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Sonntag, 31. August 2003 - Wie ich ...
... dem Fußball-Idol "Enatz" Dietz die Hand schüttelte
Mensch, so groß ist
der ja gar nicht. Er sieht aus, als könnte er keine Fliege auf dem
Boden zertreten. Als ob er jedem, dem er unabsichtlich weh tut, einen Blumenstrauß
zur Genesung schicken würde. Und der soll mal ein bissiger Abwehrspieler
gewesen sein? Der war der Kapitän der deutschen Europameistermannschaft
von 1980? Der schoss gegen Bayern München mal vier Tore in einem Spiel?
Der war sowohl für den MSV Duisburg als auch für den FC Schalke
04 und den VfL Bochum tätig? Der ist der Inbegriff für den Ruhrpott-Arbeiter,
der ganz unten angefangen hat?
Jetzt sitzt er da, der Bernard
"Enatz" Dietz oder auch Bernard "denn-wir-wollen-keinen-anderen-außer"
Dietz. Nimmt im verrauchten Klubhaus des TuS Union 09 an der Südstraße
in Mülheim das Mikrofon in die Hand, analysiert das grottenschlechte
0:0, das die Amateure des MSV Duisburg grad hier abgeliefert haben. Spricht
von "den Jungens" und vom "Katastrophen-Fußball". Und daneben sitzt
der Andi. Genau der Andi, der vor zwei Jahren noch in der Ostkurve des
Ruhrstadions stand, und ganz lauthals "Danke Bernard Dietz! Danke Bernard
Dietz! Danke Danke Danke Bernard Dietz" brüllte, und eben jenes "Denn
wir wollen keinen anderen außer DIETZ!" Enatz kam mit den Profis
nicht zurecht. Profis wie Wosz. Wie Buckley. Christiansen hat er nur auf
die Tribüne gesetzt. Und doch ist er für die VfL-Fans ein Idol
geblieben. Für alle Ruhrpottler eigentlich. Obwohl er jetzt so weit
unten ist, dass er mit seiner Mannschaft gegen Union 09 Mülheim spielt.
Die Pressekonferenz ist
vorbei. Enatz verabschiedet sich. Gibt den Duisburger Journalisten die
Hand, dem Union-Trainer, dem Moderator. Und mir. "Tschüss!" "Tschüss!"
Wow.
Zwei Tage später hab
ich Jörn Andersen, dem Trainer des Zweitligisten Rot-Weiß Oberhausen,
die Hand geschüttelt.
Aber das war nicht dasselbe.
... fast Plakatstar geworden wäre
E-Mail von der Bochum
Marketing GmbH am 28.8.2003
Guten Tag Herr Ernst,
wir die Bochum Marketing
GmbH organisieren für die Stadt Bochum eine Veranstaltung namens "Szenenwechsel".
"Szenenwechsel" steht ganz im Zeichen des Wandels unserer Stadt vom Mythos
von Kohle und Stahl hin zu einer liebenswerten Metropole im Herzen des
Ruhrgebietes. Dabei begeistert Bochum mit dem VfL Bochum, seinen Theater-
und Kultureinrichtungen etc. Bei der Recherche speziell zum Thema VfL sind
wir mit Begeisterung auf Ihre Internetseite gestoßen. Wir möchten
uns mit der Bitte an Sie richten, eines der Bilder in der "Szenenwechsel"
- Werbkampagne verwenden zu dürfen. Als Beispiel ist in einer kurzen
Übersicht die Kampagne und ein von uns favorisiertes Bildmotiv mit
Ihrem Konterfei gezeigt. Dieses würden wir sehr gerne im Rahmen der
Veranstaltung als ein Motiv verwenden.
Bitte geben Sie uns schnellstmöglichst
Bescheid ob ein Einsatz des Bildes für Sie in Frage kommt. Wir freuen
uns von Ihnen zu hören.
Für Fragen stehen wir
Ihnen jederzeit zur Verfügung. Sie erreichen mich auch mobil unter
123456789 (Rufnummer geändert... haha!)
Mit besten Grüßen
Kai Gardeja
Bochum Marketing GmbH
Antwort von Andi am 28.8.2003
Hallo Herr Gardeja!
Selbstverständlich
habe ich grundsätzlich nichts dagegen, dass mein Konterfei innerhalb
dieser Werbekampagne erscheint - ich fühle mich sogar ein wenig geehrt...
Aber einige Folgefragen
ergeben sich schon:
1) Wie und wo würde
dieses Plakat verwendet?
2) Bekomme ich ein "Belegexemplar"?
3) Müsste ich das umsonst
zur Verfügung stellen? (krass, wie geldgeil ich sein kann, oder?)
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Ernst
E-Mail von der Bochum
Marketing GmbH am 29.8.2003
Guten Morgen Herr Ernst,
herzlichen Dank für
Ihre rasche Rückmeldung. Das Plakat ist eines von 5 Motiven insgesamt,
die als Kampagnenreihe geplant ist. Ihr Konterfei würde sich zu folgenden
Motiven reihen:
- Fiege (Kiosk)
- Tana Schanzara
- Bochum Total (Die zwei
jungen Leuten)
- Die älteren Leutchen
vor dem Baltz-Haus
- Modefoto aus den 50ern
Das Plakat würde im
öffentlichen Raum bsp. an Litfaßsäulen (ca. 50), an Ganzsäulen
(ca. 15) und an City-Lights (ca. 5) sowie im Programmheft zur Veranstaltung
gezeigt werden. Klar gibt´s dann auch Belegexemplare. Für die
Zurverfügungstellung Ihres Bildes lassen Sie uns bitte persönlich
miteinander sprechen. Ich versuche Sie gleich telefonisch zu erreichen.
Bis später.
Antwort Nummer 1 von Andi
am 29.8.2003
Hallo Herr Gardeja!
Ich gebe Ihnen dann schon
einmal mein Einverständnis für die Veröffentlichung - unter
der Prämisse, dass wir uns für die Zurverfügungstellung
des Bildes einigen. Aber das wird mit Sicherheit überhaupt kein Problem
sein!
Gruß
Andreas Ernst
Antwort Nummer 2 von Andi
am 29.8.2003 (mit Anhang!)
Hallo!
Das ist die höchste
Auflösung, in der das Bild existiert. Ich hoffe sehr, das reicht...
bei der Aufnahme konnte ich schließlich nicht ahnen, für welchen
Zweck es noch einmal benötigt würde...
Gruß
Andreas Ernst
E-Mail von der Bochum
Marketing GmbH am 1.9.2003
Hallo Herr Ernst,
wir haben alles gegeben,
aber leider reicht die derzeitige Auflösung nicht aus. Haben Sie noch
eine höhere Auflösung da?
Danke schonmal.
Antwort von Andi am 1.9.2003
Hallo Herr Gardeja!
Oh je, ich glaube, dann
wird das nichts... so sehr ich auch suche, eine höhere Auflösung
kann ich nicht bieten. Wie gesagt: Hätte ich doch bloß damals
gewusst, für welche Zwecke das Bild noch einmal benötigt würde!
Das ist ja wirklich jammerschade,
hatte mich schon gefreut. Wenn ich Ihnen sonst helfen kann: Einfach anmailen
oder anrufen!
Gruß
Andreas Ernst
E-Mail von der Bochum
Marketing GmbH am 3.9.2003
Hallo Herr Ernst,
leider, leider mussten wir
ein anderes Motiv wählen. Ihres ging wegen der Auflösung nicht
- da wäre höchstens eine Briefmarke dringewesen. Tut mir leid,
denn das war echt ein starkes Bild.
Tausend Dank für die
Mühen. Ich hoffe dennoch, dass Sie mal bei "Szenenwechsel" vorbeischauen.
... dann zum "Gentleman" wurde
Oh man, was habe ich mit
diesem verfluchten Plakat angegeben. Okay, vielen habe ich das nicht gezeigt,
denn zwischen dem ersten Tag des Model-Traums und dem letzten lagen gerade
einmal sechs mickrige Tage, aber diejenigen, die es vor ihre Augen bekamen,
mussten es sich immer und immer wieder angucken.
Umso schmerzhafter der Aufprall
am 3. September.
Autsch.
Es wäre so schön
gewesen. Ein Heimspiel im Ruhrstadion, infrage käme das gegen Hertha
BSC am 20. September, und Andis Fresse ist auf jeder Litfasssäule
auf dem Weg in die Fankurve zu sehen. Ein Digitalfoto mit meinem echten
Kopf neben dem Plakatkopf, ja, vielleicht sogar Autogramme schreiben oder
einfach nur ausgelacht werden. Der Beginn einer großen Karriere?
Fragen sich Karl Lagerfeld und die paar anderen, die sich einmal in ihrem
Leben nach Bochum verirren, wer ist denn dieser komische Kerl mit der VfL-Bochum-Pudelmütze
und engagieren mich für die Laufstege der Welt? Fragen sich die Bosse
des VfL, welcher Fan ihren Verein repräsentiert und laden mich zu
einem Rundgang im Ruhrstadion ein? Kann ich diese Herren auf diesem Rundgang
von meinen Qualitäten als Pressemann überzeugen und werde direkt
in der Öffentlichkeitsabteilung eingestellt?
Nein.
Die Auflösung ist zu
klein.
Autsch.
Geplatzt, die Seifenblase
mit dem Plakat - zum Glück habe ich den Ausdruck, und kann der ganzen
Welt beweisen, dass ich nicht gelogen habe, dass ich nicht an der Möchtegern-Krankheit
leide..
Und so kam ich - völlig
geknickt - am Donnerstag, 4. September in die Redaktionsräume der
WAZ Mülheim, begrüßte die Volontärin Katja Weiß,
die zurzeit als Urlaubsvertretung bei uns weilt, als Fotograf Ingo Otto
die Tür aufriss und völlig atemlos ein Problem schilderte. "Die
vom Mantel brauchen ein Bild von mir", sprudelte es aus ihm heraus (übersetzt
heißt das: Der Hauptteil - der in allen 700.000 Exemplaren der WAZ
derselbe ist - verlangte ein Foto von Ingo). Für die Leserbrief-Seite.
Thema: Sollte die Jugend von heute mehr Anstand zeigen? "Ja und?", fragte
Katja und blickte Ingo an. "Ich wollte eine Handkuss-Szene machen", antwortete
Ingo. "Und dazu brauch ich eine jugendlich aussehende Frau und einen küssenden
Mann!" Kollege Heiko Sahm fiel aus barttechnischen Gründen aus - nicht
sehr jugendlich. Also blieb nur der gute Andi, der zusagte, weil sein Gesicht
nicht zu sehen sein sollte, sondern lediglich Katjas. Hurra, doch noch
einmal Model spielen, dann eben nicht auf einem Plakat, sondern in 700.000
WAZ-Exemplaren.
Schnell nen Kussmund geformt
und ab dafür.
Nächster Tag. Frühstückstisch.
Zeitung aufschlagen.
Hiiiilfe. Katjas Hand und
mein Gesicht. Heeee, das war doch andersrum abgesprochen. Ingo, der Schweinepriester
(welch ein Schimpfwort, oder?)!
So ist´s gewesen.
Und wenn mein Spitzname bald "Gentleman" sein sollte, dann wisst ihr warum!!!
