VFL-TAGEBUCH: SAISON 2002 / 2003 - FORTSETZUNG
www.andreasernst.com

- ZUM TAGEBUCH DER SAISON 2001 / 2002
- ZUM TAGEBUCH DER SAISON 2003 / 2004
- ZUM TAGEBUCH DER SAISON 2004 / 2005


Die ersten Utensilien

Links:

Startseite Beruf Startseite Uni-Leben Startseite VfL Bochum
Startseite Konzerte Startseite Reisen Startseite Privates

Einleitung

Auf vielfachen Wunsch habe ich das VfL-Tagebuch in drei Teile geteilt; damit die Fotos nicht mehr so lange brauchen !!!

Teil 1 steht HIER !
Teil 3 steht HIER !

Zurück zum Seitenbeginn


DAS TAGEBUCH, SAISON 2002 / 2003 - FORTSETZUNG !

Borussia Mönchengladbach - VfL Bochum 2:2 (23.11.2002)

Wenn ich es einem gönne, dann Peter Graulund

Peter Graulund

Grüße aus der Mottenkiste

Die Mannschaft

Keine Ahnung, ob ich Euch schon mal erzählt habe, dass ich eine VfL-Bochum-Trikotsammlung aufbaue!?! Dank "Ebay" ist es möglich, auch die ältesten Schätzken aus der Bochumer Bundesliga-Geschichte zu ersteigern, und so lagern in etwa zehn bis fünfzehn Hemdchen zwischen Hosen, Jacken und Boxer-Shorts. Da trägt man auf dem Überweisungsformular schon mal Zahlen bis zu "50" vor dem Euro-Zeichen ein; so sind Fußballfans (ach, wie häufig ich diese drei Worte in letzter Zeit aufgeschrieben habe). Einige Trikots habe ich nicht ersteigert, sondern selbst käuflich erworben. Und eins davon verbannte ich in den letzten Monaten in die Mottenkiste. Es war 2001, genau zwei Wochen vor Beginn der Nordkapp-Tour, als der VfL in der 2. Bundesliga Mainz 05 mit 2:1 besiegte. Doppel-Torschütze war Peter Graulund, ein kleiner Däne, der teuerste Einkauf der Vereinsgeschichte. Wow, was für ein Typ dachte ich und bezahlte - damals - 99,95 Mark. Leider war dies das einzige gute Spiel, das der Peter jemals für Bochum gemacht hat, und so musste ich meinen Spaziergang mit Graulund-Trikot durch Kopenhagen (sein alter Verein war Bröndby IF Kopenhagen) ausfallen lassen - ich wäre schlichtweg ausgelacht worden. Der kleine Mann tat mir in letzter Zeit richtig leid, so traurig schlenderte der über den Platz. Aber ähnlich wie ich dachten alle VfL-Fans: Wie kann man für so ne Bratwurst 2,8 Millionen Euro ausgeben?
Es geht nach Mönchengladbach; zum Bökelberg. Das ist ein Stadion, mit dem ich ungewohnt viele Erlebnisse verbinde. Zwei meiner drei höchsten Niederlagen mit dem VfL erlebte ich hier - einmal 1:7, einmal 2:6. Die erste am vierten Spieltag der Gelsdorf´schen Bundesliga-Abstiegssaison, bei der zweiten waren wir schon so gut wie sicher im UEFA-Cup. Diese Tage waren schon wieder so peinlich, dass es tierisch viel Spaß gemacht hat. Lust am Verlieren. Irre. Aber auch einige Erlebnisse in der altehrwürdigen Gladbacher Nordkurve kann ich erzählen. Es war die Saison 1993/1994, als mein damalige Mannschaftskollege René Kautz in der Winterpause eine Borussia-Dauerkarte nachbestellte - aber zwei geliefert bekam. Äußerst dankbar nahm ich die Offerte an (Bochum spielte grad 2. Liga) und verfolgte die Highlight-Spiele gegen Bayern München (mit Kaiser Franz auf der Bank) und Borussia Dortmund. Das letzte Spiel, dass ich in diesem Stadion gesehen habe, war das allererste von Bernard-Enatz "ich-hasse-den-Profifußball" Dietz als VfL-Trainer - und, ich zitiere Achim Weber, den damligen Mittelstürmer: "Bumms, haben wir das Ding 1:0 gewonnen". Am Ende stieg Bochum auf. Ich liebe und hasse dieses Stadion. Für den normalen Fußball-Fan ist es die Hölle. Weil die Kurven nicht überdacht sind, gibt es NULL Akustik. Außerdem sind die Stehstufen so dünn und doch supersteil, dass Dir bei jedem Torjubel ein Beinbruch droht. Aber dennoch verbreitet der Bökelberg als einziges Stadion (neben dem Ruhrstadion natürlich) diesen Charme des Fußballs vor dem Medienwahnsinn. Genau hier erlebte die Borussia ihre goldenen Jahre, hier gibt es noch genauso viele Steh- wie Sitzplätze, und genau hier spürt man die gnadenlose Kommerzialisierung noch nicht bis in jeden Winkel. Nebenan entsteht das Stadion im Nordpark. Überdacht. Groß. Schade. Auch die Borussia beugt sich dem Zeitgeist.
Für alle, die sich in NRW nicht so gut auskennen: Mit der Bahn dauert es von Mülheim bis Mönchengladbach knapp über 60 Minuten. Umsteigen in Oberhausen, in Düsseldorf, einen völlig zugeknallten Jamaikaner treffen, der nur noch "motherfuckin´" und "d'you know what I mean?" rausbringt, durch die Einkaufsstraße von Mönchengladbach laufen (Eickener Straße heißt die), den Omnibusbahnhof bewundern (hat sich echt verändert in den paar Jahren, die ich nicht mehr mit der Bahn dahin gefahren bin). Nur eins ist noch gleich: Dieses Denkmal, das die gute alte Zeit symbolisiert; mitten auf der Eickener Straße. Vogts, Netzer und noch einer (Heynckes?), in Bronze gegossen. Heutzutage steckt Borussia mitten im Abstiegskampf, obwohl sie einen ganz ansehnlichen Fußball spielt. Der einzige Star ist der Trainer. Und beim Aufwärmen bekommt Hans Meyer selbstverständlich den größten Applaus. Hans, der schelmische, der witzige, der ironische - das Ziel eines jeden Sport-Journalisten sollte es sein, einmal Hans Meyer interviewen zu dürfen. Wer weiß; vielleicht komme ich auch mal in den Genuss. Etwa zweieinhalbtausend blau-weiße sind mitgekommen, ich hab zwar Hunger, aber die "Borussen-Wurst"; nee... muss doch nicht sein. Dirk von Gehlen aus München hat den Andi-SMS-Ticker wieder fest gebucht. Die Vollidioten im Ultra-Umkreis schaffen es mal wieder vortrefflich, den Zorn von fast allen VfL-Fans auf sich zu richten und zwei Rauchbomben zu zünden; kurz vor dem Anpfiff. Ich weiß nicht, was die damit bezwecken wollen. In irgendwelchen Hooligan-Kreisen gilt man wahrscheinlich nur als cool, wenn man eine bestimmte Anzahl an Rauchbomben auf seiner Strichliste eingetragen hat; in diversen Internetforen kommt es dann zum verschriftlichten Ich-bin-toll-Orgasmus. Super, Jungs, echt super. Ich beschließe, dass dies wohl oder übel zu einem Auswärtsspiel dazu gehört - so richtig aufmerksam waren die Sicherheitskräfte nur in Stuttgart. Vielleicht hätten sich die Polizisten nicht auf der Eickener Straße (hab sie nicht gezählt), sondern im Stadion aufhalten sollen (da habe ich keine gesehen). Aber ist ja auch völlig egal; eigentlich wollte ich nicht über Polizisten reden an dieser Stelle.
Eigentlich wollte ich auch nie das Wort "typisch" in den Mund nehmen; aber jetzt muss ich es doch einmal tun. Denn dieses Auswärtsspiel wird ein absolut "VfL-typisches". Zumindest bis zur 85. Minute. Der Gastgeber - in diesem Fall Mönchengladbach - bestimmt über weite Strecken das Spiel, liegt uneinholbar und verdient in Führung und schaukelt das Spiel nach Hause. Genauso läuft es: Okay, durch Christiansen zu Beginn der ersten und Buckley zu Anfang der zweiten Halbzeit hätten wir jeweils in Führung gehen müssen, aber sonst ist es ein gutes Spiel der Gladbacher. Das liegt nicht einmal am bedauernswerten Christian Vander im Tor, der für Rein rein darf (ein herrlicher Vorname für diverse Wortspiele). Der hält ganz gut und zieht die "Vander-Vander"-Sprechchöre glatt auf sich. Aber die Feldspieler? Delron Buckley verdient sich den Spitznamen "nimmdenraus". Der spielt "wie eine Oma" (schönen Dank an dieser Stelle für diesen Kommentar an den Typen, der hinter mir stand und geschätzte 100-mal die Worte "Wichser" und "Arschwichser" aufs Feld brüllte), gewinnt keinen einzigen Zweikampf. Zum HEULEN. Meichelbeck hat auf links Probleme mit Aidoo, unser Slawo kommt rechts offensiv gegen einen Amateur namens Embers gar nicht zurecht. Ein ansehnliches Spiel ist es - wie ich finde - trotzdem. Denn zwei Mannschaften mit etwa derselben Taktik (spielstark, auf Konter, jeweils mit Viererkette und drei super-offensiven Spielern) treffen aufeinander. Die Gladbacher machen ihre Aufgabe besser und erzielen verdienterweise durch Igor Demo (57.) und Joris van Hout (59.) zwei blitzsaubere Tore. Dazwischen vergibt van Hout eine weitere Riesenchance, so dass ich - ganz im Gegensatz zum Stuttgart-Spiel - nicht den Kopf schüttle und "unverdient" rufen will.
Nein, es geht total in Ordnung. Ich überlege mir, dass ich diese 90 Minuten zum "schlechtesten Saisonspiel" erheben werde, genau in diesem Text, und beneide die Leute, die sich schon in der 70. Minute dazu entschließen, das Stadion zu verlassen. "Ihr Aaaaaarschwichser" brüllt der Typ hinter mir - und verschwindet. Super, wenigstens keinen Trommelfell-Riss heute Abend. Pidder Neururer wechselt Reis, Hashemian und - ach Du liebe Zeit - Graulund ein, als ob das noch was ändern würde. In der VfL-Kurve ist es sehr sehr sehr ruhig geworden. Kein "Auswärtssieg"-Gebrülle, der Typ mit dem "Mein Tipp - ihr steigt ab, wir: UEFA-Cup"-Schild hat dieses in 1000 Stücke gerissen; aus Wut, Ärger, keine Ahnung. Torwart Vander tut mir leid. Endlich mal wieder gehalten, und doch schon wieder verloren, als Hashemian meine Depri-Stimmung durchbricht und das 1:2 erzielt. Okay, noch vier Minuten zu spielen - aber nein, das würde doch gar nicht in mein VfL-Bild passen. Das wäre doch kein typisches Auswärtsspiel. Aber was ist schon typisch in dieser Saison? Unser Trainer Pidder erkennt die Chance auf einen Auswärtspunkt und schickt die schwarze Wand Raymond nach vorn, als Mittelstürmer. Alle Flanken fliegen auf den Schädel des Schwarzeneggers der Innenverteidiger in der Bundesliga. Nur nicht in der 92. Minute. Da passt Freier auf Colding, Colding auf - ja auf wen eigentlich - und irgendwie flutscht die Kugel über die Linie. 2:2, ungeahnter Torjubel, wie schon in Hannover der erste Satz an die Gastgeber-Mannschaft: "Wie blöd muss man eigentlich sein?" 85 Minuten gut gespielt, verdient 2:0 geführt, eine höhere Führung verpasst - und dann das. Hihi.
Schnell noch ein paar Fotos schießen, und die Frage nach dem Torschützen beantworten lassen. Ja, es war Peter Graulund, der sympathische Däne. Hätte ich die Augen zugemacht und mich gefragt: Wem würde ich dieses Tor am meisten wünschen? Peter Graulund wäre meine Antwort gewesen. Es gibt noch Märchen im Fußball. Auf dem Weg zurück zum Bahnhof brüllen zwei Bochumer Fans "Ihr seid Scheiße wie der S´04". Das findet ein zwei Meter vor mir laufender Gladbach-Hool gar nicht komisch und verpasst einem einen Karate-Tritt. Den Polizisten einen Meter rechts neben sich hatte er übersehen. "Wie blöd muss man eigentlich sein?" lautet erneut meine Frage. Ich gönne Gladbach den Klassenerhalt. Wirklich. Aber werdet bitte ein bisschen cleverer. In der Bahn beschweren sich die Zuschauer lauthals über den Schiedsrichter, der zwei Minuten nachspielen ließ. Also an Herrn Fleischer lag es nun wirklich am allerwenigsten. Beide Tore waren vollkommen korrekt erzielt. Scheckt doch einfach, dass ihr VIIIIIIEL ZU BLÖD wart, um den Sieg bei Euch zu behalten. Wenn Ihr keine drei Punkte wollt, nehmen wir halt einen mit. Punkt.
Seit dem Spiel ist ein Tag vergangen. Entgegen meinen ursprünglichen Gepflogenheiten habe ich diesen Text erst am Tag "danach" verfasst. Doch bevor ich den Computer anfasste, musste ich erst meinen Kleiderschrank durchwühlen. Die Mottenkiste steht noch; und das Peter-Graulund-Trikot ist noch unversehrt. Ich werde es mal wieder anziehen.
 
