaffen.

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    24.12.2003
    Weihnachten bleibt der Ball im Schrank
    Dirk Roenz ist seit 1988 Speldorfer: Ich bin ein Familienmensch, das Geld spielt nicht die Hauptrolle

    Mütze!

    Von Andreas Ernst
    Es ist kalt geworden im Dezember. Dick eingepackt steht Dirk Roenz auf der Tribüne des Fußballstadions am Blötter Weg. Auf dem Rasen jagen 25 Kinder aus der F-2-Jugend des VfB Speldorf einem Ball hinterher. "Können wir ?", fragt die Fotografin. Roenz nickt, pfeift auf zwei Fingern, und alle Kinder sprinten ihrem Trainer entgegen.
    Eine halbe Stunde lang werden die Sechs- bis Achtjährigen in vielen Posen fotografiert. Roenz nimmt sie auf den Arm, spielt ihnen den Ball zu. Zwischendurch schauen viele F-Jugendliche der Fotografin über die Schulter, gucken auf den Bildschirm der Digitalkamera. Die Häuser um den Speldorfer Platz sind in bunten Farben erleuchtet - Weihnachten kommt bald. Axel Bartmann, Jugendleiter des VfB, beobachtet das Shooting und lobt seinen Trainer: "Dirk macht seine Sache ausgezeichnet."
    Roenz ist so etwas wie die laufende finanzielle Absicherung des Vereins, und das mit 34. Spielt er gut, geht es dem Verein gut. Seit 1988 trägt er das Speldorfer Trikot. Nur zwei Jahre lang kehrte er dem VfB den Rücken. Mehr als 300 Spiele hat er bestritten und dabei mehr als 200 Tore geschossen. "Ach", sagt er, "klar hatte ich Angebote. Aber warum sollte ich weggehen? Hier habe ich meine Frau kennen gelernt, der Verein hat mir einen Arbeitsplatz vermittelt, ich kenne Jan und Mann. Außerdem wohne ich um die Ecke und sehe meinen Sohn. Ich bin ein Familienmensch, Geld spielt nicht die Hauptrolle."
    Auf dem Rasen jagen die Kinder mittlerweile wieder dem Ball hinterher. "Hey!", brüllt der Trainer laut. "Wählt mal zwei Mannschaften!" Mittendrin ist Roenz´ Sohn Pascal, inzwischen fünf. Auch Dean Woodburn, Sohn des Weltklasse-Jockeys Kevin, und Marc Baltromei, Sprössling von Galopptrainer Werner, tragen das Speldorfer Trikot. Dirk Roenz beobachtet das Geschehen. Alle sprinten hinter der Kugel her, keine Spur von Ordnung. Der schnellste gewinnt - ein Gesetz des Straßenfußballs.
    Bei seinem Verein hat Dirk Roenz, der in der ersten Mannschaft nur "Mütze" gerufen wird, ein Jugendteam übernommen. "Das macht mir auf jeden Fall Spaß." Und die Trainingsinhalte? "Im Moment geht es um die Grundbegriffe. Wie Einwürfe gehen zum Beispiel. Oder wie ein Ball richtig gestoppt wird. Ich will Spaß vermitteln." Er, der große Torjäger, hilft den Fußballzwergen am Anfang ihrer Karriere. Herrlich. "Auf die Palme bringen mich Trainer, die immer quer über den Platz bölken. Das motiviert die Kleinen nicht." Und noch einmal: "Spaß am Fußball ist das Wichtigste." Sein Sohn Pascal mischt auch schon fleißig mit, obwohl er eigentlich noch zu den Bambinis zählt. "Er hat fußballerisch einiges drauf und könnte was werden. Er grätscht schon richtig."
    Ganz wie der Papa.
    Das Fußballspiel auf dem Rasen ist beendet, die Kinder werden von ihren Eltern abgeholt und erzählen, wie es war, fotografiert zu werden. Pascal setzt sich bei seinem Vater auf den Schoß. Bei den Speldorfer Fans ist Dirk Roenz unantastbar: "Schön, wenn die Zuschauer hinter einem stehen. Sie honorieren, dass ich jahrelang meine Leistung gebracht habe." Am Saisonende, das hat er sich fest vorgenommen, soll Schluss sein. Aber das ist schon seit zwei Jahren sein Plan. "Das kann sich keiner vorstellen, wie groß die Schmerzen sind, wenn ich montags aufstehe." Es sind die Folgen eines Wadenbeinbruchs, den er vor zwei Jahren erlitt. "Aber", ergänzt er nach einer kurzen Pause, "wahrscheinlich lass ich mich sowieso wieder bequatschen."
    Angestellt ist Roenz bei der Mülheimer Entsorgungsgesellschaft, seine Freizeit gehört dem Fußball. Die Weihnachtsfeier mit der F-2-Jugend hat er schon hinter sich. "Die war sehr schön. Die Eltern haben das selbst organisiert. Wir waren in einer Kleingartenanlage." Der Torjäger Roenz findet zurück zu den Ursprüngen. "19 Kinder sind in meiner Mannschaft. Das eine oder andere Kind bleibt schon mal draußen. Das ist hart."
    Heute werden auch bei Familie Roenz Geschenke ausgepackt. Gibt es was Besonderes zu essen? "Nö, eigentlich nicht. In jedem Jahr was anderes." Dann zieht Dirk Roenz den Reißverschluss seiner Jacke hoch und verschwindet. An den Weihnachtstagen bleibt selbst bei ihm der Ball im Schrank.

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    20.3.2004
    In einem Jahr ist für den alten Hasen Schluss

    Ernst Bachmann

    Von Andreas Ernst
    Locker zieht Ernst Bachmann an einer Zigarette. "Ich könnte Dinger erzählen", sagt er immer wieder. 40 Jahre im Fußballgeschäft hat der Union-Trainer auf dem Buckel. Ihm macht keiner etwas vor.
    Mit verschränkten Armen sitzt oder steht Ernst Bachmann meistens neben der Trainerbank. Er brüllt nicht ununterbrochen, aber doch gezielt und mal laut. Wie war er wohl selbst als Spieler?
    Der Aschenbecher steht auf dem Tisch. Ein Getränk daneben. Wie alt ist Ernst Bachmann? "58", sagt er. "Geboren bin ich zwar in Kettwig, aber gelebt habe ich immer in Mülheim." 58 Jahre alt? Sein Geburtsjahr ist 1945. Nachkriegszeit. "In Styrum haben wir gewohnt, an der Augustastraße, vor der Bahn. Hinter der Bahnstrecke war die Moritzstraße. Da war ordentlich was los in der Ecke." Mit acht Jahren kam er zum 1. FC Styrum. "Fußball war unser ein und alles. Auf Wiesen, auf Straßen, überall haben wir gespielt." Prägte diese Zeit sein komplettes Fußball-Leben? "Ja", sagt er. "Ich habe als Fußballspieler gelernt, mich durchzusetzen, mich zu etablieren."
    Mit 18 kam er beim FC in die damalige Landesligamannschaft - als Stürmer. Trainer "Ala" Becker funktionierte ihn zum rechten defensiven Mittelfeldspieler um. Eine Position, die damals völlig neu in der Taktikwelt war. Es folgten Aufstiege, ein Fußball-Boom und der Sprung in die 2. Bundesliga. "Ich kann mich an Partien erinnern vor 8000 oder 10 000 Zuschauern. Wir haben gegen Borussia Dortmund gespielt, Rot-Weiß Essen, Arminia Bielefeld. Ich habe die ganzen Schlagzeilen noch zu Hause." Wenn Ernst Bachmann von dieser Zeit erzählt, gerät er ins Schwärmen. Er blickt gern zurück. Und sagt oft: "Ich werd´ das nie vergessen." Zum Beispiel ein Match im neuen Westfalenstadion bei Borussia Dortmund vor 35 000 Fans. "Als Spieler diesen Boom mitzuerleben, war erste Sahne. Ich werd´ es nie vergessen: Jeden Dienstag waren wir mit der Mannschaft essen. In Restaurants, in denen das billigste Gericht bei 27 Mark lag. Und zu trinken gab es Krimsekt." Bachmann hatte sich durchgesetzt. Er saß als Spielführer am Tisch. "Das war toll für uns, aber für den Verein der Untergang." Der FC stieg nach zwei Jahren ab, Bachmanns Vertrag wurde nicht verlängert, er ging zu Rot-Weiß Oberhausen.
    Doch die Rückkehr folgte zu Beginn der 80er-Jahre - als Spielertrainer. Seine A-Lizenz baute er bei Karl-Heinz Heddergott. Es folgten viele Stationen. Bei Oberhausen 08, bei den Amateuren von RW Essen, Wacker Bergeborbeck, Adler Frintrop, TuS 84/10 Essen und bei Hamborn 07. Eins blieb in all den Jahren gleich: "Ich habe Fußball immer als Hobby betrachtet. Und dabei nicht schlecht gelebt. Ich habe einiges bewerkstelligen können."
    Und noch etwas blieb: Seit 37 Jahren ist er bei der Korrosions-Schutzfirma Buchloh tätig. Während seiner Profizeit halbtags, inzwischen als Betriebsleiter. Union 09 ist seine längste Trainerstation. Sein derzeit sechstes Jahr ist das schwierigste. Was sich in all den Jahren verändert hat? "Ich habe mein Leben lang Fußball gearbeitet. Wenn ich mich für einen Verein entschieden habe, dann mit allen Konsequenzen. Heute ist die Begeisterung nicht mehr da. Die Konzentration fehlt." Sein schönstes Jahr bei Union war das letzte. Siebter wurden die "09er". "Das waren für den Verein positive Zeiten." Bachmann, ein Trainer mit festen Prinzipien, einer von der alten Garde.
    Ein Jahr noch will er an der Südstraße weitermachen. Am Ende der Saison 2004/2005 ist Schluss. "Dann kann ich mich anderen Dingen widmen." Seiner Familie zum Beispiel. "Sie ist in all den Jahren mein wichtigstes Gut gewesen." Im letzten Jahr verstarb seine Frau. Jetzt verbringt er viel Zeit mit seinem Sohn und den zwei Enkelkindern - vor allem mit dem fünfjährigen Justin. "Der hat Beine wie Schaschlik-Stäbchen", sagt der Opa und lacht.
    Vielleicht ist es als Trainer sein letztes Derby gegen Speldorf. Er freut sich besonders.

