KONZERTE - Teil 1 - März 2002 bis Mai 2003!
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Fackeln im Hallenlicht!

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Musik:
In meinem Israel-Tagebuch vom September 1999 vermerkte ich es erstmals: „Ich habe nach vier noten-, rhythmus- und bass-freien Tagen erst einmal gemerkt, wie sehr ich die Musik brauche.“ Dem ist nichts hinzuzufügen. 350 (selbst gekaufte! Ja, ich bin trotz Brenner so bescheuert) CD´s im Schrank können nicht lügen. Ich bin MUSIKSÜCHTIG! Irgendwas dudelt immer im Hintergrund, ob CD, Radio, Kassette oder VIVA (eigentlich VIVA 2, aber das wurde abgeschafft. DIE SCHWEINE!)
Meine Vorlieben erstrecken auf sich auf alle Formen der „alternativen“ Musik, vom guten alten Rock über Punk bis Independent-Zeug.
Was aktuell bei mir angesagt ist, könnt ihr meinen „Top Five“ unter „Aktuelles“ entnehmen.
Meine CD des Jahres 2001 war eindeutig „JJ 72“ von der gleichnamigen Band. Ansonsten verfolge ich den Weg von „World Party“ und „K´s Choice“ ganz besonders. Aber das hat eigentlich nichts zu sagen – ich bin kein „Fan“ von irgendeiner Band. Ich mag Bands mit hinter- und tiefgründigen Texten, die mehr zu bieten haben als nur bass-lastige Scheiße oder „Komm hol Dein Lasso raus“-Gekreische. Ich mag Gitarren-Songs, die von guten Stimmen untermalt sind. Techno-Stücke krame ich nur in ausgewählten Momenten hervor, wenn sowieso schon alles zu spät ist und mein Gehirn schon weich genug ist... Also ich würd zum Beispiel nie auf die Love Parade gehen. Wenn Ihr Wiglaf Droste und Co. gut zugehört habt und 1 und 1 zusammenzählen könnt, dann wisst Ihr warum!

Meine letzten Konzerte (ab 1997) waren folgende:

1997:
Wolfgang Petry - Januar 1997, Grugahalle Essen (ja, wirklich! Direkt in der 1. Reihe! Kultig!)
Element of Crime - März 1997, Zeche Bochum
Fury in the Slaughterhouse – Mai 1997, Arena Oberhausen
Herbert Grönemeyer – Juni 1997, Ruhrstadion Bochum
1998:
Fury in the Slaughterhouse – November 1998, T-Club Turbinenhalle Oberhausen
1999:
Element of Crime - Mai 1999, Kulturfabrik Krefeld
2000:
The Smashing Pumpkins – September 2000, Arena Oberhausen
Britney Spears – Oktober 2000, Westfalenhalle Dortmund
K´s Choice (Vorband: Novastar) – Oktober 2000, Live Music Hall Köln
The Corrs, David Gray – 9. November 2000, Philipshalle Düsseldorf
Olaf Henning ich lege Wert auf die Ergänzung: FÜR DIE WAZ!!! - 15. Dezember 2000, Ruhr-Sporthalle Mülheim
Fury in the Slaughterhouse – 17. Dezember 2000, Turbinenhalle Oberhausen
2001:
Seeed - Mai 2001, Sommerfest, Universität Essen
ROCK AM RING – Pfingsten (Juni) 2001 (u.a. mit Limp Bizkit, JJ 72, K´s Choice, HIM, Manic Street Preachers, A-ha, Alanis Morissette, Die Söhne Mannheims, Reamonn, Kid Rock u.v.a.)
AC/DC, Die Toten Hosen – August 2001, Müngersdorfer Stadion Köln
Travis (Vorband: Turin Brakes) – November 2001, Philipshalle Düsseldorf
2002:
Element of Crime (Vorband: Tomte) - 19. März 2002, Zeche Bochum
Die Toten Hosen (Vorband: Dover) - 26. April 2002, Westfalenhalle Dortmund
Fury in the Slaughterhouse (Vorband: Sonnit) - 5. Mai 2002, Westfalenhalle 2, Dortmund
Heather Nova - 4. Juni 2002, Amphitheater Gelsenkirchen
Heather Nova, Joy Denalane, Donots - 14. Juni 2002, MTV-Campus-Invasion, Universität Essen
Liquido, Overproof Soundsystem - 21. Juni 2002, Uni-Sommerfest, Universität Essen
Fury in the Slaughterhouse (Vorband: Gallop) - 22. November 2002, Grugahalle Essen
Die Toten Hosen (Vorband: The Briefs) - 22. Dezember 2002, Arena Oberhausen
2003:
Kettcar (Vorband: Sometree) - 13. Januar 2003, Zakk Düsseldorf
Die Ärzte - 4. März 2003, Kulturfabrik Krefeld
Tom Liwa - 13. März 2003, Ringlokschuppen Mülheim
Coldplay (Vorband: Feeder) - 3. April 2003, Philipshalle Düsseldorf
Herbert Grönemeyer - 10. Mai 2003, Ruhrstadion Bochum
Rock am Ring - Pfingsten (8./9. Juni) 2003 - (mit Metallica, Marilyn Manson, Moby, Disturbed, Deftones, Queens of the Stone Age)
Wiglaf Droste und das Spardosenterzett - 17. Juni 2003, Bar jeder Vernunft, Berlin
Mia, Kettcar, Blackmail, Mambo Kurt - 20. Juni 2003, Uni-Sommerfest, Universität Essen
Die Happy, Sincere - 11. Juli 2003, Essen.Original, Kennedyplatz Essen
Castle Rock 4 - 12. Juli 2003, Schloss Broich, Mülheim (mit Subway to Sally, The Crüxshadows, Secret Discovery)
Red Hot Chili Peppers (Vorband: The Distillers) - 21. August 2003, Landschaftspark Nord, Duisburg
Die Ärzte (Vorband: Fettes Brot) - 14. Dezember 2003, Arena Oberhausen
Helge Schneider - 20. Dezember 2003, Stadthalle Mülheim
2004:
Wir sind Helden (Vorband: Franz Ferdinand) - 11. März 2004, Philipshalle Düsseldorf
Virginia Jetzt! (Vorband: Subterfuge) - 19. Oktober 2004, KKC, Uni Essen
Die Fantastischen Vier (Vorband: Clueso) - 8. Dezember 2004, Arena Oberhausen
Helge Schneider - 18. Dezember 2004, Stadthalle Mülheim
Sportfreunde Stiller (Vorband: Ash) - 21. Dezember 2004, Philipshalle Düsseldorf
2005:
Jimmy Eat World - 28. Februar 2005, Soundgarden Dortmund
The Dresden Dolls - 5. März 2005, Gebäude 9 Köln
Kettcar (Vorband: Miss Antarctica) - 30. März 2005, JZE Essen
Tocotronic (Vorband: La Grand Illusion)  - 2. April 2005, Zakk Düsseldorf
Farin Urlaub Racing Team - 21. Mai 2005, Philipshalle Düsseldorf
Rock am Ring - 3. bis 5. Juni 2005, Nürburgring
--- mit REM, Green Day, Adam Green, Kettcar, Tomte, Tocotronic, Mando Diao, Die Toten Hosen, The Hives, Wir sind Helden, Iron Maiden, Velvet Revolver, Maroon 5, Billy Idol, Incubus, Madsen, Feeder, Mardo, World Leader Pretend ---
New Model Army - 1. Oktober 2005, Mercury Lounge (New York)
Mambo Kurt  -  29. Oktober 2005, Schifferhaus Mülheim
Helge Schneider - 17. Dezember 2005, Stadthalle Mülheim
2006:
Element of Crime (Vorband: Home of the Lame) - 19. März 2006, Palladium Köln
Rock am Ring - 2. bis 4. Juni 2006, Nürburgring
--- mit Metallica, Guns N'Roses, Depeche Mode, Placebo, Kaiser Chiefs, Franz Ferdinand, Sportfreunde Stiller, Reamonn, The Darkness, The Dresden Dolls, Kaizers Orchestra, Corinne Bailey Rae, Tomte, Paul Weller, David Gray, Morrissey, Nelly Furtado, Jamiroquai, Bela B. ---
The Strokes (Vorband: Eagles of Death Metal) - 26. Juni 2006, Palladium Köln
Die Ärzte - 31. Dezember 2006, Rhein-Energie-Stadion Köln
2007:
Jan Plewka - 27. Januar 2007, Ringlokschuppen Mülheim
Foo Fighters (Vorband: Sportfreunde Stiller) - 28. Oktober 2007, Arena Oberhausen
Die Ärzte - 16. November 2007, Westfalenhalle Dortmund
Sarah Bettens - 8. Dezember 2007, Pulp Duisburg
2008:
Jan Plewka - 28. Februar 2008, Grillo-Theater Essen
Bruce Springsteen - 16. Juni 2008, LTU-Arena Düsseldorf
Farin Urlaub - 20. November 2008, Philipshalle Düsseldorf
Die Toten Hosen (Vorband: Madsen) - 8. Dezember 2008, Westfalenhalle Dortmund
2009:
Franz Ferdinand - 4. Februar 2009, Kulturkirche Köln
Bloc Party - 17. Februar 2009, Palladium Köln
The Killers (Vorband: Louis XIV.) - 13. März 2009, Philipshalle Düsseldorf

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Element of Crime - 19. März 2002 - Zeche Bochum:

Romantik

Element of Crime

- Der Bericht
- Der Abend
- Die Playlist

DER BERICHT:

Also wieder Element of Crime. Zum dritten Mal in fünf Jahren habe ich eine Eintrittskarte in der Hand, auf der der Name dieser Berliner Band steht, die zu altern scheint, deren Musik aber niemals altern wird. "To old to die young" lautet die Aufschrift auf einem T-Shirt, das am Merchandising-Stand angeboten wird. Hmm. Mein Bruder Thommy begleitet mich und echauffiert sich über die hohen Alkoholpreise, nachdem er vorher schon versucht hat, sich einen reinzukippen. Das gehöre bei Element of Crime dazu. So ist das bei einem Konzert dieser Band. Es ist das erste Element-Konzert, das ich sehe, nachdem Sven Regener seinen Roman "Herr Lehmann" verfasst hat. "Es ist doch immer wieder beschämend, welche Leute die Musik gut finden, die man auch gut findet. Desillusionierend", merkt Thommy an. Ich widerspreche nicht. Nun also Sven. Die Persönlichkeit der Band. Schreibt alle Texte, hat Charisma. Charisma? Ja, doch, so ist es. 20.55 Uhr - fünf Leute betreten die Bühne.
Ich sehe Sven Regener. Aber Sven Regener sieht mich nicht. Ich schätze er sieht niemanden der 800 Zuschauer. Seine Augen sind klein, ganz klein, die Augenränder groß und dunkel. Der Mann hat nicht nur gesoffen vor dem Konzert, er hat Pillen geschluckt, Joints geraucht en masse, keine Ahnung. Er sieht verdammt ungesund aus; ich vermeide das Wort "krank", das würd´s nicht treffen. Als ob er die Welt durch den Zoom einer Digitalkamera betrachten würde. Verschwommen. Zitternd. Keine Fixierung möglich. Ob er das Konzert übersteht? Es sieht kaum so aus. Die ersten Takte von "Narzissen und Kakteen", er singt laut und schräg. Da muss Jakob Ilja an der Gitarre sein ganzes Können aufbieten, um Sven Regeners Verfassung aufzufangen. Das kann ja ein Abend werden.
Was hat diese Welt diesem Mann angetan? Wie ist es wohl, mit diesem Mann einen trinken zu gehen? Sven Regener als genial zu bezeichnen, ist wahr und falsch zugleich. Seine Musik ist genial, sie erfreut, sie rührt auf, sie reißt mit. Dass sie für Mainstream nicht taugt, macht sie nur noch sympathischer. Sein Buch "Herr Lehmann" war und ist ein Bestseller (und Mainstream geworden). Doch die Suche nach Worten, nach dem passenden Takt, nach der richtigen Melodie - sie scheint für Regener ein Labyrinth zu sein. Er glaubt nicht mehr daran, dass es einen Ausgang gibt und versüßt sich den Weg bis zum Ende seiner Tage. Mit Konzerten, in die er seine Kraft investiert, und in irgendwelche Berauschungen. Dass er meistens voll auf die Bühne tritt, ist allgemein bekannt. Den Fans macht das nichts.
Was Element of Crime "so für Musik" macht, werde ich oft gefragt; denn in meiner Umgebung ist dieser Bandname nicht so geläufig. Melancho-Rock? Ich weiß nicht. Ach es ist einfach viel zu schwer zu beschreiben. Ich verweise meistens auf die britischen Bands Travis, Starsailor, JJ 72 - sie sind noch am ehesten mit Element of Crimes "Charme" verbunden; aber irgendwie auch nicht.
Die Musik von Element of Crime eignet sich am besten in jenen einsamen Stunden im Herbst, wenn es draußen regnet, der Wind die Äste von den Bäumen abreißt, die Kälte durch die Fenster in die Wohnung dringt. An den Songtiteln wurde das eigentlich bisher nicht deutlich. Da kam die neue CD "Romantik" anders daher. Mit Liedern, die "Wann weht der Wind" und "Es regnet" heißen.
Das Konzert beginnt mit einem Werk aus dem neuen Album; nämlich "Narzissen und Kakteen". Und genauso, wie die Element-Musik die melancholische Herbststimmung an einsam-depressiven Oktober-Tagen ergänzt, zerstört sie diese auch früher oder später. Das beherrscht Sven Regener perfekt. Wann immer die Zuhörer nach einem wundervollen Stück gedankenverloren im Universum umherschweben und die Hände ganz von allein zum Applaus in die Luft schweben; vor allem nach "Wenn der Morgen graut", "Das alles kommt mit", "Seit der Himmel" - dann reckt Sven Regener, immer noch zugedröhnt von bestimmten Mitteln, seine Hände in die Höhe, wie nach einem geschossenen Tor, und brüllt "Romantik" ins Mikro. Aufgewacht. Aus der Traum. Stimmt, ist ja Konzert.
Bloß einmal lässt er es sein. Nach dem wohl komplettesten Song, den er verfasst und komponiert hat.

"Draußen hinterm Fenster"
- Draußen hinterm Fenster/Sitzt ein Kind und spielt/am Motor eines Subarus herum/Ein Oberkellner füllt/Alle Kognakfalschen um/Ein Steuerfahnder bittet um Asyl/Vom Freibad kommen die, die nicht ertrunken sind/Ein Subaru-Besitzer macht Jagd auf ein Kind
Und ich frage dich nicht, wo du herkommst/Du sagst mir nicht, wo wir sind/Wir sitzen hier fest, was auch immer geschieht/Verwirrt, träge und verliebt
- Draußen hinterm Fenster/Sitzt ein Kind und rührt/in der Milch der frommen Denkungsart herm/Ein Oberkellner spürt/Ein Reißen in den Knien/Ein Eisenbieger nimmt die falsche Tür/Vom Kaufhaus kommen die, die nicht verhaftet sind/Ein sittenstrenger Milchmann macht Jagd auf ein Kind
Und ich frage dich nicht, wo du herkommst/Du sagst mir nicht, wo wir sind/Wir sitzen hier fest, was auch immer geschieht/Verwirrt, träge und verliebt
- Draußen hinterm Fenster/sitzt ein Kind und malt/am Meinungsbild vom nächsten Jahr herum/Ein Oberkellner zahlt/alle Gäste aus und geht/Ein Kognaktrinker wirft den Tresen um/Vom Parkplatz kommen die, die nicht zu retten sind/Ein Ex-Meinungsforscher macht Jagd auf ein Kind
Und ich frage dich nicht, wo du herkommst/Du sagst mir nicht, wo wir sind/Wir sitzen hier fest, was auch immer geschieht/Verwirrt, träge und verliebt

Der Applaus ist noch einen Tick lauter. Noch einen Tick stürmischer. Ohne Frage der Höhepunkt. Sven Regener spürt das und lässt seinen Fans die Träume. Kein "Romantik"-Gebrüll. Sondern mit "Ohne dich" direkt das nächste Highlight hinterher.
Es war ein schöner Abend. Vielleicht sogar der schönste, den ich gemeinsam mit Element of Crime erlebt habe. Sven Regener ist in seinem Labyrinth zwar nicht entscheidend vorwärts gekommen, aber er hatte viel Spaß auf diesem kurzen Weg. "Ich wusste gleich, in Bochum geht was" witzelt er, als er zum vierten Mal zu einer Zugabe die Bühne betritt. Küsse ins Publikum habe ich bei ihm noch nie gesehn. Die Stimmung? Gut, aber nicht herausragend. Das ist aber nicht wichtig.
Aber was ist dann wichtig?
Gute Frage. Dass es noch Romantik gibt im Leben? Poesie? Mit schöner Musik verbundene Poesie? Vielleicht.
Danke Element of Crime! Danke Sven Regener! Obwohl Du mich nicht gesehen hast. Und noch ein Tipp: Du kannst Dich ja berauschen, aber bitte nicht so schlimm wie in der Zeche Bochum. Ansonsten muss man Angst um Dich haben.

DER ABEND:

Konzertbeginn: Einlass 19 Uhr, Beginn 20 Uhr; Vorband "Tomte" von 20.15 bis 20.45 Uhr (kann mich nicht mehr dran erinnern...), "Element of Crime" von 20.55 bis 22.50 Uhr (viermal wieder gekommen...).
Ort: "Zeche" in Bochum, Prinz-Regent-Straße; ausverkauft - ca. 800 Zuschauer
Eintrittskarte?: Nö, wer rechnet schon damit, dass ein Element-Konzert ausverkauft ist, zumal die Tour schon lange läuft. Also musste der gute alte Schwarzmarkt hinhalten; das klappte nach einer halben Stunde auch ganz wunderbar - und wir waren drin, ohne mehr bezahlt zu haben... Da war auch Dreistigkeit gefragt, wenngleich es mir schon leid tat, zehn Leute die Karte wegzuschnappen, die schon zehn Minuten länger gewartet hatten als ich. Aber ich hatte den Kartenverticker nun mal eher gesehen... zum Glück kannte ich einen vom VfL - da war der Hals nicht ganz so dick!
Der Mitreisende: Mein an dieser Stelle schon oft zitierter Lieblingsbruder Thommy. Wir verbrachten einen schönen Bruder-Bruder-Abend nach dem Motto "alles richtig gemacht". Zum Abschluss noch beim Döner-Mann vorbeischauen, ging super ab. Thomas traf noch eine alte Stufenbekannte (ich glaub Kerstin Merten hieß die).

DIE PLAYLIST:

1) "Narzissen und Kakteen" (vom Album "Romantik")
2) "Wenn der Morgen graut" (vom Album "Die schönen Rosen")
3) "Es regnet" (vom Album "Romantik")
4) "Mehr als sie erlaubt" (vom Album "Weißes Papier")
5) "Das alles kommt mit" (vom Album "Weißes Papier")
6) "Seit der Himmel" (vom Album "Romantik")
7) "Alle vier Minuten" (vom Album "Romantik")
8) "Jung und schön" (vom Album "Psycho")
9) "Gelohnt hat es sich nicht" (vom Album "Romantik")
10) "Du hast die Wahl" (vom Album "Weißes Papier")
11) "Weißes Papier" (vom Album "Weißes Papier")
12) "As long as I love you" (vom Album "Try to be Mensch")
13) "Jetzt musst Du springen" (vom Album "Psycho")
14) "Michaela sagt" (vom Album "Psycho")
15) "Draußen hinterm Fenster" (vom Album "Weißes Papier")
16) "Ohne dich" (vom Album "Die schönen Rosen")
17) "Die Hoffnung, die du bringst" (vom Album "Romantik")
18) "Fallende Blätter (vom Album "Romantik")

1. Zugabenrunde:
19) "Bring den Vorschlaghammer mit" (vom Album "Romantik")
20) "Blaulicht und Zwielicht" (vom Album "Damals hinterm Mond")
2. Zugabenrunde:
21) "Unter dem Rhein" (COVER VON DER BAND FSK)
22) "I´ll warm you up" (vom Album "Basically sad")
3. Zugabenrunde:
23) "Schwere See" (vom Album "Weißes Papier")
4. Zugabenrunde:
24) "Rein gar nichts" (vom Album "Damals hinterm Mond")