Gladbach-Kurve Gegentribüne Noch steht´s 2:1...
Jever-Werbung und direkt darunter die altehrwürdige Nordkurve am Bökelberg, die in den goldenen 70-ern mehrere Meistertitel bejubeln durfte. Und auch die Gegentribüne dieses Stadions mit dem Charme der Fußball-ist-nur-Fußball-und-kein-Event-Zeit erlebte schon viel mit. Unter anderem auch dieses Spiel, in dem es in der 88. Minute noch 2:1 für die heimische Borussia stand!
Torjubel! Abpfiff! Medienrummel
Und dann kam die 90. Minute und Peter Graulund - wir entführten noch einen Punkt. Beim Abpfiff war das auch wirklich amtlich - und alle "Roten" jubelten! Die Medien wollten natürlich alles sehr genau wissen...

Zurück zum Seitenbeginn


VfL Bochum - Arminia Bielefeld 0:3 (30.11.2002)

Tage wie dieser; diesmal ohne Fotos
Dat kannze abhaken

Es war, als hätte Peter Neururer der gesamten Mannschaft um 15.25 Uhr nicht den letzten motivierenden Rat mit auf den Weg gegeben, sondern das Lied "Tage wie dieser" von den Sportfreunden Stiller vorgespielt.
- tage wie diesen hier gibt es wie sand am meer, nichts läuft wie ich es wollte. sie geben nicht viel her, außer frust, keine lust auf nichts mehr, nichts klappt, wie es sollte.
Es gibt solche Tage, all ihr meine neugierigen Freunde, da spielt Fußball und der VfL selbst für mich die zweite Geige (weshalb mich diese Niederlage auch nicht sonderlich juckt, soviel sei vorweg erwähnt). Doch das gehört nicht auf diese Homepage... interpretiert selbst... Wenn ich gewusst hätte, dass ein Gespräch mit Mülheimer Fußball-Schiedsrichtern auf dem Hinweg im Regionalexpress der spannendste Moment dieses Nachmittags werden sollte, eines wetterbedingt auch noch verdammt trüben, womöglich hätte ich mir die Premiere-Konferenz angeguckt. Aber neeeeeein, es geht gegen Arminia Bielefeld, die an dieser Stelle schon viel gerühmten "Ostwestfalen-Idioten" (ich verweise an das denkwürdige Spiel im April), da ist doch noch eine Rechnung offen von eben jenem 0:3. Bielefeld hat auswärts noch nicht gewonnen, wir sind eigentlich noch recht gut drauf - eine klare "1" bei Oddset und Betandwin; ein bissken Fußball gucken im guten alten Ruhrstadion - und Du kannst vorher ja nicht wissen, wie scheiße es eigentlich läuft.
Und es läuft scheiße.
Es ist nichts drin.
Schon während der ersten Halbzeit stellt ein Rentner, der bestimmt noch Jupp Kaczor und Heinz-Werner Eggeling in seinen ihren Tagen bewunderte:
- Dat kannze abhaken.
Heute kein Punkt. Und wieder ein 0:3 gegen Arminia Bielefeld. Da lohnt es sich nicht einmal, ein Foto auf diese Homepage zu stellen, für dieses beschissene Spiel.
Von Beginn an läuft einfach alles schief. Das Mikrofon von Stadionsprecher Bernd Wolter hakt ausgerechnet während der Mannschaftsaufstellung. Bereits in der 3. Minute köpft Benjamin Lense (noch nie gehört) nach einer Standard das 1:0 für Bielefeld. Dazu greift die "Bolzer-Truppe" (Zitat Rentner) superfrüh an und bringt uns völlig aus dem Konzept. Nur eine Chance steht in Halbzeit eins in einem bescheidenen Spiel zu Buche, doch die verkloppt Christiansen.
2. Halbzeit, auf die eigene Kurve; wird doch wohl besser laufen. Weit gefehlt. Keine sechs Minuten sind um, da boxt sich der Vander das Ding ins eigene Tor, 0:2 ("Tage wie dieser" halt). Der arme Kerl hat sowieso einen schweren Stand in der VfL-Kurve, und solch ein krummes Ei erhöht sein Standing nicht grad. Schon jetzt verabschieden sich einige mit den Worten "Den Scheiß guck ich mir nicht mehr länger mit an" Richtung Ausgang. Doch diese verpassen noch einige Torchancen, wie zum Beispiel einen Handelfmeter, den Thomas "ich-hätte-heute-drei-Stunden-spielen-können" Christiansen verschießt. Hain hält zugegebenermaßen zweimal riesig, vor allem der Nachschuss war eigentlich nicht mehr abzuwehren. Drei Minuten später hat der Christiansen noch einmal das 1:2 auf dem Schlappen - und nagelt die Kugel gnadenlos an den Querbalken. Wäre das 1:2 gefallen, dann vielleicht... keine Konjunktive, Andi, keine Konjunktive. Momo Diabang schließt einen Konter letztendlich zum 3:0 ab, und während ich diesen Text schreibe, höre ich Werner Hansch resümieren: "Das Ergebnis ist ein Witz, aber der Sieg für Bielefeld verdient." Und es ist immer noch trübe draußen. Der Liga-Alltag hat mich und uns wieder, nur noch auf Platz zehn. Olé olé!
All ihr Vanders, Christiansens, Wosz', Freiers (Super-Spruch nach dem Spiel in SAT.1: "Das ganze Spiel können wir total in die Tonne kloppen"), Kallas, Graulunds undundund, setzt Euch zusammen, hört die Sportfreunde Stiller.
- tage wie diesen hier gibt es wie sand am meer, nichts läuft wie ich es wollte. sie geben nicht viel her, außer frust, keine lust auf nichts mehr, nichts klappt, wie es sollte.
Hört es, vergesst dieses Lied, und holt in Hamburg mal wieder ein paar Punkte. Auf Abstiegskampf habe ich dieses Jahr keine Lust.

Zurück zum Seitenbeginn


VfL Bochum - TSV München 1860 1:1 (14.12.2002)

Cheerleader wofür? Die Stimmung machen wir!

Fröhliche Weihnachten

Liebe Leute; es ist an der Zeit, melancholisch zu werden; mal wieder, mal wieder an dieser Stelle; mal wieder und überhaupt. Zum letzten Mal im Jahr 2002 betrat ich heute das Ruhrstadion; und von Sekunde zu Sekunde, von Minute zu Minute kristallisierte sich heraus, dass das Jahr 2002 nach 1997 das zweitgeilste in meinem VfL-Leben war. Aufstieg, sehr viele Tore, sehr viele Siege, sehr viele Auswärtsfahrten; glücklicherweise gibt es mein VfL-Tagebuch; das eignet sich zweifellos prima zur Selbstreflektion; Eigen-Psychoanalyse - oh ja, war das spitze. Unvergessen die Momente beim Heimspiel Ende April gegen Union Berlin, als Fränkie Fahrenhorst in der Nachspielzeit das 2:1 köpfte; unvergessen das Aufstiegsspiel im trüben Aachener Regen; ja, und nicht zuletzt die Traumwochen als Tabellenführer nach den Spielen gegen Cottbus und in Leverkusen... viel erlebt 2002; und alles fing doch in Oberhausen so bitter an..... weiter im Text siiiiiiiehe...
... UNTEN ... und das ist genau hier! Wo war ich stehen geblieben? Ach so, beim Jahresrückblick! Hätte nur noch ein Knaller-Heimspiel zum Abschluss gefehlt, gegen Bayern, Dortmund oder Schalke; und wer kommt dann? Der TSV München 1860, einer von den Vereinen, bei denen Du Dich Woche für Woche fragst, was die eigentlich genau in der Bundesliga zu suchen haben. Oh ja, zu früheren Zeiten, im Stadion Grünwalder Straße, da hatte der Verein noch einen gewissen unverwechselbaren Charme. Aber seit dem Umzug ins Olympiastadion? Wer ist schon achtzehnhundertsechzig? Unser Gegner heute; aber die erstmaligen "Berlin, Berlin - WIR FAHREN NACH BERLIN"-Rufe und das von den Spielern hochgehaltene Transparent "Danke für die Unterstützung 2002 - FROHES FEST!" sorgen trotz 1860 für eine vorweihnachtliche Atmosphäre. Jeder Fan, wirklich jeder, ist dankbar für das, was er mit dem VfL in diesen zwölf Monaten erlebte.
Denn mal rein ins Geschehen, denn heute gabs noch ein Erlebnis drauf...
... fängt an mit der Deutschen Bahn AG, die irgendwie auch zu diesem Fußball-Jahr dazugehört; so allmählich mache ich diesem Unternehmen keinen Vorwurf mehr über Fehler in der Führungsetage; denn warum sollen diese Personen für solch dumme Kunden schlaue Entscheidungen treffen? Da setzt die Bahn EXTRA in der Vorweihnachtszeit Sonderzüge ein, die meinem geliebten Regionalexpress zur Entlastung vorgeschaltet werden (und folglich auch schneller sind), und keiner merkts. Der Schaffner lacht sich scheckig, und ich hab einen Wagen für mich allein... aber über die Bahn wollt Ihr ja eigentlich gar nichts hören, gell? Weiter im Text... damit Ihr ungefähr wisst, wie ich grad aussehe bei gefühlten plusminusnull Grad... meine blaue Fußball-Jeans an, dazu einen vergammelten Pullover (keine Jacke, es steht ja kein Minuszeichen vor der Temperatur), ein blau-weißer VfL-Schal und (Heimpremiere!) meine VfL-Pudelmütze... sieht bestimmt ganz schön schäbig aus; aber is ja nur Fuppes!
Denn mal rein ins Geschehen; und ach, alle meine lieben Schäfchen sind gekommen! Der Mirko-Typ! Für heute habe ich mir ganz fest vorgenommen, ihn nach seinem Vornamen zu fragen, und als er seine Dauerkarte ins Portmonee steckt, kann ich fast lünkern, aber... yes, ich schaff es, mir auf die Zunge zu beißen - er bleibt "nur" mein namenloser Stadionkumpel. So allmählich würd ich die Leute, die um mich rum stehen, auch bei Edeka um die Ecke grüßen. Keine Ahnung, wie ich das machen soll, wenn ich gegen Bayern mit 50 Freunden im Stadion auflaufe; jeder hat doch seinen angestammten Platz!?! Eine Nikolausmütze hier, eine Pudelmütze dort; die Spieler halten - siehe oben - das Transparent hoch, und ab die Post!
- Mein Gott, sehen die Trikots von denen scheiße aus
ruft einer von den Typen neben mir, der geschätzte zweimal pro Spiel einen Schreikampf bekommt und ganz im Alleingang ein lautes "V-f-L"-Stakkato anstimmt und fügt hinzu:
- Ich dachte, solche Scheiß-Trikots ziehen nur Torhüter an. Haben die elf Torhüter auf dem Platz?
Orange "Sweater"... wenigstens eine 1860-Eigenheit!
Kein Thema, dass wir zweimal hintereinander zu Hause "zu Null" verloren haben; kein Thema, dass Wosz, van Duijnhoven, Buckley und Tapalovic fehlen; alles kein Thema; das ist doch nur Sechzig. Kein Thema, auch nach dem 0:1 durch Benjamin Lauth in der 15. Minute. Niederlage kein Thema, auch nachdem Kalla zweimal ganz böse patzt ("Hilfe!", schallt es aus allen Seiten der Kurve; "für den is datt wohl zu kalt"; help me, diese Vorurteile; "Gib dem Kalla mal ne lange Hose!" - bitter...). Geht schon irgendwie gut. Naja, je länger die erste Halbzeit dauert, desto trister wirds, kaum Stimmung. Wird das geile Jahr 2002 so enden?
Nein, natürlich nicht, denn es gilt doch noch eine Idee von Werner Altegoer und seinem Vorstandsrest zu bewundern; die "Stationettes". Also eine 45-köpfige (!!!) VfL-Cheerleader-Gruppe. Solltet Ihr alle meine Texte gelesen haben, dann müsstet Ihr wissen, wie ich zu sowas stehe: ablehnend! Über Maskottchen und Cheerleader kann ich eigentlich nur lachen, alles reiner Merchandising-Scheiß, der die nicht stimmungsgewaltige Fankurve übertünchen soll. Hui, und jetzt gehts ab. Das ist die mit Abstand stimmungsvollste Halbzeitpause meiner VfL-Karriere! Denn es scheint auch kluge Köpfe bei den "Ultras" zu geben. Gegen Ende von Halbzeit eins verteilen sie schrille Pfeifen, am Anfang der Pause rollen sie ein großes Transparent aus ("CHEERLEADER WOFÜR? DIE STIMMUNG MACHEN WIR!"). Zuerst wollen es die Security-Typen einrollen lassen, aber nein, sie lassen es hängen... die armen Mädels laufen schließlich bei der Schweinekälte ein, tanzen in Richtung Haupttribüne - und siehe da... die Stimmung ist total geteilt. Die eine Hälfte klatscht, so auch der Schreihals neben mir, was ihm ein schräges "Ey hör auf zu klatschen... Du willst doch nur wackelnde Möpse sehen!" einbringt. Die andere Hälfte pfeift den ganzen Auftritt sowas von in Grund und Boden, dass mein Trommelfell jetzt noch schmerzt. Bin mir sehr sicher, dass davon nichts in der Presse stehen wird, aber als die Ultras "FUSSBALL! FUSSBALL!" anstimmen, befürchte ich kurzzeitig eine Massen-Schlägerei in der eigenen Kurve... ruckzuck ist der Auftritt dann aber vorbei und sind die Mädels verschwunden; und der "Steuersong"-Satz "Das ist ja das Geile an der Demokratie!" fällt mir ein; denn die ach so geteilte Stimmung schlägt um in Versöhnung und in gnadenlose Unterstützung für die eigene Mannschaft. Seit dem Aachen-Spiel bin ich nicht mehr so heiser; und "Mirko" und ich stellen schon früh fest: "Also wenn die das verlieren, sind wir nicht schuld!" Klasse-Stimmung, und menschdumeinegüte, zu einem Tor reicht es noch. Thomas Christiansen köpft das 1:1 in der 76. Minute, aber mehr will nicht fallen. 23 Punkte nach dem Ende der Hinrunde; nennt mir einen VfL-Fan (außer mir... *hüstel*), der vor der Saison ernsthaft daran geglaubt hätte!?!
Denn mal raus...
aus dem Geschehen...
ein kurzes "Frohe Weihnachten Jungs" in die Runde, letztmals 2002 die geliebte Phosphatstange-Pommes-Schranke im City-Grill - letztmals für fünf Wochen über verpatzte Tipps bei betandwin.de ärgern. Man sollte meinen, nach 213 Spielen würde es leicht fallen, eine fünfwöchige Pause zu beginnen; aber ich fange schon jetzt, keine drei Stunden nach dem Abpfiff, an, die ganze Scheiße zu vermissen.
Darf ich mir noch was für 2003 wünschen? Bittebitte den Klassenerhalt so schnell wie möglich; bittebitte das DFB-Pokalfinale in Berlin, da würd ich jeden Preis für zahlen; und dann bitte die Teilnahme am UEFA-Cup! Oh ja, das wärs! Dazu noch ein paar Auswärtsfahrten, viele Tore und warme Gedanken, wenn "Bochum" kurz vor dem Anpfiff über die Lautsprecher ertönt!
Wünsche Euch allen frohe Weihnachten und einen guten Rutsch!
Auf ein gutes neues Jahr!