... zehn Tage Homepage-Pause überlebte
DIENSTAG, Tag 1
Ich könnt mir dieses
Video noch tagelang anschauen. Das 1:0 von Hashemian, das 2:0 von Madsen,
das 3:0 von Kalla *zurückspulen* jaaaa, das 3:0 von Kalla, endlich,
herrlich, das Interview mit Peter Neururer nach dem Schlusspfiff. 4:0 gegen
Köln, man, war das schön. Da überlebe ich sogar den Uni-Tag.
Ein Interview mit Fußballtrainer Frank Kurth. Warum hat Speldorf
gegen den MSV verloren? Warum gegen Düsseldorf gewonnen? Wir wird
wohl das Spiel gegen Hamborn laufen? Thomas Pröpper geht, wow, ne
brandheiße Info, die ich direkt an Kollege Lemke weiterschicken muss.
Die Homepage? Nee, da muss ich heute nichts aktualisieren. War ja erst
gestern.
... und da war Tag eins
vorbei ...
MITTWOCH, Tag 2
Mittwoch, der letzte Uni-Tag
der Woche. Eine Veranstaltung übers Internet. Dann noch arbeiten.
Am besten ist, ich stelle meine Kicker-Mannschaft für den nächsten
Spieltag schon jetzt auf, obwohl der erst in zehn Tagen beginnt. Waldoch
ist verletzt, also raus. Hmm, im Sturm Wichniarek oder Sand? Ailton, der
bleibt drin, Fahrenhorst auch, Wosz, van Duijnhoven. Ach das passt schon.
Mensch, Vatanspor hat den Fotografen Andi Köhring und mich mit einem
Foto auf der eigenen Homepage gewürdigt. Und meine Seite ist mit der
des MSV 07 verlinkt. Das sind doch Neuigkeiten.
... soll ich heute aktual...
nein... und da war Tag zwei vorbei...
DONNERSTAG, Tag 3
Ist da etwa eine Erkältung
im Anmarsch? Nein, bestimmt nicht. Naja, nach der Arbeit sollte ich aber
doch einen ruhigen Abend machen zu Hause. Anruf vom Verleger. Das Sport-Jahrbuch
ist fertig. Puh, wurd auch Zeit.
... husthust, das war Tag
drei...
FREITAG, Tag 4
*husthust* *röchel*
boah sorry, muss direkt erstmal auf Klo, keine Zeit zum Surfen, keine Zeit
zum Telefonieren, nur noch den Bauch halten. Jag mich mit dem leckersten
Schnitzel der Welt, bäääh, es grummelt im Bauch, als ob
20 Bienen ihre Königin suchen, und grummelt und grummelt, man ist
mir heiß, ist Euch auch so heiß? *husthust*
Krank sein ist doof.
... mensch, schon der vierte
Tag ohne Homepage? ...
SAMSTAG, Tag 5
Bei einer Magen-Darm-"Geschichte"
hilft nur eins: Einen Tag lang einschließen, im Bett liegenbleiben,
keinen sehen, nur Tee trinken und ganz wenig essen. Und wenns kommt, dann
alles raus damit. Hab ich mal gehört. Aber ich machs auch. Wenn schon
jammern, dann richtig. Gestern ne prima Party verpasst, von meinem Kumpel
Björn, den ich ziemlich lang nicht gesehen hat. Verfluchter Körper.
Er scheint mir grad die Zunge rauszustrecken und "Ätsch" zu rufen.
Nur was habe ich ihm getan? Und es grummelt wieder und grummelt. Deutschland
verliert 0:3 gegen Frankreich, Zidane zaubert. Es grummelt weiter, und
der Pfefferminztee läuft durch die Kehle.
Krank sein ist doof.
... aber heute ist meine
Homepage fällig, sooo viel passiert in den letzten fünf Tagen.
Oder doch nicht? Nee, bin doch zu müde...
SONNTAG, Tag 6
Schlepp Dich aus dem Bett
Andi, es muss irgendwie gehen, irgendwie. Mir ist noch ziemlich usselig,
und ein paar Kilo weniger bring ich auch auf die Waage, aber der utopische
Gedanke, dass ohne mich heute der ganze große WAZ-Konzern zusammenbricht,
schleppt mich zu den Terminen. Schleppt mich zum Fußballspiel Vatanspor
Mülheim gegen Dinslaken 09, das mir und meiner Gesundheit große
Freude bereitet und 4:3 für Vatan ausgeht. 90 Minuten nicht krank
sein, nur an Fußball denken, Fußball sehen und notieren. Schöne
Sprüche, abgefahrenste Typen, so muss Amateurfußball sein. 400
Zeilen später hab ich immer noch keinen Hunger. Und das, obwohl die
Chefin den Italiener kommen lässt!
... nee, um 23 Uhr ist es
zu spät, um die Homepage zu aktualisieren. Obwohl es schon der sechste
Tag ist...
MONTAG, Tag 7
Ein hochroter Kopf wird
mich den ganzen lieben Tag lang begleiten, an der Uni, mittags, abends.
Ein Leserbrief ists, der so stört, der auch ein paar Zeilen an mich
ganz persönlich richtet. Dass es die Mülheimer Fußballvereine
lächerlich fänden, wenn und wie ich über Vatanspor und seinen
Trainer
berichte. Hochrot und rot und rot. "Sieh es als Kompliment für Deine
Arbeit", meinen Arbeitskollegen und mein Bruder. Und ja, das ist es wohl
auch. Ein größeres Lob kann ich kaum bekommen. Warum denken
diese ewig Gestrigen so? Warum denken sie nur in eine Richtung? Warum hinterfragen
sie sich nicht selbst, hinterfragen, warum die Situation so prekär
ist? Und warum sagt mir das niemand ins Gesicht und schiebt einen anonymen
Leserbrief vor? Angst vor Gegenargumenten? Wie soll ich denn berichten
über eine Mannschaft, die trotz bescheidener Mittel auf Platz eins
steht und begeisternden Fußball spielt? Gar nicht? Es ist soweit
gekommen, dass es schon reicht, nur ganz normal seiner Arbeit nachzugehen
und über einen "ausländischen" Fußballklub zu schreiben,
um anzuecken. Frieden auf dem Fußballplatz. Wo Integration nicht
nur ein Wort ist. Menschen nebeneinander, deren Nationalität einen
Scheiß interessiert. Die sich gegenseitig respektieren. Es funktioniert,
alle müssen nur wollen. Alle! Eine Fußballwelt, in der niemand
daran denken muss, einen ausländischen Verein zu gründen, weil
er sich ausgegrenzt fühlt. Eine Fußballwelt, in der niemand
provoziert und beschimpft wird, nur weil nicht "deutsch" in seinem Pass
steht. Eine Fußballwelt, in der die sportliche Rivalität die
einzige ist, in der niemand mit Vorurteilen den Platz betritt, in der sich
niemand in seinem Klub abschottet. Ich verurteile Gewalt in jeder Art und
schäme mich zutiefst, wenn jemand Schiedsrichter, Gegenspieler oder
Zuschauer bedroht oder verprügelt, gleich welcher Nationalität.
Aber die Diskussion im Fußballkreis 9, in Mülheim, Duisburg,
Dinslaken ist so verlogen, so falsch, dieser ewige Verweis auf Statistiken,
die das Endergebnis (Spielabbrüche) zeigen und nicht die individuelle
Entstehung jedes Einzelfalls. Ich verurteile die Meinung aufs schärfste,
dass "die Türken ihre eigene Liga gründen sollen, um sich selbst
zu zerfleischen" (ist so mehrfach gefallen und Stammtischtenor). Hurra,
Thema Ausgrenzung. Eine Bevölkerungsgruppe ausgrenzen (darauf läuft
die Diskussion doch hinaus), das hatten wir schon in Deutschland. Ist 60
Jahre her. Diejenigen, die mit aggressivem Gesicht nur draufhauen ohne
sich umzudrehen, haben kein Interesse an einer Verbesserung. Sie sehen
die Alternativen nicht. "Was läuft falsch in Deutschland", fragt der
Vatan-Trainer, dem ich den Brief vorlese. "Wenn alle Deutschen so wären
wie Sie!" Erst dieses Kompliment heitert mich auf. Aber lege ich überhaupt
wert darauf, dass "deutsch" in meinem Pass steht? Nein und nochmals nein.
... Tag 7 und ich bin zu
wütend, um meine Homepage zu aktualisieren...
DIENSTAG, Tag 8
Die Vorfreude steigt. Noch
vier Tage bis zur Bremen-Tour, die Fahrkarten lagern in meinem Portmonee.
Doch nicht nur vier Tage liegen dazwischen, sondern auch ein verdammtes
blödes Uni-Referat. Über die Entstehung des Domainnamensystems
im Internet. Ziemlich komplizierter Stoff sag ich Euch. Gehe den mit meiner
Kommilitonin Angela durch, im "Tacos" in der Essener Innenstadt. Hmm lecker
Chili con Carne, mein Magen verträgt´s. Lauter Abkürzungen,
alles so kompliziert.
... Der achte Tag, der mit
der Nachschicht. Abtippen, abtippen, abtippen, abtippen - bis zum Sonnenaufgang
...
MITTWOCH, Tag 9
Siehe Montag. Und wieder
ein verärgerter hochroter Kopf. Da schlage ich mir zwei Nächte
um die Ohren, um dann zu erfahren, dass wir erst in der nächsten Woche
referieren. Schönen Dank auch.
... 19. November, und meine
Homepage ist noch genauso wie vor neun Tagen ...
DONNERSTAG, Tag 10
... jetzt, jetzt isses soweit.
Tag zehn, lang genug gewartet.
Und wenn es nur dieser Text
ist.
Darüber, wie ich zehn
Tage Homepage-Pause überlebte!
... den zweiten Geburtstag einläutete !
Brrrrr... das ist draußen
ganz schön kalt geworden. Es schneit, es regnet, es schneeregnet,
und eigentlich bin ich pausenlos damit beschäftigt, mir in meinem
beheizten Arbeitszimmer den Reißverschluss meiner Jacke bis ans Kinn
hochzuziehen. Mist, höher geht es nicht, leider, denn rausgucken macht
im Januar einfach keinen Spaß.
Und überhaupt: Der
ganze Januar macht keinen Spaß!
Jeden Tag erreichen mich
Anfragen oder Mails: Sag mal, bist Du krank oder warum aktualisierst Du
Deine Homepage nicht mehr? Und jeden Tag - glaubt es mir - hocke ich vor
dem Bildschirm, doch meine Energie gilt täglich mehr der 1996er-Version
von "Sensible Soccer" (bin mit Bochum Meister geworden! Tätääää!)
und nicht meiner "Heimseite". Und warum? Warum?
Könnte ich was über
den VfL Bochum schreiben? Nee, Winterpause. Kein Spiel weit und breit.
Kein Heimspiel, kein Auswärtsspiel, kein Freundschaftsspiel, kein
Hallenturnier, nichts. Könnte ich was über ein Konzert schreiben?
Nee, auch Winterpause. Nicht einmal eine Eintrittskarte für ein noch
folgendes Ereignis kann ich präsentieren. Könnte ich einen besonderen
Artikel online setzen? Nee, hab nix Großartiges geschrieben bisher
in diesem Jahr, alles Routinekram. Heute, in der Kälte, da war ich
beim Fußball-Freundschaftspiel Vatan Spor Mülheim gegen Türkspor
Essen. Vatan hat stark gespielt und 4:0 gewonnen, aber homepagetauglich
wird der Artikel nicht. Meine kreative Energie ist im Dezember im Sportjahrbuch
und im Sportmagazin hängen geblieben. Mein Akku befindet sich noch
in der Aufladphase. Könnte ich über einen Urlaub berichten? Auch
auf diese Frage gibt es ein "Nee". Urlaub? Hatte ich doch sowieso seit
zwei Jahren nicht mehr. Mir bleiben nur Träume und total verschmierte
Baedeker auf dem Wohnzimmertisch. Australien, Neuseeland, USA... am liebsten
überall hin, und am liebsten direkt hintereinander. Und die Uni? Irgendeine
veröffentlichungswürdige Hausarbeit? Nee, nur Blockseminaaaaaare.