Zusammenfassung:
Cover-Song = 1
"Try to be Mensch" (1987) = 1
"Basically Sad" (1990) = 1
"Damals hinterm Mond" (1993) = 2
"Weißes Papier" (1995) = 6
"Die schönen Rosen" (1997) = 2
"Psycho" (1999) = 3
"Romantik" (2001) = 8

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Die Toten Hosen - 26. April 2002 - Westfalenhalle Dortmund:

Steh auf, wenn Du am Boden liegst

- Der Bericht
- Der Abend
- Die Playlist

DER BERICHT:

Nostalgie. Der Duden versteht darunter eine "sehnsuchtsvolle Rückwendung zu alten Zeiten". Gut, ich bin erst 24, keine Frage, und hab hoffentlich noch dreimal so viel (Lebens-)Zeit - aber ein Toten-Hosen-Konzert ist selbst jetzt schon mit dem Begriff "Nostalgie" zu überschreiben. Ich schiss noch in die Windeln (also fast) - und trotzdem schallten schon die Kassetten mit der Hosen-Musik im Lautsprecher; natürlich zunächst gänzlich unbemerkt von den Eltern. Als die 1985-er-"Opelgang" lief (ich war grad 7 geworden), und im Song "Hofgarten" vom "ficken bumsen blasen, alles auf dem Rasen" die Rede war, konnte ich noch nicht so ganz folgen. Von dort an schmissen Campino und Co. eine Platte nach der nächsten auf dem Markt, getreu dem Punk-Motto "Gebt uns die Welt zurück". Neben den Ärzten waren die Hosen die Helden meiner Jugend und meiner jeweiligen Schulklassen. Ein bisschen anders eben. Und ein bisschen Horrorshow für die Eltern, die Lehrer, die Elitär-Elite.
Tja - und nun bin ich älter geworden, zwar noch nicht im Werthers-Echte-Verteil-Alter, aber immerhin schon 24. Campino und seine Freunde dürften schon die 40 überschritten haben. Auf Tour gehen sie immer noch, die Abstände zwischen ihren CD´s werden allerdings länger, und revolutionär ist das schon lang nicht mehr, was Campino auf Papier bringt. Vom alten Punk-Motto "Gebt uns die Welt zurück" ist nicht mehr viel übrig geblieben; Campino hat selbst Millionen auf dem Konto (und leistet es sich, mit seiner Band Hauptsponsor bei Fortuna Düsseldorf zu sein - was aber nichtmal unsympathisch ist), und das Stück "Helden und Diebe" auf der 2000er-"Unsterblich"-Scheibe war ein desillusionierter Abschluss einer gescheiterten Punkrock-Karriere. Der von mir unheimlich geschätzte Wiglaf Droste formulierte über Campino ungefähr folgendes: "Ein Dummklumpen unfassbaren Ausmaßes. Einmal Juso immer Juso." Das klingt alles nicht grad positiv, gebe ich zu.
Aber die Eintrittskarte habe ich mir trotzdem gekauft.
Aus eben jenen nostalgischen Gründen. Die alten Songs hören - mitgröhlen, und darauf hoffen, dass ich niemals so desillusioniert sein werde wie Campino.
Das letzte Mal, dass ich in der Westfalenhalle ein Konzert gesehen habe, war das von Britney Spears. Irgendwann im Oktober 2000, ich war vermutlich sternhagelvoll. Das geht diesmal nicht - und ich erschrecke, als ich von weitem aberhunderte von Leuten mit "Kein Alkohol ist auch keine Lösung"-Shirts sehe. Ich glaube, ich könnte 50 davon kaufen, an meine Freunde verschenken, und alle würden sich "n Loch in Bauch freuen" (ruhrpöttisch). Die ganzen Säufer, die ... ach ich lass das Spielchen diesmal. Sollen sie doch trinken - wobei ein/zwei Pilschen würden mir jetzt auch gefallen. Okay, oder auch nicht. Da ich nur noch eine Sitzplatzkarte bekommen habe, suche ich meinen Block... 204 rechts, Reihe 14, Platz 112; schnell noch das "Bis zum bitteren Ende"-T-Shirt kaufen - das passt zu jeder Lebenssituation - und rauf. Naja, obwohl´s in einer 3/4 Stunde losgeht, ist´s noch leer. Schon festzustellen ist, dass das Publikum mit den Hosen gealtert ist. Ich schätze, dies ist das Rolling-Stones-Phänomen. Durchschnittsalter knapp 27; ich gehöre noch zu den Jüngeren. Aber ein paar Teens dürfen dann doch nicht fehlen. Musikalische Einstimmung durch die solide spanische Punk-Band "Dover" - und dann aus dem Off "Time of my life" (Green Day), "We will rock you" (Queen), "How u remind me" (Nickelback), "Punkrock Song" (Bad Religion), ja, und am Schluss "Football´s coming home" (Lightning Seeds). Die Stimmung steigt, tausende Arme schweben in der Luft; eine interessante Perspektive von der Sitzplatztribüne, wirklich. Diese füllt sich allmählich; die älteren wissen scheinbar, wann sie kommen müssen (natürlich nicht zu früh, aber auch keine Sekunde zu spät). Björn schreibt ne SMS: "Was liegt an heute Abend?" Hab ich ihm ja nur hundertmal erzählt, aber egal. Kriegt er halt keine Antwort. Wenn ich schon allein unterwegs bin, dann richtig. Ich werd zwar wohl keine Frau kennenlernen - in meinem Block sind alle wie Klos (entweder besetzt oder beschissen) - aber, wie ich hundertfach erwähne: Nach 3 1/2 Jahren alles eine Frage der Gewohnheit. Apropos Klo: Genau unter meinem Sitz hat sich wohl einer vor nicht allzu langer Zeit übergeben. Es muffelt ganz schön - und der Boden ist von der Wischerei noch klebrig. Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich einen Nebenmann zum Rauchen aufgefordert. Der Duft einer Zigarette hat heilsame Kräfte wie ein wohlriechendes Parfüm.
Die Uhr schlägt Punkt 21; put the lights out.
Die ersten Klänge der Sirtaki, rhytmisches Klatschen - die Hosen kommen.
Und wie! Ein Lied nach dem anderen fegt über die Tanzfläche; ach, dieser Wiglaf Droste kann mich wirklich mal am Arsch lecken. Ich gröhle so laut ich kann, und wenn ich drei Tage heiser sein sollte. Solche "Allein"gänge haben wirklich auch Vorteile. Du kannst Dich benehmen wie Du willst - kennt Dich sowieso keiner. Vorläufig erster Höhepunkt ist "Bonnie und Clyde". Bereits beim achten Lied macht Campino den Oberkörper frei und hüpft in die Menge. Stage-Diving habe ich lange nicht gesehen.
- und wir spielen Bonnie und Clyde... wir schießen zweidreivierfünf Bullen um, wenns nicht mehr anders geht. Tod oder Freiheit - soll auf unserm Grabstein stehen...
Ich hab keine Bonnie.
Es wird besser.
Hintereinander "Paradies", "Hier kommt Alex" und "Wünsch DIR was"!
- ich will nicht ins Paradies, wenn der Weg dorthin so schwierig ist, wenn ich nicht sein darf, wie ich will, bleib ich draußen vor der Tür!
- HEY, hier kommt Alex. Vorhang auf für seine Horrorshow!"
und schließlich
- ES KOMMT DIE ZEIT - O-HO - IN DER DAS WÜNSCHEN WIEDER HILFT!
Da braucht Campino gar nicht zu singen; das Publikum erledigt das für ihn. Die Zeit vergeht im Flug. Ich hab zwar einen Sitzplatz - aber eigentlich stehe ich die ganzen zwei Stunden. Klatschend, tanzend, hüpfend, die Haare durch die Halle bangend. Die Toten Hosen sind nicht out. Bei mir jedenfalls nicht. Die Hosen covern "Should I stay or should I go" ganz groß. Dann geht´s aufs Ende zu... "Pushed again" - mit bengalischen Feuern in der Halle; und schließlich eine vielsagende Ankündigung: "sagt mal, hat Schalke 04 nicht eine Fan-Freundschaft mit Bayern München?" Die Meinungen sind geteilt, die Verhältnisse in der Halle pari-pari. Bochumer werden außer mir wohl nicht da sein. Es ist klar, welcher Song angespielt wird - die "Bayern" mag hier keiner.
- Es kann SOOOOVIEL passieren, es kann soviel geschehen, nur eins weiß ich hundertprozentig: NIE IM LEBEN WÜRDE ICH ZU BAYERN GEHEN!!!
Direkt danach noch "10 kleine Jägermeister" (- EINER FÜR ALLE, ALLE FÜR EINEN - EINMAL MUSS JEDER GEHEN UND WENN SEIN HERZ ZERBRICHT, DAVON WIRD DIE WELT NICHT UNTERGEHN, MENSCH ÄRGER DICH NICHT) sowie "Schönen Gruß und Auf Wiedersehen"! Was - ist´s schon so spät? Wow, schon anderthalb Stunden rum. Selten verging ein Konzert so wie im Flug. Die Leute um mich herum merken, dass dies erst mein zweites Hosen-Konzert ist; und bei meinem ersten war die "Spielzeit" auf eine Stunde beschränkt... Ich sinke in meinen Sessel, kaum noch imstande, "Zugabe Zugabe" zu rufen. Schweiß fließt - zum Glück habe ich das neue T-Shirt, das ich sofort als Tupfer missbrauche.
Und da kommen sie schon wieder; einmal, zweimal, dreimal. Es riecht gar nicht mehr nach Kotze, hurra - und es folgen noch Highlights wie das "Wort zum Sonntag", "Alles aus Liebe", "Hang on Snoopy", "All die ganzen Jahre", natürlich
- "Eisgekühlter Bommerlunder" (... eins mit Schinken und eins mit Ei ...) und
- "Bis zum bitteren Ende" (... und die Jahre ziehen ins Land ... - noch so ein Säufer-Lied; aber ich sing trotz allem mit)
Zum Abschluss "You´ll never walk alone" mit bengalischen Fackeln!
Das steht zwar alles auch in der Playlist unten; aber doppelt erwähnt hält besser. Die Reihenfolge ist irre, Campino holt alles aus raus, stage-divt ein zweites Mal, steigt in die Beleuchtung unters Dach undundund... es ist bestimmt schon Routine für ihn - aber für mich trotzdem irgendwie irre. Droste hörst Du mich? Jaja, Du hast ja irgendwie recht, alter Wiglaf. Über das Niveau brauchen wir nicht diskutieren; und als Campino seinen Oberlehrer rausholt (wegen der Erfurt-Amoklauferei, die zweifelsohne schlimm genug ist, aber zu der Campino besser nichts sagen sollte), schüttele ich den Kopf. Aber die Hosen sind an diesem Abend meine Band. Und ich begeistert.
Da macht´s gar nichts, dass ich die S-Bahn verpasse und dass Björn auf einmal keine Lust mehr auf Weggehen hat. Egal, ich komme sowieso erst um 1 am Mülheimer Hauptbahnhof an. Dann noch zum heute stattfindenden Sportehrentag? Oder zum letzten Schultag der Abiturienten? Och nööö... muss nicht! Lieber die Song-Reihenfolge aus meinem Konzert-Gekritzel rekonstruieren, einige Texte nachsingen, nachdenken. Und über die besoffenen 40-jährigen Rot-Weiß-Essen-Fans kaputtlachen, die gegen eine Toiletten-Tür treten und dafür das Geschrei einer High-Society-Frau ernten ("Ihr elendiges besoffenes Pack, seid ruhig" - hätte ich dieser 45-jährigen Anzug-Frau nicht zugetraut) und daraufhin nur eine Horst-Hrubesch-Geschichte nach der nächsten auspacken.
"Steh auf wenn Du am Boden bist", lautete Song Nummer 15 auf der Liste - das ist auch die neueste Hosen-Single.
Es ist zu einer meiner Lebensmaxime geworden.
Juso hin oder her.