Zurück zum Seitenbeginn


VfL Bochum - 1.FC Nürnberg 2:1 (25.1.2003)

Der Fußball-Junkie kehrt zurück

Von ... einem Weltstar

Entzug ist eine schlimme Sache. Ich habe keine Ahnung, was Alkoholkranke oder Drogenabhängige für Höllenqualen durchleiden müssen - und dieser Vergleich hinkt an dieser Stelle auch ein wenig; aber trotzdem, und in aller Deutlichkeit sei noch einmal wiederholt: Entzug ist eine schlimme Sache. Zwischen dem letzten Text aus dem Jahr 2002 und diesem hier liegt vielleicht eine Bildschirmlänge - aber auch eine Zeitspanne von fast einer Dekade! Ein Monat und zehn Tage Fußball-Pause - das ist doch wirklich zuviel verlangt von einem Fußball-Junkie. Jaaaaa, ich sauge diese Spiele auf, jede einzelne Minute ist wie ein kleiner Spritzer Drogen direkt in die Vene. Leute da draußen: Lasst die Finger von dem Teufelszeug und kommt mit zum Fußball. Es ist ein Trip, ein Höhenflug, den Du zuerst nur einmal kurz mitbekommst, und dann immer wieder erleben willst. Und wenn der Spielplan Dich weihnachtspausenbedingt auf die Zuschauer-Ersatzbank verbannt, dann fängt es an... dieses unkontrollierte Entzugs-Zittern, die Depression, diese Traurigkeit. Doch dann.... dann sind es nicht mehr viele Tage bis zum Comeback. Bis der Dealer mit dem Stoff kommt, bis Du Dich bereit machst für den nächsten Trip. Sag ja zum VfL!
Der Fußball-Junkie ist zurück!
Meine Augen muss ich zusammenkneifen, als die U-Bahnlinie 308 aus dem Schacht tuckert, das Ruhrstadion auf der linken Seite erscheint, und der Bahnfahrer die Bremse schon ganz langsam betätigt. Die Sonne scheint grell, und ach, hätte ich doch meine Sonnenbrille eingepackt. Es ist der 25. Januar, aber ein sehr schöner Wintertag, und ich bin wieder hier. Zu Hause. War nie wirklich weg. Wenn diese verdammte Pause nicht wär. Mein Revier. Metropolenartig wie in einem von Lachsen gefüllten Stromschnellenbach (also wenn das Bild nicht schief ist...) zieht es Tausende in Richtung Stadion. Gesichter. Viele Gesichter. Nimmst kein Geräusch mehr wahr. Dauerkarte abstempeln lassen. Bitte sehr. Eine Bratwurst bitte. Danke sehr. V-F-L, V-F-L... die Kurve... hat sich nix verändert, 14 Uhr, noch anderthalb Stunden, huch, noch gar keiner da. Das ist der Vorteil am "Alleinreisen" - von keinem abhängig sein, hinfahren, wann man will, schööön. Im Zeitraffer ließe sich schön darstellen, wie sich das Stadion füllt, dann schließlich läuft "Mein VfL", bis die drei goldenen Worte ertönen: "Tief im Westeeen......" - und als hätte Steven Spielberg persönlich Regie geführt, verschwindet die Sonne hinter dem Flutlichtmasten und verdunkelt für einen Moment das Stadion.
Flutlicht-Finsternis. (Mensch, schon so viele Zeilen geschrieben? Entschuldigt bitte, fällt mir auch jetzt erst auf... aber das erste Spiel nach einer langen Pause ist für jeden Fußballfan ein emotionales Top-Ereignis, in der Gefühlsskale bei geschätzten 9,8 auf der Manolo-Skala!)
Flutlicht-Finsternis. Hach wie schön...
... aber dennoch sollte ich den Stundenzeiger noch einmal zwei Umdrehungen rückwärts verfrachten, bei aller Fußball-im-Ruhrpott-Romantik! Der Weg zum Bahnhof. Vibration in der Hosentasche. "Hallo Andi, Didi hier". "Ach Didi, Junge (er ist zwischen 40 und 50 und ein Ex-Fußball-Trainer von mir...), wie isset?" "Juut. Hömma bisse heute auch in Bochum?" "Ja sicher..." "Hömma ich steh inne Nürnberger Fankurve. Willse mitfahren?" "Nee, fahr mit der Bahn!" Hurraaa, Fußball, dann auch noch so ein Knaller-Heimspiel gegen den 1.FC Nürnberg (ein todsicherer Tip bei ODDSET, aber auf mich hört ja keiner), so ein Wochenende könnte kein schöneres Highlight haben. Schal um. Regionalexpress. 308. Siehe oben. Lachse im Stromschnellenbach.
Oh man, ich Romantiker schweife wieder ab...
Schon oft habe ich Euch an dieser Stelle um die Ohren gehauen, dass jedes Spiel seine Eigenheiten hat. Manche ergeben sich während des Spiels, manche kennt der Fußball-Fan schon vorher, bei manchen stellt er erst ein Jahr später fest, dass es eine Eigenheit hatte. Was wird das wohl heute sein? Oh ja, richtig, es gibt einen neuen Stadionsprecher. Mirko Heinze soll der heißen, der wird bestimmt keine Scheiße bauen. Die paar Namen durchsagen ist nicht so schwierig. Der Schindzielorz hat bekannt gegeben, dass er am Saisonende den Verein verlässt. Ist er zwar selbst schuld (ich hätte an seiner Stelle den Vertrag verlängert und in einem Jahr ne Ausstiegsklausel einbauen lassen; in Bochum wächst schließlich was, und er ist 100-prozentig Stammspieler und Leistungsträger, aber bitte, wenn´s ihm um mehr Kohle geht!). Aber ich pfeife den nicht aus. Die anderen auch nicht, soviel höre ich schon raus.
"Mein VfL", "Bochum" - hach, zart wie ein Kuss aus dem Lautsprecher und so leise wie eine geflüsterte Liebeserklärung (Lautsprecheranlage kaputt...). Aufstellung
Mit der Nummer viiiiiiier ... Suuuundayyyy
OOOOOOLISEEEEEEHHH!
Da wäre doch noch was!
Ein Weltstar in Bochum!
"So ein Weltklassemann hat noch nie beim VfL gespielt", verkündete Peter Neururer in allen Interviews, und für alle Blau-Weißen ist es doch sehr ungewohnt. Grazienhaft stolziert er auf den Platz, joggt sofort in die Fankurve, klatscht in die Hände. Artige "Sunday"-Rufe zurück. Die Weltspitze in Bochum. Manmanman. "Sonntag ist ein geiler Vorname. Also ich rufe den nur Sonntag", rufe ich meinem namenlosen Stadionkumpel zu. Der namenlose Stadionkumpel? Erinnert Euch und blättert in den früheren Berichten auf dieser Seite.... schaut vor allem bei den Heimspielen nach ...... zumeist tauchte er unter dem Namen "Mirko" auf ...... und meist verband ich damit das Argument "es gibt Leute, die trifft man nur im Stadion. Da weiß man nicht, wie die heißen, was sie tun, einfach nur nebeneinander stehen und fachsimpeln." Das gibt es auch wirklich noch, und er ist noch immer namenlos, aber es ist soweit gekommen, dass er JETZT vermutlich genau DIESE Zeilen lesen wird. Denn inzwischen weiß ich, dass er als Richter arbeitet (sieht er wirklich nicht nach aus) und er kennt diese Homepage-Adresse. Daher ein paar persönliche Worte: N'abend! Ich hoffe, Du hast Dich schon ein bisschen durchgewühlt durch die ganzen Tagebuch-Einträge, denn relativ regelmäßig haben wir nebeneinander gestanden. Sei nicht böse, dass ich Dich mal Mirko getauft habe. Irgendwie musste ich Dich ja umschreiben. Beim nächsten Mal verrätst Du mir auch Deinen Vornamen, damit Du nicht der namenlose Stadionkumpel bleibst!
Dies ist der Text, in dem ich am meisten vom Fußball abgeschweift bin. Diesmal ist der "Fußball-als-Droge-Trip" so schlimm, dass ich alle Regeln eines vernünftigen Tagebuch-Eintrags breche.
Wo war ich stehen geblieben?
Mirko?
Fußball-Romantik?
Neeein, beim WELTSTAR!
Sunday Oliseh spielt wirklich mit, läuft auf mit der Nummer vier. Und wer ist überhaupt der Gegner? Ach der 1.FC Nürnberg spielt gar keine Rolle. Die Sprechchöre zielen auch gar nicht wirklich auf den "Club" ab, vielmehr haben alle 20.000 Bochumer die drei Punkte schon fest gebucht. Aber so ein Weltstar in der Mannschaft... das verleitet uns alle zum Zungeschnalzen. Nahezu jeder Ballkontakt von Sonntag wird mit "Ein Weltstar-Pass", "Eine Weltstar-Grätsche" oder "Kuck ma, ein Weltstar-Schuss" begleitet. Es ist doch etwas anderes, ob so ein Typ beim BVB einer von vielen oder beim VfL DER EINE ist. Genauso, als wenn Gerhard Schröder abgewählt und dann Oberbürgermeister von Mülheim werden würde. Sunday guckt, läuft, grätscht, und schießt. Ein Weltstar eben. Unser Held der Hinrunde, unsere kamerunische Wand Raymond Kalla, ist fast schon ein wenig out, und bekommt kaum einen Sprechchor ab. Ein Kerl hinter uns ruft stets "Kalla, heb die Hand" - das ist wirklich zu einer Art Lieblingsbeschäftigung geworden. Vor lauter Handheben (um damit einen Abseits- oder Foulpfiff zu fordern) vergisst der gute Raymond auch schon mal das Fußball spielen. Und froh sind wir alle, dass wieder ein RICHTIGER Torwart im Tor steht. Nix gegen den Vander, aber das ist doch ein völlig anderes Gefühl, wenn der van Duijnhoven zwischen den Pfosten steht.
Ein Weltstar schießt ... auf die Latte ... Gegenzug, ein Fahrenhorst wird zum (Zitat von ALLEN Fernsehsendern) Ge-fahrenhorst, patzt, 0:1 durch Kakao (der heißt so, wird aber etwas anders geschrieben, nämlich C A C A U). "Gerad noch gelobt, jetzt schon wieder schlecht", sagt der Richter. Und aus der Kurve schallts wie lang nicht: "Maaaaaaaaaan, der FAAAAAAHRENHORST!!!!" Doch das macht unsere Jungs heiß. Zwei Minuten später. Ecke Wosz, wunderschöner Kopfball Christiansen, 1:1. Zwölftes Saisontor. Fünf Minuten später wird es so schön, dass ich heulen könnte vor Fußball-Ästhetik. Der FCN in der Vorwärtsbewegung, Sonntag grätscht, der Ball kommt zu Wosz, Konter läuft, langer Pass auf Buckley, der läuft läuft läuft über die linke Seite, flankt auf den langen Pfosten, da steht Slawo Freier, umkurvt Petkovic und lupft das Leder über Kampa hinweg zum 2:1 ins Netz. Schulbuchmäßig. Der Weltstar bittet zum Tanz. So macht Fußball Spaß. Nachlegen, einer geht noch rein, oh wie ist das schön. Und den Schindzielorz pfeift keiner aus. Auch nicht mehr wirklich die Cheerleader, die in der Halbzeit den Rasen betreten. Übrigens erst drei Minuten vor Wiederbeginn des Spiels, keine Ahnung, wer sich diesen Zeitplan ausgedacht hat. Übrigens auch - um mal wieder einen für diesen Text typischen Gedankensprung einzubauen - keinen Schimmer, wer auf die Idee mit dem vierten Schiedsrichter gekommen ist. Der hat sich wirklich die ganze Zeit nur am Sack gespielt.
Das hätte ich auch tun sollen in Halbzeit zwei. Denn da ist unser Spiel einfach nur noch Mist. Nürnberg hat den Ball, nahezu pausenlos, und wir verlassen uns auf unsere Deckung. Das ist eigentlich noch nie gut gegangen, aber heute. Puuh, da wird tief durchgeatmet! 2:1 gewonnen, drei Punkte eingefahren, nett unterhalten, am Ende gut gezittert, okay, es regnet jetzt, aber der City-Grill und die Currywurst entschädigen. Der Fußball hat mich wieder. Weltstars unter sich (um mal überheblich zu werden).
...
..
.
Die Wirkung der Droge lässt nach.
Aber in anderthalb Wochen, beim Pokalspiel gegen Kaiserslautern gibts den nächsten Trip.
Und beim Pokalfinale, wenn wir´s erreichen, droht der "goldene Schuss"...