Wenn ich das Wort schreibe, werde ich schon ganz müde. Einfach keine
interessanten Themen da.
Keine.
Was könnte ich Euch
bloß erzählen?
Vielleicht, dass ich vor
900 Zuschauern bei einer Hallenfußball-Meisterschaft Hallensprecher
war? Was das für ein Gefühl war, vor so vielen Menschen in ein
Mikro zu sprechen, obwohl ich das gar nicht kannte? Hmm... Oder vielleicht,
dass ich zum ersten Mal mit meinem Bruder zusammen (SIEHE UNTEN,
und ich bin schon 25!) gekocht habe, und das drei Stunden lang (für
meine Eltern)? Nee, das sind alles nur Nachrichten, kleine Notizen...
... und so saß ich
jeden Abend vor dem Bildschirm, dachte ein paar Sekunden nach, und landete
am Ende doch wieder in irgendeiner zu schreibenden Mail oder bei "Sensible
Soccer"!
Bis heute Abend! Denn da
fiel mir mein Jubiläum auf! Zwei Jahre Homepage! Wie war das noch
vor genau zwei Jahren?
... also eine Homepage.
3,49 Euro investieren. Im Monat.
Wofür?
Treffpunkt mit Thommy.
Erklärt mir das System. Komme mir vor wie Werner bei Meister Röhrich.
„Und dann muttu soooo tun, nu kuck“ „Ich kuck“... Ist gar nicht so schwer,
wie ich dachte.
Einfach mal drauflos
...
Wenn schon, denn schon!
Und dann noch ein Unterpunkt „Uni“, und „WAZ-Sport“, ach im Lokalteil hab
ich auch mitgearbeitet, Sportmagazin nicht zu vergessen, genauso wenig
der VfL... hui, da wartet ne ganz schöne Arbeit auf mich. Und noch
ein Unterpunkt... und noch einer...
3,49 Euro investieren.
Ich habe etwas mitzuteilen.
Es gibt nur dieses Leben. Und die Leute da draußen sollen wissen,
was ich denke, wie ich denke, was ich tue und warum ich es tue. Ob es meine
Freunde sind oder Leute, die mich noch nie gesehen haben, die in Brasilien
bei 30 Grad mit Blick auf die Copacabana im Internet-Café schwitzen
und aus Zufall meiner Page begegnen.
Wie wird die Seite wohl
ankommen?
Ist mir das überhaupt
wichtig?
Mache ich die Seite für
andere?
Mache ich die Seite für
mich?
Ist es ein Hobby?
Oder doch nur eine Ablenkung?
Ich weiß es nicht.
Learning by doing! Persönlich lernt mich auf diese Weise sowieso keiner
kennen. Das geht nur über den Blick in die Augen, das Gespräch,
die Gesten (fragt bei diesem Punkt lieber Kommunikations-wissenschaftler).
Ich weiß, dass
ich eins nicht sein will: ein furchtbarer Selbstdarsteller. Auch wenn ein
gewisser Exhibitionismus-Wille dazugehört, solch einen Seelen-Striptease
hinzulegen.
Mal schauen, was passiert.
Das alles hab ich so formuliert für "Müsli of thoughts", die absolut limitierte verschriftlichte Homepage-Buch-Version für meine Verwandtschaft und Freunde, die ich im Juni 2003 erstellt habe. Mal schauen, was passiert? Was ist passiert? 142 Einträge im Gästebuch, über 80.000 Zugriffe auf die verschiedenen Seiten, viele Kritikmails, neue Kontakte, positive und negative Stellungnahmen. Die Homepage hat mein Leben bereichert - und ich hoffe, auch das von einigen von Euch! Ein Ende ist nicht in Sicht.
Na das ist doch mal eine
gute Nachricht, oder?
Und ab der nächsten
Woche - versprochen - ist wieder mehr Feuer in der Bude.
... selbst zum Interviewten wurde
Hier sitzen also die Trainer
der Bundesliga. Hitzfeld. Sammer. Reimann. Und jedes Mal: Pidder Neururer.
Das ist er, der Presseraum des VfL Bochum. Nach jedem Heimspiel findet
hier die Pressekonferenz statt, und jetzt ist der Saal still und leer.
Kein Journalist ist da, kein Bundesligatrainer, kein Fernseher läuft.
"Nimm ruhig Platz", sagt Ben, der grad an seiner Kamera rumfummelt. "Wo
denn?" "Ja am besten da!" "Weißt Du, ob das der Stuhl vom Neururer
ist?" Als ob ihn das interessieren würde, aber ich will´s nun
mal wissen. "Hab die ein bisschen zurechtgerecht. Könnte gut sein."
Er ist´s bestimmt.
Ben ist "Filmer" und arbeitet
grad an seinem Erstlingswerk. Der handelt von Fans des VfL Bochum. Warum
sind sie Fans gerade des VfL? Haben Sie etwas ganz eigenes? Sein Ansinnen
teilte mir Ben in einer Mail am 23. Januar mit. Zu diesem Zeitpunkt hatte
er bereits die Journalisten Günter Pohl - Mitarbeiter bei RevierSport
und dem Bochumer Lokalradio 98,5 - und Christoph Biermann - Korrespondent
bei der Süddeutschen und Mitarbeiter bei der "taz" - abgedreht, ebenso
wie Autor Frank Goossen ("Liegen lernen"). Lauter bekannte Leute. Und nun
komme ich. Über meine Homepage sei er auf mich gestoßen. Aha.
Na gut, zu verlieren hab ich nichts, also gehe ich da mal hin.
Zwei Wochen später,
ein Treffpunkt ist ausgemacht. Mittwoch, 15 Uhr, Treffpunkt im Fanshop
am Ruhrstadion. Interview im Presseraum. Ich hatte eigentlich meinen Stammplatz
in der Kurve selbst vorgeschlagen, aber leider ging er da nicht näher
drauf ein (keine Ahnung warum, hätte ich jedenfalls passender gefunden).
So ein Ausflug ins Innere des Ruhrstadions ist aber auch nicht schlecht.
Habe eine Viertelstunde Verspätung (die Bahnen!!!) und er wollte fast
schon wieder einpacken, aber tataaaa, wir können doch noch loslegen.
Mensch, vor der Kamera habe ich noch nie gestanden oder gesessen. Tonprobe,
eins zwei drei, sag mal was leises, was lautes... "Neulich", erzählt
Ben, "habe ich Frank Benatelli interviewt, und da war der Ton nicht okay."
Wow... Pohl, Biermann, Goossen, Benatelli. "Und bald kommt noch der Fan-Beauftragte
Moppel." Der auch noch... warum braucht der dann noch ein Interview mit
mir? Diese fünf gehen doch sowieso vor. Und für ein 45-Minuten-Werk
brauchst Du doch nicht viele Stimmen. Na gut, ich sag ihm nichts und warte
gespannt auf die Fragen. Einmal selbst Interviewter sein, auf dem Pidder
sein Stuhl. Komisch.
Ben holt seinen Zettel raus.
Kamera läuft. Bloß nicht in die Linse starren, sähe blöd
aus. Hmm... individuell ist das Interview ja mal gar nicht. Auf meine Homepage
geht er mit keiner Silbe ein. Schnell stelle ich fest, dass es ihm darum
geht, Gemeinsamkeiten zwischen den VfL-Fans herauszuarbeiten und nicht
auf Details einzugehen.Scheinbar hat er jedem dieselben Fragen gestellt...
Wie bist Du VfL-Fan geworden? Was war das schönste Spiel? Was war
das schlechteste Spiel? Wie hast Du die Abstiege in Erinnerung? Wie würdest
Du die VfL-Fans charakterisieren? Was hältst Du von den Klischees
über VfL-Fans? Was ist Deine Lieblingsmannschaft? Mit welchem anderen
Verein sympathisierst Du? Welchen anderen kannst Du gar nicht leiden? Was
ist Dein Lieblingsspieler? usw... sehr interessiert ihn offenbar die "gute
alte Zeit" mit Lameck, Oswald, Woelk und Co., die er selbst als Kind miterlebte.
Ein zentraler Punkt der Doku soll das legendäre 5:6 gegen die Bayern
in den 70ern werden, ein Spiel, an das ich mich ja mal so gar nicht erinnern
kann... lachen muss Ben bei meiner (sinngemäßen) Antwort, dass
Dariusz Wosz unter anderem aus Liebe zum Verein zurückgekehrt wäre.
"Jaja, der Wosz kommt aus Liebe zum Verein zurück", sagt er. "Ach
lass mir doch meine Illusion", antworte ich. Würd mal gern wissen,
was er mir da verschweigt. In seiner vorletzten "taz"-Kolumne hat der Biermann
auch so seltsame Andeutungen gemacht...
Nach 75 Minuten ist es vorbei.
Die Kassette ist voll, Ben hat alle Fragen gestellt... ich mache mir keine
großen Hoffnungen, dass ich oft in der Doku zu sehen sein werde.
Erstens hat er viel bekanntere Leute interviewt, zweitens waren meine Antworten
wohl nicht immer nach seinem Geschmack (ich hab zum Beispiel nicht wie
80 Prozent der anderen gesagt, dass ich mit St. Pauli sympathisiere - muss
ich das extra erwähnen? Fast jeder mag St. Pauli!). Wahrscheinlich
führt er am Wosz-Beispiel (verflixt, was steckt dahinter? Das interessiert
mich wirklich!) vor, wie leichtgläubig VfL-Fans sind... Egal.
Was bleibt, ist eine interessante
Erfahrung.
Hier der Link:
www.vfl-doku.de
(Diese Seite soll sehr bald auf die Dokumentation zugeschnitten sein)
Anmerkung:
Wann und wo die Doku gezeigt wird,
wusste Ben noch nicht. Wird an dieser Stelle aber nachgereicht!
... "schwarz" fuhr
Gründonnerstag. Ein
halber Tag ist schon rum, eine ganze lange laute Nacht liegt vor mir. Gründonnerstag,
morgen ist Karfreitag. Die ganze Welt hat frei. Feiertag. Gedenktag. Feiertag
mit einem "höchster christlicher" davor. Im ganzen Ruhrgebiet hat
keine Disco geöffnet. Im ganzen? Das gilt natürlich nicht für
die Turbinenhalle. T-Club. Verabredet um 22 Uhr mit Nadine und Björn.
Gründonnerstag, 20.15
Uhr. Düsseldorf Hauptbahnhof. Die S-Bahn Richtung Dortmund Hbf fährt
hier los. In fünf Minuten wird sie eintreffen. Gemäääächlich
zupfe ich am Reißverschluss meiner schwarzen Kaufhof-Arbeitsumhängetasche,
ziehe den Discman hervor, wechsle die CD aus und rocke dann in Gedanken
mit zu den Klängen von "I can´t win" von den Strokes. All die
Leute um mich herum haben keine Ahnung, was in meinem kleinen Hirn vor
sich geht, und ich? Ich rocke gerade quer durch New York, träume schon
wieder (zum hundertsten Mal heute) vom Sommerurlaub. Vorbei und schon vergessen
ist das Fußballspiel, das ich bis vor 30 Minuten noch sah. TuRu Düsseldorf
gegen VfB Speldorf, 2:2. Es war gar nicht mal schlecht, denke ich, als
die S-Bahn einfährt. Ich steige ein, bemerke zwei komische Gestalten,
die ganz so wie Security-Affen (sonst eins meiner Lieblingswörter
bei meinen VfL-Tagebuch-Berichten) aussehen. Security-Affen, die auch Fahrkarten
kontrollieren dürfen. Macht aber nix, hab ja meinen Studentenausweis
dabei.