DER ABEND:

Konzertbeginn: 20 Uhr, Einlass 18 Uhr. Vorband: DOVER (aus Spanien; solide "3" würd ich sagen; spielten von 20.05 Uhr bis 20.35 Uhr). Die Hosen waren da von 21 Uhr bis 23.12 Uhr (handgestoppt!) und kamen insgesamt dreimal wieder. Von 22.27 bis 23.12 Uhr gabs die Zugaben. Hinfahrt: Westfalenexpress um 18.31 Uhr ab Mülheim, zurück zu Hause um 1.15 Uhr; also ein solider 6 1/2-Stunden-Trip).
Ort: Westfalenhalle Dortmund, ausverkauft, schätze so um die 6500 Zuschauer. Stimmung erste Sahne. Campino: "Die beiden Tage waren sicherlich zwei Höhepunkte auf unserer Tour"
Eintrittskarte?: Aber sicher - und diesmal ein Sitzplatz für 23,50 Euro. Mal eine andere Sicht - aber auch ziemlich geil.
Die Mitreisenden: Gab es diesmal nicht. Solo-Andi allein unterwegs!

DIE PLAYLIST:

1) "Auswärtsspiel" (vom Album "Auswärtsspiel" / 2002)
2) "Liebesspieler" (vom Album "Unter falscher Flagge" / 1986)
3) "Du lebst nur einmal" (vom Album "Auswärtsspiel" / 2002)
4) "Schön sein" (vom Album "Unsterblich" / 2000)
5) "Call of the wild" (vom Album "Unsterblich" / 2000)
6) "Was zählt" (vom Album "Auswärtsspiel" / 2002)
7) "Kein Alkohol (ist auch keine Lösung) (vom Album "Auswärtsspiel" / 2002)
8) "Bonnie & Clyde" (vom Album "Opium fürs Volk" / 1996) mit stage-diver Campino
9) "Wofür man lebt" (vom Album "Unsterblich" / 2000)
10) "Paradies" (vom Album "Opium fürs Volk" / 1996)
11) "Hier kommt Alex" (vom Album "Ein kleines bisschen Horrorshow" / 1989)
12) "Wünsch DIR was" (vom Album "Kauf MICH" / 1993)
13) "Venceremos - wir werden siegen" (vom Album "Auswärtsspiel" / 2002)
14) "Should I stay or should I go" (COVER!)
15) "Steh auf wenn Du am Boden bist" (vom Album "Auswärtsspiel" / 2002)
16) "Liebeslied" (vom Album "Unter falscher Flagge" / 1986)
17) "Cokane in my brain" (vom Album "Auswärtsspiel" / 2002)
18) "Niemals einer Meinung" (vom Album "Kauf MICH" / 1993)
19) "Nur zu Besuch" (vom Album "Auswärtsspiel" / 2002)
20) "Pushed again" (SINGLE ZWISCHENDURCH / 1999) mit bengalischen Feuern
21) "Bayern" (vom Album "Unsterblich" / 2000)
22) "10 kleine Jägermeister" (vom Album "Opium fürs Volk" / 1996)
23) "Schönen Gruß & Auf Wiedersehn" (vom Album "Auf dem Kreuzzug ins Glück" / 1990)

1. Zugabenrunde:
24) ein neues Lied, ich hab "Würde" verstanden... aber ohne Gewähr...
25) "Alles aus Liebe" (vom Album "Kauf MICH" / 1993)
26) "Wort zum Sonntag" (vom Album "Damenwahl" / 1988)
27) "Eisgekühlter Bommerlunder" (traditionell/Album "Reich und Sexy" / 1994)
2. Zugabenrunde:
28) "Guantanamera" (COVER!)
29) "Hang on Sloopy" (COVER!)
30) "Bis zum bitteren Ende" (vom Album "Opelgang" / 1985) mit stage-diver Campino
3. Zugabenrunde:
31) "All die ganzen Jahre" (vom Album "Auf dem Kreuzzug ins Glück" / 1990)
32) "You´ll never walk alone" (COVER!) mit bengalischen Feuern

Zusammenfassung:
Cover-Songs (4) und ein neues Stück = 5
"Opelgang" (1985) = 1
"Unter falscher Flagge" (1987) = 2
"Damenwahl" (1988) = 1
"Ein kleines bisschen Horrorshow" (1989) = 1
"Auf dem Kreuzzug ins Glück" (1990) = 2
"Kauf MICH" (1993) = 3
"Reich und sexy" (1994) = 1
"Opium fürs Volk" (1996) = 3
"Pushed again" / Maxi-Single (1999) = 1
"Unsterblich" (2000) = 4
"Auswärtsspiel" (2002) = 8

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Fury in the Slaughterhouse - 8. Mai 2002 - Westfalenhalle 2, Dortmund:

Kick it out

- Der Bericht
- Der Abend
- Die Playlist

DER BERICHT:

I´m just a lonely boy, drinking no more liquer, I`m writing articles that no one wants to read.
So I take my pencil and I kick it out of the window!!!
(Frei nach Christoph Stein-Schneider)

Wer begibt sich schon gern freiwillig ins Schlachthaus und wirft sich sechs Metzgern zum Fraß vor? Jaja, das Bild ist schief und trifft wirklich so gar nicht auf Fury in the Slaughterhouse zu, auf jene Band, die in ihrer 15-jährigen Geschichte viel zitierte Gassenhauer wie "Won´t forget these days" und "Time to wonder" produzierte, alle zwei Jahre auf Tour geht und die Gute-Laune-Garantie verbreitet. Aber es war einen Versuch wert, das Bild.
Also Fury.
Keine 16 Monate ist es her, als ich Kai Wingenfelder und Co. zum letzten Mal Auge in Auge gegenüberstand. Es war ein winterlicher Sonntagabend, ich erinnere mich genau, in der Turbinenhalle Oberhausen. Es war ein Sonntag, und ein stinknormaler Arbeitstag lag hinter mir. Die Vorband musste ohne meine Beteiligung spielen, das Auto, welches ich damals noch durch Deutschland lenkte, parkte im Halteverbot, und ich suchte Tanja, meine "Schwester" - wie ich sie gern nenne; wir kennen uns halt sehrsehrsehr lange - um dann festzustellen, dass sie sich (wie sollte es anders sein, sie ist nunmal ein großer Fury-Fan) in die dritte Reihe durchgedrängelt hatte. Die Eingangstür lag leider in der 300. Reihe, so dass ich mir nicht gerade viele Freunde machte an diesem Abend. Erinnerungen, die bleiben!
Mit wem ich diesmal verabredet war?
Selbstverständlich Tanja. Aber, so hatte ich mir geschworen, in diesem Jahr gehe ich pünktlich hin - und vor allem mit Tanja, damit ich nicht wieder schieben und wegstoßen muss.
Und so schlug die Uhr 18.11 Uhr, als ich im Essener Hauptbahnhof in den Regionalexpress zustieg - kurz, nachdem ich mich in der Vorlesung "Traditionen politischen Denkens" mit Jean Bodin und dem Thema "Staat und Souveränität" beschäftigen durfte - und das "Abenteuer Fury-Konzert" begann. Und jetzt mittenrein in den Verlauf des Abends...