Zurück zum Seitenbeginn


VfL Bochum - 1.FC Kaiserslautern 6:7 (3:3, 2:2) n.E. (5.2.2003; DFB-Pokal-Viertelfinale)

Mirko heißt Gerd und Sam war bei den Backstreet Boys

Es tut immer noch weh

- Es tut immer noch weh, weil nichts mehr geht. Unser Pech: zuviel Glück stand uns im Weg.
Wenn es noch eines Beweises bedurfte, dass Liebeslieder auch auf Fußballspiele anzuwenden sind, wie dieses von Rosenstolz: Hier ist er.
Fünf Schüsse. Fünf Schüsse entfernt vom großen weiten Fußball-Universum. Fünf Schüsse noch. Und dann noch ein einziges weiteres Spiel bis zum unvergesslichsten Moment meiner VfL-Karriere, dem Finale in Berlin. Fünf Schüsse bis zum lautesten Jubelschrei ever heared. Fünf Schüsse. Nur fünfmal eine runde, mit Luft gefüllte Leder-Kunststoffkugel in ein 7,32 Meter breites und 2,44 Meter hohes Gehäuse bugsieren. Irgendwie. Noch fünf Schüsse.
Es ist kalt, und schon 120 Minuten liegen hinter mir und noch 22.100 Volldeppen, die Mittwochabends nichts Besseres zu tun haben als sich ein Fußballspiel zwischen dem Tabellenachten und dem Tabellenletzten der Bundesliga anzuschauen. Eigentlich ne Sache für ne Handvoll Fans auf nem Ascheplatz, aber das Etikett DFB-Pokal verleiht dem Ganzen einen unvergleichlichen Charme. Sogar so viel Charme, dass keine Sau erklären kann, warum das Fernsehen Bayern gegen Köln gezeigt hat (spätestens nach dem 3:0 in der 10. Minute haben bestimmt 75 Prozent der TV-Zuschauer umgeschaltet) und nicht VfL gegen FCK. Viertelfinale. Bemühe die Statistik: Hab bisher vier Spiele Bochum gegen Kaiserslautern gesehen. Alle vier hat Kaiserslautern gewonnen. Ich sollte nicht hingehen.
Und mache es doch. Mit Person Nummer 41, die mich zu einem VfL-Spiel in die Ostkurve begleitet: Mein guter Freund Helmut Kantner kommt mit; eigentlich ein MSV-Fan (er hat sogar den blau-weißen Zebra-Schal an, aber unter der Jacke fällt das nicht auf). Aber da es an der Wedau weder ein schönes Stadion, noch attraktive Spiele noch Erstliga-Fußball zu sehen gibt, packt ihn die Lederball-Sehnsucht und das Ruhrstadion lockt. Für die fantastische Bochumer Bratwurst kann ich ihn zwar nicht begeistern, aber mit den Jungs im Block P, halbhoch hinter dem Tor, kann er sich direkt anfreunden. Da sind sie alle versammelt, vor allem Gerd und Sam. Gerd? Noch nie gehört? Oooooh doch, habt Ihr! Denn Mirko heißt jetzt Gerd. Schaut nach beim Nürnberg-Spielbericht: Der von mir Mirko getaufte namenlose Stadionkumpel blätterte tatsächlich auf dieser Homepage  - und offenbarte sich per e-Mail als Gerd! Nun muss ich mir zwar einen neuen namenlosen Stadionkumpel suchen, aber es ist wirklich sehr nett, nun den richtigen Namen zu kennen. Und Sam? Wer ist Sam? Keine Ahnung, in welchem Spielbericht es genau war, aber irgendwann erwähnte ich einen Afrikaner, der auch immer bei uns steht. Genau, eben Sam. Allerdings ist er kein Afrikaner, sondern Amerikaner, und - HALTET EUCH FEST - er war bei der 1997-er-Deutschland-Tour der Drummer der Backstreet Boys.
- Hätte es selbst nicht geglaubt, wenn ich es nicht gesehen hätte
erstaunt mich Gerd. Wahnsinn, was für Leute man im Stadion kennengelernt. Nebeneinander ein Richter (Gerd), ein Jurist, Amerikanologe und Drummer (alles Sam), ein Sportlehrer (Helmut), ein Journalist (me) - ja und nicht zuletzt ein promovierender Germanist (Thommy). Mein Bruderherz hat zwar mal wieder Verspätung, trifft aber noch pünktlich zum Anpfiff ein. Gemeinsam harren wir der Dinge, die da kommen mögen, im dicksten Proleten-Pulk. So viel Publikum ist Helmut gar nicht mehr gewohnt... ist im Ruhrstadion eben doch ganz anders und viel besser als zu Hause vor dem Fernsehschirm..
Pokal. Böse Erinnerungen. Will mal nach Berlin. Hab mir den 31. Mai schon vorsorglich freigenommen. Das würde die komplette deutsche Fußballszene konterkarieren. Unser kleiner VfL Bochum im Pokalfinale. Vielleicht gegen die großen Bayern. Ja und vielleicht noch ein Sieg. Sobald "The final countdown" läuft, springe ich im Achteck, sobald "we are the champions" ertönt, ertappe ich mich beim Pokalklau in der Bochumer Geschäftsstelle. Viertelfinale. Der 1.FC Kaiserslautern kommt. Ein Trümmerhaufen-Verein, der so viele Schulden hat, dass das Zahlensystem bald erweitert werden muss. Da sind die "Finanzamt - o-ho - Finanzamt - o-ho-ho-ho"-Rufe aus unserer Kurve nicht nur kreativ, sondern auch äußerst zutreffend. "Ein Freilos" habe ich dieses Spiel getauft. Noch 90 Minuten bis zu einem überzeugenden Sieg.
- Ich hab auf Bochum getippt, verrät Helmut, warum sein Herz in diesem Spiel auch mal für die richtige blau-weiße Mannschaft schlägt
- Ich hab ne Verabredung nach dem Spiel. Darf also keine Verlängerung geben, ergänzt Thommy.
Na und die VfL-Jungs wollen die beiden doch nicht enttäuschen. Fahrenhorst, 6. Minute, 1:0 für uns. Gestern haben die Bayern den FC Köln mit 8:0 weggefegt, wär doch geil, wenn uns das auch gelingen würde. NUR NOCH NEUN!!! Das hat der Ultra-Typ mit dem Megaphon auch gescheckt (also die Jungs und ich finden den Typen immer noch eher lächerlich) und stimmt "Lautern, Lautern, zweiiiiite Liga"-Rufe an. Formsache.
Formsache? Hoppla. Lautern kann Fußball spielen? Unsere Jungs nehmen das zu locker? AAAAAAAAAAAAccccccchtung, der Lokvenc; ja schlafen die denn? 1:1 in der 18. Minute. HAAAAALLLOOO WACH!!! Jungs, das ist DFB-Pokal! Nicht nur wir wollen den Pokal! Ihr doch hoffentlich auch, oder? Nicht? Wieder Lokvenc, 22. Minute; 1:2!!!
1:2!!!
Kann alles nicht wahr sein. So optimistisch gewesen. Und jetzt? Martinhatdengeilstenschussderwelt Meichelbeck geht, Thomas Reis kommt. Gerd und ich wollten ja immer, dass der auf der linken Seite in der Kette spielt (remember: die alten UEFA-Cup-Tage), aber neeein, Pidder Neururer setzt lieber auf die defensivstärkere Variante. Wenn er meint... aber der Reis ist vorn besser. Kaum ausgesprochen, schlägts ein zum 2:2. Torschütze? Reis! Würden die Experten doch häufiger mal die Ostkurve um ihre Meinung bitten. Dass es völlig unverdient ist, weil die Lauterer aus irgendwelchen Gründen doch vor den Ball zu treten imstande sind, wen juckt das schon?
- Hab alles richtig gemacht. Gute Stimmung, ein tolles Spiel, viele Tore, frohlockt Helmut - und ich stimme ihm zu.
Naja, so wirklich gut ist das Spiel in den restlichen 55 Minuten aber nicht mehr. Unterbrochen von einer cheerleadergefüllten Halbzeitpause (die Ostkurven-Stimmung bleibt wohl so lange gespalten, bis die Mädels wieder vom Rasen verschwinden) liegt die Unterhaltung in der Spannung, die Spannung in der Unterhaltung. Ihr könnts Euch schon denken. Gerd. Sam. Backstreet Boys. Helmut. Wetten. Thommy. Und zwischendurch:
V - F - L !!! V - F - L !!!
Je näher das Ende rückt, desto mehr zittert Helmut. Schiri Wack schaut auf die Uhr, pfeift...
... AB! 2:2, Verlängerung.
- Scheiße, Tipp im Arsch! brüllt Helmut.
Und ich? Nochmal 30 Minuten zittern. Packe meine nächste Statistik aus. Hab bislang zweimal ne Verlängerung erlebt, zweimal gewann der VfL. Aber die üble Viertelfinal- und FCK-Statistik überwiegt. Unsere Jungs scheinen k.o. zu sein. Da geht nicht mehr viel. Herr Lokvenc meint diesen Eindruck auch noch bestätigen zu müssen und netzt in der 101. Minute zum 3:2 für Lautern ein. Das wars. Das Aus. Lähmendes Entsetzen in der Kurve. Keiner kriegt mehr einen Ton raus. Die gute Stimmung ist wie weggeblasen, die Berlin-Reise im Kopf schon storniert. Noch bleiben 16 Verlängerungs-Minuten. Auf einmal ein Zupfer an Christiansen. HEEY!! Ein Pfiff, Elfmeter. Christiansen, Tor - 3:3. Wie die Jungfrau zum Kind. 3:3, es bleibt dabei. Ein glückliches Unentschieden für uns; Lautern war insgesamt besser und hatte die Chancenmehrheit - aber ein toller Pokalfight geht zu Ende; und das Elfmeterschießen muss entscheiden.
- Ich hab doch ne Verabredung!!!!!! Und Deine Serie, Andi... sieht nicht gut aus, sagt Thommy.
Fünf Schüsse noch.
Ich würd prima als Wackelpudding durchgehen. Ein einziger Stubser genügt, und mein ganzer Körper vibriert. Es knistert vor Spannung. Die Luft bebt. Die Tribüne wackelt. Keiner der 22.000 Zuschauer ist vorzeitig abgehauen. Keiner.
Fünf Schüsse noch.
Unsere fünf Helden habe ich exakt vorhergesagt (hätte ich mal gewettet). Schindzielorz, Reis, Colding, Gudjonsson, Christiansen. Sesi beginnt. Schuss und - GEHALTEN !!! Thommy leih mir Deine Schulter. Und jetzt Harry Koch. Läuft an. Reeeeeeeinnnnn - HÄLT! Fängt alles wieder von vorn an. Thomas Reis. Hat geil gespielt. Sich in die Mannschaft. Und schießt sich ? Wieder raus? !!!! ?!?! Wieder gehalten! Immer noch 0:0. Dann Klose - 0:1. Colding - 1:1. Huuuuh, wir können doch Elfmeter verwandeln. Grammozis - 1:2. Gudjonsson - 2:2. Lokvenc - 2:3, sein viertes Tor heute. Christiansen - 3:3. Bjelica muss verwandeln, dann ist der FCK weiter. Läuft an. Drin. 4:3, also 7:6 für Kaiserslautern. Der Letzte ist heute der Erste. Und mein Traum? Platzt!
Fünf Schüsse waren es bis zum Glück.
Vorbei.
Mit diesem Verein werde ich wohl nie ein Happy-End erleben.
- Und tschüss Jungs! Thommy und Mirko-Gerd habens eilig. Ich vergrabe mein Gesicht in meinen Händen. Weg. Einfach nur weg. Große Klappe gehabt, und jetzt? Zum dritten Mal AUS im Viertelfinale. SMS von Björn: "WELTPREMIERE! Das erste Mal ist eine Mannschaft mit einem "Freilos" ausgeschieden!" Alle Sprüche werde ich in dreifacher Dosis wieder bekommen. Am 31. Mai werde ich nun doch arbeiten gehen und den genommenen Urlaub zurücknehmen. Dann muss der "goldene Schuss" warten, bis zum Sommer 2004! Aber dann, ganz bestimmt, habe ich nicht nur eine Hand am Pott, sondern ... lasst mich träumen.
Diese Niederlage tut richtig weh.
Zum guten Schluss wieder Rosenstolz.
- Doch Zeit kann grausam sein.
Sie bricht Dein Herz.
Und wird es wieder heil´n! -
DFB-Pokalsieger 2004? Maybe...