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    14.4.2004
    Treffsicherer Torjäger mit Bindung zu Mülheim
    Stürmer hatte nie Angebote von höherklassigen Klubs

    Von Andreas Ernst
    Wie viele Tore er geschossen hat, das weiß Stefan Hohensee immer. "Mal ehrlich: Seine Tore zählt doch jeder Stürmer mit", sagt er. 24 hat er in dieser Saison in 24 Spielen bereits für den Fußball-Bezirksligisten MSV 07 erzielt.
    Zwei davon schoss er am Sonntag beim 6:0-Derbyerfolg seines Teams beim SV Rot-Weiß.
    Daher kürte die Sportredaktion Stefan Hohensee zum "Star der Woche".
    Zehn Tage ist es her, dass "Howie" zum zweiten Mal Vater wurde. Am 4.4. um 4.07 Uhr in der Frühe kam Luca Alessandro auf die Welt. Schlaf bekamen Stefan Hohensee und der zweite Sohn Marvin (3) in der Nacht kaum, denn bereits am Nachmittag stand das Spitzenspiel bei Vatan Spor auf dem Programm. Hellwach war er sofort. In der 3. Minute schoss er das Tor zum 1:0.
    Das ist beispielhaft für den Torjäger. Die Familie ist das wichtigste für den 31-Jährigen, doch auch sein Hobby Fußball bedeutet ihm viel. Die komplette Jugendzeit verbrachte er bei Dümpten 13. Nach einem Bezirksligajahr mit den Dümptenern wechselte er zu Union 09. Von 1993 bis 2003 spielte er an der Südstraße, und feierte mit den "09ern" große Erfolge. Zu zwei Aufstiegen und zahlreichen Stadtmeistertiteln trug er seine Tore bei. Und doch bezeichnet er ein einzelnes Spiel als seinen größten Triumph: "Wir haben den VfB Speldorf im letzten Jahr mit 4:2 geschlagen. Das wird wohl der einzige Sieg für Union in einem Meisterschaftsspiel gegen den VfB bleiben." Dass es seinem alten Klub sportlich schlecht geht, stimmt ihn traurig: "Ich habe bei Union viele Freunde gewonnen, das ist ein Teil meines Lebens. Ich bedauere das, aber das war voraussehbar."
    Bei Plus ist Hohensee als Personalsachbearbeiter tätig. Seine Bindung zu Mülheim ist groß. Doch nicht nur deshalb hat er nie außerhalb seiner Heimatstadt gespielt. "Angebote von höheren Klubs habe ich vermisst", sagt er. "Nicht mal von Speldorf kam eins." Das ist verwunderlich, denn bei Union schoss "Howie" Jahr für Jahr mindestens zehn Tore. Seine fußballerische Zukunftsplanung steht. "Ein paar Jährchen will ich noch spielen." Danach will er den Trainerschein erwerben und Seniorenteams trainieren, wahrscheinlich beim MSV. "Ich habe nie einen familiäreren Verein als 07 erlebt. Meine Familie und ich fühlen uns sehr wohl."
    Stefan Hohensee hat sich den Respekt aller Fußballer in Mülheim erarbeitet. Jeder kennt den freundlichen Stürmer. Mit dem MSV würde er gern Vatan Spor noch vom ersten Platz verdrängen. Schon mit Union landete er in der Bezirksliga hinter Vatan auf Platz zwei: "Es sind starke Parallelen erkennbar. Wir werden aber alles versuchen und unsere Spiele gewinnen." Und das mit vielen Hohensee-Toren.

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    14. und 16.4.2004
    Treppenstufe genommen

    An den beiden oben genannten Daten durfte ich zum ersten Mal Tagesvertretungen bei der WAZ übernehmen... Also Leute: Layouten kann ich jetzt auch!!!

    Layout"Meine" Seiten...

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    5.6.2004
    Der Schock kam nach dem Ruhrauenlauf
    Sport half bei der Erholung nach einem Schlaganfall

    Von Andreas Ernst
    Samstag, 24. August 2002. Der Ruhrauenlauf ist gerade vorbei. Markus Lüther steht unter Dusche, grübelt über seine gelaufene Zeit. Plötzlich spürt er keine Kraft in den Beinen. Kann sich nicht halten. Ist ein paar Minuten später kurzzeitig halbseitig gelähmt. Die erschütternde Diagnose: Schlaganfall. Doch Markus Lüther hat sich erholt - und läuft wieder.
    Heute ist Markus Lüther 41 Jahre alt. Er sieht nicht wie einer aus, der anfällig für einen Schlaganfall sein könnte. Er ist nicht übergewichtig. Er hat keinen Bluthochdruck. Er raucht nicht. Er trinkt Alkohol - wenn überhaupt - in Maßen. Und doch erwischte es ihn. An den 24. August 2002 kann er sich gut erinnern. Mehr noch. Jeden Tag fragt er sich, wie es dazu kommen konnte. Stress? Oder nur zu wenig getrunken?
    Seine körperlichen Voraussetzungen führten zunächst zu einer Fehldiagnose. Nach dem Zusammenbruch an der Mintarder Straße wurde er am selben Tag noch aus dem Krankenhaus entlassen. "Es wurde ein Zusammenhang mit der Hitze vermutet", blickt er zurück. Über Nacht verschlechterte sich sein Zustand. Noch einmal kehrte er ins Krankenhaus zurück. Dann die Gewissheit: Schlaganfall. Mit 39.
    Zwei Wochen blieb er im Krankenhaus und dachte in dieser Zeit viel nach. Der Sport spielte immer eine große Rolle. Er begann als Hochspringer, kam aber nie über 1,96 Meter hinaus. Über Freunde fand er dann den Weg zum VfB Speldorf. Er trainierte und spielte in der vierten, dritten und zweiten Fußballmannschaft, bis in die Kreisliga A. Auch zum TV Holthausen ging er kurzzeitig. Dann war sein Fußball-Akku leer. Er begann zu laufen. 1996 absolvierte er in Frankfurt seinen ersten Marathon.
    Nach wenigen Tagen im Krankenhaus packte ihn der Ehrgeiz und er stand schon wieder auf dem Laufband. "Eine Reha wird es bei ihnen nicht geben", teilten die Ärzte mit. "Ihre körperliche Konstitution ist so gut, dass sie sich selbst erholen." An der Wand klebten Plakate für den Oberhausener Citylauf Mitte September. Markus Lüther hatte ein sportliches Ziel. Er strengte sich an, arbeitete mit einemPhysiotherapeuten. Und er schaffte es.
    Noch heute ist er in neurologischer Nachbehandlung und muss täglich Tabletten einnehmen. Spätfolgen hat der Schlaganfall bei ihm nur kaum hinterlassen. "Nichts ist geblieben. Nur die tägliche Erinnerung. Und der Gedanke, dass es immer wiederkommen kann." Ob beim Aufstehen oder tagsüber im Beruf. Er arbeitet bei der Polizei in Duisburg. Als Verkehrssicherheitsberater ist er regelmäßig zu Gast in Schulen und Kindergärten. Auch als Puppenspieler versucht er sich.
    Üben kann er bald zu Hause. Seine Frau Heike erwartet Mitte Juli einen Sohn. Ihm wird er auch seine Geschichte erzählen. Die davon handelt, dass es jeden treffen kann. Die aber damit aufhört, dass der Sport helfen kann, die Spätfolgen eines Schlaganfalls zu minimieren. "Ich will die Leute ermutigen, Sport zu treiben. Das kann sehr helfen", sagt er. Dem Mülheimer Schlaganfallverbund hat er seine Unterstützung angeboten. Er würde gern zur Aufklärung beitragen, an Aktionen teilnehmen.
    Seine Lauf-Karriere ist noch lange nicht zu Ende. Seine Marathon-Bestzeit (2:48 Stunden) will er noch weiter unterbieten. Wenn es jedoch nicht mehr bergauf geht, und wenn seine Familie mitspielt, dann könnte er sich vorstellen, ein Marathon-Wanderer zu werden. London, Sydney, Boston und New York wären dann die Ziele, und nicht mehr "nur" Frankfurt, Hamburg und Duisburg.
    Seine nächste Station ist der Tengelmann-Lauf. Und den Citylauf in Oberhausen hat er sich auch schon notiert.

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    2.7.2004
    Galatasaray macht Filiale in Mülheim auf
    Türkischer Topklub unterstützt Landesligist auf breiter Ebene - Stars kommen am Sonntag zum TestspielVon Andreas Ernst

    WAZ Mülheim. Galatasaray Istanbul. Ein Klub, der zu den ruhmreichsten in Europa zählt. Ein Name, der Gegnern Ehrfurcht einflößt. Und auch der Uefa-Cup-Sieg im Jahr 2000 ist noch frisch in Erinnerung. Im Ruhrgebiet gibt's nun eine kleine Filiale: Galatasaray Mülheim. Ein Landesligist. Noch. Denn die Endstation liegt woanders.
    Das Mülheimer Ruhrstadion. Im Freibad tummeln sich Schwimmer und Sonnenanbeter. Nebenan, im frisch restaurierten Fußballstadion, werkeln Mitarbeiter von Galatasaray Mülheim dieser Tage rund um die Uhr. Sie bringen das Areal auf Hochglanz. Am Sonntag (15 Uhr) werden Tausende hierhin strömen. Denn Galatasaray ist in der Stadt. Die Echten. Der türkische Rekordmeister. Sükür & Co mitten im Ruhrgebiet.
    Um Mülheim schlägt der "große" Fußball seit Jahrzehnten einen riesigen Bogen. Von 1974 bis 1976 spielte zwar der altehrwürdige 1. FC Mülheim in der 2. Bundesliga, doch seitdem krebsen die ranghöchsten Klubs in der Oberliga herum. Eine Umtaufe soll nun helfen, diese Misere zu beheben. Der Verein, der bis vorgestern Vatan Spor hieß, will das schaffen. Auch deshalb trägt er nun den berühmtesten türkischen Namen im Briefkopf: Galatasaray.  Der Klub aus dem Mülheimer Stadtteil Styrum geht in das 15. Jahr seines Bestehens, hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Es gab Höhepunkte - wie die zahlreichen Aufstiege bis in die Landesliga - und einige Tiefpunkte: Horrende Steuerschulden oder der Wiederabstieg in die Bezirksliga vor zwei Jahren. Und im Oktober 1999 verletzten Vatan-Fans im Spiel beim VfB Homberg einen Schiedsrichter lebensgefährlich. Der Verein stand sogar vor der Auflösung.
    Nun ist er wieder quicklebendig. Mit der Vergangenheit hat sich der Klub auseinandergesetzt: "Für Gewalt ist in unserem Verein kein Platz", erklärt der neue Vorsitzende Metin Adigüzel. Die erste Mannschaft hat mit 19 Punkten Vorsprung die Rückkehr in die Landesliga geschafft und rund um das Ruhrstadion kreisen die Farbeimer. Dort, wo das 70er-Jahre-Grau-in-Grau die Augen langweilte, regieren jetzt die Farben Rot und Gelb. Die Galatasaray-Farben.
    Adigüzel ist verantwortlich für diese einmalige Kooperation. Seit zwei Monaten ist der glühende Galatasaray-Fan der Vorsitzende des Mülheimer Klubs. Vor 15 Jahren lernte er in der Türkei bei einer privaten Veranstaltung Ergün Gürsoy kennen, den Vizepräsidenten von Galatasaray Istanbul. Freundschaftliche Kontakte entstanden. Dann ging Adigüzel nach Deutschland. Mit der Idee eines "kleinen" Galatasaray im Gepäck. "Vielleicht ist es in Zukunft möglich, dass einige Talente aus Mülheim zu uns nach Istanbul kommen", sagt
    Gürsoy. Der umgekehrte Weg ist noch nicht geplant - solange der Mülheimer Ableger nur in der Landesliga kickt.
    Zum ersten Mal überhaupt unterstützt Galatasaray Istanbul einen Verein in Deutschland. Die Ausrüstung von der F-Jugend bis zum Landesligateam übernimmt der "große Bruder". "Außerdem", hofft Adigüzel, "bringt uns allein der Name viele neue Mitglieder und Fans." Die Einnahmen des großen Spiels bleiben auch  in der Mülheimer Kasse. Für Hakan Sükür und die anderen Galatasaray-Stars ist der Auftritt am Sonntag der einzige in Deutschland während der Saisonvorbereitung. Sie tanken zurzeit Kondition im Trainingslager in Arnheim. Wenn das große Spiel abgepfiffen wird, kehrt im Mülheimer Ruhrstadion wieder Ruhe ein. Die Ruhe der Sechstklassigkeit. Dann heißen die Gegner wieder SSV Sudberg oder Helene Essen. Bis zur Rückkehr des Klasse-Fußballs nach Mülheim ist es eben noch ein weiter Weg. Trotz eines so großen Namens.