... Also nach Konzertgänger sehe ich vermutlich nicht aus, denke ich, als ich die Stehstufen des Zuges erklimme. Meine linke Hand ist kaum mehr vom Pizza-Salami-Dreieck von Pizza-Hut zu unterscheiden, so sehr hat sich der Käse ausgebreitet, meine rechte Hand umklammert eine 0,4-Liter-Cola. Ich erblicke Tanja im Gang des 1.Klasse-Wagens - es ist nirgendwo ein Sitzplatz frei - und bemühe mich, bis zu ihr zu gelangen. Das ist nicht so einfach. "Manmanman, lauter schwarz-gelbe Deppen" raunze ich Tanja zu; und unsere schlimmsten Befürchtungen sind eingetreten. Die Fahrten werden bestimmt kein Zuckerschlecken. Parallel zum Fury-Konzert wird im Westfalenstadion auf einer Riesenleinwand das UEFA-Cup-Finale Rotterdam gegen Borussia Dortmund übertragen, und zahlreiche Fans zieht es dorthin. Das wäre auch alles gar nicht so schlimm, wenn der BVB nicht frischgebackener deutscher Meister wäre. Wer das noch nicht weiß, bekommt es alle zehn Sekunden aus irgendeinem Teil des Waggons entgegengeschrien. "Wir holen den U-U-EFA-Cup und wir si-hind deutscher Meister!" Fury singen schöner.
Schöner wird´s am Dortmunder Hauptbahnhof aber erstmal nicht. Zum Zeitvertreib tauschen Tanja und ich die neuesten Gerüchte aus, über ein rotes Golf-Cabrio, lachen dabei mehrfach laut auf, aber diese Borussen-Fans fangen langsam an zu stören. Am Bahnhof, in der U-Bahn, beim Verlassen der Haltestelle "Westfalenhalle". Endlich trennen sich die Wege, so schnell wie möglich rein ins Getümmel. Das allerdings um 19.10 Uhr noch gar nicht so groß ist, schließlich beginnt der Abend erst um 20 Uhr; und dann auch noch erst die Vorband. Also vom linken aufs rechte Bein hüpfen, Rückenschmerzen vermeiden, eine Cola trinken, eine Bockwurst essen (welch grandiose, täglich gebrauchte Wortspiele sind möglich; Tanjas Spitzname ist nämlich "Bock"... hihi...), einem Anruf von Tanja mit Käthe lauschen, einen Fußball-Ticker besorgen (beim Dortmund-Fan Björn... interessiert es mich ja schon, wie es in Rotterdam so läuft!); und irgendwie kriege ich die 50 Minuten doch tatsächlich rum. "Sonnit" betreten die Bühne, bleiben 40 Minuten, rocken ziemlich gut ab - und verschwinden. Gut wars, aus denen könnte was werden - beschließen Tanja und ich einstimmig.
Und dann wirds dunkler und dunkler, die Nebelmaschine versprüht ihren Dunst - die Laufschrift an der Technik verrät "The color fury proudly presents: Stein-Schneider". Das heißt: Fury kommen! Es ist, nein ich will nicht sagen anders als sonst, aber das Kribbeln ist nicht so stark. Vielleicht liegts an der in der letzten Zeit nicht vorhandenen Vorfreude. Die hatte ich nicht, weil ich mich nicht gefreut habe, nein, sondern weil das Konzert bis gestern Abend ziemlich weit im Hinterkopf saß und ich mir sogar einen Zettel schreiben musste, um daran zu denken. Die neue CD "The color fury" liegt seit einem Monat neben meinem CD-Player, aber reingehört habe ich noch nicht. Andererseits ist dies bereits mein viertes Fury-Konzert in fünf Jahren. Ich weiß, was kommt; weiß, dass ich nach dem Konzert gut gelaunt sein werde, sehr schwitze und viel trinken muss. Und dass das Konzert gut wird. Trifft für meine Gemütslage das Wort "Routine" zu? Womöglich!
Mein nicht vorhandenes Kribbeln weicht schnell einer grübelnden Haltung. Zu Beginn wird kein Kracherhit angespielt. Nein, auf die Leinwand wird ein Kurzfilm projiziert, mit Sissy Perlinger und Peter Lohmeyer. Untermalt mit "Things like this" vom neuen Fury-Album "The color fury". Ganz klar, was passiert ist. Fury hat Kurzfilme produziert und stellt nun einen davon zur Schau. Es gefällt nicht jedem; einige pfeifen nach zwei Minuten. Aber die meisten halten durch. Eine echt nette Idee. Und mal was anderes.
Eine rote Mähne taucht am linken Rand der Bühne. Das muss... ja, das ist er. Christoph Stein-Schneider, der Gitarrist, dessen Gesicht stark an einen 100-mal durchgeprügelten Kirmesboxer erinnert. Dazu Gero, der glaub ich jedes Instrument dieser Erde spielen kann, und zusätzlich noch so scheiße gucken kann wie kaum ein anderer. Der Bassist, der Schlagzeuger folgen, und die Brüder Thorsten (Gitarre) und Kai Wingenfelder, sowas wie die "Köpfe" der Band. Die ersten Töne, die ersten Songs. Bereits als viertes kommt "Time to wonder" (während der letzten Ton-Sequenz fällt das 1:0 für Rotterdam...), kurz danach bewegen sich die sechs in den Innenraum, kehren zu den Klängen von "Won´t forget these days" auf die Bühne zurück. Dabei spaziert die Band mitten an uns vorbei, und als Christoph Stein-Schneider für ein Foto posiert, tupft Tanja ihm den Schweiß von der Stirn. Mit ihrem Fury-Schal. Welch ein Augenblick. Das 2:0 für Rotterdam fällt.
Hüpfen, springen, klatschen. 1000-mal gehört, aber immer wieder gut. Mein persönlicher Höhepunkt folgt mitten im "normalen" Programm. Christoph Stein-Schneider setzt sich eine Sonnenbrille auf, lehnt sich zurück, um halb im Nebelgrau zu verschwinden, steckt sich eine Kippe in den Mund und schmettert:
- I´m just a lonely boy, drinking too much liquer.
KICK IT OUT!
Mein absoluter Live-Favorit!
Es kommt selbstverständlich auch diesmal, und wieder richtig gut. Insgesamt zwei Stunden bleiben Fury da, bis 23.05 Uhr. Wie es in Rotterdam steht, bekomme ich durch Björn übermittelt. 2:1, 3:1, 3:2. ENDE! Schlusspfiff in Holland, Ende des Konzerts.
Rückfahrt. Oh scheiße, wieder diese Vollidioten in der U-Bahn. 20 Minuten reichen, damit der Verein Borussia Dortmund und seine Anhängerschar (da kann selbst mein Kumpel Björn nichts mehr dran ändern) in meinem Ansehen und auf meiner Sympathie-Skala auf den letzten Platz zurückfallen. Zum vierten Mal benutze ich nach einem BVB-Spiel die U-Bahn - und zum vierten Mal gehen mir die Leute gehörig auf den Zeiger. Womöglich ist mein Eindruck subjektiv, aber in Bochum gehts in der Bahn zumeist zivilisiert zu und es ist eine normale intellektuelle Konversation möglich - mit allen Nebenleuten. In Dortmund? Keine Chance! Jugendliche möchtegern-coole Teenies paffen an ihrer Zigarette (mit höchstens 15!) und stimmen alle fünf Sekunden dieselben Scheiß-Lieder an! Besoffene Volltrottel steigen ein (Wer ist deutscher Meister? BVB-Borussia!), jaja, ich weiß, wer Meister ist. Tanja flüstert vor sich hin: "Ich will raus!" Stimmt, ich auch! Sicher, auch in der VfL-Kurve gibt es Leute, die höchst prollig auftreten, aber da der BVB einen sechsmal höheren Zuschauerschnitt hat, ist die Zahl der Prolls, die ein Fußballspiel als Forum für die Auslebung ihrer Neigungen nutzt, auch sechsmal so hoch. Hilfe. Nicht nur, dass mir diese komische Mischung aus Pseudo-Fans (die immer nur dann kommen, wenn Sommer oder der Verein erfolgreich ist) und Prolls äußerst suspekt erscheint, auch die Strategie des Klubs ist mir zuwider, wie bei jedem Klub, für den es nur zählt, der Beste zu sein. Verlogen ist es, wenn Präsident und Manager behaupten, der BVB sei ein Verein, in dem "ehrlicher Fußball" geboten werde. Wie haben die es geschafft, an dieses Image zu kommen? Okay, ich hör auf damit, war schließlich beim Konzert und nicht beim Fußball. Aber es regt mich auf. Ich freu mich drauf, in der nächsten Saison wieder als VfL-Fan ins Westfalenstadion reisen zu dürfen, mir dort eine 0:5-Klatsche abzuholen und trotzdem gut gelaunt nach Hause zu fahren!
Nach 20 Minuten ist die U-Bahn-Fahrt vorbei, wir setzen ins uns in den Regionalexpress, der uns nach Mülheim transportieren wird, und sinnieren über den Abend. Ich denke mir, dass bestimmt nicht alle BVB-Fans so sind, ich aber doch einen ziemlichen Kamm hatte, dann kommt das Gespräch endlich auf das Konzert.
Ein schöner Abend.
Hat Spaß gemacht.
Aber irgendwas war anders - nicht nur die Emotionslage zu Konzertbeginn. Tanja wirft ihre Stirn in Falten und grübelt sogar, ob sie überhaupt zum nächsten Konzert bei der nächsten Tour gehen soll. Das ist eine Welt-Revolution, schließlich war sie schon sieben Mal dort und es ist für sie eine alle-zwei-Jahre-Pflicht. Doch sie will was Neues. Die Gassenhauer bleiben bei Fury immer dieselben - was neues kommt wohl nicht mehr hinzu. Dass Kai Wingenfelder durch die Massen marschiert, und die Band zwei Songs inmitten des Innenraums spielt; geschenkt, kann auch bleiben. Aber die Leinwand-Idee? Alles schonmal dagewesen! Tanja und ich stellen fest, dass Fury mal eine längere Konzertpause einlegen sollten. Wer weiß, ob es Teilen der Band wirklich noch Spaß macht, so oft oben auf der Bühne zu stehen. Kai Wingenfelder macht nicht immer den Eindruck, wirkt bei der Zugaben-Jam-Session sogar leicht genervt. Thorsten Wingenfelder sagt im Gegensatz zu früher äußerst wenig. Lediglich Multi-Musiktalent Gero und - natürlich - unser aller Liebling Christoph sind mit Herz dabei - wie wir meinen. Naja, was wäre ein Konzertabend ohne Kritik, fassen wir zusammen, als wir uns in Mülheim verabschieden. Es wär ein schöner Abend, aber kein überragender. Note 2. Mit einem Minuszeichen dahinter...

I´m just a lonely boy...
but YOU read my article !