Zurück zum Seitenbeginn


VfL Bochum - Bayer Leverkusen 2:1 (8.2.2003)

Von drei wichtigen Punkten und einem rausfliegenden Toppi

Flugzeuge im Bauch

Vielleicht habt Ihr Euch mal gefragt, wie so ein Text an dieser Stelle zu Stande kommt. Fragen wie "Meine Güte, wie merkt der sich das alles?" oder "Wie kommt der bloß darauf?" schwirrten vermutlich das eine oder andere Mal in einem Schädel durch die Gegend. Nicht, dass ich Euch darauf eine Antwort geben möchte (ein Journalist bzw. Schriftsteller - so fühle ich mich hier manchmal *husthust* - verrät sowas nicht), nur eins vielleicht: Im Ruhrstadion stehe ich NICHT mit einem Block und notiere mir jede Kleinigkeit. Entweder ich merks mir; oder eben nicht. Ach und eins mehr kann ich Euch erzählen. Zum Beispiel, wie die Überschrift "Flugzeuge im Bauch" entstanden ist. Manchmal nämlich weiß ich schon vor dem Spiel, wie die Überschrift lautet, manchmal fällt sie mir erst beim Schreiben ein. Diesmal war es punkt 14.25 Uhr, als durch den Lautsprecher "Flugzeuge im Bauch" von Grönemeyer dröhnte - und ich meine Überschrift hatte. Denn Flugzeuge im Bauch: Dieses Gefühl entsteht nicht nur bei gescheiterten (oder gerade laufenden) Beziehungen, sondern auch während eines Fußballspiels, sehr oft meistens sogar; und eins wusste ich um eben punkt 14.25 Uhr: Heute, das ist so ein "Flugzeuge im Bauch"-Spiel.
Prima Jungs, lasst mich ruhig alle allein. Thommy kurvt durch Mülheim, Deutschland, Europa, was weiß ich. Und (Mirko-)Gerd hat sich per Mail entschuldigt: er ist krank. Kein Wunder, nach dem Mittwochs-Erlebnis hätte ich auch am liebsten ein paar Tage nur im Bett verbracht. Auch sonst hat niemand wirklich Lust auf dieses Spiel, dabei kommt doch der amtierende Vize-Alles ins Ruhrstadion. Wer aber jetzt denkt, bei "Alleinfahrten" sinke meine Fußball-Motivation, der täuscht sich gewaltig. Fußballfan bleibt Fußballfan, und VfL-Fan bleibt VfL-Fan, ob nun Freunde dabei sind oder nicht. Zudem kann ich MEINEN Zeitplan mal exakt einhalten. 13.46 Uhr den Regionalexpress nehmen, 14.04 Uhr ankommen, kurz drauf die 308 Richtung Ruhrstadion, um genau 14.25 Uhr eine Bratwurst essen, und um 14.30 Uhr, genau eine Stunde vor dem Anpfiff, die Stehstufen betreten. Wie in einer per Excel erstellten Tabelle.
Doch - oh Schreck - was ist denn hier los? Das Gespenst der Lethargie schwebt über der Ostkurve. Schon seit langem ist mir nicht mehr so eine Depression in meinem Stadion begegnet. Es beruhigt mich, dass das Pokalspiel am Mittwoch nicht nur mich sehr mitgenommen und mindestens zwei Tage ausgeknockt hat. Auch den 20.000 anderen Bochumern geht es so. Als die Spieler auf den Rasen kommen, ist die Stimmung nicht mitreißend; sondern allenfalls höflicher Applaus ertönt. Einzelne Spieler werden nicht gefeiert, so wie sonst. Dabei sind wir alle gar nicht sauer auf die Mannschaft, nein, das nicht, vielmehr ist es die Tatsache, mal wieder eine riesige Chance verspielt zu haben, die so schmerzt. Die erste Frage, die jeder, der die Kurve betritt stellt, ist: "Und haste Mittwoch schon verdaut?" Die witzigste Antwort war: "Hömma, ich hätte am Donnerstag noch Sauerkraut kochen können, solche Eisbeine hatte ich!" Das hatte was, kam aber erst zwei Minuten vor dem Anpfiff. Bis dahin war ein einziges Suhlen in Selbstmitleid angesagt. Zu diesem Zeitpunkt war der Satz "Gerd und Thommy: Seid froh, dass Ihr zu Hause geblieben seid. Hier ist´s wie auf dem Friedhof für verloren gegangene DFB-Pokalträume" fest für mein Tagebuch formuliert.
Doch da zu einem Fußballspiel auch ein Gegner gehört, sollte es - um soviel vorweg zu nehmen - nicht die kompletten 90 Minuten so ruhig bleiben. Es heißt VfL Bochum gegen Bayer Leverkusen oder Ziel Klassenerhalt gegen Ziel Champions League. Oder graue Maus gegen Champions League Zwischenrunde. Oder Aufsteiger gegen Nationalspieler wie Butt, Neuville, Schneider, Zivkovic, Berbatov. Oder Peter gegen Toppi. Zum ersten Mal in einem Bundesligaspiel kehrt Klaus Toppmöller ins Ruhrstadion zurück. Genau der Mann, dem der VfL im allgemeinen und ich im speziellen die größten Erfolge der Klubhistorie zu verdanken habe. Der für alle Ewigkeit die "Welche Trainer ich erlebte"-Statistik auf dieser Seite anführen wird. Doch wenn Toppi bei uns verliert, fliegt er raus. Mist, jetzt kommen zur Lethargie auch noch zwiespältige Gefühle. Über Toppi lachen ("Toppi ist bald arbeitslos!", "Schade Toppi alles ist vorbei") oder einfach aus Anstand schweigen?
Erste Halbzeit: nicht der Rede wert. Ich bin mehr damit beschäftigt, Reiner Calmund auf der Tribüne zu suchen (der muss doch mit bloßem Auge zu erkennen sein, oder?), als die taktischen Raffinessen zu sezieren. Bei uns bilden Frank Fahrenhorst und Anton Vriesde, unser 58-jähriges aus der Regionalliga geholtes Abwehrtalent, die Innenverteidigung und ich finde es für die Leverkusener höchstpeinlich, dass sie in 45 Minuten kein Tor gegen die beiden erzielen - ja, und es ist noch peinlicher, dass Anton aus Tirol sogar ein gutes Spiel macht. Irgendwie ist beiden Mannschaften und beiden Fangruppen (übrigens waren am Mittwoch (!) mehr Lauterer Fans da als am Samstag (!) aus Leverkusen (45 Zug-Minuten von Bochum entfernt) - soviel zum Thema "Vereine, die nicht in die Bundesliga gehören") das Pokalspiel noch anzumerken. Eine gewisse Feldüberlegenheit muss ich den Leverkusenern attestieren, eine gute Leistung (wie immer) unserem Torwart, aber sonst? Mattmattmattmattmatt, da können selbst die Hupfdohlen nichts dran ändern.
0:0, schlechte Stimmung, alles grau in grau.
Die Zeit will nicht vergehn.
Es kommen ja noch 45 Minuten. Zum Beispiel Spielminute 55: Als Thoddi Gudjonsson dem Slawo Freier das 1:0 für uns verbaselt, indem er sich kallamäßig in den Schuss schmeißt, da geht dann doch endlich sowas wie ein herzogscher Ruck durch die Fans. Jetzt endlich, kommen die lauten V-F-L---V-F-L-Rufe, die sogar die Tribünen mitreißen. Hat aber auch gedauert. Der Vriesde spielt immer noch gut, und der Hubschrauber hebt ab - Minute 68, zum Jubeln. Ein Supertor, ein Geniestreich von Vahid Hashemian, und schade Toppi, jetzt ist wirklich alles vorbei. Naja, zwischendurch durfte die graue Locke nochmal aufatmen, beim Babic-Ausgleich zehn Minuten vor Schluss, doch unser Hashemian ist einfach zu gut heute. 2:1 in der 84. Minute. K.o. für Bayer. Kurz drauf ruft Thommy an. Hey - er ist in Mülheim und sitzt vor dem Videotext.
- Hier brennt nix mehr an. Die Leverkusener sind tot.
Dirk gratuliert aus München. So gaaaanz allein bin ich eben doch beim VfL nie.
Merke: Auch ein noch so lethargischer Fußball-Nachmittag, an dem eigentlich alle schlecht gelaunt sind und an dem Dich keiner begleitet, um dein Gejammere zu ertragen, kann gut ausgehen. Wie heute zum Beispiel, denn die drei Punkte sind enorm wichtig. Für den Verein, denn der Klassenerhalt ist nun schon bedrohlich nahe. Und nicht zuletzt für mein geschundenes VfL-Seelenleben. Leid tuts mir nur um den Toppi. Der ausgerechnet in Bochum... aber wie wird es in den Interviews heißen? "So hart ist das Geschäft." Der "Trainer des Jahres 2002" hat im Jahr 2003 ganze vier Spiele ausgehalten.
Flugzeuge im Bauch wird Toppi vermutlich morgen haben. Aber nicht, weil er Fußball-Fan ist. Sondern aus Schmerz über eine Trennung.
Jede Wette.