Wieder und wieder und wieder
höre ich mir "I can´t win", "Reptilia", "The end has no end"
und die zahlreichen anderen Knallerstücke von den Strokes an, als
die Affen tatsächlich auch vor mir stehen und "Den Fahrausweis bitte!"
brüllen. Dass sie brüllen, liegt vielleicht an der Lautstärke
meines Discmans. Ich ziehe mir den rechten Kopfknopfhörer aus dem
rechten Ohr, fummle meinen Studentenausweis aus meinem Portmonee (wie schon
tausend Mal in den letzten paar Jahren) und präsentiere ihn den kritischen
Augen des Prüfers. Der wirft einen kurzen Blick darauf (kurz=eine
Sekunde) und meint trocken: "Ist abgelaufen".
Bumms. Schock.
"Hä??? Abgelaufen???
Sagen sie mal, wollen sie mich reinlegen?" "Nee, der ist abgelaufen!!"
"Gut, ich gebe zu, dass das Datum nicht leicht zu erkennen ist; aber schauen
sie doch mal ganz genau hin!" "Nein, brauche ich nicht. Der ist abgelaufen,
sie fahren schwarz." Kein Blick mehr. Der ganze Waggon hört zu, es
ist eine soziale Schweinerei, die hier passiert. Es ist ein Test für
meine Geduld. Dieser Typ hat keinen Schimmer von nichts. Im linken Ohr
"I can´t win", und der behandelt mich wie einen Schwerverbrecher.
Ruuuuhig Andi gaaaanz ruuuuuhig. Du bist im Recht, Du bist im Recht, Du
bist im Recht. "Ihren Personalausweis bitte!" Ich mache das, was ich nicht
hätte tun dürfen. Ich lasse mich aufschreiben, aber nicht schweigend,
sondern vernehmbar grummelnd. So eine Flachbirne, der auch noch mit dem
BGS droht. Selbst wenn ich schwarz fahren würde, wäre solch eine
Behandlung eine Sauerei. Das ist Psycho-Mord, wenn das einen labilen Menschen
trifft (ich stelle fest, dass ich zum Glück sehr stabil und selbstbewusst
bin). Was habe ich dem Mann getan? "Und wenn Sie doch eine gültige
Fahrkarte vorweisen können, verfällt die Zahlung. Das müssen
sie bei der Bahn tun!" "Hörn sie mal. Ich will mir diesen Weg sparen.
Schauen sie sich doch meinen Ausweis mal genau an!" Nichts, nichts und
wieder nichts. Der Mann bleibt hart. Mittlerweile ist der Duisburger Hauptbahnhof
erreicht, die Strokes-CD ist abgelaufen. Die restlichen zehn Minuten in
der Bahn bringe ich ruhig hinter mich. Mit meinem ersten halben "Strafbefehl"
in der Tasche stapfe ich wutentbrannt Richtung Wohnung.
Wenn ich eins hasse, dann
ungerecht behandelt zu werden.
Epilog:
Wort für Wort der oben
stehenden Geschichte ist wahr. Den dazu gehörigen Aufdruck des Studentausweises
seht Ihr oben. Klickt Euch das Bild einfach größer. Ich habe
viele meiner Freunde um ihre Meinung gebeten, und fast 90 Prozent haben
nach drei Sekunden Draufgucken als Datum (richtigerweise) den "30.9.2004"
erkannt. Am Dienstag, 13. April 2004, bin ich zur Außenstelle der
Deutschen Bahn am Mülheimer Hauptbahnhof gegangen, um (nach Vorlage
einer Studentenbescheinigung) das Überweisungsformular für die
40 Euro zurückzugeben. Und der Witz an der Sache: Für diesen
"Akt" nahm die Bahn 2,50 Euro Bearbeitungsgebühr, und das noch durch
einen unfreundlichen und gestressten Beamten am Schalter (Herr Bellanca).
"Sie können auch Einspruch einlegen", sagte er zu mir, nachdem ich
meinen Unmut über die 2,50 Euro geäußert hatte. Nur weil
ein dusseliger Security-Affe nicht in der Lage war, ein Datum zu lesen,
musste ich 2,50 Euro bezahlen, einen Extra-Weg gehen und einen ganzen Zugwaggon
unterhalten.
Eine Frechheit!
Eine bodenlose Unverschämtheit!
Den Aufdruck auf dem Ausweis
aktualisiere ich nun mit Absicht nicht mehr. In der Hoffnung, dem Security-Typen
noch einmal zu begegnen.
... jeden Sonntag leide
Das gibts doch nicht, das
gibts doch nicht, ich halts nicht aus, ich halts nicht aus. Warum wird
denn dieser Liveticker auf der Bochumer Homepage nicht mehr aktualisiert?
Warum sagen die denn im Radio nichts. Ich will keine Musik hören,
ich will wissen, wie es steht. Jetzt schaltet doch schon endlich rüber
nach Köln (bzw. Stuttgart bzw. ins Ruhrstadion)... boaaaah, warum
klingelt jetzt das Telefon? Ich will nicht mit Trainern von Kreisliga-B-Mannschaften
telefonieren. Ach, diese verdammte Geldverdienerei. Nur deshalb hocke ich
in der grauen Redaktion, telefoniere und telefoniere und telefoniere; okay,
mit vielen netten Leuten, aber hey, es ist zwischen 17.30 Uhr und 19.15
Uhr - der VFL SPIELT!!! Das gibts doch nicht. Meine Arbeitskollegin Tina
schüttelt mit dem Kopf. Menschmenschmensch... Einblendung in Bochum;
Sabine Töpperwien kommentiert... "Und Ecke für den VfL... Wosz
läääuft annn!" Aufspringen, hinsetzen, aufspringen, hinsetzen,
Hände in die Luft.... "... und der Torwart pflückt den Ball gaanz
sicher runter!" Der Live-Ticker ist langsamer. Er kündigt grad erst
die Ecke an. Telefon klingelt wieder. Ich geh nicht dran; kann ja immer
noch so tun, als sei ich grad auf Toilette gewesen. Nichts passiert. Kein
Tor. Puh, wieder ein paar Sekunden bis zum Schlusspfiff überstanden.
Durchschnaufen. Durchschnaufen. Durchschnaufen? Sehe die Jungs vor mir,
die Jungs mit den blau-weißen Schals, unsere "Quatscherei", die "Lacherei",
den Verkäufer aus dem City-Grill, die Currywurst-Pommes-Majo, und
doch... schaue ich auf das Mülheimer Einkaufszentrum "FORUM", schaue
auf die Hochhäuser der Mülheimer Möchtegern-Skyline. Das
Spiel ist soooo weit weg... sooooo weit weg. "Ich werde das bis zum Abpfiff
nicht überleben", schreibe ich per sms zu Dirk nach München,
zu Gerd in die Kurve. Und zu Tina sag ichs, die mir immer noch gegenübersitzt
und mich anschaut, als würde sie mich nicht mehr für voll nehmen
(nimmt sie wahrscheinlich auch nicht). Ich leide. Ich leide. Ich leide.
Ich halts nicht aus. Spielende rückt näher. Schlusskonferenz.
"Und wir geben rüber zu Sabine Töpperwien..." Live dabei sein,
aber nur am Radio. So machtlos sein. Das Gefühl haben, als Fan nichts
tun zu können. Im Stadion, da ist das Gefühl anders. Du feuerst
mit an, gibts Deine Stimmkraft, siehst selbst das Spiel. Doch vor dem Radio?
Ich leide, ich verzweifle. Und erlebe den Schlusspfiff als Erlösung.
Egal, wie das Spiel ausgegangen ist: Ich habs überstanden.
Auch hier ein Epilog:
Leute, erklär mir mal
einer den Spielplan: Wie schon im letzten Jahr, so ist der VfL auch diesmal
die Nummer eins bei den Sonntagspielen (Acht Mal !!!!). Und keinen VfL-Fan
stört das wohl so sehr wie mich (für alle, die es noch nicht
wussten: Der Sonntag ist mein Haupt-Arbeitstag). Ausgerechnet finden auch
noch viele Superspiele am Sonntag statt (beide Dortmund-Partien, einmal
Schalke, einmal auswärts Köln, auswärts Stuttgart, dazu
noch die ausverkauften Heimspiele gegen Bremen und Mönchengladbach).
Unfassbar!!! Sonntagspiele sind die allerschlimmsten.
Nur weg damit.
Sonst bin ich das erste
Todesopfer des unmöglichen Bundesliga-Spielplans...
... Post von einem Ghostwriter bekam
Huch, was wunderte ich mich
doch beim Blick in meinen Postkasten, als mir dort neben dem Donnerstag-Kicker
(hää? Warum kommt der erst jetzt? Ist doch schon Samstag!) auch
zwei Karten entgegenfielen... einmal eine Autogrammkarte von Mirko Votava
aus seiner Bremer Zeit von 1988, und eine antike Postkarte mit der VfL-Mannschaft
von 1975/76. Schön und gut, aber welcher Schlaukopf hat diese Karten
via Briefträger dort platziert?
Genau das fragte ich mich
auch, und ZACK schon drehte ich die Karten um, um ein paar bemerkenswerte
Zeilen zu entdecken: "Manchmal frag ich mich, z.B. bei der morgenlichen
Lektüre des lokalen WAZ/NRZ-Sportteils, ob die berichtenden Sportjournalisten
bei Begegnungen unterklassiger Fußballmannschaften einen ehrlicheren
Schreibstil verwenden, wie die verehrten Kollegen und möglichen Vorbilder,
allen voran unser hochgeschätzter Günther Pohl "Sexsymbol", wenn
jene von der großen Fußballbühne berichten. Und wie lange
muß ein karriereorientierter Jungjournalist eigentlich über
Amateurveranstaltungen informieren bis er sich einen Platz in der Beletage
der schreibenden Zunft ergattern kann? Fragen über Fragen - und alle
bleiben höchstwahrscheinlich unbeantwortet. Dabei kam ich mit deinem
Bruder, das Luder, welches in Trier studiert, gleich beim ersten Flirt
ins Gespräch. Ha! Aber vielleicht sind dir ja Leute, die mal bei Mäc
Dreck gejobbt haben, zuwider und unter deiner Würde. Oder steht dir
einfach nur ständig dein introvertierter Geist im Wege?" Uuuuuuhhhh...
böses Foul! Ich hab keine Ahnung, wer mir da schreibt, erfuhr aber
von meinem Bruder Thommy, dass es sich wohl um einen Kerl namens Tobias
handeln soll, der mich versucht haben muss anzusprechen, aber abgewiesen
worden sei... Tschuldigung, falls es so gewesen sein sollte, aber jetzt
auf diesem Weg??? Wenigstens ist es eine skurrile Story mehr für meine
Homepage. Wenigstens das.
Eigentlich sollte übrigens
wohl noch eine dritte Postkarte folgen, aber die fand den Weg in meinen
Postkasten nicht.