DER ABEND:

BESONDERHEIT: Am selben Abend fand im benachbarten Westfalenstadion eine Veranstaltung mit 40.000 Gästen statt. Der Grund: Das UEFA-Cup-Endspiel Feyenoord Rotterdam gegen Borussia Dortmund (3:2) wurde auf einer Video-Leinwand live übertragen. Deshalb herrschte der Fußball-Ausnahmezustand und überall liefen schwarz-gelb gekleidete Menschen durch die Gegend (und füllten unsere U-Bahnen...)
Konzertbeginn: 20 Uhr, Einlass 19 Uhr. Vorband: SONNIT (aus Braunschweig. HUT AB! Selten so eine gute Vorband gesehen, wenngleich der Sänger an seiner Gestik noch ein bisschen arbeiten sollte. Hinterher gabs Tapes mit vier Sonnit-Songs. Hab ich direkt mal mitgenommen. Die spielten von 20.05 bis 20.40 Uhr!). Fury waren schließlich da von 21.05 bis 23.05 Uhr (fast auf die Sekunde genau zwei Stunden!) und kamen insgesamt dreimal wieder. Hinfahrt: Treffpunkt mit Tanja im Regionalexpress 11. Ich stieg um 18.11 Uhr in Essen zu, weil ich direkt von der Uni kam. Um ziemlich genau 19.10 Uhr waren wir drin. Witzig: Tanja wollte ein/zwei Bekannte treffen - die jedoch fanden zu Hause ihre Eintrittskarten nicht (bitter...). Rückfahrt: Regionalexpress 1 von 0.13 Uhr bis 0.46 Uhr. Ein lohnenswerter Sieben-Stunden-Trip.
Ort: Westfalenhalle 2 ! Diese liegt 200 Meter rechts hinter der "großen" Westfalenhalle und ist deutlich kleiner (schätze T-Club-Größe). Es war relativ voll, aber die genaue Zahl konnte ich nicht überblicken, schließlich wurde ich von Tanja in die zweite Reihe mitgezerrt. Schätze so um die 1500 Zuhörer (können auch 500 weniger oder 1000 mehr gewesen sein)... Ich war zum ersten Mal in der Westfalenhalle 2 !
Eintrittskarte?: Hatte Tanja besorgt und kostete 29 Euro. Happighappig!
Die Mitreisende: Das war meine schwester-ähnliche Bekannte/Freundin (sucht´s Euch aus) Tanja, die ich seit vielenvielenvielen Jahren kenne. Für sie war es das x-te Fury-Konzert, aber für mich immerhin auch schon das vierte. Da wird einiges schon zur Routine, was für andere schon eine Besonderheit ist. Zum Beispiel 1) dass Fury zwei Songs mitten im Publikum spielen (diesmal sogar der Beginn von "Won´t forget these days"), damit auch die hinteren Reihen mal "mittendrin" sind, und 2) dass Kai Wingenfelder (der Sänger) während eines Songs durch die Reihen marschiert.
Diesmal führte es soweit, dass Tanja mit ihrem Fury-Schal Christoph Stein-Schneider den Schweiß abtupfte. So ne Scheiße, das erzählt die mir jetzt wieder fünf Jahre lang!!!

DIE PLAYLIST: (ohne Reihenfolge!)

Diesmal kann ich Euch nicht mit einer genauen Reihenfolge beglücken. Ich hatte zwar meinen Block dabei - aber in der zweiten Reihe lässt sich so schlecht mitschreiben... Deshalb aus dem Kopf die Stücke, die ich mir bis in den Zug bei der Rückfahrt merken konnte!

BEGINN mit einem fünfminütigen Kurzfilm (von Fury produziert) mit u.a. Sissy Perlinger+Peter Lohmeyer
- "Angels and Saint" (vom Album "The color fury"/2002)
- "Midnight Rider" (vom Album "The color fury"/2002)
- "Vincent & Victoria" (vom Album "The color fury"/2002)
- "Boomtown Babylon" (vom Album "The color fury"/2002)
- "Every generation got its own disease" (vom Album "Mono"/1993)
- "Radio Orchid" (vom Album "Mono"/1993)
- "Milk and honey" (vom Album "Hearing and the sense of Balance"/1995)
- "Kick it out" (vom Album "Fury"/1989)
- "Time to wonder" (vom Album "Fury"/1989) bereits als viertes Lied
- "Trapped today, trapped tomorrow" (vom Album "Hooka Hey"/1991)
- "Come on" (vom Album "Nowhere... fast"/1998)
- "Are you real" (vom Album "Home inside"/2000)
- "Won´t forget these days" (vom Album "Jau"/1990) dauerte wie immer knapp zehn Minuten... - der Beginn wurde mitten im Publikum gespielt!

fünf/sechs weitere Songs fallen mir jetzt grad nicht ein...

1. Zugabenrunde:
- "Down there" (vom Album "Hearing and the sense of Balance"/1995)
- "Dancing in the sunshine of the dark" (vom Album "Hearing and the sense of Balance"/1995)
2. Zugabenrunde:
Jam-Session zu "Won´t forget these days"
- "Falling apart" (vom Album "The color fury"/2002)
- "When I´m dead and gone" (vom Album "Mono"/1993)
3. Zugabenrunde:
- "Things like this" (vom Album "The color fury"/2002)

Welche Songs NICHT kamen:
1) Riding on a dead horse
2) Hello and Goodbye
3) Haunted head and heart
4) Hang the DJ
5) Kiss the judas
6) Then she said
7) Brilliant thieves
8) In your room

Zusammenfassung:
"Fury" (1989) = 2
"Jau" (1990) = 1
"Hooka Hey" (1991) = 1
"Mono" (1993) = 3
"Hearing and the sense of balance" (1995) = 3
"Nowhere... fast" (1998) = 1
"Home inside" (2000) = 1
"The color fury" (2002) = 6

Zur Homepage von Fury bitte HIER klicken!

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Heather Nova - 4. Juni 2002 - Amphitheater, Gelsenkirchen

Bezaubernde Heather!

Heather Nova LIVE

- Der Bericht
- Der Abend
- Die Playlist

DER BERICHT:

Für jemanden schwärmen, in jemanden vernarrt sein, ohne dass es jemals die Chance gibt, dieses "vernarrt" in "verliebt" zu ändern - das ist meine Sache nicht.
Das dachte ich bis zu dem Moment, als ich auf dem Cover der CD "Siren" Heather Nova erblickte. Die bloden Haare fallen durchs Gesicht, nehmen Platz auf der Schulter, verdecken ein Auge. Das andere ist immer noch grün genug, um darin zu versinken. Prima, die CD ist sofort gekauft, dachte ich und breitete ein paar Markstücke auf der Theke des CD-Ladens aus. Der Knüller war dann auch noch, dass Heather Nova genau meinen Musikgeschmack traf. Es war um mich geschehen. Wann immer ich zu träumen wagte, mich zu träumen traute, kam die Heather-Nova-CD in den Player. Im Jahr 2001 erschien nun eine weitere Produktion aus dem Hause der Sängerin, die auf einigen karabischen Inseln groß geworden ist (das macht sie noch sympathischer...) - "South"; mit Tourdaten. Unter anderem stand dort auch "4. Juni Gelsenkirchen, Amphitheater". Das Ticket lag in Windeseile auf meinem Wohnzimmertisch - und der Countdown begann!
Gelsenkirchen, Amphitheater. - Wo ist das eigentlich? fragte ich mich ständig, je näher der Konzerttag rückte. Alle Freunde und Kollegen, denen ich einigermaßen zutraue, einen Konzertort zu kennen, zuckten nur mit den Schultern. - Amphitheater? Kenn ich nicht! Also musste ich selbst auf die Suche machen, und über stadtplan.net wurde ich doch etwas schlauer. Dass das Heather-Konzert das erste auf der Freilichtbühne sein sollte, erfuhr ich erst beim Konzert selbst. Doch nun hinein in den Abend!
Hui, was ist das bloß für ein Gefühl. Es ist 18.49 Uhr, ich befinde mich im "Haard-Express" genannten Zug, der Essen mit Münster verbindet. Ich bleibe bis Gelsenkirchen drin und suche mir einen sonnigen Platz. Der ist gar nicht schwierig zu finden, denn der "Leo" knallt ganz schön. Meine Brille habe ich in meiner Hemdtasche versteckt; die Sonnen-Version verdeckt meine Augen. Es ist ein so schöner Tag! Der ist allerdings so warm, dass ein Schweißfilm meinen Körper überzogen hat. Dieser wirkt vor allem im Brustbereich wie ein Prittstift, sodass mein T-Shirt dort kleben bleibt. Heute habe ich ein Fury-in-the-Slaughterhouse-Shirt gewählt, obwohl´s zu Heather Nova geht. Aber dort steht "Won´t forget these days" drauf. Vielleicht wird der heutige einer von den Tagen, die ich in meinem Leben nicht vergessen werde. Who knows?
Gelsenkirchen, die Stadt des FC Schalke 04. Sie liegt gar nicht so weit von Mülheim weg, aber ich kenne sie doch erstaunlich wenig. Ehrlich gesagt ist mir nur der Straßenbahnweg vom Hauptbahnhof zum Parkstadion und der Arena bekannt. Gut, die Fahrt dauert 20 Minuten und führt quer durch die halbe Stadt, aber bekommt man so einen Eindruck? Jedenfalls werde ich auf der heutigen Busfahrt den anderen Teil Gelsenkirchens kennenlernen. Denn auch der Nordsternpark liegt außerhalb. Ja müssen die denn alle Sehenswürdigkeiten außerhalb platzieren? Ist die City so hässlich? Ich wische mir den Schweiß von der Stirn und spurte in den Bus 383 Richtung "Gelsenkirchen-Horst" - er steht schon an der Haltestelle, also hurtighurtig, Andi! Ich pflanze mich auf einen Sitzplatz - und plötzlich fängt mir gegenüber ein 85-jähriger Opa an zu brabbeln. "Herzlich Willkommen zu einer kostenlosen Stadtrundfahrt durch Gelsenkirchen" ist sein erster Satz. Prima, denke ich still - finde ich super. Aber schon kurze Zeit später stelle ich fest, dass der Opa Harald Juhnkes Bruder sein könnte. Er ist geistig nicht mehr ganz bei Sinnen, scheint auch noch Alkoholiker zu sein, fuchtelt wie wild mit seinen Händen rum und erzählt wirres Zeug. Aber witziges wirres Zeug.
That´s Ruhrgebiet.
"Nächste Haltestelle Küppersbuschstraße" schallt es durch den Bus-Lautsprecher - und da glühen des Juhnke-Haralds Augen. "Meine Damen und Herren, wir befahren die Prachtstraße Gelsenkirchens! Die sollte man anderthalb Meter höher legen und vergolden. Hier war ich schon im Krieg drin. Ich bin Tiefbauingenieur!" Okay, was der Nachsatz sollte, wird mir wohl immer und ewig verschlossen bleiben, aber Prachtstraße? Hmm... das muss ich mir mal genauer ansehen. Nach wenigen Sekunden stelle ich fest: Also wenn das die Prachtstraße ist, dann verstehe ich schon, warum die Sehenswürdigkeiten außerhalb liegen! Es ist eine völlig normale Wohnstraße, ohne großartige Geschäfte, mit lauter Mehrfamilienhäusern. Und einer Firma. Die heißt dann auch noch "Maschinenbau Glückauf"! Direkt nebenan eine RAG-Zweigstelle. Davor ein Plakat "Der Pott bleibt im Pott - Glückwunsch dem FC Schalke 04"! Neben mir sitzen zwei türkische Frauen. "Sprechen Sie deutsch?" fragt der Opa mehrfach. Sie antworten nicht, können aber sehr wohl deutsch. Es ist ihnen einfach zu blöd. Mir eigentlich auch, und deshalb niese ich mal kräftig. Davon kassiere ich vom Opa den Spruch "Zu viel Kokain genommen. Ich nehm Dich gleich fest!" Ich frage ihn, ob er auch was will. Da bleibt er für kurze Zeit ruhig. Die Fahrt führt durch Gelsenkirchen-Heßler. Drei Männer im "Trainer" (ruhrpöttisch für "Trainingsanzug"), mit "Riesenplautze" (ruhrpöttisch für "Bierbauch") und Dosenbier sind auf dem Weg in die - wie ich vermute - Stammkneipe. Obwohl das Ruhrgebiet eine Großstadt ist, hat es den provinziellen, beschaulichen Charme nicht verloren. Ich liebe es!
Nach 20 Minuten nehme ich Abschied vom Bus, vom Opa, betrete den Nordsternpark und suche das "Amphitheater". Da war ich noch nie. Ein Grill- und Bratwurstduft steigt mir in die Nase. Hmmmm... das ist soooo lecker! Weit kann es nicht mehr sein. Ich brauche wieder die Sonnenbrille und würde mich am liebsten auf die nächste Wiese legen und bräunen. Eine Brücke führt über den Rhein-Herne-Kanal. Ruhrpott-Romantik. Ein halbnackter Angler sucht in eben jenem verdreckten Kanal nach Fischen. Hoffentlich kommt der nicht auf die Idee, diese dann verspeisen zu wollen. Von Sekunde zu Sekunde blühe ich mehr auf, so sehr, dass ich zu fremden Leuten "Gesundheit" sage, wenn sie niesen. Das Amphitheater ist ziemlich groß, Hut ab! Bis zum Konzert sind es noch 45 Minuten, da kann ich in Ruhe das Pflichtprogramm erledigen: T-Shirt kaufen, Cola trinken, Bratwurst essen, heute kommt sogar ein "Cornetto"-Eis hinzu. Die Bühne des Amphitheaters ist fast in den Kanal gebaut. Gegen 20 Uhr neigt sich der rote Sonnenball dem Boden zu, verschwindet am Horizont hinter dem Kanalwasser, als auf diesem ein 200-Meter-Schiff-Brummer herfährt (in Schimanski-Manier), der auch noch Kohle in die große weite Welt transportiert. Ruhrpott, mein zu Hause! Wenn das die Heather sieht! Die Heather von den karibischen Inseln. Sonnenbrille auf, die letzten Strahlen genießen, wunderbar!
Es ist immer noch hell, als um 20.40 Uhr ein kleiner Mann die Bühne betritt. Er ist der Manager der Amphitheater-Betreiber-GmbH und verliert ein paar Worte. Die letzten sind "Viel Spaß mit... HEATHER NOVA"!!! Es geht los!
Wow!
Sie ist so bezaubernd wie eine Fee, so geheimnisvoll wie die Elfenkönigin Galadriel, so schön wie meine ganz persönliche Miss World. Im Indianerlook schwebt sie auf die Bühne, barfuß. Sie schnappt sich die Gitarre und singt. Singt, singt und singt. Erst nach dem siebten Song bedankt sie sich erstmals, haucht die Worte "thank you" ins Mikro, später kommen noch "so much friends here tonight" und "danke schön" dazu. Erst bei den Zugaben wird sie redseliger, stellt ihre Band vor, und berichtet davon, wie schön sie es fand, einfach nur am Wasser zu sitzen. Da hätte ich gern neben ihr gesessen... Es ist ein traumhafter, wunderschöner, zauberhafter Abend. Jeder Takt sitzt, jeder Ton dringt ein in die noch so tiefste Pore meines Körpers. Es ist ruhig, wenn Balladen wie "Help me be good to you", "Heart and shoulder" oder "Talk to me" erklingen. Es herrscht Partylaune, wenn Kracher wie "London Rain" oder "Walk this world" durch die Lautsprecher dröhnen. Pünktlich zum Song "I´m no angel" brettert noch einmal ein Schiff hinter der Bühne entlang. Es entfacht einen leichten Wind, der der Band um die Ohren weht. Der Himmel ist ins dustere Blau getaucht, der Mittelfarbe zwischen "tageslicht-himmelblau" und "stockfinster".
Diese Stimme, dieser Körper, diese Frau, diese Musik. Wie gerne hätte ich einfach nur ein Privatkonzert gehabt. Aber in Gedanken bin ich sowieso alleine. Ich kann keinen später bestimmt keinen mehr beschreiben, der um mich herum steht. Okay, der Typ mit dem "Mexiko"-Trikot ist schon peinlich. Aber sonst? (Anmerkung: ährend ich diesen Text verfasse, habe ich keine Ahnung mehr, ob sich Männlein oder Weiblein neben mir platzierte, ob Alt oder Jung. Es war nicht wichtig.)
Ein toller Ort, eine tolle Frau, das alles bei perfekten äußerlichen Bedingungen. Besser geht´s nicht!
Als Heather nach 71 Minuten erstmals die Bühne verlässt, bin ich schon ein wenig traurig. Aber zwei Zugabenrunden entschädigen schon ein wenig. Ich würde sie in all meiner Euphorie am liebsten nie wieder gehen lassen. Bis in die dritte Reihe habe ich mich vorgedrängelt und lerne jede Nova´sche Schweißperle beim Vornamen kennen. Aber um kurz vor halb elf zieht die Schöne von dannen. Die Haare wehen im Wind, die letzten Gitarrentakte hallen noch nach. It´s all over now! Am Parkplatz werden Poster verkauft. Oh ja, ich will eins. Aber 5 Euro - ganz schön happig. Ich ziehe verärgert weiter, um 200 Meter festzustellen, dass dasselbe Poster dort für 2 Euro angeboten wird. Prächtig - Schnäppchen gemacht! Dann in den Bus, Sonnenbrille auf, obwohl es mittlerweile dunkel ist - und ab nach Mülheim.
In fünf Tagen spielt Joe Cocker im Amphitheater. Der singt und ist nicht so schön wie Heather.
Won´t forget these day!

DER ABEND:

Konzertbeginn: 20.43 Uhr, EINLASS 19 Uhr! Keine Vorband! Heather Nova war da von 20.43 Uhr bis 21.54 Uhr (also vielleicht etwas zu kurz, genau 71 Minuten bei der ersten Runde, naja..)! Die Zugaben dauerten dann immerhin noch bis 22.23 Uhr, so dass es am Ende ein 1:40 Stunden-Auftritt war, das ist dann doch mehr als solide. Um 18.30 Uhr begann der Abend für mich ab Mülheim Hauptbahnhof, um 19.45 Uhr schließlich betrat ich das Amphitheater, nachdem ich vorher nicht einmal wusste, wo das genau liegt. Die Rückfahrtsverbindungen waren so genial, dass ich bereits eine knappe Stunde nach dem letzten Takt wieder daheim war, nämlich um 23.35 Uhr!
Ort: Amphitheater Gelsenkirchen - das Heather-Konzert war die erste Großveranstaltung in diesem Gebilde, dass auf dem Gelsenkirchener Bundesgartenschau-Gelände befindet, der inzwischen in "Nordsternpark" umgetauft wurde. Mein Urteil: Bei gutem Wetter ein wunderprächtiger Ort für ein Konzert. Die Bühne schwebt quasi über dem Rhein-Herne-Kanal, davor ist Platz für etwa 500 Leute im ... ich will ihn mal "Innenraum" taufen. Im Halbkreis um die Bühne sind dann amphitheatermäßig die Zuschauerplätze aus Beton... Auf jeder Eintrittskarte war und wird das Wort "Platzwahl frei" stehen. Denn Sitzschalen sucht der verwöhnte Konzertbesucher vergeblich. Naja, ich brauch die sowieso nicht und stand in Reihe drei! Egal... diese Zuschauerränge fassen bestimmt 4000 bis 4500 Besucher. Bei Heather Nova waren es insgesamt 1200, schätze ich. Das Amphitheater ist vom Gelsenkirchener Hauptbahnhof mit der Buslinie 383 Richtung "Gelsenkirchen-Horst - Buerer Straße" zu erreichen. Die Fahrt dauert etwa 20 Minuten. Nicht nur aufgrund des Amphitheaters lohnt sich ein Besuch des Nordsternparks. Der Charme des Rhein-Herne-Kanals durchzieht das müga-ähnliche Gelände...
Mein Eindruck also äußerst positiv, wenngleich das vermutlich auch sehr mit dem traumhaften Wetter zusammenhängt!
Eintrittskarte?: Aber ja - direkt am Tag nachdem ich von dem Konzert erfahren hatte, war die 24-Euro-Karte mein!!
Die Mitreisenden: Gab es nicht. Ich reiste mal wieder ganz alleine!