Zurück zum Seitenbeginn


Borussia Dortmund - VfL Bochum 4:1 (15.2.2003)

Anzeigetafel

Fünf Mark in die Schlechte-Wortspiele-Kasse

Spotlight for Andi

Das tote Pferd

Elfmeter - aber wo?

Indianer waren es, die achtzehnhundertpiependeckel den Spruch "Wenn Du merkst, dass Du auf einem toten Pferd reitest, dann steig ab" formulierten. Irgendwann schnappte ich es auf, vorvorgestern, vorgestern, heut morgen, ist ja auch schnuppe. Keine Ahnung, warum mir dabei ausgerechnet meine Situation vor Auswärtsspielen in Dortmund vors innere Auge flog. Jedes Mal bin ich mit meinem langjährigen Freund Björn - Vorsitzender eines BVB-Fanklubs; und der gehört trotzdem zu meinem allerallerengsten Freundeskreis (bin ich nicht tolerant?) - hingefahren, und jedes Mal hatte der Grinsekopp das Happy-End für sich, und ich musste den fairen Verlierer mimen. Und diesmal? Lasst uns ein Blick auf die Voraussetzungen werfen: Dortmund ist amtierender Deutscher Meister, steht in der Champions-League-Zwischenrunde, hat einen Zuschauerschnitt von 66.000, bald ein Stadion für 80.000, Spieler wie Rosicky oder Koller kriegen wahrscheinlich genauso viel wie unsere ganze Mannschaft. Einer von uns - unser Weltstar Sonntag Oliseh - wird sogar vom BVB weiterbezahlt. Das ist alles zwei bis drei Nummern zu überdimensioniert und um Längen größer als unser kleiner bescheidener VfL. Also wenn das kein totes Pferd ist...
... *brrrrrrrrr* ist das kalt... ist das verdaaaaaaaammmmt kaaaalt....
- Post, warum fährt denn diese verdammte Scheiß-Bahn nicht? Sags mir, sags mir!
18.05 Uhr. Das Spiel ist lange vorbei. Hunderte von Menschen, Tausende von Handschuhen und Zehntausende von abgefrorenen Fingern hüpfen am U-Bahnhof "Westfalenstadion" auf der Stelle; freuen sich bei gefühlten Nordpoltemperaturen über die fröhliche Stimme, die etwas von "Oberleitungsschaden" über die Lautsprecher bekanntgibt. Um wenigstens die Fäuste wieder warm zu kriegen, findet alle fünf Minuten in irgendeiner Gleisecke eine Schlägerei statt. Mittendrin im Gewühl zwei Chaostypen; einer davon ist Käpt´n Post, ein Schalke-Fan, der mangels Dauerkarte häufiger den VfL sieht als den S04. Wir waren mal in einer Klasse, zu guten alten Bundesliga-Manager-Zeiten Anfang der 90-er, und gehen heute oft in den T-Club, donnerstags (Geübte Andi-Ernst-Homepageleser wissen das bereits, aber für die Neulinge sei´s nochmal erwähnt).
18.10 Uhr. Telefon bimmelt. Nee, falsch, vibriert in der Hosentasche.
- Haaalllooo? Björn?
- Andi? Wo bisse?
- An der Bahnhaltestelle! Kommt nix!
- Wir sind an der Bushaltestelle! Kommt doch runter!
- Sind gleich da.
Oder doch nicht? Die Bahn fährt ein, hurra, schnell rein, und nach 30 Sekunden wieder raus. "Aufgrund einer Massenschlägerei am Remydamm verzögert sich die Abfahrt". Denen war wohl kalt. Also doch zum Bus!
18.15 Uhr. Björn und die Jungs und Mädels vom Fanklub sind in Sichtweite.
- Björn, alter Junge, danke für das schöne Spiel. Hab doch gesacht, dat in Spielen mit unserer Beteiligung immer viele Tore fallen. Lach nich so schäbig, Vollidiot!
- Erzähl Andi, wie ist es Dir ergangen?
- Boaaaah ist das kalt *brrrr* gibts doch gar nicht. Ja was soll ich sagen? Erstmal habe ich eigentlich fast gar nichts vom Spiel gesehen, denn unsere Stehplätze waren einfach NUR BESCHISSEN, oder Post? (Post nickt) Ich kann Dir mal auf meiner kleinen Digi-Cam das Bild vom Elfmeter zum 3:1 zeigen (siehe unter der Überschrift). Kannst Du da irgendwo den Schützen erkennen? (Björn grinst). Ja, Niederlage ist verdient, keine Frage. War ein schönes Spiel, und wenigstens konnten wir Euch diesmal ne halbe Stunde ärgern und nicht nur zwei Minuten wie vor zwei Jahren.
- Jooooo, wusste gar nicht mehr, dass beim 5:0 damals der Billy Reina zwei Tore geschossen hat.
- War total klasse. Fand ich total riesig, dass die alle fünf Tore vor dem Anpfiff nochmal auf der Anzeigetafel gezeigt haben. Musste das wirklich sein? Egal. Mal weiter im Text. Boaaah scheiße ist das immer noch kalt *brrrr* wann kommt denn endlich dieser Scheiß-Bus? Kriegen wir den Regionalexpress noch? Du weißt ja, vorher war mir das Spiel relativ, sagen wir, egal. Na nicht egal, aber das Ergebnis war Nebensache. Aber wenn Du dann die Stehstufen betrittst, obwohl Du quasi gar nichts sehen kannst, und die Jungs rauskommen, dann würdest Du schon gern als Sieger vom Platz gehen. Und als dann der Buckley nach acht Minuten die Kugel auch noch zum 1:0 reingehauen hat - ey, der Buckley, der macht sonst nieeee ein Tor - war schon geil. Hätt gern Dein Gesicht gesehen und auch von allen anderen aus dem Fanklub.
- Manmanman, der Evanilson. Der hat nur gesacht: Buckley, mach ma!
18.25 Uhr. Bus am Horizont.
- Aber dann... bis zur 30. Minute hab ich mich dann nur noch totgelacht. Als dann aufleuchtete: "Eckballstatistik 8:0" und "Torschuss-Statistik 23:7"... naja, da wusste selbst ich, dass die Führung nicht wirklich verdient ist.
- Boah der Ewerthon. Riesig den Ball vorgelegt, aber wie konnte der den noch vorbeischießen?
- Das Genick haben uns die beiden Tore unmittelbar vor der Halbzeit gebrochen. Unser armer Torwart. Beim 1:1 in der 30. stand der Billy-Abstauber Reina ziemlich blank, nachdem der Rein riesig pariert hatte. Und dann? Beim 1:2 von Koller hätte ich mich an seiner Stelle auswechseln lassen oder in der Halbzeit jedem Spieler tierisch einen in die Fresse gedonnert. Stell Dir das mal vor: Da läuft der Rosicky allein auf Dich zu. Du hältst riesig. Dann verstümpert Deine Abwehr wieder den Ball, der Rosicky läuft nochmal allein auf Dich zu, Du hältst wieder riesig. Doch der Koller steht frei am Sechzehner und braucht den Abpraller nur reinzuschießen. Was für eine Abwehr (Björn lacht) !
- Und die Elfmeter?
- War schon ein bisschen komisch. Wusste gar nicht, dass der Frings gleich zweimal so sicher verwandeln kann. Naja, ich denke, dass beide von der Sorte "kann man geben, muss man aber nicht" waren. Auch die Verteilung der gelben Karten war seltsam, aber am Schiedsrichter will ich es echt nicht aufziehen. Wenn die beiden Tore nicht durch diese beschissenen Elfmeter gefallen wären, hätte die halt ein anderer gemacht. Wir haben zu oft wie FC Traben-Trarbach gespielt. Meine Fresse, hattet Ihr Platz!!!
18.30 Uhr. Drin im Bus. Kutscher gib Gas. Zug Richtung Mülheim kommt gleich.
- Man Andi. Mir gings auch schonmal besser. Gestern ein bisschen Whisky getrunken. Dann sehr wenig geschlafen (Björn grinst) Aber Spiel war gut.
- Ihr habt echt gut gespielt. Wenigstens durften wir in der zweiten Halbzeit zeigen, dass wir auch was an der Kugel können. Ein bisschen Hacke hier, ein paar schöne Spielzüge dort, aber das wars auch. Im großen und ganzen waren wir doch chancenlos (Kollege Post schweigt immer noch)
- Und die Stimmung?
- Genau. Dann schon lieber über die Stimmung reden. Ein bisschen langweilig waren sie schon, diese dauernden "Dortmunder Hurensöhne"-Rufe. Echt blöd. Naja. Meine Highlights waren die Anzeigen zwischen der 60. und 70. Minute, als die Bayern alle fünf Tore gegen 1860 geschossen haben. Und dass Leverkusen gegen Rostock verloren hat und der Toppi endgültig fliegt.
- Stimmt Andi. Und in der zweiten Halbzeit habe ich ROT für van Duijnhoven gefordert, obwohl der den eigenen Mann umgewimmst hat. Der Fahrenhorst wars glaub ich. Echt volles Rohr getroffen. Der Sunday hat übrigens lang durchgehalten (lacht)
- Komm. Als der Sunday rausgehumpelt ist, stand es noch 1:0 für uns!!!
- Hast recht. Übrigens hab ich sowas hier noch nie erlebt. Also dass keine Bahn fährt, Oberleitungsschaden und so.
- Na prima. Da bin ich alle zwei Jahre mal hier. Und dann sowas. Halt ein typischer VfL-Auswärts-Nachmittag. Hinfahren mit dem Zug; Leute treffen, und lass es nur einen Fanklub des Gegners sein. Ein Auswärtsspiel gucken, haushoch verlieren, über die schlechte-Wortspiele-Kasse lachen, den Post beschimpfen. Hömma, Du Depp als Unternehmens-Berater! Dass ich nicht lache!!! Während des Spiels rumprollen und sich in der Flachwitzeskala nach unten arbeiten! Dann auf dem Heimweg ein paar Schlägereien beobachten - in Bochum sind die selten bis gar nicht vorhanden - und zu Hause diskutieren und Sprüche kloppen. So lieb ichs. Wenns nicht so verdammt kalt wäre.
18.45 Uhr.
Regionalexpress Richtung Mülheim.
Wärmer ist mir immer noch nicht geworden. Ein Königreich für Taschen-Handkissen. Zwei für jede Hand. Jeweils für die Füße, die Arme. "Wenn wir ernst machen, wird das zweistellig", unkt-frohlockt Björns Bruder per SMS. Na das ist doch wahnsinnig beruhigend. Also ich find, von 0:5 im April 2001 auf 1:4 im Februar 2003 ist eine ziemliche Steigerung und kann deshalb auch lächeln, als es "bitte lächeln für ein Homepage-Bild" (siehe oben) heißt. Und doch weiß ich genau: In keinem anderen Stadion Deutschlands habe ich eine so miese Bilanz. Viermal hingefahren, viermal verloren, und dreimal gabs richtig was auf die Nase. Es ist so verdammt nochmal frustrierend, diese schwarz-gelben Köppe nachher grinsen zu sehen, und eingestehen zu müssen, dass man sich eigentlich sowieso nichts ausgerechnet hatte.
Egal. Augen zu und durch. Und nächste Woche nach Rostock fahren. Fahrenhorst, Oliseh verletzt. Freier, Wosz gesperrt. Bin ich eigentlich bescheuert?
Das könnte wieder ein totes Pferd werden.
Und ich reite trotzdem drauf!
 
Kurz vor dem Anpfiff 8. Minute, 1:0 durch Buckley Hurra hurra der Post ist da
Kurz vor dem Anpfiff: Ich gebs nur ungern zu, aber diese schwarz-gelbe Wand ist schon beeindruckend! Aber mindestens genauso beeindruckend war die Stimmung in unserer Kurve beim völlig unerwarteten 1:0 durch Delron "ich schieß sonst nie ein Tor" Buckley in der 8. Minute! Und sonst?
Muss!
Gestatten, Alex Post!
Ein SCHALKER!!!
Danke für das 1:4! Die schwarz-gelbe Wand! Stadion leert sich
Game over... meine vierte Niederlage im vierten Spiel im Westfalenstadion. Bitterbitter, aber die Jungs wagen sich trotzdem noch in die Kurve... Game over, die zweite... die da drüben hatten da schon etwas mehr zu lachen! Das Stadion leert sich! Schaut in die Ecke! Die wird ebenso wie ihre drei Kompagnons grad ausgebaut!

Zurück zum Seitenbeginn


FC Hansa Rostock - VfL Bochum 1:1 (22.2.2003)

Schöne Grüße aus dem Land der Muschelschubser - Danke Judith!

Auswärtspunkt!!!