Falls eine Fortsetzung folgt,
werdet Ihr selbstverständlich darüber informiert!
Vielleicht klärt sich
ja bald alles auf. Auf solche Postkarten-Spielchen hab ich nämlich
gar keinen Bock.
Anonym ist panne.
FORTSETZUNG AM 24.5.2004
Tätääää,
die dritte Postkarte ist nun auch eingetroffen, und mit "Tobias" unterzeichnet.
Auch hier gibt es weitere ironische Anmerkungen (z.B. "Schon komisch, da
fahren in der Saison 02/03 zwei Mülheimer nach Rostock, kennen sich
zumindest vom aus dem Weg gehen und reden kein einziges persönliches
Wort miteinander. Bin ich etwa der Kinderfresser von Buxtehude und habe
noch blutverschmierte Kinderhandabdrücke auf meiner Jeans? Oder kannst
du meinen IQ am Gesichtsausdruck ablesen? Manchmal frag ich mich, wer von
uns beiden eigentlich der größere Idiot ist. Wahrscheinlich
ich.")
Nun, wenn ich ihn in Rostock
wirklich als Mülheimer identifiziert hätte (es waren nur 200
VfL-Fans da), dann wäre mir das wohl aufgefallen und eine Erwähnung
im Text wert gewesen. Nun gut, lassen wir es dabei bewenden. Warum diese
Geschichte auf dieser HP steht, wollt Ihr bestimmt wissen... Erstmal hoffe
ich nicht, dass diese Aktion Nachahmer findet. Zweitens finde ich es echt
affig, per Postkarte solche Sätze loszuwerden. Muss nicht sein. Und
drittens weiß ich nicht, was ich diesem guten Mann getan habe und
was er eigentlich will. Mir sagen, dass er mich scheiße findet? Dass
ich beim nächsten Mal "Hallo" sage, wenn ich ihn erkennen sollte?
Wem ist dann geholfen? Wird sein und mein Leben dadurch lebenswerter (ich
habe durchaus arrogantes Potenzial, wie Ihr seht - haben glaube ich alle
Journalisten)?
Na egal. Jedenfalls hoffe
ich, dass diese Aktion nun ein Ende hat und es keine Fortsetzung mehr gibt.
DES RÄTSELS LÖSUNG KAM IN MAINZ IM JAHR 2004 UND IN BREMEN IM JAHR 2005 !
Die unschönste Szene: Hakan Turna von Galatasaray liegt schwer verletzt auf dem Boden
... Thomas Gottschalk spielte
Es sollte ein lebendiger
Erlebnisbericht werden. Es sollte ein Text über das Gefühl werden,
wie es ist, im Mittelpunkt zu stehen, vor über 1000, ja sogar 1500
Menschen ein Mikrofon in der Hand zu halten. Darüber, wie sich Thomas
Gottschalk wohl fühlt, wenn er weiß, dass das ganze Saalpublikum
ihm ins Gesicht schaut, an der Hose und dem Pulli, dem Hemd, den Schuhen,
an was auch immer, herummäkelt. Es sollte ein Text über eine
Erfahrung werden, wie ich sie erst zum dritten Mal in meinem Leben machen
durfte.
Doch auch vier Wochen nach
der Siegerehrung verspüre ich keine allzu große Lust, das Geschehene
zu verewigen. Und ich belasse es bei ein paar Sätzen, ein paar Worten.
Nein, mit mir ist nichts passiert. Im Gegenteil: Okay, zu Beginn war ich
ein wenig vernuschelt und schlecht zu verstehen. Aber von Nervosität
war bei mir keine Spur, ich bin immer lauter und selbstsicherer geworden,
hatte keinen einzigen Fehler bei Torschützen, und das ist im Rahmen
einer fünfstündigen Veranstaltung schon etwas Besonderes. Und
als Bonbon hat sogar mein Bundesliga-Ergebnisdienst funktioniert, was aber
zwei Stunden lang ein Höchstmaß an Konzentration anforderte,
da ich mit den beiden Augen auf das Spielfeld schaute, um kein Tor zu verpassen,
und mit beiden Ohren einem Radio lauschte, um kein Tor in der Bundesliga
zu verpassen. Einmal gab es eine Zwickmühle, als in der Halle ein
Tor fiel und WDR-2-Reporter Manni Breuckmann "Elfmeter in Bochum" brüllte.
Ich wartete Madsens Tor gegen Ostwestfalen ab und sagte beides durch. Nee,
mit mir ist nichts passiert.
Aber mit der Veranstaltung.
Es lief alles so perfekt. Eine tolle neue Halle, mehr oder weniger originelles
Rahmenprogramm, viele Zuschauer, tolle Spiele, viele Tore - und das ganze
volle drei Stunden lang. Bis zur ersten Halbzeit des Promi-Spiels, an dem
Frank Mill, Klaus Fischer, Matthias Herget und Didi Schacht teilnahmen.
Dann nahm alles seinen Lauf: Ein Nasenbeinbruch im Promi-Spiel, ein aufgeschlitztes
Schienbein von Galatasaray-Spieler Turna, ein abgebrochenes Halbfinale
zwischen Galatasaray und Rot-Weiß, eine Rote Karte für Galatasaray-Spieler
Harputlu wegen einer vermeintlichen Tätlichkeit gegen den Schiedsrichter,
fehlender Ordnungsdienst, besoffene Fans und eine hässliche Schlägerei
am Spielfeldrand. Provokationen von allen Seiten, eine Aktion "Respect"
für mehr Verständnis und Fairness untereinander, die vollends
nach hinten losging. Am Ende gewann der Favorit VfB Speldorf. Das Endspiel
endete 3:1 gegen Rot-Weiß. Doch ich hatte zu diesem Zeitpunkt schon
lange abgeschaltet und meinen Dienst nur nach Vorschrift erledigt.
Selten hatte ich mich auf
einen beruflichen Termin so gefreut, und selten war ich so desillusioniert.
... in der "Rheinpfalz" stand
Also dass mein Bruder einen meiner Texte für die Lesung gekürzt und modiziert hat (bin mal gespannt wie), nämlich den aus dem Stuttgart-Spiel im Frühjahr 2003, das hat er mir schon vor etwas längerer Zeit angekündigt. Dass er ihn auch noch von "Gustl" selbst vorlesen lassen will, war vor drei Tagen eine richtig nette Neuigkeit. "Kann ja über mich selbst lachen", sagte "Gustl" dazu nur. Und dann kam der Anruf, heute, am 14. April, am Tag nach der Lesung. "Waren zwar nicht so viele Leute da", sagt mein Bruder, "dafür stehst Du aber im 'Rheinpfalz', das ist hier so etwas wie die WAZ." Hää? "Scan mal ein und mails mir", sagte ich zu ihm. Er mailte es mir, und mich traf der Schlag. Während ich in Straelen abhang und mir das Fußball-Verbandsliga-Spitzenspiel SV Straelen gegen VfB Speldorf ansah, las im Lauterer Kammgarn ein Bundesligatorwart einen Text dieser Seite, und den meinte ein Rheinpfalz-Journalist sogar noch veröffentlichen zu müssen. Hut ab! Zur Vergrößerung einfach nur auf den Artikel klicken. Und hier nochmal schwarz auf gelb: "Sein Namensvetter ließ den zu Beginn sichtlich nervösen Fußballer einen Text vorlesen, der ein Wiedersehen des Keepers mit einem Ex-Klub thematisiert. Es ging dabei zwar um eine bittere Niederlage Ernsts, dennoch lockerte ihn die Geschichte auf. Sie stamm vom Bruder des Autors, Andreas Ernst, der im Internet humorige Spielberichte veröffentlicht." Baff. Und im "RevierSport" gibts die nächste Erwähnung, aber nur indirekt. In einem Interview mit "Gustl" zum bevorstehenden Spiel Kaiserslautern gegen VfL (das ich leider nicht besuchen kann, weil ich parallel wohin muss? Na klar, zur Fußball-Verbandsliga!) meint der supersympathische FCK-am-Sonntag-hoffentlich-daneben-Schnapper sinngemäß: "Mit dem Patzer wurde ich bei einer Lesung konfrontriert. Mein Namensvetter hat mir einen Text dazu vorgelegt." Meine Güte, da formulierst Du ein paar komische Sätze über ein Fußballspiel, das Du gesehen hast. Und dann? Dann stehst Du auf einmal in der "Rheinpfalz"!
... auch noch im Fernsehen Erwähnung fand
Da denkste nix böses,
auch noch am Sonntagabend, ein anstrengender Tag ist grad zu Ende. Heute
Morgen noch Handball, Verbandsliga, HSG Mülheim gegen Turnerbund Ratingen,
dann nachmittags an die deutsch-niederländische Grenze, Viktoria Goch
gegen VfB Speldorf, müder Kick, 1:0 für Speldorf, Tabellenführung
erfolgreich verteidigt. Und jetzt das. Thommy und Gustl. Thomas Ernst und
Thomas Ernst. Mitten auf meinem Fernseher. Riesengroß. Zum Anfassen.
Und daneben Birgit Prinz. Noch so ein Typ. Und mutmaßlich der Moderator.
Nee, quatsch, das ist alles
nur die halbe Wahrheit. Na klar, Thommy, Gustl und der Rest sind tatsächlich
auf dem Bildschirm, aber das Ganze habe ich für die Ewigkeit feinsäuberlich
auf Video mitgeschnitten und schaue es mir nun, Sonntag, kurz vor Mitternacht,
ganz in Ruhe an. "Sportkalender" heißt die Sendung auf HR 3, das
ist so ein West-3-Sport-im-Westen-Verschnitt auf hessisch. Es geht um die
"Fußball und Sexualität"-Passagen aus der Lesung
der beiden, nebenbei werden Birgit Prinz, ihres Zeichens Weltfußballerin,
und der Fraggle von der Frankfurter Eintracht (die haben einen Präsidenten??)
zu diesem und persönlichen Themen befragt. Anruf um kurz nach zwölf.
"Und?", fragt der Fernsehstar in meiner Familie. Hat sich gut verkauft.
Nicht versprochen, nicht verhaspelt, durfte sogar das Wort "Sexismus" erwähnen.
Gustl und er konnten den Sinn des ganzen Leseprojektes ziemlich gut verkaufen.
In Wiesbaden morgen wirds rappelvoll. "Aber lass uns morgen quatschen!"
Jaja, ist klar. Und er verschwindet zur Nachbesprechung mit dem Redaktionsteam.
Ich spul zurück und schau mir eine Stelle ganz genau an. Einmal, mit
einem
Nebensatz, da hat er auch mich, diese und meine Homepage erwähnt.
"Woher haben Sie die Texte", fragte der Moderator. "Es sind nicht nur eigene,
sondern auch die von Autoren, die ihre Einverständniserklärung
gegeben haben, wie Ror Wolf, Eckhard Henscheid, Jürgen Roth - oder
auch von der Homepage meines Bruders, der im Internet ein Fan-Forum betreut".
Naja, Fan-Forum ist etwas zu hoch gegriffen. Aber naja, ein bisschen stolz
machts mich schon.