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    5.7.2004
    Fotostory zum Spiel: Galatasaray Mülheim - Galatasaray Istanbul 1:7

    Hakan SükürSuperstar mitten in Mülheim: Hakan Sükür!

    Dieses Spiel wird ganz bestimmt in meine journalistische Karriere eingehen, denn in meine "hometown" Mülheim wird garantiert in nächster Zeit keine so "große" Mannschaft mehr kommen. Um erneut auf eine solch stattliche Kulisse zu kommen, müssten schon Manchester United, Real Madrid, FC Barcelona oder Bayern München anreisen. Wahnsinn! Auf das Spiel habe ich wirklich nur am Rand geachtet!
     
     
    Tribüne! Ganz schön voll... Oh ja... ziemlich voll!
    Seit 1976 war das Ruhrstadion nicht mehr so voll. Jochen Guß vom Mülheimer Sportbund (MSB) formulierte es so: "Da haben wir das Ruhrstadion extra zurückgebaut, weil nicht mehr so viele kamen. Und nun müssen wir das wohl wieder ausbauen!?!" Die Tribüne ist wohl für 1800 zugelassen, aber doppelt so viele werden wohl drauf gewesen sein. Und so sah die andere Seite aus: das hier ist ein Teil der linken Spielhälfte... ... und das hier ist die komplette rechte Spielhälfte!
    Ersatzbank Autogrammwunsch... Hagi impft!
    Die Ersatzbank von Galatasaray mit dem Rücken zur Tribüne: Ganz rechts der Trainer, der so aussieht wie Aiman Abdallah von PRO 7, nämlich Gheorge Hagi. Autogrammwunsch mal anders: Vergöttert in der Türkei wird Hakan Sükür, der Kapitän der Nationalmannschaft. Zum 7:1-Sieg trug er zwei Tore bei. Halbzeitpuase: Trainer Hagi stellt die neuen Spieler ein. Drumherum Fotografen und Fernsehkameras. Es war ein unfassbarer Medienrummel.
    Ergün Gürsoy! ... nach dem Abpfiff ... ... Abpfiff ...
    Gestatten: Metin Adigüzel (Mülheimer Präsident) und Ergün Gürsoy (Vizepräsident von Galatasaray Istanbul). Wie wichtig Gürsoy für den türkischen Fußball ist, werde ich wohl nie begreifen. Die türkischen Fans jedenfalls blickten zu ihm auf wie deutsche Fans zu Beckenbauer. Er soll sehr mächtig sein. Hihi, und ich hatte das Vergnügen eines Interviews... Schlusspfiff: Hunderte stürmen den Rasen und belagern die Spieler... ... aber die Ordner waren schneller!

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    31.7.2004
    Leidenschaftlicher Fan der Rot-Gelben
    Vereins-Präsident arbeitete im Bergbau - Isleyen knüpfte den ersten Kontakt

    Von Andreas Ernst
    Sein Vorname fällt im Ruhrstadion nur noch selten. Für die Mitglieder des Fußballklubs Galatasaray ist er der "Baskan", also der Präsident. Metin Adigüzel hat die Galatasaray-Farben rot und gelb von Istanbul nach Mülheim gebracht. Seit drei Monaten kämpft er für seinen Klub an allen Fronten.
    Er versucht, den Spielern eine neue Einstellung einzutrichtern. "Es ist eine Ehre, das Galatasaray-Trikot zu tragen. Das müssen die Spieler begreifen", sagt er ständig. Er verlangt von den Mitgliedern harte Arbeit - genauso wie er sie leisten will.
    Im Ruhrstadion ist der 42-Jährige wie im täglichen Leben fast nur im Anzug anzutreffen. Das war einmal anders. Er stammt aus Ostanatolien und kam 1979 nach Deutschland, um auf der Zeche Lohberg im Bergbau zu arbeiten. Zwölf Jahre lang hatte er den Job. Dann machte er sich selbständig und organisiert nun Veranstaltungen - große Hochzeiten zum Beispiel. Adigüzel wohnt in Neukirchen und hat vier Kinder im Alter von 1 bis 19 Jahren.
    Ein Gespräch mit dem "Baskan" ist nicht leicht. Ständig klingelt sein Handy mit einer polyphonen türkischen Melodie. Dieser Mann kennt viele Leute. Gern erzählt er die Geschichte, wie er als Jugendlicher vor dem großen Trainingsgelände von Galatasaray Istanbul stand, und weinte, weil er nicht hinein durfte. "Cim bom", so wie Galatasaray in der Türkei genannt wird, war und ist Adigüzels große Leidenschaft. Er blieb hartnäckig, wurde schließlich Galatasaray-Mitglied, und lernte den Vizepräsidenten Ergün Gürsoy kennen - bei einer seiner Veranstaltungen. Mit Vatan Spor hatte er zu diesem Zeitpunkt noch nichts zu tun.
    Das änderte sich, als er Turan Isleyen traf, den Vatan-Ehrenvorsitzenden. Schnell glühten die Telefondrähte, und eine Idee war geboren: Aus Vatan sollte Galatasaray werden. Am 1. Mai wurde er gewählt, und seitdem geht es im Sauseschritt nach vorn.
    Einen Tag nach seiner Wahl sicherte sich die Mannschaft vorzeitig den Aufstieg in die Landesliga. Das Ruhrstadion wird gerade rot-gelb gestrichen, die Verhandlungen mit den Neuen führte er selbst, er holte Fred Frütel als Geschäftsführer zurück und um die Ausrüstung für die Mannschaften hat er sich gekümmert. Doch sein größter Coup war ein anderer: Er holte die "Echten" nach Mülheim, die Stars von Galatasaray Istanbul. 6500 Zuschauer lockte dieses Spiel ins Ruhrstadion.
    "Wir wollen langfristig in die Oberliga", lautet sein ehrgeiziges Ziel. Ein Austausch von Mülheimer und Istanbuler Jugendmannschaften soll zur Regel werden.
    Galatasaray soll ein multinationaler Klub werden: "Alle sind bei uns herzlich Willkommen", betont der engagierte Vereins-Chef mit Nachdruck. Metin Adigüzel hat gute Ideen. Er lacht viel, ist immer freundlich, aber auch bestimmt. In seiner kurzen Amtszeit hat er sich viel Respekt erarbeitet. Er hat sich auf eine längere Zeit als "Baskan" im Ruhrstadion eingerichtet.

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    11.10.2004
    Umkleidecontainer erzeugt nur noch Ekel

    Von Andreas Ernst
    Ein großer Wassersee, Schimmel an den Wänden, Aschedreck überall - und das auf engstem Raum: Willkommen im Umkleidecontainer von Galatasaray an der Von-der-Tann-Straße. Seit Monaten bemüht sich der Fußballverein um eine saubere Alternativlösung. Bisher vergeblich.
    Ein normaler Freitagabend in Styrum. Es ist 21 Uhr. Und über den stockfinsteren Weg, der den Ascheplatz mit dem Container verbindet, stapfen ein paar verschwitzte Spieler. Die Landesliga-Mannschaft von Galatasaray hat das Training beendet. "Guckt Euch das an", sagt Mannschaftsbetreuer Ilyas Basol zu den Spielern und betritt den Gang. "Guckt mal, wie hoch das Wasser steht und wie dreckig das ist. Und gleich duschen nochmal 20 Mann."
    Ein Auszug aus dem Alltag bei dem Verein, der bis zum 30. Juni Vatan Spor hieß. Ob Spieler der Senioren- oder Jugendteams, ob Trainer oder Eltern, ob Gastmannschaften oder Schiedsrichter: Alle ärgern sich seit Monaten über die unzumutbaren Zustände. Eigentlich waren die Container nur eine Notlösung. Vor der Renovierung der Sporthalle hatten sich die Fußballteams noch in den dortigen Kabinen umgezogen. Seit der Neueröffnung ist das nicht mehr erlaubt. Der Grund: Die Asche soll nicht in der modernisierten Halle verteilt werden.
    Also blieben die Container stehen. Und von Woche zu Woche häufen sich die Beschwerden. Die Fakten: Vier enge Duschen stehen zur Verfügung. Und das für mehrere Mannschaften, die sich in zwei kleinen Räumen gleichzeitig umziehen - das sind insgesamt bis zu 25 Spieler. Aufgrund eines zu kleinen Boilers reicht das warme Wasser nur für wenige Personen. Das Wasser - ob warm oder kalt - läuft schlecht ab. "Selbst wenn ich Badelatschen anziehe, bin ich komplett drin in der Suppe", sagt Spieler Hidir Kaya. Schimmelflecken sind an der Wand zu sehen. Zudem wurde schon mehrmals eingebrochen. "Keiner von uns hat die Container vom weit entfernten Ascheplatz aus noch im Blick", begründet A-Jugendtrainer Polat Aydin.
    Natürlich ist der Ärger über den Mülheimer Sport-Service (MSS) groß. Dessen Leiter Heinz Moseler ist das Problem bekannt: "Wir sehen die Notwendigkeit, die Situation ist nicht glücklich. Aber der zuständige Immobilienservice hat die gesamtstädtische Sicht: Und es gibt auch andere Orte und Plätze in Mülheim, die dringend gemacht werden müssen. Und alles muss erst einmal bezahlt werden." Das sei in Zeiten knapper Kassen sehr schwierig. Ein neues Gebäude sei ohnehin utopisch, sagt Heinz Moseler.
    Laut Moseler hat der MSS aber ein Alternativ-Projekt im Auge. Gegenüber vom Haupteingang des Ascheplatzes liegt ein Gebäude, das einmal vom Gesundheitsamt genutzt wurde. Zurzeit steht es leer. "Ein Umbau ist eine interessante Alternative", sagt Moseler. "Es laufen mit Hochdruck Gespräche. Wir wollen das schnellstmöglich erledigen."
    Doch "schnellstmöglich" bedeutet in diesem Fall dennoch Wartezeit: Denn erst muss sich der neue Sportausschuss bilden, der muss tagen und den möglichen Umbau beschließen. Und bis der steht, vergehen noch ein paar Monate. "Es wäre eine gute Lösung", meint Galatasaray-Jugendgeschäftsführer Boris Walitza. "Aber als Termin wurde mir das Frühjahr 2005 genannt."
    Vorerst, also auch im Winter, müssen die Teams und die Gastmannschaften also weiter durch den Container-Ozean waten. "Die meisten Gäste verschwinden meist ohne zu duschen. Die hygienischen Zustände hier sind untragbar", schimpft Walitza. "Es wird zwar regelmäßig geputzt, aber das bringt nur wenig."
    Der gesamte Verein will weiter für eine schnellere Alternativlösung kämpfen. "Wir bleiben am Drücker", sagt Walitza. Der Wassersee soll irgendwann einmal komplett trocken gelegt werden.

