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VfL Bochum - Standard Lüttich 1:1 (30.9.2004 - UEFA-Cup, 1. Runde: Rückspiel)
Biermann trifft's
Tief im Westen
"Sieger waren mir aber immer
schon langweiliger als jene, die interessant zu scheitern wissen."
Christoph Biermann
Und das war doch mal interessant gescheitert, oder?
Es war einer der grandiosesten
Abende in meinem VfL-Leben, an dem ich kurz vor dem Anpfiff fast Tränen
der Rührung vergossen hätte. Und es war ein Abend, der mit einem
Moment endete, in dem für mich die Welt zusammengebrochen ist. Und
von diesen hat ein Mensch nicht viele in seinem Leben.
Aber wir sind alle VfL Bochum-Fans.
Wer von Euch hat ernsthaft an ein Happy-End geglaubt?
Mehr habe ich nicht zu sagen. Nicht heute. Nicht jetzt. Nicht hier.
Später vielleicht. Wenn ichs begriffen habe. Aber das kann dauern.
Jetzt hab ich's begriffen (30. 9. 2008, vier Jahre später)
Ein Text auf www.derwesten.de
unter der Überschrift
"Bochums bitterster
Moment"
Der Link: http://www.derwesten.de/nachrichten/sport/sportgeschichte/2008/9/30/news-80172459/detail.html
Es ist dieser eine verfluchte
Moment, der nicht verschwinden will aus dem Gedächtnis der Fans des
VfL Bochum. Auch nicht vier Jahre danach. Ein Pass in den Strafraum, Edu
sääääbelt über den Ball, Standard Lüttich
gleicht zum 1:1 aus. In der Nachspielzeit. Das Aus im UEFA-Cup. In Runde
eins.
Nicht nur irgendein Donnerstagabend
im Herbst 2004. Nein, der Donnerstagabend. "Wir haben sieben Jahre auf
diesen Tag gewartet", sagt Trainer Peter Neururer. Erst zum zweiten Mal
in der Vereinsgeschichte startet der VfL Bochum im UEFA-Cup, hat vor der
Saison 04/05 kräftig investiert, hat teure Spieler wie Knavs, Lokvenc,
Preuß, Maltritz und Bechmann verpflichtet. Das Hinspiel in Lüttich
endete 0:0, in der Bundesliga ist der VfL mittelmäßig gestartet
(ein Sieg, vier Unentschieden, eine Niederlage). Doch das ist vergessen,
wenn der VfL Lüttich knapp schlägt. Und in die Gruppenphase des
UEFA-Cups einzieht. Das würde dem chronisch klammen VfL vier Millionen
Euro bringen. Vier Millionen! Keine Schulden mehr! Dauerhaft konkurrenzfähig!
Es ist wirklich nicht irgendein Donnerstagabend.
Die Sonne verstaubt tatsächlich
an diesem Abend, und als das ZDF seine Live-Übertragung beginnt, merken
Millionen, wie schön es ist, wenn die VfL-Fans Grönemeyers "Bochum"
singen. Und nicht nur die Fans im Stadion. Egal, wo die Zuschauer sitzen,
ob drinnen oder in der Arena, sie sehen ein spannendes, hart umkämpftes,
großartiges Fußballspiel. Beide Teams versuchen's mit herrlichem
Offensivfußball, beide überbrücken das Mittelfeld schnell.
Erste Chancen gibt es schnell: Wosz und Bechmann vergeben für den
VfL, Tchite und Geraerts für Lüttich. Kurz vor dem Pausenpfiff
gibt Schiedsrichter Kaznaferis Freistoß für Bochum. Dariusz
Wosz, an diesem Abend überragender Antreiber des VfL, schlenzt den
Ball in den Strafraum, dort steht Marcel Maltritz frei und nickt ein: 1:0,
vier Millionen Euro in Sichtweite. Bochum ist weiter. In diesem Moment.
Zweite Halbzeit. In der
eigens zur Sitzplatztribüne umfunktionierten Ostkurve liegen die Nerven
blank. Die Spannung ist kaum auszuhalten. Einen Schuss von Onyewu lenkt
VfL-Torwart van Duijnhoven an den Innenpfosten. Puh, Glück gehabt.