... ein Lebensziel erreichte
Mit 16, ich weiß es
noch genau, zehnte Klasse, Klassenfahrt nach Berlin, Blue Curacao mit Orangensaft,
und das auch noch in ziemlich großen Mengen, kurz vor der Oberstufe,
mittlere Reife also quasi in der Tasche, VfL pendelt zwischen den Ligen
eins und zwei, selbst erstes Jahr A-Jugend, kurz vor der Mallorca-Fahrt,
die "Erste" des VfB krebst im Mittelfeld der Landesliga rum, mit 16 also,
zehnte Klasse, da fasste ich mir ein paar Lebensziele. Erstens: Der VfL
Bochum soll irgendwann mal international spielen - erreicht. Zweitens:
Der VfB Speldorf soll in die Oberliga Nordrhein aufsteigen - erreicht.
Drittens: Ich will das Abitur schaffen - erreicht. Viertens: Ich will mal
verliebt sein - erreicht. Fünftens: Ich will einmal einen Text im
"Kicker Sportmagazin" veröffentlichen, am besten über einen Oberligisten
VfB Speldorf.
Tja, und jetzt?
... mit der Telekom stritt
Oh man, wie liebe ich diese
drei Buchstaben. D, S und L. DSL, Flatrate, hurra. Was hat die Welt, was
haben wir Journalisten bloß ohne Internet gemacht? Fast jede Nachricht,
jeden Termin checken wir im Netz gegen, in der Redaktion, zu Hause, sind
wir, bin ich, immer online. Immer! Wenn ich mal länger als drei Stunden
nicht "drin" sein kann, dann fehlt mir was. Das Wort "nackt" gebrauche
ich gern in diesem Zusammenhang. Mitte Oktober, der Herbst ist mal lausig-schaurig-kalt
und mal richtig knackig goldig-warm - die Wetterprognose für die nächsten
Tage ist positiv. Hurra. Uhren umstellen, das Wetter genießen, an
der Ruhr entlang spazieren, Fahrrad fahren (naja, im Moment eher nicht,
ein Platten verhindert das). "October" von U2 hören. "Wake me up when
September ends" von Green Day ist out mittlerweile. September ist
beendet.
... und dann betrete ich
die Wohnung, klicke auf "DSL", dann auf "OK" und erschrecke. Geht nicht.
Kann DSL-Modem nicht finden. Netzwerkkabel nicht angeschlossen. AAAAAAAHHHHH!!!!
Das kann nicht wahr sein! Das gibt es nicht! Das ist unfassbar!!! Ich will
und muss Mails abrufen, schreiben, die Homepage aktualisieren, Sachen nachschlagen,
für die Uni, für den Beruf. Ich muss!!! Und dann...? Ich stöpsele
alle Stecker raus und wieder rein, wie man das so macht in einem solchen
Fall. Überprüfe alles, was geht, probiere es stundenlang immer
und immer wieder. "DSL" klick, "OK" klick. Geht nicht. Das entscheidende
Licht im DSL-Modem blinkt im knalligen Rot. Aber diesmal ist Grün
meine wirkliche Lieblingsfarbe. Nicht online gehen können. Nackt.
Wirklich nackt.
Was tun? Vor allem nachts
um kurz nach zehn!? Naja, die Telekom rühmt sich als 24-Stunden-Unternehmen,
da wird garantiert noch ein Callcenter-Mitarbeiter spät nachts ein
wenig Zeit für mich aufbringen. Schnell die Nummer gewählt und
rein in die Warteschleife. Wartwartwart. Die Sekunden verrrrriiinnnnnnennnn...
die Tagesthemen fangen an, sind fast auch schon wieder um. Und dann...?
Hoppla, welch ein Dialekt. Bin in Leipzig gelandet. Im Telekom-Center in
Leipzig. Ich schildere mein Problem, und die erste Frage ist natürlich?
"Sind denn auch alle Stecker richtig drin?" Aaaaahhhhh!!! Kleiner Ausraster...
"Hören Sie, ich weiß, Sie müssen diese Frage stellen und
oft genug wirkt sie, aber ich telefoniere seit 24 Jahren und bin mir wohl
bewusst, dass man erst richtig montieren muss, um alles benutzen zu können.
Ich bezahle jeden Monat dafür, bei mir liegt nicht das Problem. Also
sorgen sie dafür, dass ich mein DSL wieder BENUTZEN kann!" Auf der
anderen Seite ein leichtes Knirschen, oje, war wohl etwas zu laut. "Warten
sie mal... ich schaue nach!" Warteschleife... Gefühlt wird es Mitternacht,
1 Uhr, 2 Uhr, boaaaah, ich muss doch online gehen. Es knackt wieder. "Hallo!?
Noch da?" Ja, ich bin noch da! "Hören sie, sie haben gar kein DSL!?!"
Wie bitte? Kein DSL? "Nein, schauen sie mal in ihre Telefonrechnung! Sie
haben kein DSL!" "Junge Frau, seit vier Jahren benutze ich DSL! Seit vier
Jahren!! Und ich bezahle das jeden Monat! Ich schaue selbst nach!" Das
mache ich dann auch und erschrecke... seit Juni 2004 steht DSL tatsächlich
nicht mehr drin. "Sehen Sie", piepst jemand am anderen Ende der Leitung.
"Machen Sie heute Abend ein Fass auf. Sie haben anderthalb Jahre DSL benutzt,
aber nicht bezahlt. Und somit ein paar Hundert Euro gespart."
Die Telekom. Eine unendliche
Geschichte.
... zu Wasserpistolen-Ernst wurde
So langsam können die
Mails mal aufhören. Oder die sms. Oder die Begrüßungen
am Telefon. "Sag mal Andi... neulich in der WAZ... das warst doch... mit
der Wasserpistole... DU!" Damit ich nicht immer die gleiche (wahre) Geschichte
erzählen muss, hier ganz langsam zum Mitlesen! Es war ein normaler
Dienstagmittag in der WAZ-Lokalredaktion in Mülheim. Ich "schob" meinen
regulären
Dienst, der die Teilnahme an der Mittagskonferenz, einen Termin, eine verpatzte
Umfrage (nur unfreundliche Leute auf der Straße, typisch Mülheim
- alle wollen Umfragen in der Zeitung lesen, aber keiner macht mit - vielleicht
bin ich aber auch nur nicht der richtige Mann für sowas), eine Mittagspause
auf dem Weihnachtsmarkt, die Bearbeitung meiner Sporttabellen und eine
Menge Telefonate beinhaltete, als gegen 16.25 Uhr (ich wähnte mich
schon fast auf der Zielgerade Richtung Feierabend) unser Fotograf Ilja
auf mich zustrebte. "Sag mal", so fing er an, "hast Du mal fünf Minuten
Zeit?" Ja, hatte ich, ich konnte mich so gerade eben von einigen Polizeimeldungen,
die abgetippt und umformuliert werden mussten, lösen. Ilja lotste
mich ins Mülheimer Einkaufszentrum Forum und verriet mir, worum es
sich dreht. "Gerade hat das Haupthaus angerufen. Die brauchen für
die Aus-aller-Welt-Seite im Mantel ein Foto zum Thema Street Wars." Ich
fragte: "Street Wars??" Ilja antwortete: "Das sind Leute, die mit Wasserpistolen
durch die Innenstädte laufen und sich gegenseitig nach einem bestimmten
System abschießen. Und die Politiker sind dagegen." Ich: "Und was
willst Du für ein Foto machen?" "Ist doch klar: Du mit einer Wasserpistole
in der Hand hinter irgendeiner Ecke. Aber keine Angst: Dein Gesicht ist
unscharf, nicht zu erkennen." Wir spazierten locker ins Geschäft "Steffi's
Kinderparadies", erwarben für zwei Euro eine Wasserwumme, Ilja platzierte
mich hinter einen Nikolaus, bat eine ahnungslose Passantin, das Blitzgerät
zu halten, und schoss ein Foto nach dem anderen. Aus fünf Minuten
wurden 15 und schließlich sagte Ilja kurz "Danke". Naja, mein Gesicht
ist ja nicht zu sehen, dann wirds nicht so peinlich.
Und dann schaute ich am
nächsten Morgen in die Zeitung...
... mich als Eppinghofer outete
Nachzulesen in der WAZ Mülheim (40.000 Exemplare) am Samstag, 13. Januar 2007
Es war ein Mittwochmittag
(glaube ich) in der Redaktion, als ich mit der Idee eines Arbeitskollegen
konfrontiert wurde. "Wir machen", sagte er, "eine Themenseite zum Stadtteil
Eppinghofen." Eppinghofen, Viertel hinter dem Bahnhof, Mülheims Problem-Stadtteil
im neuen Jahrtausend. Und auch mein Stadtteil. Naja, eigentlich
bin ich ja - Mülheimer, aufgepasst! - Broicher. Mein erstes Lebensjahr
verbrachte ich in der Stadtmitte, vom 2. bis zum 23. wohnte ich dann in
Broich, erst in der elterlichen, dann in der ersten eigenen Wohnung. Doch
irgendwann wurd's zu klein. Und über verschlungene Pfade fand ich
dann nach Eppinghofen. In eine Arbeitergegend.
Eppinghofen, was sagt
eigentlich das Netz dazu? Eine Eppinghofer Werbegemeinschaft (also einen
Zusammenschluss der Geschäftsleute), wie in so vielen anderen Mülheimer
Stadtteilen, gibt es nicht. Einen Unterpunkt "Eppinghofen" auf der städtischen
Homepage suche ich ebenfalls vergeblich. Gar nicht so leicht. Von verschiedenen
Seiten suche ich mir die Informationen mühsam zusammen.
Eppinghofen also, eine Themenseite.
"Weißt Du was", sagte ich zu meinem Arbeitskollegen, "ich kann doch
was aus der Ich-Perspektive schreiben." Gesagt, getan, gebongt. "Gute Idee",
antwortete er, "mach mal." Es wurden dann zwar nur ein paar Zeilen, aber
gemeinsam mit zwei Lokalpolitikern und Zarko, dem Wirt meiner Stammkneipe,
bin ich nun einer der bekanntesten Eppinghofer.
Was ergibt nun ein Spaziergang
durch meinen Stadtteil? Eppinghofen beginnt direkt hinter dem Taxi-Ausgang
des schäbigen Mülheimer Hauptbahnhofs. Die Eppinghofer Straße
(die Eppinghofen mit der Innenstadt verbindet, übrigens liegt die
WAZ-Redaktion an der Eppinghofer Straße 1-3) wird in den reicheren
Stadtteilen etwas abfällig als "Mini-Istanbul" bezeichnet. Warum?
Döner-Laden reiht sich an Döner-Laden, nur unterbrochen von türkischen
Frisören, Cafés und Gemüsegeschäften. Ist das schlimm?
Nein, auf gar keinen, wirklich GAR KEINEN Fall. Hier auf den Straßen
ist immer etwas los und wer etwas genauer hinschaut, entdeckt auch ein
afrikanisches Geschäft. Hier läuft sich Eppinghofen über
den Weg. Weiter spazieren: Einfamilienhäuser gibt es hier fast gar
nicht. Hier wohnen - ähnlich wie in Styrum - die Arbeiter, schon immer.
Früher diejenigen, die in der Zinkhütte schufteten, jetzt diejenigen,
die bei Siemens oder Mannesmann arbeiten - oder auch solche, die morgens
per Bahn in die Nachbarstädte pendeln. Die Kneipendichte ist auch
nicht zu verachten. Innerhalb von fünf Fuß-Minuten von meiner
Wohnung entfernt sind "Bürgergarten", "Spiekers Eck", "Zum Schrägen
Eck" und "Bunter Bär" erreichbar. Aber: Hier gibt es auch einige Arbeitslose.