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    13.12.2004
    Umbau beginnt in den Ferien

    Von Andreas Ernst
    Noch in diesem Jahr beginnen die Umbauarbeiten im ehemaligen Gebäude des Gesundheitsamts an der Von-der-Tann-Straße. Ab dem Frühjahr 2005 steht dem Fußballverein Galatasaray der neue Umkleidetrakt zur Verfügung.
    Seit zwei Jahren müssen sich die Mannschaften des Klubs in Containern umziehen (wir berichteten). Die katastrophalen baulichen und hygienischen Zustände veranlassten die Fraktion WIR zu einem Antrag an die Bezirksvertretung. Darin wurde gefordert, allen Sportlern die Nutzung der Kabinen in der nebenstehenden Halle zu ermöglichen, den Container-Mietvertrag mit der Firma CVV in Höhe von 2320 Euro  zu kündigen und zügig mit dem Umbau zu beginnen. Die WIR-Bezirksvertreterin Sabine Schweizerhof wurde aber komplett überstimmt.
    Der Mülheimer Sport-Service (MSS) ist nicht untätig. "Wir haben die Notwendigkeit erkannt und meiner Ansicht nach schnell reagiert", meint MSS-Werkleiter Heinz Moseler. Seit einigen Wochen steht ein weiterer Umkleidecontainer an der Von-der-Tann-Straße, der seit Freitag benutzt wird. In diesem befinden sich fünf Duschen und eine weitere Umkleidekabine. Der zweite Container soll als Übergangslösung dienen, bis der Neubau fertig ist. Der kostet zwischen 250 000 und 300 000 Euro.
    In die Kabinen in der Halle lässt der MSS die Fußballteams weiterhin nicht. "Wir können die Situation dem Verein noch zwei bis drei weitere Monate zumuten. Für die kurze Zeit lasse ich mir nicht die Halle versauen", meint Moseler dazu. Er hält es für utopisch, dass die Fußballspieler nach jedem Training und jedem Spiel die Schuhe vor der Kabine ausziehen. "Wir sehen an der Harbecke-Sporthalle, dass dies nicht funktioniert", sagt er. Dass sich dort die Fußballer trotzdem weiter umziehen dürfen, hat einen einfachen Grund: Durch die Lage ihrer Kabinen kommen sie mit dem restlichen Hallenbetrieb nicht in Berührung. Das wäre an der Von-der-Tann-Straße unmöglich.

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    14.3.2005
    Ausgeglichenes Wochenende

    Von Andreas Ernst
    Im Vorraum der Orangerie im Grugapark Essen saß gestern Abend ein lächelnder Heinz Schmitz. Der Vorsitzende des Schach-Bundesligisten SV Nord trank zufrieden seinen Kaffee. Nach der erwarteten 2:6-Niederlage im Duell gegen Baden-Baden gelang Mülheims "Mannschaft des Jahres" ein 6:2-Triumph über den SC Eppingen.
    Der SV Nord ist Fünfter. Das ist ein großer Erfolg. "Die Mannschaft des Gastgebers Katernberg ist dreimal so teuer, steht aber hinter uns", sagte Schmitz. Erneut hob Schmitz die Geschlossenheit hervor. "Von vielen anderen Mannschaften fahren die meisten sofort nach Hause. Wir dagegen verstehen uns gut und tauschen uns aus. Das ist wichtig."
    Der SV verlor das Samstagduell gegen den OSC Baden-Baden deutlich, aber damit konnte Schmitz leben. Der OSC ist Tabellenführer. An Brett eins zeigte sich die Unterlegenheit von Konstantin Landa nach kurzer Zeit. Er traf auf Peter Svidler, den Fünften der Weltrangliste. Svidler spielte eine Variante, die er für eine Weltmeisterschaftspartie von Peter Leko ausgearbeitet hatte. Mit einem rasenden Tempo ließ Svidler dem Mülheimer keine Chance. Auch Gerhard Schebler, Dr. Alexander Lytchak, Olaf Wegener und Christof Sielecki verloren. Die Schebler-Niederlage kommentierte Schmitz so: "Der Krasenkow hat dem Schebler einfach nach und nach die Püppkes weggenommen." Einziger Sieger war Daniel Fridman, der dank eines Bauerngewinns im Endspurt eine Dame bekam und dann gewann. Daniel Hausrath und Almar Kaid spielten remis.
    Beim Sportehrentag blieb das Nord-Team nicht lange. Schließlich begann am Sonntag um 9 Uhr das Duell gegen Eppingen. Schebler und Hausrath stellten ihre Gegner schnell vor unlösbare Probleme und sorgten für eine beruhigende 2:0-Führung. Die Sieger drei und vier im Nord-Team waren Wegener und Landa. Wegener profitierte von einer Zeitüberschreitung seines Gegners Amadeus Eisenbeiser. Landa siegte als letzter, obwohl sein Team zu diesem Zeitpunkt schon gewonnen hatte. Er hätte sich also auch auf ein Remis einlassen können. "Doch das Tor wollte er noch schießen", meinte Schmitz und schmunzelte.
    Etwas unglücklich war nur Fridman, der genau wie Dr. Lytchak, Sielecki und Kaid remis spielte. Fridmans Gegner Zoltan Medvegy wollte von Anfang an ein Remis erreichen und wählte deshalb die russische Eröffnung. Fridman gelang es nicht, den nötigen Druck aufzubauen.

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    7.5.2005
    Der kleine Mann mit dem großen Herz

    Von Andreas Ernst
    An seinem Jacket pappt das Klubwappen als kleiner Sticker. Mal springt er auf, mal reißt er einen Spruch, mal sitzt er kleinlaut auf seinem Plastikstuhl. Wie es um den Fußball-Landesligisten Galatasaray bestellt ist, lässt sich nur an einem Gesicht ablesen. An dem des Ehrenvorsitzenden.
    Heimspiel gegen Altenessen, 55. Minute. Spielstand 2:1 für Altenessen. Was verrät das Gesicht von Turan Isleyen jetzt? Er verzieht die Mundwinkel ein wenig. Ja, doch, es ist Enttäuschung. Diese Niederlage trifft ihn, obwohl es um nichts mehr geht. "Lustlos", sagt er über die Mannschaft. Turan kennt jeder. Und jeder kennt Turan. Turan war Fatih Spor. Turan war Vatan Spor. Und Turan ist Galatasaray. Doch wer ist Turan?
    60. Minute, immer noch 1:2. Spielunterbrechung. Turan erzählt. Sein Vater war bei der Bundesbahn tätig. Er wuchs in Ordu auf, am Schwarzen Meer. In Ordu absolvierte er eine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker. 1979 dann der Umzug nach Mülheim zum Vater. Wie alt Isleyen heute ist? "42", sagt er und korrigiert kurze Zeit später - auf 43. Wen interessiert das Alter?
    Auch in Mülheim arbeitete der Fußball-verrückte Turan als Mechaniker, bevor er sich zum Gebrauchtwagenhändler entwickelte. Seine Freizeit gehörte indes nur dem runden Leder. Gemeinsam mit Freunden schloss er sich 1985 dem VfB Speldorf an. Als fünftes Team. Schnell gelang der Aufstieg in die Kreisligen B und A. Doch bei den Grün-Weißen konnte sich die türkische Mannschaft nicht entfalten.
    Immer wieder blickt Turan auf den Rasen. Stets trägt er einen Anzug beim Spiel. Die Anfangszeit des Klubs, eines seiner
    Lieblingsthemen. 1989 gründete sich Fatih Spor und wieder folgten ruck, zuck die
    Aufstiege in die Kreisliga A. Mittendrin: Turan. Turan, immer ansprechbar und freundlich. Nach zwei Jahren sollte ein neuer Name her. Die Mitglieder sammelten Vorschläge und losten aus. Der Name Vatan Spor wurde gezogen. Vatan heißt Heimat. "Wir leben hier in Mülheim mit Heimatliebe", sagt Turan. "Wir wollten orientalische Stimmung haben. Wollten den Stadtnamen bekannt machen. Und ich wollte für die deutsch-türkische Freundschaft kämpfen." Das 1:3 fällt. Turan ist sauer.
    Die Landesliga-Zeit. "Wir hatten keine Schwierigkeiten, waren akzeptiert vom Volk." Doch dann kam der 24. Oktober 1999. Der Spielabbruch beim VfB Homberg, die schwere Verletzung von Schiedsrichter Carsten Bongers. "Das war die härteste Zeit in meinem Leben. Seitdem ist alles anders." Vorsitzende kamen, Vorsitzende gingen, Sponsoren kamen, Sponsoren gingen, Trainer kamen, Trainer gingen. Nur einer blieb. Turan. Ob in vorderster Front oder als Strippenzieher im Hintergrund.
    "Ich würde den Verein nie im Stich lassen." Gerade hat der Klub wieder eine schwere Zeit, will den Namenswechsel rückgängig machen, bald wieder Vatan heißen. Der Verein hat einen miesen Ruf, wird von Vorurteilen gepeinigt, zum Teil unberechtigt, zum Teil selbst verschuldet, die Unterstützung aus der Geschäftswelt ist kaum da. Wen trifft das am meisten? Turan. "Ich kämpfe für die deutsch-türkische Freundschaft", sagt er. Immer wieder. "Feinde haben wir nicht. Unsere Freunde haben sich gerade versteckt." Turan sucht.
    Aus. 1:3 verloren. War Turan manchmal zu gutgläubig? "An allen Höhen und Tiefen des Vereins war er beteiligt", sagen Mitglieder. Wenn es hoch herging, ob bei Steuerschulden oder bei sehr undisziplinierten Spielern: Oft zögerte Turan zu lange mit Entscheidungen, frei nach dem Motto "das wird schon werden". Er hat ein großes Herz.
    Er und seine drei Kinder haben einen deutschen Pass. Der Verein ist sein viertes Kind. Und am Sonntag um 15 Uhr, im Derby gegen Union, wird er wieder auf seinem Stuhl sitzen. Freundlich wie immer.