Lüttich drängt, der VfL kontert. Standard-Kapitän Deflandre
foult VfL-Kapitän Wosz im Strafraum - Schiedsrichter Kaznaferis pfeift
nicht. Kurz vor Ablauf der regulären Spielzeit streckt Deflandre den
eingewechselten Edu mit einem Ellenbogencheck nieder. Deflandre sieht nur
Gelb. Es bleibt beim 1:0 für den VfL. Ein Herzinfarkt-Spiel. 90 Minuten
sind um - Nachspielzeit. Immer noch 1:0. Ein letzter Angriff der Lütticher.
Sergio Conceicao bekommt auf der linken Seite den Ball, Höhe Eckfahne.
Er passt die Kugel schlampig in den Strafraum, der Bochumer Edu muss den
Ball nur noch auf die Castroper Straße jagen.
Aber Edu trifft den Ball
nicht.
Ein Lütticher Spieler
namens Jorge Winston Curbelo nutzt das. Er zirkelt die "Kirsche" ins Eck,
unhaltbar für van Duijnhoven. 1:1. Aus. Vorbei. Das Auswärtstor
bringt Lüttich in die Gruppenphase. Der VfL ist raus. Ungeschlagen.
Torwart Rein van Duijnhoven sagt: "Unglaublich, dass das Tor noch gefallen
ist, einfach unfassbar. In der Kabine wird jetzt wahrscheinlich Todesstimmung
sein. Das ist mein bitterster Moment." Trainer Peter Neururer ergänzt:
"Das Ergebnis ist nach dem Spielverlauf natürlich enttäuschend.
Es ist sogar fußballerisch tragisch. Wir müssen jetzt den Kopf
hochnehmen und uns auf die Bundesliga konzentrieren. Es ist fantastisch,
unsere Entwicklung und das, was hier in Bochum wächst, zu sehen."
Doch in Bochum wächst
nach diesem Gegentor, nach diesem Spiel nichts mehr. Der völlig geschockte
VfL verliert die nächsten drei Bundesligaspiele (2:3 beim FC Schalke
04, 0:1 gegen Hansa Rostock, 0:3 beim VfL Wolfsburg) und stürzt auf
Platz 17. Bis zum Saisonende verlassen die Bochumer nur noch an drei Spieltagen
die Abstiegsplätze. Von Woche zu Woche werden die Fehler des Trainerstabs
deutlicher: Erst spät merkt Neururer, dass Marcel Maltritz in der
Innenverteidigung viel besser aufgehoben ist als im defensiven Mittelfeld
und dass Edu eigentlich ein Stürmer ist. Knavs, Lokvenc und Preuß
sind glatte Fehleinkäufe. 35 Punkte holt der VfL Bochum in der Saison
04/05 - zu wenig für den Klassenerhalt. Zum fünften Mal geht
der Fahrstuhl in die zweite Liga.
Dabei sollte doch alles
anders werden. Heute erinnern nur noch die Sitzplatz-Verankerungen in der
Ostkurve an diesen Tag.
Aufstellungen
VfL Bochum - Standard Lüttich 1:1 (1:0)
VfL: Van Duijnhoven
- Colding, Kalla, Knavs, Bönig - Maltritz, Zdebel - Bechmann (83.
Edu), Wosz (85. Misimovic), Preuß - Lokvenc. Trainer: Neururer.
Lüttich: Runje
- Deflandre, Onyewu, Dragutinovic, Leonard - Walasiak (76. J. Niemi), J.
R. Curbelo, Geraerts (85. J. W. Curbelo), van Dooren (81. Mumlek) - Sergio
Conceicao, Tchite. Trainer: D'Onofrio.
Tore: 1:0 Maltritz
(45., Vorlage Wosz), 1:1 J. W. Curbelo (90.+2, Vorlage Conceicao/Edu)
Gelbe Karten: Kalla
- Leoard, J. R. Curbelo, Deflandre
Schiedsrichter: Georgios
Kaznaferis (Griechenland)
Zuschauer: 23.356
(ausverkauft)