Meine Straße besteht nahezu komplett aus Sozialwohnungen. Mein Haus
ist ein gutes Beispiel. Drei der sechs "Wohnparteien" wohnen schon seit
JAHRZEHNTEN hier. Meine Vormieter bewohnten die 48 Quadratmeter seit dem
Zweiten Weltkrieg... Das Zusammenleben in der Straße mit vielen türkischen
Familien ist wirklich gut.
"Schreib mal ein paar Zeilen",
sagte mein Arbeitskollege zu mir.
Ich habs getan.
Stadtteilinfo EPPINGHOFEN
Einwohner
11.800, darunter 3.700 mit
Migrationshintergrund (32 %, aus 86 Nationen). Das heißt: Eppinghofen
ist der Stadtteil Mülheims mit dem höchsten Ausländeranteil.
Altersstruktur der Einwohner
Ein Drittel der Bewohner
ist jünger als 30 Jahre, nur 24 % sind älter als 60.
Vergleich
In Mülheim-Saarn -
reichster Stadtteil im Süden - sind nur 26 % unter 30, dafür
aber 29 % über 60.
Angrenzende Stadtteile
Winkhausen (westlich), Dümpten
(nördlich), Styrum (östlich), Stadtmitte (südlich)
Problem
Besonders die "Charlottenstraße"
macht Sorgen. Anwohner berichten über Drogendealer, Spritzen und Lärm,
die Polizei meldet Ruhestörungen und "kleinere" Körperverletzungen
Meinungen
Zarko (mein Wirt): "Ich
lebe gern in Eppinghofen, weil der Stadtteil so innenstadtnah liegt und
die Bevölkerung sehr gemischt ist. Zum Einkaufen gibt es viele Möglichkeiten:
vor allem die Gemüsegeschäfte sind preiswert, gut und bieten
eine große Auswahl."
T. Behrendt (Stadtrat der
Grünen): "Ich schätze besonders das Miteinander von In- und Ausländern.
Außerdem ist das soziale Miteinander in der Nachbarschaft sehr ausgeprägt.
Man hilft sich gegenseitig. Die Kommunikation zwischen den Menschen funktioniert
hier."
H. Kirchholtes (Stadtrat
der SPD): "Vor fast 20 Jahren bin ich aus Saarn hierher gezogen. Schon
damals hatte ich hier viele Bekannte. Eppinghofen ist stark durch Arbeiter
geprägt. Man kann hier viele Freunde haben. Heute leidet der Stadtteil
darunter, dass viele weggezogen sind."
Bundestagswahl 2005:
EPPINGHOFEN-NORDWEST
(mit Abstand geringste Wahlbeteiligung in Mülheim)
Wahlbeteiligung: 69,2 -
SPD 52,0 - CDU 21,3 - FDP 6,5 - Grüne 8,4 - Die Linke 8,4 - Sonstige
3,5
EPPINGHOFEN-OST
Wahlbeteiligung: 74,8 -
SPD 54,1 - CDU 20,8 - FDP 6,3 - Grüne 8,8 - Die Linke 7,1 - Sonstige
2,9
Geschichte:
ZINKHÜTTE EPPINGHOFEN
(1846 bis 1873)
In unmittelbarer Nähe
der St. Engelbertus-Kirche befand sich in der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts das Betriebsgelände der "Zinkhütte Eppinghofen".
Hier wurde von 1846 an vor allem Rohzink hergestellt, wobei nicht nur aufgrund
der verwendeten Rohstoffe, sondern auch als Folge der Produktion selbst
Schadstoffe in das Umfeld gelangten. Nach nur 27-jähriger Produktionszeit
wurde 1873 der Betrieb der Zinkhütte bereits wieder aufgegeben. Als
Gründe hierfür wurden unter anderem umweltbedingte Probleme und
Beschwerden der Anwohner benannt. Nach Schließung der Zinkhütte
wurde das Gelände nach und nach bebaut. Im Zuge der damit einhergehenden
Tätigkeiten wurden schadstoffbelastete Reststoffe aus der Produtkion,
die zuvor auf Halden auf dem Werksgelände gelagert worden waren, großflächig
in das Umfeld verteilt. Dies ist der Grund, weshalb der heute von zinkhüttenbedingten
Rückständen betroffene Bereich im Stadtgebiet deutlich über
den eigentlichen Standort hinausgeht.
Heute: Auf dem Gebiet
der ehemaligen Zinkhütte wohne ich heute. Der belastete Boden wurde
2004 in einer umfangreichen Baumaßnahme komplett "ausgetauscht".
ÖLMÜHLE
EPPINGHOFEN (1501), Quelle: www.muelheim-ruhr.de
1501: Johann Graf von Limburg-Broich
überlässt Godert Tymmerman und Ehefrau die Ölmühle
mit Teich, Mühlenhof und Garten zur Nutzung; die Materialien (u. a.
Holz) zur Erhaltung von Mühle und Teich stellt der Graf, die Arbeiten
übernehmen Godert und seine Frau; beide sind verpflichtet, die Mühle
in Stand zu halten, außerdem müssen sie an jährlichen Abgaben
entrichten: 1 Malter Roggen vom Mühlenhof, 4 Gulden 24 Albus von der
Mühle sowie 600 Ölkuchen und zusätzliche Ölkuchen,
die sie nach Bedarf für den Grafen schlagen müssen; ferner erhalten
die Nachbarn zu Eppinghofen ein Pfund Wachs.
Bauart: Wassermühle,
Funktion: Ölmühle, Lage: Eppinghofen, wahrscheinlich am Bruchbach,
Zustand: nichts mehr vorhanden
INDUSTRIE IN EPPINGHOFEN
- GESTERN UND HEUTE
Vor und im zweiten Weltkrieg
lagen in Eppinghofen die Deutschen Eisen- und die Deutschen Röhrenwerke
(Eisenwerke: Friedrich-Wilhelms-Hütte). Heute liegt ein bisschen in
Eppinghofen, aber vielmehr in Styrum und Dümpten das Gelände
der Firma Siemens.
ZWEITER WELTKRIEG
- ANGRIFF AM 22./23.6.1943, Quelle: www.muelheim-ruhr.de
Mülheim - so heißt
es auf der städtischen Homepage - scheint im Vergleich zu anderen
Ruhrgebietsstädten wie Duisburg, Essen, Gelsenkirchen, Bochum oder
Dortmund im Krieg weniger durch alliierte Bombenangriffe zerstört
worden zu sein. Dies ist zumindest der Eindruck, den man in der Stadt bekommt,
schließen sich doch recht nah am nach dem Krieg neu errichteten Stadtzentrum
um die Schloßstraße und den Hauptbahnhof Straßenzüge
an, in denen die Häuser den zweiten Weltkrieg überstanden haben.
Insgesamt starben in Mülheim 1.305 Menschen durch alliierte Bomben,
wobei die größten Verluste mit 530 Toten der gleichzeitig stärkste
Angriff auf Mülheim in der Nacht vom 22. auf 23. Juni 1943 forderte.
In dieser Nacht griffen
in drei Wellen 557 britische Bomber die Mülheimer Innenstadt und die
nördlich gelegenen Industriekomplexe an (Andi-Anmerkung: Eppinghofen
eben).. Allein bei diesem einen Flächenbombardement wurden 64 Prozent
der Innenstadt zerstört. Um 0.33 Uhr, zwölf Minuten bevor Luftalarm
gegeben wurde, fand völlig überraschend ein Präzisionsangriff
auf die Hauptfeuerwache an der Aktienstraße statt (Andi-Anmerkung:
Die gibt es heute noch und liegt 300 Meter Luftlinie von meiner Wohnung
entfernt). Dieser nicht gewarnte Angriff überraschte die Einwohner
im Bereich Aktien-, Mellinghofer-, Sand- und Falkstraße (Andi:
...Eppinghofen pur...) und forderte allein 90 Menschenleben. Der Feuerlösch-
und Rettungsdienst brach zeitweise zusammen. Um 0.45 Uhr wurde Luftalarm
gegeben und um 1.10 Uhr fielen die ersten Bomben ins Stadtzentrum. Die
erste Welle konzentrierte sich auf die Bahnhöfe Eppinghofen (soweit
ich weiß, ist das der heutige Hauptbahnhof) und Mülheim
Bahnhof (heute Mülheim-West, by the way: Der erste Zug hielt in
Mülheim am 1.3.1862. Das war das Ende der Ruhrschifffahrt).
SPORT IN EPPINGHOFEN
Es gibt hier nicht eine
einzige Sportanlage. Zwar existiert der TV Eppinghofen, aber außer
der Leichtathletik- und Judo-Abteilung taucht dieser Klub nicht wirklich
in der Öffentlichkeit auf. Und dann wäre noch der 1. DC Mülheim,
der in der Dart-Bundesliga spielt und seinen Sitz in meiner Stammkneipe
"Zum Schrägen Eck" in Eppinghofen hat.
Zukunft
Wie lassen sich Eppinghofens
Probleme lösen? Erstens: Ab Frühjahr 2007 wird es einen "Stadtteil-Manager"
mit eigenem Büro geben, der sich vor Ort um die Probleme der Menschen
kümmern und Initiativen unterstützen soll. Zweitens: Das Projekt
"Zukunftsschule" soll an der Bruchstraße entstehen. Heißt:
Die schon existierenden Schulen (Grund- und Hauptschule) sollen zu einem
Zentrum ausgebaut werden, in dem verschiedene Schulformen, eine Kindertagesstätte
und Sozialeinrichtungen eng zusammenarbeiten. Der Ansatz heißt "Zukunftsschule
im Wohnquartier". Die Realisierung kostet 27,7 Millionen Euro. OB Mühlenfeld:
"Die Studie macht deutlich: Es lohnt sich für unsere Kinder und Jugendlichen,
für die Menschen im Quartier die Zukunftsschule weiter voran zu treiben.
Und es rechnet sich für die Stadt."
Bei 6:6 im ersten Satz...
Siehst Du Däne (alias Björn) - ich habs doch noch geschafft, den Erlebnisbericht ins Netz zu haun (welch doppeldeutige Formulierung)... aer, 9.8.2002
Seit dem letzten Ballwechsel meines Sport-Comebacks sind inzwischen, Adam Riese hilf, neun mal vierundzwanzig, also 216 Stunden vergangen, doch erst jetzt bin ich wieder so in Form, dass ich Euch zu den unten stehenden Bildern den passenden Text präsentieren kann. Womöglich hätte ich ihn auch mit "Wem die Stunde schlägt", "Highnoon" oder "Spiel mir das Lied vom Schläger" betiteln können, aber da die Formulierung "Bei 6:6 im ersten Satz" schon seit genau 215 Stunden unter dieser Domain zu finden ist, will ich es mal dabei belassen! Auf ins Spiel...
Ein kalter Februarwintertag
war es, einst in grauer Vorzeit. Im inneren Kalender müsst ihr weit
zurückblättern, ins Jahr 2001. Auf dem Parkplatz des Badminton-,
Bowling- und Sport-Centers in Duisburg-Süd, an der Straße "Am
Förkelsgraben", lungern zwei Gestalten herum, besteigen ein Auto und
beschimpfen sich mit übelsten Tiraden. Soeben ging eine der unzähligen
Badminton-Schlachten zwischen den Weltklassespielern Andreas Ernst und
Björn Steffen, die in anderthalb Stunden fünf Shirts auf einmal
vollgeschwitzt hätten, wenn das Geld zu so viel Klamotten gereicht
hätte, zu Ende. 23.30 Uhr zeigt die Uhr, die Sauf-Aktivitäten
des Wochenendes werden ausgiebig geplant und durchdiskutiert.