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    21.5.2005
    Mütze will sich die Krone aufsetzen
    Speldorfer Idol träumt nach 363 Spielen und 199 Toren vom Abschied mit dem Aufstieg

    ANMERKUNG:
    Dieses Interview benutzte ich parallel auch für die Rubrik "11 Fragen" in der Stadionzeitung BLÖTTE AKTUELL! Soviel zum Thema "zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen"...

    Wenn die lauten Rufe "Mütze! Mütze! Mütze!" im Stakkato über den Blötter Weg schallen, dann ist klar: Dirk Roenz hat wieder ein Tor für den VfB Speldorf erzielt. Bisher bestritt er 363 Spiele und erzielte 199 Tore. Sein 364. gegen Fortuna Düsseldorf II am Sonntag (15 Uhr) ist sein letztes Heimspiel. Roenz wechselt zum Landesligisten TuS Helene Essen. Auf seine 15 VfB-Jahre blickte Mütze mit Hilfe von Andreas Ernst zurück.
    Das erste Spiel für den VfB Speldorf . . .
    Roenz:
    Das war ein Auswärtsspiel bei Viktoria Goch im August 1988. Ich bin nach einer halben Stunde eingewechselt worden, wir lagen 0:1 zurück. Dann habe ich direkt das 1:1 gemacht. Kurz vor Schluss bekam ich an der Mittellinie den Ball, habe noch zwei Mann ausgespielt und das 2:1 erzielt. Ein Traumstart.
    Zum VfB Speldorf bin ich gekommen . . .
    Roenz:
    Das lief über Thomas Fleischer, der damals in der ersten Mannschaft spielte. Ich hatte im meinem letzten halben Jahr als A-Jugendlicher keinen Verein und habe mich bei der Hobby-Mannschaft der SSG Styrum fit gehalten. Dort lernte ich dann Thomas Fleischer kennen.
    Von 1990 bis 1992 bin ich weggegangen, weil . . .
    Roenz:
    Ich kam mit dem damaligen Manager Klaus Thiel nicht klar und bin wegen einer Trotzreaktion zum 1. FC Mülheim gegangen. Der FC-Trainer Wolfgang Heil hat mich dann nach einem Jahr zu Schwarz-Weiß Essen in die Oberliga vermittelt. Dort war ich aber oft verletzt und hatte Probleme mit Trainer Fred Bockholt. Der Streit mit Klaus Thiel war längst vergessen und deshalb ging von mir das Angebot zur Rückkehr aus.
    Seit 1992 habe ich alle Angebote ausgeschlagen, weil . . .
    Roenz:
    Angebote kamen jedes Jahr, aber warum soll ich für 100 Mark oder 50 Euro mehr im Monat regelmäßig nach Wuppertal oder Bocholt fahren, wenn ich einen Landes- und später Verbandsligisten vor der Tür habe. Hier kenne ich Jan und Mann, wohne um die Ecke. Geld hat für mich nie die große Rolle gespielt.
    Die Krankheit Diabetes . . .
    Roenz:
    Das weiß ich seit 2000. Aufzuhören kam für mich aber nie in Frage, denn Sport ist gerade für Diabetiker doch gut.
    Mein bestes Spiel  . . .
    Roenz:
    Ich weiß gar nicht mehr, ob in der Landes- oder Verbandsliga, ich weiß nur, dass es ein Gegner aus Krefeld war. Wir lagen 1:3 zurück, mir ist ein Hattrick in sieben Minuten gelungen, und am Ende gewannen wir 5:3 oder 6:3.
    Meine beste Saison . . .
    Roenz:
    Das war die Saison 2001/2002 unter Dirk Pusch, als ich Verbandsliga-Torschützenkönig wurde. Egal, wo ich hingeschossen habe, der Ball ging immer rein.
    Meine schönste Saison . . .
    Roenz:
    In der Saison 1995/1996, als wir von der Landes- in die Verbandsliga aufgestiegen sind, klappte einfach alles.
    Meine schlechteste Saison  . . .
    Roenz:
    In der Saison 1998/1999 wurde der Blötter Weg neu gemacht, und wir mussten ein Jahr lang im Ruhrstadion spielen. Ich war so schlecht, dass ich schon nah dran war, aufzuhören. Aber wie das so ist bei Stürmern: Als die Blötte fertig war, lief es wieder bei mir.
    Der Aufstieg wäre die Krönung, weil . . .
    Roenz:
    Das wäre das I-Tüpfelchen nach 15 Jahren. Vor allem in meinem letzten Heimspiel.
    Die jetzige Mannschaft . . .
    Roenz:
    In diesem Jahr haben wir sehr viele gute Einzelspieler. Deshalb ist diese Saison auch nicht mit unserer letzten Aufstiegssaison 1995/1996 zu vergleichen, denn damals sind wir über den Kampf und die Kameradschaft gekommen.
    Im Spiel gegen Fortuna Düsseldorf II erwarte ich . . .
    Roenz:
    Ich rechne mit 1200 bis 1500 Zuschauern. Wir sind nah dran und hatten in den vergangenen Heimspiel schon regelmäßig um die 700. Ich denke, dass die Zuschauer das honorieren.
    Dem VfB Speldorf bleibe ich treu, weil . . .
    Roenz:
    Ich trainiere die F-Jugend, und die Kinder sind mir sehr ans Herz gewachsen. Das war auch meine Bedingung bei Helene Essen.
    Ich spiele noch . . .
    Roenz:
    Zu 99 Prozent spiele ich noch ein Jahr bei Helene Essen in der Landesliga. Wir wollen um den Verbandsliga-Aufstieg mitspielen, deshalb bin ich als alter Haudegen gefragt. Danach will ich mit Oliver Vössing eventuell gemeinsam das Traineramt übernehmen. Wegen Oliver habe ich bei Helene zugesagt. Er gehörte 1995/1996 zur Aufstiegsmannschaft und ist der Patenonkel meines Sohnes.
    Mütze heiße ich, weil . . .
    Roenz:
    Das entstand im Aufstiegsjahr 1995/1996. Der Schwede, also Martin Hoffterheide, hat das geprägt, weil ich der Einzige in der Mannschaft war, der immer Baseball-Mützen getragen hat. Das hat sich dann so eingespielt. Mittlerweile nennen mich mehr Leute Mütze als Dirk. Aber das stört mich nicht.

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    5.10.2005
    Anstrengender Gang durch den Bauch
    WAZ öffnet Pforten: RWE Rhein-Ruhr Sporthalle

    Von Andreas Ernst
    Gemächlich schreitet Theodor Frohwein über den Boden der RWE Rhein-Ruhr-Sporthalle. "Toll, ganz toll", sagt er und blickt auf die Tribüne. Mülheims neuestes Schmuckstück war die erste Station bei unserer Herbstferien-Aktion "WAZ öffnet Pforten".
    Im Foyer empfängt Hallenmanager Ralf Wind die WAZ-Leser. Schnell feuert Wind mit Zahlen um sich. Er redet von 734 dauerhaften Sitzplätzen, drei ausfahrbaren Teleskop-Tribünen. Beim Heino-Konzert kommen 2500 Leute. Und die Selbstkritik hält Wind nicht zurück. An einer der beiden Theken angekommen, sagt er: "Bei der Box-Meisterschaft haben wir gesehen, dass das Foyer etwas zu groß ist. Es waren manchmal mehr Leute hier als auf den Sitzplätzen." Leichtes Erstaunen im Publikum. "Tja, der schönste Platz ist eben immer an der Theke", schmeißt jemand in die Runde. Gelächter.
    Für einen Rundgang durch den Bauch der Halle ist eine gute Kondition notwendig - was ja bei der Besichtigung einer Sportstätte nicht weiter verwunderlich ist. Schnell folgen die WAZ-Leser dem Hallenmanager Wind und Hallenwart Gerd Siegel. Dem dürfen sie bei der täglichen Arbeit über die Schulter schauen. "Die ganze Technik läuft über Computer", sagt Siegel.
    Und weiter geht's. In den Kraftraum, in dem allerdings noch keine Geräte stehen. "Kommt noch", sagt Wind. Gereizt wird die Nase. Riecht noch verdammt neu hier. Wie funktioniert das mit der Belüftung? Wofür sind die verschiedenen Kabel? Fragen über Fragen prasseln auf Wind nieder. Er beantwortet alle.
    "Irre", sagt Theodor Frohwein, einer der WAZ-Leser. Vor ein paar Wochen schaute er sich ein Handballspiel in der Harbecke-Sporthalle an der Mintarder Straße an. "Das ist kein Vergleich", sagt er. Und will bald auch die RWE-Halle "voll" erleben.
    Es geht hinein in den Presseraum, das Verwaltungsbüro, die (diesmal nicht beheizte) Sauna und eine Umkleidekabine. Sich einmal fühlen wie ein Sportler. In der Kabine funktioniert eine Leuchtröhre nicht. "Toll", sagt Siegel zu Wind. "Da suchst du die einzige Kabine aus, in der ein Licht nicht geht." Wieder Gelächter.
    Im Keller nochmal Technik, dazu noch das Kampfsportzentrum. Es gibt unendlich viele, für Laien kaum durchschaubare verschiedenfarbige Linien - für Handball, Volleyball, Badminton, Basketball. Der Boden wird in den nächsten Wochen erneuert. "Passt nicht mit der Tribüne zusammen", sagt Wind. Wieder Naserümpfen. Aber nicht, weil es neu riecht. "Haben die Unternehmer nicht miteinander geredet?" "Scheinbar nicht", antwortet Wind.
    Zum Schluss fühlen sich die WAZ-Leser wie Prominenz und genießen in der König-Pilsener-Lounge - dem Glaskasten unter dem Hallendach - kühle Getränke. "Groß, hell, toll", sagt Christa Hahn nach dem anstrengenden Rundgang. "Ich werde die Veranstaltungen im Auge behalten."
    Küche, Kraftraum und Boden sind noch nicht fertig, es kann zu Parkplatz-Engpässen kommen. Und doch sagt Wind: "Wir zeigen die Halle gerne." Da nickt Christa Hahn zustimmend und sagt: "Können Sie auch!"