Windstille in Warnemünde

Peter bedankt sich!

Wem immer ich in den Tagen vor diesem 22. Februar 2003 von meiner Tagesbeschäftigung erzählte, der zog kopfschüttelnd und denscheibenwischerzeigend davon. Alle, wirklich ALLE, die noch einen letzten Funken Vernunft in mir vermuteten, sprachen mir diesen spätestens ab, als in ihren Lauscherchen die Sätze "Ich begleite den VfL nach Rostock" angekommen waren.
Rostock also. Stadt im Land der Muschelschubser.
Ich gebe zu, ein wenig zweifelte ich selbst an diesem Unternehmen, denn wirklich viele Gründe, warum ich diesen Tagesausflug nicht nur an-kündigen, sondern tatsächlich auch an-treten sollte, gab es nicht. Beispielsweise aus sportlicher Sicht: Wir haben die letzten sechs Spiele gegen Hansa verloren, zudem fehlen gleich fünf Stammspieler, und mit Oliseh, Kalla, Schindzielorz, Wosz und Freier beileibe nicht die unwichtigsten. Beispielsweise aus finanzieller Sicht. 68 Euro plus Eintritt ausgeben, und das für zwei Stunden Fußball und zwei Stunden Aufenthalt? Beispielsweise aus privater Sicht: Björn (remember Dortmund) feiert heute die Einweihungsparty seiner Wohnung in Essen, mit zig Leuten, die ich jahre-, quatsch jahrzehnte-, quatsch jahrhundertelang nicht gesehen habe. Ich kenne seine neue Freundin noch nicht, und er wird mir mein Leben lang vorhalten, dass ich nicht da war. Dirk aus München sms-formuliert es noch mit einem positiven Unterton: "Du Wahnsinniger fährst nicht wirklich zur Hansa-Kogge?" Irgendeiner, ich weiß gar nicht mehr wer, ist da schon drastischer:
- Andi, Du hast schon viele sinnlose Dinge in Deinem Leben getan. Aber das ist wirklich das Sinnloseste!
Sinnlos, dass ich also um 7.45 Uhr mit frisch geduschten und ungekämmten Haaren am Mülheimer Hauptbahnhof auf den Regionalexpress warte. Sinnlos also, dass ich um 7.59 Uhr in den Intercity Richtung Rostock umsteige. Jetzt ists zu spät, ich bin drin, pflanze mich auf den reservierten Platz, neben ein Mädel, dass bis Hamburg drinbleibt, von den drei Stunden 2:59 Stunden schläft (und schnarcht) - und somit für schlechtes Gewissen bei jedem Umblättern sorgt (bin ein rücksichtsvoller Mensch, aber bei dem Zuglärm hat die sowieso nicht geschlafen). Der Mond versinkt hinter den Hinterhöfen des Ruhrgebiets, die Sonne strahlt die letzten Schneereste in Niedersachsen an wie ein Scheinwerfer die Bands auf der Bühne. *brummbrummbrumm* es vibriert auf dem Tisch vor mir (es=Handy):
- Ich krieg nen Kollaps vor Freude. Hier scheint die Sonne. Vielleicht erlebst Du heute das Meer im letzten Dämmerlicht.
Judith kennt Ihr noch nicht.
Ich auch noch nicht. Und doch irgendwie. Seit zwei Jahren schreiben wir uns sporadisch Mails, und - wie es der Zufall so will - wohnt sie in Rostock, und hat mir versprochen, das Meer in Warnemünde zu zeigen. In der Tat: Am Himmel keine Wolke. Die reflektierten Ozeane verwandeln den Himmel in ein tiefes Blau. Die Red Hot Chili Peppers ("Under the bridge" - immer wieder, immer wieder, immer wieder), Oasis ("Whatever" - in den Pausen zwischen "Under the bridge") und "Room with a view" (von der Kuschelrock 3, keine Ahnung, von wem das nochmal war) begleiten mich. Für Unterhaltung sorgt Peter-Jürgen Boock, ein Ex-RAF-Terrorist, mit seiner dokumentarischen Fiktion über die Schleyer-Entführung 1977. Mir fällt auf, dass ich diese Zeit mit dem Mutterkuchen im Innern meiner Mum mitbekommen habe... bis zu meiner Geburt dauerte es im Oktober 1977 nur noch fünf Monate. Die letzten Zeilen des 200-Seiten-Schmökers verschlinge ich punktgenau im Bahnhof von Bad Kleinen. Da war doch was.. vor drei Jahren... GSG 9... RAF... Wolfgang Grams... oder? Hach, ist das stressig im Zug: das Handy vibriert in einer Tour, für Dirk habe ich meinen Namen ("Andi") in "Vriesde-Fanklub" (unser 58-jähriges Abwehrtalent) umgetauft. Das Buch will gelesen, meine CD´s gehört und der Kakao getrunken werden. Aber schön ists. Die Sonne blendet. Hoffentlich vergesse ich nicht meine Jacke, wie auf dem Weg nach Stuttgart.
Ich vergesse sie nicht. Es ist soweit, ich lande in Rostock, keine Spur vom in der Nacht verpassten Schlaf (fünf Stunden sind für meine sonstigen Gewohnheiten extrem niedrig), Appetit auf Fußball, Appetit auf Ostsee, Appetit auf Meer, Strand. Das Wetter macht süchtig.
Nicht ganz ohne Vorurteile spaziere ich über den Asphalt Rostocks. Nachwirkungen von Lichtenhagen. Hintergedanken bei jeder Glatze. "War der wohl dabei?" Inneres Gelächter bei jedem Vokuhila-Oliba (vorne kurz hinten lang mit Oberlippenbart). Ein Sprung ins Ostseestadion - ein schönes Ding. Der rote Feuerball verwandelt die eine Hälfte des Stadions in ein Sonnenstudio, wenn es hier oben im Norden MeckPomms bloß nur nicht zehn Grad kälter wäre als im Rest der Republik. Ich spür nach zehn Minuten in der Kurve meine Füße kaum noch, wie soll ich mich erst in drei Stunden fühlen... *bibber* und ich dachte, Dortmund letzte Woche sei nicht mehr zu toppen. Einen 100.000 Grad heißen Kaffee kippe ich runter wie ein Glas kaltes Wasser nach einem 10-Kilometer-Marsch durch die Wüste. Außer mir haben sich noch 200 Deppen auf nach Rostock gemacht, die wohl auch nix Besseres zu tun haben. Darunter selbstverständlich die "Ultras". Okay. Gehört wohl dazu. Sind zum Glück per Bus, und nicht mit der Bahn unterwegs.
15.04 Uhr, die Spieler betreten zum Aufwärmen (oh ja, das ist wirklich nötig, würde am liebsten mitjoggen, ganz freiwillig) den Rasen. Obwohl ich schon eine halbe Stunde meinen Platz eingenommen habe (es ist komischerweise seeehr übersichtlich um mich rum...), sortiere ich noch immer meine Klamotten. Bei Auswärtsspielen fühle ich mich stets wie ein Schwerverbrecher, diesmal wollte ein Eingangssecuritygorilla sogar den Inhalt meines Portmonees sehen (und ich sehe nicht einmal schnieke aus). Irgendwie frage ich mich jetzt doch: warum bin ich eigentlich hier? Aufgrund des Spiels wohl kaum. Unsere Aufstellung... Anton Vriesde in der Innenverteidigung, Filip Tapalovic nach monatelanger Verletzung von Anfang an, dazu Marcus-bitte-wer-ist-das-denn Fischer vornedrin. Hüüüüüüüülllfffee!
AC/DC besingen den "Highway to hell", als Millionen Konfettis aus 14.800 Händen auf den Rasen fliegen, und 22 Spieler kurz vor dem Anpfiff ins Publikum winken. Und mein ganz persönlicher Weg zur Hölle scheint dieses Spiel zu werden. Kalt. Saukalt ists. Und schlecht. Sauschlecht spielen wir. Das Spiel scheint abgeschenkt, eine Niederlage in Kauf genommen. Wir haben 29 Punkte, das reicht erstmal, Fans sind sowieso kaum da (nur der Ernst, und der hat laut seiner supertollen Statistik schon Siege genug gesehen), und die besten Leute fehlen. Ich nehm die Leistung echt persönlich, und muss Judith per sms gestehen, dass sie mit ihrem Tipp (2:0 für Hansa) gar nicht so falsch liegen könnte. Di Salvo schießt in der 29. Minute zum ersten Mal ein. Unser fliegende Holländer im Tor muss zweimal ein weiteres Gegentor in höchster Not verhindern (und ich sag noch: er ist zurzeit der Beste in der Liga), und di Salvo schießt ein Abseitstor, das völlig korrekt war. Will jetzt schon zum Meer.
Tja, leider spielt nicht mal die Rostocker Bratwurst um die Meisterschaft mit (wie in "1000 Tipps für Auswärtsspiele" vollmundig angekündigt). Glaubt diesem eigentlich tollen Buch nicht alles!!! Und es sind noch 45 Minuten in dieser Scheiß-Kälte. Zweite Halbzeit. Christiansen noch immer auf der Bank. NIMM DEN BEMBEN RAUS!!! NIMM DEN BEMBEN RAUS!!! Mein ganz persönlicher Freund (und damit Fahrenhorst-Nachfolger; warum brauchen Fußballfans immer einen, den sie nicht besonders mögen?) spielt wirklich eine Scheiße zusammen wie Frank Heinemann Mitte der 90-er in seinen besten Tagen. Dann endlich... Bemben raus, Christiansen rein, zwei Minuten später Hashemian 1:1. Und "verdient" muss ich hinzufügen. Denn auch unsere Notelf kann gegen die Kugel treten, sie hübsch laufen und die Rostocker alt aussehen lassen. Mit den alten VfL-Abstiegskampf-Tugenden (Ball nehmen und auf die Tribüne kloppen, und das zweimal pro Minute; naja, ganz so schlimm wars nicht) retten wir den Punkt ins Ziel, und ich grinse überglücklich wie ein Lotto-Gewinner bei der Scheckeinlösung. Nicht verloren. Gibts doch gar nicht.
Die Sonne versinkt allmählich am Horizont, nach einem zehnminütigen Fußmarsch ums Stadion herum bis zur Bushaltestelle (nicht sehr gastfreundlich!) und einer Verabredung mit Judith für 18 Uhr raffe ich erstmal, wo ich überhaupt bin. So weit weg von zu Hause. Dirks sms ist gespeichert: "Du Wahnsinniger!" Manchmal glaub ich wirklich dran, dass bei mir ne Schraube fehlt. Es gongt 18 Uhr, die Sprüche der Rostocker Fans, was sie mit einem VfL-Fan machen würden, wenn ihnen einer über den Weg läuft, überhöre ich geflissentlich. Am Rostocker ZOB lehnt Judith auf ihrem Fahrrad an einem Straßenschild. Es ist, als würde ich eine ganz alte Freundin treffen. Es geht in die S-Bahn Richtung Warnemünde, Richtung Strand, sie hält ihr Versprechen. In unserem Waggon drei Bochum-Fans, die den ganzen Zug unterhalten. Einer davon ist Jurist, und ruft mir zu: "Du hast bestimmt auch schon gegen das BTM verstoßen!" BTM? Betäubungsmittelgesetz! Seh ich echt so aus? Ein anderer hält Judith und mich - glaub ich - für ein Paar. Dafür, dass ich sie erst seit 30 Minuten Auge in Auge kenne, nicht schlecht, oder? Die drei sind voll wie Eulen, aber so witzig, dass mir die Tränen kommen. Sie verbringen die Nacht im Hotel in Warnemünde, und ich beneide sie dafür.
Es ist so windstill.
Und sooo schön am Strand, den Sand rund um die Socken spüren (meine Schuhe sind kaputt), kalte Wassertropfen an den Fingern, am Meer entlang sprinten. Ich bereue nichts. Und die sitzen jetzt in Essen, hauen sich bei ner Party den Arsch voll und hören laut Musik. Es ist so windstill. Danke Judith!
Zurück im Zug. 45 Minuten in Hamburg. Frodo und Sam schmeißen den Ring in den Schicksalsberg, Aragorn wird König, die Hobbits kehren ins Auenland zurück, die "Metal Ballads Platinum" verzaubern mein Ohr.
Kennt Ihr das Gefühl, wenn alles, was man sich morgens beim Aufstehen für den optimalen Tagesablauf wünscht, auch wirklich zutrifft? Ich habe mich den ganzen Tag einfach nur sauwohl gefühlt!
Und da sag noch einer, dieser Ausflug wäre ein sinnloser gewesen.

Weitere Impressionen von der Tour nach Rostock gibt es HIER !
 