Das ist der erste Teil der
Geschichte...
Aus der Geschichte wird Legende, aus der Legende wird Mythos... (toll bei "Herr der Ringe" geklaut, oder?)
und ZACK, bewegen wir uns
im Jahr 2002. Ein warmer Julitag ist es, der 31., um penibel zu sein. Der
Tag erfreut die Einwohner Mülheims mit 35 Grad und einem Gewitter
zwischendurch - und die Deutsche Telekom mit einem entscheidenden Anruf.
"Affentennis heute Abend?", fragt der eine Teilnehmer. "Jupp!", antwortet
der andere. Es ist passiert. Nach einem Jahr und fünf Monaten Pause
entschließen sich Andreas Ernst und Björn S. das Badminton-Racket
zu schwingen. Viel ist geschehen in diesem Zeitraum. Leistenbruch bei Björn,
Krankenhausaufenthalt von Andi, Nordkapp-Urlaub, viel Arbeit, und knapp
acht Kilo Gewichtszunahme (leider nur bei mir...). Aus den Augen war die
Fortsetzung der Ernstschen Sport-Karriere, aber bei weitem nicht aus dem
Sinn. Irgendwie landete jedes Telefonat früher oder später beim
nächsten Badminton-Match. "Ich mach Dich fertig", war mein meistgebrauchter
Satz - schließlich ist (schau nach bei meinen Wetten, die mit dem
VfL Bochum zu tun haben) "große Fresse" mein zweiter und dritter
Vorname. Naja, zumeist kam aus dem anderen Teil der Leitung ein gesungenes
"Mach Dich doch nicht lächerlich". Soll er mal labern, der Steffen.
Okay, er hat von unseren bisherigen Matches 80 Prozent gewonnen, aber was
zählt schon die Vergangenheit?
Treffpunkt 21 Uhr bei mir,
dann losfahren zur guten alten Schmitzbauerstraße. Eigentlich ist
der Laden teuer, aber liegt halt nah an meiner Wohnung, und noch reicht
unsere Luft nur für 45 Minuten. Anderthalb Stunden im billigen Duisburg-Süd
werden erst in ein paar Wochen wieder möglich sein. Nach anderthalb
Monaten von Null auf Hundert. Oh je. An meinem Schläger ist ne Saite
gerissen, oh Schande, na egal, es wird und muss trotzdem funktionieren.
Im Rucksack liegt selbstverständlich das niegelnagelneue Dariusz-Wosz-Trikot,
mit der dicken Nummer 10. Björn ist nur ein "Ach Du liebe Zeit" zu
entlocken. Schnell noch bezahlen, einen Blick auf die 15 bis 20 Spielfelder
werfen. Okay Ferienzeit, voll ist es nicht.
"Däne riechst Du das?
Immer noch nach Sauna..." - manche Dinge verändern sich nie. Ruckzuck
bin ich umgezogen. In früheren Zeiten war ich der Schluderer. Warten.
Warten auf den schwarz-gelben Vollidioten. Zeit zum Nachdenken. Hmm...
mein Krankenhaus-Trip ist anderthalb Jahre her. Klappt das wirklich mit
dem Sport? Oder sollte ich es vielleicht doch sein lassen? Nein, jetzt
tu ich´s! Jetzt probier ich´s! Sprechs aus, beginne den ersten
Ballwechsel - und ZACK, reißt die zweite Schlägersaite. Naja,
hätte vielleicht doch mal mein Sport-Handwerkszeug bespannen lassen
können. Fängt ja gut an. Also ein paar Cent hinwerfen, nen Schläger
ausleihen. Sieht gar nicht soooo scheiße aus. Kaum angefangen zu
spielen, schon kommt ein "Sportler" mit einem silbernen Bochum-Trikot,
langen Haaren und einem Baseball-Cap an und will nen neuen Schläger
haben. Die Tante hinter dem Tresen grinst sich eins.
Ich erinnere mich an die
Digital-Kamera, die in meinem Rucksack schlummert. "Däne, mach mal
ein Foto, als Beweis für meine Homepage!" Ganz zu Schabernack aufgelegt,
nehme ich den "Ball" ins Maul, knips. "Jetzt gehts los, jetzt gehts los"
würden die Massen rufen, wenn welche da wären. Aufschlag Ernst.
Die alten Fragen. Kurz oder lang? Auf die Vorhand- oder die Rückhandseite?
Ach, mal gucken, wat der Ball macht. Es wird ein Mischmasch, na klar, nach
einer so langen Pause glaubt Ihr doch nicht ernsthaft, dass ich in der
Lage gewesen wäre, einen platzierten Schlag zu spielen!!! Egal, Björn
nagelt dass 3D-Kunststoffdreieck ins Netz. EIN PUNKT, EIN PUNKT, JAAAAA,
EIN PUNKT, SCHONMAL KEINE ZU-NULL-NIEDERLAGE! 1:0 für Ernst. Wieder
Aufschlag, diesmal gewollt kurz, der Ball fliegt dreimal hin und her, dann
Steffen ins Aus, 2:0. Die Ballwechsel werden länger. Wir scheuchen
uns. Sämtlicher in 17 Monaten angestauter Schweiß tropft aus
allen Poren meines Körpers. 2:1, 2:2, 2:3, 3:3, 4:3, 4:4, 4:5, 4:6,
5:6, 6:6. Nix geht mehr. TILT. Meine Hände formen ein "T", das Zeichen
für "Time out". Ich schmeiß mich flach auf den Boden wie ein
Hahn, der von einem LKW überfahren wurde. Bei 6:6 im ersten Satz....
da ist Feierabend. Und es sind gerade einmal acht Minuten von den gemieteten
45 um.
Steh auf, wenn Du am Boden
liegst - diesmal ist das sogar wörtlich gemeint!
Mit letzter Kraft schaffe
ich es noch, den ersten Satz in weiteren acht Minuten abzuschenken. 8:15.
Scheiße, da wird der Steffen bis zum nächsten Match sekündlich
von reden, von diesem konditionellen und spielerischen Triumph. Ich überspiele
diese Gedanken mit dem Spruch: "Genau dafür mach ich die Scheiße.
Für diesen Schweißfilm auf meiner Haut." Ich sehe die Waage,
wie sie morgen früh ein Kilo weniger anzeigt. Schnell zur Gatorade-Pulle
greifen, zwei Schlücke nehmen und mit frischer Kraft ans Werk. Noch
25 Minuten bleiben mir, um den zweiten Satz zu gewinnen.
Die Knochen wollen wieder.
Es klappt gut. Okay, mein Baseballcap liegt inzwischen irgendwo auf der
Anlage, weil es meine Matte nicht zügeln konnte. Gut, das ewige Haare
aus dem Gesicht streichen nervt auch; egal. Ich will diesen Satz gewinnen!
Es bleibt ausgeglichen. Mehrfach zollen wir uns gegenseitig Applaus für
tolle Ballwechsel und Spitzen-Laufleistungen. Also manche Szenen erinnern
wirklich an unsere Bestzeiten. Noch fünf Minuten von unserer Zeit
bleiben, als es 13:13 steht. Elfmeter für Ernst, rufe ich, als ich
Aufschlag habe. Vorbei vergeben. Aufschlagwechsel, 13:14. Ich kämpfe,
hole mir das Aufschlagrecht zurück. "Mensch, der Wirt gewährt
mir die letzte Bestellung!" bin ich selbst in Sport-Trance noch zu geeigneten
Vergleichen fähig. Doch ich schlage die Bestellung aus und gehe durstig
nach Hause. Aller Kampf gegen den inneren Schweinehund ist vergebens. Pünktlich
mit dem Gongschlag, pünktlich nach 45 Minuten ist die 0:2-Niederlage
(8:15, 13:15) perfekt. Andi hat verloren. Ein Desaster!
Wiederum schmeiße
ich mich längs hin, flüstere nur noch das Wort "Foto". Ganz in
Siegerpose fotografiert Björn, genannt "der Däne". Beweis für
die Homepage.
Seht Ihr jetzt unten.
Andi vor dem Desaster: Noch zu Schabernack aufgelegt! | Andi nach dem Desaster: Kaum noch in der Lage, ein Wort zu sagen | Der Gewinner des Tages mit dem Siegerlachen: Björn! |
„Carpe diem (Nutze den Tag)“ (aus: „Der Club der toten Dichter“)
„Pflückt Rosenknospen, solange es geht, die Zeit sehr schnell Euch enteilt, dieselbe Blume, die heute noch steht, ist morgen dem Tode geweiht“ aus „Der Club der toten Dichter“ (Gedicht von Walt Whitman)
„Träume verwehn wenn sie nicht wissen wo sie schlafen sollen“ (Rio Reiser)
„Ich hab geträumt
Der Winter wär vorbei
Du warst hier
Und wir waren frei
Und die Morgensonne schien
Es gab keine Angst
Und nichts zu verliern
Es war Friede bei den Menschen
Und unter den Tieren
Das war das Paradies
Der Traum ist aus
Der Traum ist aus
Aber ich werde alles geben
Dass er Wirklichkeit wird
Ich hab geträumt
Der Krieg wär vorbei
Du warst hier
Und wir waren frei
Und die Morgensonne schien
Alle Türen waren offen
Die Gefängnisse leer
Es gab keine Waffen
Und keine Kriege mehr
Das war das Paradies
Der Traum ist aus
Der Traum ist aus
Aber ich werde alles geben
Dass er Wirklichkeit wird
Gibt es ein Land auf der
Erde
Wo der Traum Wirklichkeit
ist
Ich weiß wirklich
nicht
Ich weiß nur eins
Und da bin ich sicher
DIESES LAND IST ES NICHT
DIESES LAND IST ES NICHT
Der Traum ist ein Traum
Zu dieser Zeit
Aber nicht mehr lange
Mach Dich bereit
Für den Kampf ums Paradies
Wir haben nichts zu verliern
Außer unserer Angst
Es ist unsere Zukunft
Unser Land
Gib mir deine Liebe
Gib mir deine Hand
Der Traum ist aus
Der Traum ist aus
Aber ich werde alles geben
Dass er Wirklichkeit wird“
(Ton-Steine-Scherben)
„Imagine theres no heaven – it isn´t hard to do. No one to kill or die for. And no religion too. Imagine all the people livin live in peace“ (John Lennon)
„Die Spezies Mensch ist von
Leidenschaft erfüllt. Medizin, Jura, Wirtschaft und Technik sind zwar
durchaus edle Ziele und auch notwendig, aber Poesie, Schönheit, Romantik
und Liebe sind die Freuden unseres Lebens. Ich möchte an dieser Stelle
Whitman zitieren: Ich und mein Leben – die immer wiederkehrenden Fragen,
der endlose Zug der Ungläubigen, die Städte voller Narren. Wozu
bin ich da? Wozu nützt dieses Leben? Die Antwort: Weil Du hier bist!
Damit das Leben nicht zu Ende geht! Deine Individualität! Damit das
Spiel der Mächte weitergeht und Du Deinen Vers dazu beitragen kannst.
Was wird wohl Euer Vers
sein?“
(Robin Williams als Lehrer
John Keating in „Der Club der toten Dichter“)
„Ich ging in die Wälder, denn ich wollte leben! Intensiv leben wollte ich, das Mark des Lebens aufsagen. Um nicht in der Todesstunde inne zu werden, dass ich nie gelebt hätte.“ (aus: „Der Club der toten Dichter“)