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    15.2.2006
    Basti ist der Handball-Liebling
    24-jähriger Dirigent wird bei der HSG Mülheim nicht nur aufgrund seiner überragenden Leistung im Derby gegen Dümpten gefeiert. Ex-Regionalligaspieler bleibt ein weiteres Jahr an der Boverstraße und hat große Ziele

    Von Andreas Ernst

    Er ist der "Basti". Beim Handball-Verbandsligisten HSG Mülheim wird er so genannt, und selbst am Handy meldet er sich mit seinem Spitznamen. "Der Basti? Dat is' ein Verrückter", sagt Teamkapitän Daniel Hellenbrandt. Bastian Kempmann ist der Spielmacher bei der HSG. Im Lokalderby gegen den HSV Dümpten warf er zwölf Tore. Daher ist er unser "Star der Woche".
    Sonntagmorgen, Sporthalle Boverstraße: Das Derby ist ein Basti-Festival. Er präsentiert den 250 Zuschauern die ganze Palette seines Handball-Könnens und trifft so oft, dass dem Hallensprecher fast schon langweilig wird. In seinen Ruhepausen auf der Bank wippt er mit zur House-Musik, nachher reiht er sich ein in die Jubelorgie seiner Mannschaft. Er ist der Star in seinem Team, und er weiß das auch. Aber er benimmt sich nicht so.
    Er ist erst 24 und hat schon einiges erlebt. Oberliga spielte er jahrelang beim TV Jahn Hiesfeld, sogar in der Regionalliga beim TV Angermund. Ganz klar, dass er vor der Saison groß angekündigt wurde. "Ach", sagt er, "für mich war der Druck kein Problem. Unter Druck arbeitet man doch sogar besser. Enttäuschend waren meine ganzen Verletzungen, da war ich oft selbst mit mir unzufrieden."
    Bastian Kempmann - einer, der mit Handball einschläft und aufwacht. Sein Vater, sein Bruder, ein Großteil seiner Verwandtschaft; sie alle lieben das Spiel unterm Dach, alle mit der "4" auf dem Rücken. Bei der HSG trägt diese Nummer Sven van Dornik. Also wählte Kempmann die "44". Wer so gern Handball spielt, den machen Verletzungen fertig. In Hiesfeld stoppten ihn Bänderrisse im Sprunggelenk, bei der HSG schmerzen Schulter und Knie. "Ich habe noch Arzttermine, aber vom Dirk und dem Vorstand bekomme ich Rückendeckung", sagt er. Dirk? Das ist sein Trainer Dirk Rauin. Kempmann ist jemand, der jeden duzt - das aber nicht böse meint. Und der fast beleidigt ist, wenn ihn jemand nicht "Basti" nennt. Abgehoben ist er nicht. "Absolut umgänglich", nennt ihn Hellenbrandt. Über seine eigenen Leistungen redet Kempmann nicht gern. Dann sagt er "Eigenlob stinkt", "Was nutzt es, wenn man vorn 13 Tore wirft, aber hinten acht verschuldet", "Man ist nur so gut, wie es die Mannschaft oder Gegner zulassen" oder "Lasst die Kirche im Dorf". Tagsüber zählt bei ihm der Sport. Er arbeitet als Sportlehrer in einem Gesundheitszentrum. Doch abends - nach Beruf und Handball-Training - kann er gut abschalten und sich beim Bier mit Mannschaft oder Freunden vergnügen.
    Dass er Hiesfelder ist (und kein Dinslakener), darauf legt er Wert. Doch Mülheim hat es ihm auch angetan. "Die Infrastruktur passt, wir müssen die Stadt wach küssen. Alle sind lieb und nett", sagt er. Sogar die Regionalliga hält er für machbar. Ein verrücktes Ziel eines verrückten Typen.

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    10.5.2006 - Star der Woche: Jan Stremmel
    100 Prozent Engagement
    Fitnessfreak war im Herren-30-Bundesligaspiel beim DTV Hannover der entscheidende Mann. CDU-Ratsherr von Rheurdt baute sein Abitur 1986 am Gymnasium Broich. Heute ist er Hauptschullehrer in Kevelaer

    Von Andreas Ernst

    Beschwingt joggt Jan Stremmel zum Holzhäuschen zwischen Hockeyplatz und Tenniscourts. An der Mintarder Straße sitzen ein paar Mitglieder des Kahlenberger HTC in der Sonne und schlürfen kühle Getränke. "Habt ihr Erdinger alkoholfrei?", fragt Stremmel. "Schmeckt gut bei dem Wetter!" Nein, gibt es aber nicht. Eine Cola muss die Seele kühlen. Ein paar KHTC-Tennisspieler kommen vorbei. Sie erblicken Stremmel, klopfen ihm auf die Schulter und sagen anerkennend: "Glückwunsch! Für Sonntag!" Da lächelt er und bedankt sich artig.
    39 Jahre ist er alt und spielt für den KHTC im Herren-30-Bundesligateam. Beim 6:3-Auftaktsieg in Hannover war er der überragende Spieler und ist deshalb unser "Star der Woche". Jan Stremmel ist ein Fitnessfreak, ein engagierter Mannschaftsführer, ein Hauptschullehrer, ein CDU-Ratsherr in Rheurdt.
    Seinen Lebenslauf hat Stremmel auf einen DIN-A-4-Zettel zusammengefasst. "Abitur am Gymnasium Broich" steht darauf. Im zweiten Halbjahr der siebten Klasse kam er aus Freiburg nach Mülheim. Als Leistungskurse wählte er Mathe und Erdkunde. Viertes Fach? Sport natürlich, Schwerpunkt Basketball.
    Wieder fällt sein Blick auf den Zettel. Drei Jahre studierte er Medizin in Frankfurt - dreimal rasselte er durchs Physikum. Was war schuld? Tennis natürlich. Parallel spielte er zwischen 1985 und 1999 in der 1. und 2. Bundesliga bei Rot-Weiß Dinslaken und dem KHTC - und dachte, mit vier Wochen Lernen auszukommen. Pustekuchen. Bei der mündlichen Prüfung antwortete er auf 18 von 20 Fragen mit "weiß ich nicht." "Da hat der Prüfer zu mir gesagt, er fände es unverschämt, dass ich ihm die Zeit stehle." Jan Stremmel ist witzig, ein guter Erzähler, ein interessanter Diskussionspartner. Er sattelte um, studierte von 1992 bis 1996 Sport und Geographie auf Lehramt in Essen und unterrichtet seit 1997 an einer Hauptschule in Kevelaer.
    Mit seiner Familie - im September wird er zum dritten Mal Vater - wohnt er in Rheurdt. In Stremmels Keller stehen zwei Fahrrad- und ein Ruderergometer, Hanteln und ein Fernseher mit Video- und DVD-Player. Anderthalb Stunden trampelt er Tag für Tag. Anderthalb! Nebenbei guckt er Filme. Sein liebster? "Breakfast Club", eine Teenager-Klamotte von 1984.
    22 Stunden Sport unterrichtet er pro Woche, in Rheurdt ist er Leichtathletik-Übungsleiter, und er greift in der Saison fünfmal in der Woche zum Tennis-Schläger. Puuh. Für eine Cola zwischendurch bleibt Zeit. Und für Telefonate. Als Mannschaftsführer des Herren-30-Teams ruft er Tag für Tag seine Kollegen an. "Wenn ich etwas mache, dann gebe ich 100 Prozent." Die Meinungsverschiedenheiten mit Spitzenspieler Schäffkes sind längst ausgeräumt.
    Er ist 39, treibt Sport wie ein 20-Jähriger - und seine Knie spielen nicht mehr wirklich mit. Aber ohne Sport geht es nicht. "Nur im Schützenverein bin ich noch nicht", sagt er und lacht laut. "Aber da gehe ich auch nicht rein." Die aktuelle Saison genießt er in vollen Zügen. Dafür nimmt er gern die endlosen Autofahrten in Kauf. Die lassen sich ja auch nutzen. Für Telefonate mit seinen Teamkollegen zum Beispiel.

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    24.5.2006 - Stars der Woche: Ömer und Musa Alikilic
    Autogramme schreiben sie schon
    Der ältere Bruder gilt bei Galatasaray als Sensation und schoss in fünf Landesligaspielen drei Tore. Der jüngere entschied das A-Jugend-Stadtpokalfinale fast im Alleingang und will die Torwart-Handschuhe an den Nagel hängen

    Von Andreas Ernst

    Regentropfen prasseln auf die Umkleidecontainer an der Von-der-Tann-Straße. Der Fußballklub Galatasaray ist hier zu Hause und zwei große Talente des Vereins schlurfen im Trainingsanzug den Weg entlang. Sie sind Brüder und unsere "Stars der Woche".
    Links läuft Ömer Alikilic, 17 Jahre alt. Sieht ein bisschen klein aus für einen Torwart. Er entschied aber das Stadtpokalfinale der A-Jugend fast im Alleingang für Galatasaray. Rechts hat der 18-jährige Musa die Sporttasche geschultert. Er gilt in seinem Verein als "Sensation" und hat trotz seines Alters einen erheblichen Anteil am Klassenerhalt und am Sieg beim Atatürkpokal.
    Geboren und aufgewachsen in Mülheim, angefangen in der E-Jugend beim VfB Speldorf - eine typische Karriere in dieser Stadt. Dann folgte in der C-Jugend der Schritt zum Vorgängerklub Vatan Spor. "Speldorf hat eine Kreisauswahl-Einladung nicht an mich weitergereicht", sagt Musa. "Deshalb bin ich dort rausgeflogen und dann zu Vatan gegangen. Mein Bruder ist mir gefolgt." Musa und Ömer ständen den Grün-Weißen heute gut zu Gesicht.
    In dieser Saison wurden die beiden in der A-Jugend-Leistungsklasse Zweiter. Musa, der Ältere, hilft seit zwei Monaten bei der "Ersten" in der Landesliga aus. Technisch stark, mit einer feinen Schusstechnik ausgestattet, fünf Spiele, drei Tore - er hinterlässt einen Klasse-Eindruck. Der Traum ist die türkische Profiliga. "Noch ist es zu früh, darüber nachzudenken", sagt er. Er lächelt, setzt eine Baseballmütze auf. Er hat seinen Sinn für die Realität nicht verloren.
    Ömer, der Jüngere, bleibt in der A-Jugend. "Nächstes Jahr werden wir Meister in der Leistungsklasse", behauptet er keck. "Am Sonntag haben wir mit dem jungen Jahrgang gespielt." Sonntag, Stadtpokal-Finale. Ömer begann als Feldspieler, schoss ein Tor. Als der Keeper ausgewechselt wurde, wechselte er ins Tor, hielt im Elfmeterschießen einen Schuss und verwandelte den entscheidenden Elfer. Seine Zukunft sieht er auf dem Feld.
    Am späten Sonntagabend trafen sich Musa und Ömer mit dem Rest des Vereins und feierten die großen Erfolge. "Am Handy habe ich vom Sieg der A-Jugend erfahren. Ich wäre gern dabei gewesen", sagt Musa. "Aber auch Stuttgart war schön." Beim Atatürkpokal-Finale siegte Galatasaray. "Wir wurden behandelt wie Profis", sagt Musa. Die ersten Autogramme schreiben sie schon. Aber nicht die letzten.