Judith Ostseestadion mit 15.000 Zuschauern TOOOOOR!!! Highway to hell
Everybody say
"HELLOOOOOO Judith!"
Na, habt Ihr alle mitgewunken?
Das ist Judith (laut Eigenaussage "nicht für Kameras geboren", stimmt irgendwie, Ihr müsstet Sie im Original sehen), der es vermutlich gar nicht passt, dass sie hier abgebildet ist, oder?
DANKE nochmal für zwei schöne Stunden. Und ich komm bald wieder! Versprochen!
So sieht das Ostseestadion aus, wenn 15.000 Zuschauer da sind - es ist wirklich eine sehr schöne Hütte, wenn dieser komische Fußballverein und diese bittere klirrende Kälte nicht wären! Und wieder einmal eins von diesen Jubelbildern. Der Typ mit dem Gesicht zur Kamera ist übrigens einer von den Ultra-Heinis, die die Sprechchöre ansagen! Zu den Klängen von "Highway to hell"... da kommen sie!

Zurück zum Seitenbeginn


VfL Bochum - Hannover 96 1:2 (1.3.2003)

Ein fester Vorsatz zwei Monate nach Neujahr: Nie wieder Karneval zum Fußball! Jawollja!

Von der Ruhe des Augenblicks

Tief im Westen

Es ist drei Tage her, dass die ganze Schönheit des Seins (hurra, wie pathetisch) eine Viertelstunde lang meine Sinne betörte. Eigentlich war ich nur unterwegs, um eine Eintrittskarte für das Auswärtsspiel in Bremen zu kaufen, als ich die Sonne hinter den Dämmerungswolken verschwinden sah, und zeitgleich bemerkte, dass am Ruhrstadion eine Tür geöffnet war. Also drehte ich mich verbrecherartig erst nach links um, dann nach rechts, und verschwand in den Block P, rechts, und setzte mich auf "meinen" Stehplatz. Keine 30.000 Zuschauer im Stadion, sondern nur einer. Keine Musik im Lautsprecher, sondern nur Wind. Und doch eine leise Melodie im Hinterkopf: "Tief im Westeeeen, wo die Sonne verstaubt, ist es besseeeer..." Wunderbar. Diese unglaubliche Ruhe des Augenblicks. Diese unglaubliche Ruhe.
Drei Tage später *gäääähn* good morning sunshine... die Augen blinzeln in die winterlich-frühlingshafte Welt, und ein Wort zerstört die März-Gefühle im Nu: KARNEVAL! Im übermüdeten Spaziergang ins Bad schießen mir die Erinnerungen an die letzten beiden Karnevalsspiele ins Hirn; und - all meine Freunde an den Computern der Welt - es sind wahrhaft keine schönen Erinnerungen. Karneval 2001 beispielsweise, Rolf Schafstall ist Trainer des VfL, wir sind mit Abstand aussichtsloser Tabellenletzter. Heimspiel gegen Stuttgart, die ihrerseits erstmals mit Magath auf der Bank. Mein Zustand ist nach vier Karnevalssonntags-Stunden in Düsseldorf doch sehr bedenklich, und mehr tot als lebendig treffe ich meinen Bruder im Regionalexpress von Düsseldorf bis Bochum (Thommy, erinnerst Du Dich?). In der Kurve ist zwei Quadratmeter um mich rum nix los, so sehr taumele ich durch die Weltgeschichte. Dass das Spiel 0:0 ausgeht, erfahre ich am Tag drauf aus der Zeitung. Und Karneval 2002? Ich möchte auch an dieser Stelle nur weiterleiten, an einen Bericht aus dem letztjährigen Tagebuch. Ich sage nur Oberhausen, 1:6! Karneval und VfL... neenee, das passt nicht.
*gääähn* mein Kumpel Domi aus Hannover (remember: Hinspiel) hat seinem Spitznamen "Pilsmann" jedenfalls gestern alle Ehre gemacht - und somit muss der Gegenbesuch im Ruhrstadion ausfallen. Er bleibt bei seiner Schwester in Karneval-Düsseldorf. Das Radio springt von allein an, und eine Stimme verrät etwas von "Streik in NRW" und "Deutscher Bahn". War klar. Heute sitzen in den Zügen ja auch nur Fußballfans aus Bochum, Hannover (VfL-96), Dortmund, Rostock (BVB-Hansa), Mönchengladbach, Gelsenkirchen (Gladbach-Schalke) und Essen (RWE spielt in Münster), dazu noch die diversen Karnevalspartys in Köln und Düsseldorf; hurra, so macht sich die Deutsche Bahn eine Menge Freunde. Oh Wunder, mein Zug ist pünktlich, und inmitten von blauen, roten, weißen und schwarz-gelben Fans bahne ich mir den Weg in den Regionalexpress und sinniere immer noch über meine Karneval-und-Fußball-Erfahrungen. Soll ich nicht doch lieber nach Hause fahren?
Ach quark, ist doch so schönes Wetter draußen, und ich muss meinem Kumpel Gerd doch noch die Geschichten aus Dortmund und Rostock erzählen, und die Stadion-Bratwurst, und die Sonne. Ach, in der "308" vom Hauptbahnhof zum Ruhrstadion wird es immer nerviger. Dass pro Heimspiel ca. 1 Million Leute in einer Straßenbahn für 120 Personen sitzen, das ist nicht neu. Vielmehr stört dieser ewig alte und total abgegriffene Scherz, den irgendeiner garantiert immer zum Besten gibt, nämlich das laut gegrölte "Die Fahrkarten bitte!" Also ich lach da lange nicht mehr drüber. Aus Hannover sind viele Fans mitgekommen, und hey, nicht nur Gerd, auch Sam ist da - und ich freu mich tierisch. Auf das Spiel, auf einen Sieg, und die miese Karnevalsserie ist kein Thema.
Jedenfalls für kurze Zeit. Denn das, was unsere Jungs in der ersten Halbzeit abziehen, ist mit den Worten "Unverschämtheit" und "Arbeitsverweigerung" nicht einmal ansatzweise treffend zusammengefasst. Schon bevor das Spiel anfängt, scheint es 0:1 zu stehen; denn wirklich lange war bei dem Tor von Vinicius noch nicht gespielt. Es erinnert fatal an das Bielefeld-Heimspiel, vor allem die Entstehung des Gegentores. Ein Querschläger von Reis - Ecke. Ein Querschläger von Hashemian nach derselben - Gegentor. Ich glaub es geht schon wieder los. Alle zwei Minuten ruft einer aus unserem Trio "Ich könnt kotzen", und es klappt nichts. Fehlpässe, dumme Fouls, verlorene Zweikämpfe. Siehe oben. Unverschämtheit. Bobic nickt zum 0:2 ein, in der 35. oder so, und diese Hütte ist die Frechheit überhaupt. Mal wieder vergeblich auf Abseits gespielt, und dann bequemt sich keiner unserer Jungs, den Bobic auch nur ansatzweise zu stören. Das macht auch in der 44. Minute keiner, doch da köpft Fredi an den Pfosten. Gibts nicht. 0:2 stehts, 0:3, gar ein 0:4 wäre verdient gewesen. So ein Pfeifkonzert ist mir sehr selten in meiner 219 Spiele langen VfL-Zeit untergekommen - da sind (Achtung!) die Cheerleader in der Pause die Attraktion des Nachmittags, und ich hätte nicht gedacht, dass ich das jemals schreiben muss. Auch unser Trainer Pidder hat ein Einsehen und staucht unsere Jungs nicht in der Kabine, sondern auf dem Platz zusammen. Auch noch nicht erlebt.
Dass ich diese erste Halbzeit doch noch einigermaßen positiv in Erinnerung behalte, liegt an den Jungs. Irgendwie - keine Ahnung warum - stehen wir einige Meter versetzt von unserem Stammplatz, und extrem nah im Ultra-Geschehen. Die Stimmung ist noch einen Tick aufgeheizter, vor allem in der Pause, als eine Schlägerei droht. Sam, der dunkelhäutige Amerikaner, brüllt laut: "Kaum fehlt ein Neger in der Abwehr, schon läufts nicht!" Desweiteren erzählt er von einem Job-Angebot des Securitydienstes vor dem Anpfiff (hab bis jetzt nicht gescheckt, ob der uns nur verarscht hat oder nicht), Gerd erzählt, dass Dariusz Wosz auf dem Platz eine höhere Intelligenz besitzt als im realen Leben, wir lachen über Sams spontane Idee, den "Ultras" beizutreten und regen uns darüber auf, dass ein Ultra-Typ von insgesamt 90 Minuten bestimmt 85 seine blöde blau-weiße Fahne direkt vor unsere Fressen weht. Kopfschütteln. 0:2 zurück. Gegen Hannover. Die sind doch ein Abstiegskandidat und dennoch in allen Belangen überlegen.
Pidders Ansprache wirkt. Die zweite Halbzeit beginnt und die Lawine rollt. Ein Angriff nach dem nächsten peitscht dem 96-Tor entgegen. V-F-L, V-F-L, V-F-L schallts durchs weite Rund. Hinten gehts Mann gegen Mann, mit Vriesde, Tapalovic und Colding; Fahrenhorst und Reis rücken ins defensive Mittelfeld; alle werden ballsicherer, und Christiansen trifft zum 1:2. Noch 27 Minuten. Doch vergebens ist alle Müh. Christiansen-Kopfball vorbei. Fahrenhorst-Schuss vorbei. Eine Ecke nach der nächsten. Hashemian-Kopfball, Tremmel hält. 1:2 verloren. Wir bleiben bei 30 Punkten und auf Platz neun. Aber bis zum Letzten sinds nur noch acht Punkte. Und jetzt hintereinander Bremen und Bayern. Abstiegskampf? Tschüss Gerd. Er fährt nach Hause, irgendwo beim Platz von Vorwärts Kornharpen. Ja, ich glaub selbst die hätten in der ersten Halbzeit 2:0 gegen uns geführt. Was war nur los?
Solche Spiele können passieren. Solche Spiele ziehen an Dir vorbei wie eine Gewitterfront. Während der Blitze und des Donnersgrolls verfolgst Du teilnahmslos das Geschehen, danach bist Du erstmal froh, dass es vorbei ist - um zwei Stunden später zu registrieren, was für ein Ausmaß der Schaden hat. Solche Spiele können passieren. Und doch schmerzen sie wie ein Wadenkrampf.
Ich glaub, Karneval 2004 gehe ich nicht ins Stadion.
Aber die Ruhe des Augenblicks:
Die will ich bald nochmal erleben!

Zurück zum Seitenbeginn


SV Werder Bremen - VfL Bochum 2:0 (8.3.2003)

... ist im VfL-Tagebuch 2002/2003 - TEIL 3 nachzulesen !

Zurück zum Seitenbeginn


VfL Bochum - FC Bayern München 1:4 (15.3.2003)

... ist im VfL-Tagebuch 2002/2003 - TEIL 3 nachzulesen !

Zurück zum Seitenbeginn


VfL Wolfsburg - VfL Bochum 2:0 (22.3.2003)

... ist im VfL-Tagebuch 2002/2003 - TEIL 3 nachzulesen !

Zurück zum Seitenbeginn


VfL Bochum - 1. FC Kaiserslautern 1:1 (5.4.2003)

... ist im VfL-Tagebuch 2002/2003 - TEIL 3 nachzulesen !

Zurück zum Seitenbeginn


Hertha BSC Berlin - VfL Bochum 1:0 (12.4.2003)

... ist im VfL-Tagebuch 2002/2003 - TEIL 3 nachzulesen !

Zurück zum Seitenbeginn


VfL Bochum - VfB Stuttgart 3:1 (20.4.2003)

... ist im VfL-Tagebuch 2002/2003 - TEIL 3 nachzulesen !

Zurück zum Seitenbeginn


FC Schalke 04 - VfL Bochum 1:2 (26.4.2003)

... ist im VfL-Tagebuch 2002/2003 - TEIL 3 nachzulesen !

Zurück zum Seitenbeginn

VfL Bochum - Borussia Mönchengladbach 1:1 (3.5.2003)

... ist im VfL-Tagebuch 2002/2003 - TEIL 3 nachzulesen !

Zurück zum Seitenbeginn


Arminia Bielefeld - VfL Bochum 1:3 (11.5.2003)

... ist im VfL-Tagebuch 2002/2003 - TEIL 3 nachzulesen !

Zurück zum Seitenbeginn


VfL Bochum - Hamburger SV 1:1 (17.5.2003)

... ist im VfL-Tagebuch 2002/2003 - TEIL 3 nachzulesen !

Zurück zum Seitenbeginn

Diese Seite wurde zuletzt geändert am 17.7.2003
Webmaster ist Andreas Ernst