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    1.6.2006
    Ausnahmsweise in Schwarz
    Beim E11-Jugendturnier des TSV Heimaterde schlüpften Fußballinteressierte in die Rolle als Schiedsrichter. Erfahrener Referee Stefan Oppenberg lobte Jugendleiter Stephan Bürvenich für sein gelungenes Debüt an der Pfeife

    Von Andreas Ernst

    Mal trägt er Anzug, mal ein lässiges Hemd. Stephan Bürvenich ist 39 Jahre alt und Verkaufsleiter. Diesmal ist das anders. Er hat seine Berufskluft mit dem schwarzen Schiedsrichterdress getauscht. Er ist der Mann an der Pfeife.
    Beim E-11-Jugendturnier des TSV Heimaterde tritt  der TSV und der Essener SV 10/21 gegeneinander an. Bürvenich, der Jugendleiter des TSV, steht mit den Teams am Mittelkreis und wählt mit den beiden Spielführern die Seiten. In der Schiri-Rolle steckte er noch nie. Er ist der erste Proband beim Freiwilligen-Test der Mülheimer Schiedsrichter. Eine kurze Einführung gab es von Jung-Schiedsrichter-Referent Stefan Oppenberg. "Die Abseitsregel gibt es auch bei den E-11-Mannschaften. Das ist immer eine knappe Geschichte und vor allem hier in Heimaterde schwierig. Denn von oben ist das Spielfeld hier besonders gut zu überblicken", sagt Oppenberg. Stephan Bürvenich steht ganz allein auf dem Feld.
    Ein erster kurzer Pfiff, und los geht das Spiel. Über den Lautsprecher heißt es: "Das hat schon gut geklappt, Stephan", und die 40 Zuschauer schmunzeln. Ihr Jugendleiter sieht eben ganz anders aus ganz in Schwarz. Eine Minute geht um, die zweite, die dritte, das Spiel ist fair. Er steht etwas zu weit weg vom Spielgeschehen. Der Essener Trainer brüllt "Schiriii, wechseln" - Bürvenich reagiert auf den Ruf und winkt den neuen Spieler aufs Feld. In der fünften Minute fällt das 1:0 für den TSV.
    Nach sieben Minuten pfeift er zum ersten Mal Foul und in der elften und zwölften Minute wird es knifflig. Abseits - ja oder nein? "Schiri, pass doch auf!", brüllen die TSV-Mitglieder auf der Tribüne. Doch Stefan Oppenberg lobt: "Gut gesehen." Lediglich einen kleinen Fehler moniert er. Nach einer Viertelstunde ist das Spiel zu Ende. Der Aushilfs-Schiedsrichter pfeift ab, allerdings nicht laut und lang, sondern mit einem leisen, kurzen Pfiff. Der TSV gewinnt 1:0. Verschwitzt ist Stephan Bürvenich nach einer Viertelstunde nicht, denn die Mannschaften spielten fair und der Schiri hatte nicht viel zu tun. "Es hat großen Spaß gemacht", sagt er. "Vor heimischem Publikum zu pfeifen, war sehr amüsant. Ich habe mehr Verständnis für die Schiedsrichter." Er zählt oft zu den Kritikern, selbst mit Stefan Oppenberg zankte er sich schon einmal. Dieser steht an der anderen Ecke des Platzes und weist die nächsten Schiris ein. Aus der C-Jugend des TSV haben sich Spieler gemeldet, die sich an der Pfeife probieren wollen. Sie tragen alle ausnahmsweise Schwarz.

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    WAZ, Sport in Essen 10.8.2006
    Gegentor zum 1:2 fällt kurz vor Schluss
    Ausgerechnet Tytarchuk trifft im Doppelpack

    Anmerkung: Dieser Text entstand per telefonischer Co-Produktion mit WAZ-Kollege Thomas Richter vom Essener WAZ-Sport!

    FUSSBALL OBERLIGA VfB Speldorf ETB 2:1 (1:1) ETB: Johns - Jost, Petereit, Hupperts - Schulitz, Grallert (89. Skrzypczyk), Puschmann, Lekesiz, Schikora - Kaba, Wolf.
    Tore: 1:0 (19.) Sergii Tytarchuk, 1:1 (33.) Bilal Lekesiz, 2:1 (85.) Sergii Tytarchuk.
    Zuschauer: 900.

    Wie bitter: Obwohl die ETB-Fußballer in der Oberligapartie beim VfB Speldorf klar überlegen waren, verloren sie dennoch. Ausgerechnet der Ex-ETB-Stürmer Tytarchuk traf für die glücklichen Gastgeber im Doppelpack.
    Die Essener waren die spielbestimmende Mannschaft. Bei Ausnutzung aller Torchancen, hätten sie nach einer Viertelstunde bereits mit 3:0 in Führung liegen müssen. Zunächst vergab Kaba (3.), dann traf Thomas Puschmann nach einem Eckball per Kopfball nur den Pfosten und auch Wolf ließ einen "Hochkaräter" aus.
    Auf der Gegenseite traf der VfB bei seiner ersten und bis zur Pause auch einzigen Möglichkeit direkt ins Tor. Einen Freistoß von Rafael Synowiec aus 30 Metern konnte ETB-Keeper Marcel Johns nur zur Seite abwehren. Die folgende Flanke von Said Daftari verwandelte Sergii Tytarchuk per Kopfball - eine besondere Genugtuung für den Ex-Essener.
    Den hochverdienten Ausgleich erzielte noch vor der Pause Bilal Lekesiz, der nach Assist von Björn Grallert einnetzte (33.). Auch nach dem Wiederanpfiff blieb der ETB das gefährlichere Team. Nach einer Ecke von Grallert stieg Christian Petereit am höchsten und köpfte aufs Tor. Doch VfB-Verteidiger Mansfeld rettete auf der Linie (64.). Als sich alle mit dem 1:1 abgefunden hatten, schlug erneut Tytarchuk zu. Der "verlorene Sohn" strafte die ETB-Nachlässigkeiten gnadenlos ab.
    aer/tric

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    WAZ, Hauptsport 19.1.2007
    Im WM-Finale ist Rauin auf jeden Fall dabei

    Anmerkung: Dieser Text stand am Tag des WM-Auftakts im Hauptsport

    Von Andreas Ernst

    Mülheim. Er arbeitete mit Zeitz und Hens, eben den Großen von heute. Jetzt heißen seine Schützlinge Flemmig und Kempmann. Einst lag vor Dirk Rauin eine Trainerkarriere beim Deutschen Handballbund, in der Bundesliga, in Europa - stattdessen trainiert der 49-Jährige nun in der Verbandsliga die HSG Mülheim.
    Sonntags treibt er sich in den Hallen irgendwo am Niederrhein herum, selten kommen mehr als 150 Leute. Dirk Rauin feuert seine Spieler an, applaudiert, kritisiert, sitzt nie auf der Bank, steht daneben. In der Verbandsliga. Er, der noch Kontakte hat zu alten Weggefährten. Der sich mit Alfred Gislasson und - natürlich - Heiner Brand gern auf ein Bierchen verabredet. Doch Rauin, 45maliger Nationalspieler des VfL Gummersbach und TuSEM Essen, ist sportlich längst angekommen in der Fünftklassigkeit. Wenn Rauin über die Verbandsliga-Gegner spricht oder seine Mannschaft analysiert, dann denkt er nicht an seine DHB-Zeit.
    Dabei liegt sie noch nicht lang zurück. Mit der U 21 wurde er 2001 noch WM-Fünfter. Erstliga-Angebote schlug er aus. "Ich wollte sesshaft werden", sagt Rauin. "Bundesligisten wechseln die Trainer alle zwei Jahre. Allerdings wäre es lukrativer gewesen als das Lehrerdasein . . ."
    Ein Beispieltag in Rauins Leben sieht nicht mehr aus wie in den 80ern und 90ern. Damals: morgens, mittags und abends Handball. Heute: morgens nach Ennepetal zur Sonderschule, erst mittags und abends folgt der Sport. Nachdem er sich gegen die Trainer-Karriere entschieden hatte, begann er in Köln ein Sonderpädagogik-Studium. Von der Trainerbank in den Hörsaal. Nun ist er nicht nur Lehrer, sondern auch Uni-Dozent. Ab 17. Januar leitet er in Köln ein Seminar zum Orientierungspraktikum für Studenten. Zwei Tage vor WM-Beginn.
    Am liebsten würde Rauin selbst mitspielen. Denn der moderne Handball gefällt dem ehemaligen Nationalspieler. "Heute", sagt Rauin, "wäre ich gern noch einmal Kreisläufer. Früher war das einfach nur: Rücken freihalten für Wunderlich oder Schwalb. Heute ist der ganz anders ins Spiel eingebunden." Zu Rauins Zeiten gab es in der Bundesliga nur wenige Profis - jetzt ist sie eine Profi-Liga.
    Und wer sind jetzt Jens Flemmig und Bastian Kempmann? Leistungsträger der HSG Mülheim, Zweiter der Verbandsliga. Seit 2003 arbeitet Rauin bei der HSG, er begann noch als Trainer in der Landesliga. Von der U 21 in die Sechstklassigkeit - was für eine Karriere. Er schließt nicht aus, als Trainer ins Profi-Geschäft zurückzukehren. Im Moment hat er aber genug Spaß daran, in Mülheim einen Großverein mitzugestalten. "In die Mülheimer Sportlandschaft gehört ein Regionalligist", sagt der Trainer.
    Bei der WM kehrt der Silbermedaillengewinner von 1984 zum "großen" Handball zurück. Für das Finale hat er eine Karte. Ist die deutsche Mannschaft dabei? "Getragen durch das Publikum gibt es eine Chance, weit zu kommen", sagt er. Rauin wünscht es seinem Kumpel Heiner Brand.

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    7.6.2006 - DM im Schwimmen, Teil 1
    Gold mit Bravour und Schmerzen

    Von Andreas Ernst

    Ja, es ist Gold. Mit Bravour und Sternchen. Der erste Tag bei der Deutschen Jugendmeisterschaft im Schwimmen müsste eigentlich mit "Es war einmal" beginnen. Ein Märchen für die SG Mülheim. Lisa Vitting gewann über 100 Meter Freistil den Titel des Jahrgangs 1991, Paulina Schmiedel (1993) wurde auf der gleichen Strecke Zweite. Lisas Gold-Tag. Er begann um. . .

    . . . 6.00 Uhr
    Gääähn. Früh am Morgen Treffpunkt. Es ist schon verdammt hell. Trainer Harry Schulz und die Mülheimer Delegation starten in den Tag. Sie haben auf eine Übernachtung in Dortmund verzichtet. "Zu Hause", sagt Schulz, "schläft man doch immer am besten." Die A 40 ist noch leer.
    8.30 Uhr
    Ausgeschlafen, hellwach, topfit. Die Vorläufe beginnen. Oder besser: sollten beginnen. Die Zeitmessung funktioniert nicht. Der Start verschiebt sich um eine halbe Stunde. Alle grummeln. Pfeifkonzert.
    9.30 Uhr
    Paulina und Lisa schwimmen. In den Endlauf. Puuuh, Schulz atmet tief durch. Erstes Ziel erreicht. Paulina ist in ihrem Jahrgang Sechstschnellste, Lisa? Erste natürlich. Schulz schwitzt. "Lisa schwimmt mit einem gebrochenen Zeh", flüstert er. Wie bitte? "Montag ist sie zu Hause vor einen Sessel gelaufen. Der Zeh ist komplett blau." Hilfe, wo ist das nächste Tape-Band?
    12 Uhr
    Mittagspause. Essen gehen. Nervenberuhigung. Nudeln. Etwas Salat. Danach ab in die Tiefgarage, in den SG-Bus. Liegen auspacken und ein bisschen pennen. Ausruhen.
    15 Uhr
    Zurück in die Schwimmhalle. Nur noch anderthalb Stunden. Eine Durchsage: "Alles wird um 30 Minuten verschoben." Wieder grummeln.
    16.20 Uhr
    Einschwimmen. Im Becken tummeln sich Endlauf-Teilnehmer aller Altersklassen. Auf der Tribüne drücken die Familien die Daumen. Schulz holt Paulina und Lisa zu sich, stoppt ein paar Zeiten. "Sieht gut aus." Tape-Band: hält.
    16.45 Uhr
    "Jetzt hilft nur noch beten", sagt Schulz. Lisa verlässt das Wasser. Geht raus. An die frische Luft. Schaut in die Sonne.
    17.34 Uhr
    "Eye of the tiger" schallt aus dem Lautsprecher. Paulina Schmiedel schwimmt auf Bahn eins im 1993er-Rennen. Sie schlägt nach 59,87 Sekunden als Zweite an. Sensation!
    17.40 Uhr
    Startsirene. Und los. Lisa auf Bahn vier. Es ist spannend. Nach 50 Metern: nur vier Hundertstel Vorsprung "Lisa! Lisa!", brüllen die Teamkollegen. Sie zieht und ziiiieht; uuuuund: es REICHT! 57,11 Sekunden! Lisa gewinnt!
    17.56 Uhr
    "Deutsche Jahrgangsmeisterin: Lisaaa Vitting!" Aufs oberste Treppchen. Es war einmal. . . ein wunderschöner Mittwochabend in Dortmund!

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    13.6.2006 - DM im Schwimmen, Teil 2
    Mit Humor und Professionalität

    Von Andreas Ernst

    Der erste Schultag nach diesem Superwochenende. "Ich hatte nur drei Stunden. War nicht so anstrengend", sagt Julian Jungbluth, 18, Jahrgangsstufe 11, Luisenschule. "Ganz normal", findet Lisa Vitting, 15, Klasse 10 am "Otto Pankok". "Im Wettkampf mussten wir um 5 Uhr aufstehen, zur Schule erst um 7. Fast wie ausschlafen." Paulina Schmiedel, 14, 8. Klasse am OP: "Normal. Mitgekriegt haben das einige."
    DAS bedeutet: Julian, Lisa und Paulina sind Deutsche Jahrgangsmeister im Schwimmen. Dreimal SG Mülheim. Drei Goldmedaillen.
    Julian Jungbluth, der Mann in der Runde. Er genießt die Momente, genießt den unerwarteten Titel, für den er 18 werden musste. Bisher stand er eher im Schatten von Daniel Cornelsen. Neid? "Warum?", sagt er: "Daniel war doch immer sehr gut." Julians Stunde schlug 2007 über 100 Meter Brust. Er gewann das B-Finale der eigentlich schlechteren Schwimmer der Jahrgänge 1989 und 1990. Nach seinem Lauf gesellte er sich an den Beckenrand zu Trainer Harry Schulz und realisierte erst spät: Kein "1989er" war im A-Finale schneller als er. Und er damit Meister. Was zeichnet Julian eigentlich aus? Lisa Vitting antwortet ruck, zuck: "Humor".
    Lisa, groß gewachsen, schaut selbstbewusst. Interviews ist sie gewohnt und wirkt wie ein erfahrener Medienprofi. Keine Frage bleibt unbeantwortet, das Lächeln für das Foto sitzt perfekt. Dabei ist sie keineswegs unsympathisch. Keine junge Frau der Jahrgänge 1988 bis 1994 war über 100 Meter Freistil schneller als Lisa. Den Titel holte sie - diese Auskunft gab Trainer Harry Schulz - mit einem gebrochenen Zeh. Lisa blickt ihren Trainer an: "Da hat der Harry übertrieben. Das mit dem Zeh war gar nicht schlimm. Nach einem Tag hat der schon gar nicht mehr geschmerzt." Wenn Lisa ihr Trainingspensum herunterbetet, dann klingt das mehr als locker. Drei Wochen verbrachte sie in einer Vierer-SG-Gruppe - darunter Julian - im April in der Sierra Nevada. "Schlafen, essen, trainieren: Aber wir hatten Internet auf dem Zimmer, und die Jungs 'ne Playstation." Ihre Ziele treiben Lisa Tag für Tag an: Die EM in Antwerpen im Juli, die Jugend-WM in Mexiko im Sommer 2008 und die Olympischen Spiele 2012 in London. England in fünf Jahren: Lisas Traum. Noch kennt sie London nicht.
    Aufmerksam hört Paulina Schmiedel zu. Medienprofi Lisa schaut ein wenig mütterlich. "Es ist für sie doch das erste Interview", sagt Lisa. Stimmt. Die 14-jährige Paulina hat noch wenig Erfahrung. Im Herbst 2006 Deutsche Meisterin mit den Hockey-A-Mädchen des HTC Uhlenhorst und nun über 100 Meter Rücken im Jahrgang 1993. Was will sie denn nun, Hockey oder Schwimmen? Eine schwere Frage: "Der Harry nervt damit auch ein bisschen." Eine Antwort gibt es noch nicht.
    Nur noch wenige Tage, dann sind Sommerferien. Aber nicht für Paulina und Lisa. Paulina erhielt eine Einladung zum "European Youth Swim Olympic Festival" (also zur europäischen Jugend-Olympiade) vom 23. bis 27. Juli in Belgrad. Eigentlich wollte Familie Schmiedel nach Spanien. "In Belgrad" merkt Trainer Schulz an, "ist's auch schön warm." Ein schwacher Trost.
    Lisa Vitting verbessert erst einmal ihren Trainer: "Das heißt nicht mehr Swim Olympic Festival, sondern Swim Olympic Days." So viel Zeit muss sein. Ihr Programm kennt Lisa auswendig: Erst am Donnerstag zum Justin-Timberlake-Konzert, dann eine Woche später zum Trainingslager bei ihrer Nationalmannschaftskollegin Nina Schiffer nach Bonn. Welche Bestzeiten die Konkurrenz aus Europa schwimmt, weiß Lisa nicht. "Die Zahlen kriege ich noch." Sie wird locker bleiben und sich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Ganz sicher.
    Bleibt noch Julian. Der sitzt ganz entspannt in der Ecke und lächelt ein wenig. Denn er ist der einzige, der in den Sommerferien auch wirklich Urlaub machen kann. "Das hätte noch gefehlt, dass ich international schwimmen muss." Er wurde zwar Meister, verpasste aber knapp die geforderte EM-Norm. So darf er ausruhen, die Pause genießen und ein bisschen mit dem Auto herumkurven. Seit ein paar Wochen hat Julian den Führerschein.
    Fuhr er selbst zum Bad? "Warum?", fragt Julian. "Ich habe mich fahren lassen. . ."

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    11.6.2006
    Vier Tage für ein Jahrhundert

    Von Andreas Ernst

    Das ist doch. . . Markus Henn! Samstagabend im Festzelt am Waldschlösschen: Auf seinem weißen Hemd befindet sich fein in blau der kleine Schriftzug "Ein Jahrhundert Mülheimer SV 07". Henn greift das Mikro um 18.42 Uhr und ruft "Herzlich Willkommen im Festzelt!" Die Menge antwortet: "Hallo Mahe´!" Ma gleich Markus, he´ gleich Henn.
    100 Jahre MSV. Vier Tage Party. Verschiedene Aktionen.
    Dass der Torwart der Bezirksligamannschaft den Gala-Abend moderierte, ist nur eine von vielen Episoden, die sich die MSV-Mitglieder in zwanzig Jahren noch erzählen. Das Wochenende bestand aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
    Vergangenheit? Was Donnerstag beim Altherrenturnier passierte, fasste Henn während seiner Moderation zusammen: "Wir haben den 07er Bierrekord gebrochen." 800 Liter Bier - an einem Tag. Am Samstagmittag trafen die MSV-Generationen aufeinander. Teile des Meisterteams von 1982, das den Aufstieg in die Landesliga schaffte, spielten gegen die MSV-"Dritte". Ergebnis: Nebensache.
    Gegenwart? Die meisten der 500 MSV-Mitglieder trugen Hemd und Sakko am warmen Samstagabend. Ja, richtig, der MSV hat 500 Mitglieder. In ihren Festansprachen blickten Josef Bowinkelmann vom Fußballverband Niederrhein und Bürgermeister Markus Püll in die Vereinshistorie. Besonders ergreifend fand der Vorsitzende Peter Hein aber die Ehrung des Festausschusses. Als Moderator Henn diese Mitglieder auf die Bühne bat, folgte ein langer Applaus.
    Zukunft? Ein Blick auf die Tischdekoration: Ausgelegt war sie mit Kunstrasenstreifen und die Botschaft eindeutig. Der MSV kann langfristig nur überleben, wenn aus dem Asche- ein Kunstrasenplatz wird. Peter Hein kämpft energisch dafür, trifft sich mit Parteien. Die Nachbarn, die sonst gern über Staubentwicklung meckern, blieben am Festwochenende ruhig. "Danke dafür", sagt Hein. Geschenke gab es reichlich für den MSV. Das spitzfindigste lieferte Günter Ullrich, MSV-Mitglied und langjähriger Vorsitzender des Fußballkreises neun. Er überreichte dem MSV drei Bälle. Nur drei Bälle? Ullrich: "Ich habe mich erkundigt. Damit kann man besonders gut auf Kunstrasen spielen." Da lachten alle MSV-Mitglieder.
    Videoclip-Dancing, die Coverrock-Band FKK, Tanzen bis morgens um 4 Uhr, zwischendurch klickten Handy- und Digitalkameras. Momente festhalten für die MSV-Ewigkeit. "Dieses Wochenende hat gezeigt, wie sehr sich die Mitglieder mit dem Verein identifizieren", sagte Peter Hein. Der Vorsitzende nahm rund um die Feierlichkeiten zwei Wochen Urlaub.
    Das ist doch. . . Markus Henn. 18 Stunden nach seiner Aufgabe als Moderator steht "Mahe´" zwischen den Pfosten im Jubiläumsspiel des MSV gegen den Oberligisten VfB Speldorf. "Es ist eine Ehre für uns, dass der MSV 07 nicht Rot-Weiß Oberhausen oder Rot-Weiß Essen eingeladen hat, sondern den VfB Speldorf", sagt der VfB-Vorsitzende Klaus Wörsdörfer.
    Der Bezirksligist hält gut mit. Aber fünfmal greift Henn schließlich hinter sich. Doch weil das Spiel vor 300 Zuschauern - davon 100 vor den Bierständen am Festzelt - "nur" 4:5 (2:1) ausgeht, kann er damit leben. Das Bier nach dem Spiel hat er sich verdient.
    Nicht nur er. Sondern auch der Rest der MSV-Familie.

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    Diese Seite wurde zuletzt geändert am 28.6.2007
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