DIE PLAYLIST:

1) "Verona" (vom Album "Oyster"/1995) - allerdings ohne jede Gewähr...
2) "London Rain" (vom Album "Siren"/1998)
3) "Like lovers do" (vom Album "South"/2001)
4) "Maybe an angel" (vom Album "Oyster"/1995)
5) "If I saw you in a movie" (vom Album "South"/2001)
6) "Paper Cup" (vom Album "Siren"/1998)
7) ein neues Lied, ich hab "Welcome" verstanden - aber ohne Gewähr...
8) "Winterblue" (vom Album "Siren"/1998)
9) "Island" (vom Album "Oyster"/1995)
10) "Help me be good to you" (vom Album "South"/1998)
11) "Heart and Shoulder" (vom Album "Siren"/1998)
12) "Just been born" (vom Album "South"/2001)
13) "Walk this world" (vom Album "Oyster"/1995)
14) "I´m no angel" (vom Album "South"/2001)

1. Zugabenrunde:
15) "Talk to me" (vom Album "South"/2001)
16) "Tested" (vom Album "South"/2001)
17) "Doubled up" (vom Album "Oyster"/1995)
18) "Glow stars" (vom Album "Glow stars"/1993)
2. Zugabenrunde:
19) "Sugar" (vom Album "Oyster"/1995)

Welche Songs NICHT kamen:
1) "What a feeling" (vom Album "Siren")
2) "Virus of the mind" (vom Album "South")

Zusammenfassung:
"Glow stars" (1993) = 1
"Oyster" (1995) = 6
"Siren" (1998) = 4
"South" (2001) = 7
plus 1 neues Stück

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Fury in the Slaughterhouse - 22. November 2002 - Grugahalle, Essen

Welcome in my little Fury-World

- Der Bericht
- Der Abend
- Die Playlist

DER BERICHT:

Lasst mich ehrlich sein: Eigentlich wollte ich mir die Mühe nicht machen, und einen Extra-Text über dieses erneute Fury-Konzert verfassen. Die "Color Fury"-Tour habe ich schon gesehen, nämlich im Mai, viel geändert haben wird sich nicht, die Stimmung so sein wie immer - also würde es ein einfacher Link auch tun, oder? Stimmt eigentlich, aber einzig meine Mitfahrerin Tanja (auch BockBock genannt), meine Privat-Schwester (siehe oben; ich erwähne es nochmal: wir kennen uns superlange) lechzte nach diesem Bericht, und drohte damit, mein Gästebuch vollzumüllen. Nennt mich "Umfaller", eine kleine Drohung reicht, und schon macht sich der Ernst ne Stunde Mühe.
Es war ein ganz komische Situation, als Bock und ich eine Stunde vor dem Konzert vor der Bühne Platz nahmen. Selbstverständlich zerrte sie mich in die dritte Reihe - und ich dachte schon, ich sei aus diesem Alter raus. Wir schauten uns an, frei nach dem Motto "wir sind wieder hier - in unserem Revier", dabei kam gar nicht Westernhagen. Beide waren wir ziemlich übermüdet (auch das noch!) und flüsterten uns sekündlich das Homer Simpson´sche "Laaaaaangweilig" ins Ohr. Das kann ja ein Abend werden, räusperte mein Gehirn, zumal mich noch die durchschnittliche Erfahrung des Mai-Konzerts im Hinterkopf belastete. Die Vorband änderte diese Stimmung aber ein wenig, denn Gallop, Hut ab, die konnten was. Im Hintergrund blinzelten Sänger Kai (Bock kreischt bestimmt, wenn Sie nur diesen Namen liest) und Gitarrist Christoph Stein-Schneider (Helge Schneiders hannoversche Reinkarnation in Rot) in die Menge. Es folgte wieder dieser Vorfilm, zur Einleitung (siehe Mai), Bock und ich wollten eigentlich schon wieder gehen... Wir warteten - und schließlich kamen die Jungs raus. Ein wenig kribbelte es schon, bei dem Gedanken an all die tollen Songs, die mich durch die Abi-Phase begleiteten und heute noch bei keiner Party fehlen dürfen. Ob einfach nur "Won´t forget these days" oder "Time to wonder" oder sogar "Kick it out" (siehe oben)... Der Stein-Schneider sieht total fertig aus, als hätte er drei Tage lang durchgetrunken. Der perfekte Gegenpart ist Multi-Instrumentalist Gero (der das Banjo bei "When I´m dead and gone" spielt), immer fein angezogen und der Großmeister der Grimassen. Ein Konzert-Reporter würde vermutlich schreiben "besonders schöne Töne entlockt er seinen Instrumenten".
Immer wieder kramt Bock während der 120 Minuten ihre Digitalkamera hervor (ich hatte meine auch dabei, war aber zu feige, auch ein paar Fotos zu machen). Als Stein-Schneider und Co. durchs Publikum marschieren (und wieder direkt an uns vorbei, aber irgendwie ist das gar nix Besonderes mehr), halten sie sogar an, extra für Bock... Doch bevor dieser Artikel einen negativen Touch bekommt (und ich merke, dahin läuft der Hase gerade), muss ich den Dreh wieder finden. Die alten Klassiker habe ich zwar schon 1000-mal und häufiger gehört, aber ob "Milk and honey", "Every generation got its own disease" oder "Then she said": Sie sind immer wieder schön; jedesmal ist es dieser Genuss, diese Erinnerung an durchzechte Disco-Nächte, die allein den Kopf erwärmt. Weil die Jungs auch noch wesentlich besser drauf sind als in Dortmund, ist das Konzert besser.
Bei seiner Begrüßung verrät Sänger Kai Wingenfelder, er sei krank, grippig (ist auch zu hören) und bräuchte daher noch mehr Unterstützung. Krank und Kai - das hatte ich schon mal, 1997 in der Arena Oberhausen. Ich glaub, der Typ muss erst krank werden, um gute Stimmung zu verbreiten. Er erzählt die "Linsensuppe"-Geschichte (die davon handelt, dass sein Bruder und er zu Weihnachten immer diese Mahlzeit zu sich nehmen mussten), zeigt dem Stein-Schneider die gelb-rote Karte und fordert ein "Zwangs-Solo"; sie sind diesmal wieder eine echt gute Liveband. In dem Moment fällt mir eine Passage aus Stuckrad-Barres "Soloalbum" ein, der Fury mit gleich mehreren Argumenten auszumanövrieren versucht: - kommen aus Hannover (Spitzengrund), - singen in schlechtem Englisch schlechte simpelste Textchen (maybe, aber sooo schlechte Texte?), - sind extrem schlecht angezogen (Sänger Kai trägt ein "Reality sucks"-T-Shirt, vielleicht als Antwort auf Stuckrad-Barre?), - sagen oft den Satz "wir machen seit Jahren unser Ding" (das ist wahr, aber schlecht?), - rekrutieren ein sehr reines Idiotenpublikum (DANKE!) undsoweiter. Der Stuckrad-Barre ist einer der größten Stuten überhaupt. Aber hier geht es nicht um irgendwelche Pfeifen, sondern um Fury. Nach zwei Stunden geht das Konzert vorbei, mit "Things like this" vom aktuellen Album. Kais Stimme hat gehalten, und ich glaub, dass diesmal ALLE Jungs ihren Spaß hatten (im Gegensatz zum Mai) und froh sind, dass sie nach einer langen Tour endlich nach Hause können.
Wenn ich mir das alles so durchlese, bin ich Tanja sogar relativ dankbar, dass sie mich dazu animierte, mich nochmal mit dem Konzert auseinanderzusetzen. Denn diesmal war es wirklich schön, und wir wirkten während der Rückfahrt fast ein wenig verschämt, als wir uns das eingestehen mussten. Und irgendwie, so befürchte ich, werde ich auch über mein 6. Fury-Konzert, irgendwann 2003 oder 2004, einen Bericht verfassen müssen. Bock und ich haben es aufgegeben, uns einzureden, das sei erstmal unser letztes Fury-Konzert gewesen. Wir haben sie geschaffen, unsere eigene, kleine Fury-Welt!

DER ABEND:

Konzertbeginn: 20 Uhr, EINLASS 19 Uhr. Wir waren leider schon um 18.45 Uhr da, und eine Viertelstunde bei gefühlten 0 Grad im Hemdchen vor der Halle zu stehen, erwärmt nicht gerade... Jedenfalls kam die Vorband GALLOP pünktlich raus, spielte von 20 Uhr bis 20.40 Uhr - und war richtig gut. Die Fury´s haben ein Talent, gelungene Vorbands auszusuchen; ähnlich war es ja schon bei SONNIT im Mai. Hat echt Appetit gemacht. Nach den üblichen Umbauten begann (wie schon im Mai) gegen 21 Uhr der Kurzfilm "Small World", um 21.05 Uhr kamen die Fury´s, die einschließlich Zugaben bis 23 Uhr blieben. Macht erneut fast genau zwei Stunden, die Band kam dreimal wieder raus. So bleibt ein guter Rat: Besucht niemals auf derselben Tour zweimal die Konzerte einer Band. Sicher haben die Jungs ein bisschen was umgeschmissen, aber die Basics blieben gleich (mit dem gleichen Vorfilm, mit dem Highlight "Won´t forget..." mitten im Publikum, mit dem allerletzten Stück "Things like this"). Ist doch etwas blöd ohne den Überraschungseffekt.
Ort: Grugahalle in Essen, war um ersten Mal dort seit dem Wolfgang Petry-Konzert anno 1997... jaja, die graue Vorzeit. Zuschauerzahl konnte ich schlecht überblicken, schätze mal so um die 2000.
Eintrittskarte?: Erinnert Euch an das Fury-Konzert im Mai? Eigentlich wollten BockBock (alias Tanja) und ich so schnell zu keinem Fury-Konzert mehr, aber dann kamen im August die Termine für die nächste Tour raus, und irgendwie landeten doch die Eintrittskarten in meinem Geldbeutel. Als wir den Innenraum der Grugahalle betraten, wurde uns schlagartig wieder bewusst, dass wir eigentlich nicht mehr gehen wollten... aber Fury ist zu einer Art Pflichtveranstaltung gewerden. Es war das fünfte Konzert meiner Fury-Laufbahn; keine andere Band habe ich so oft live gesehen.
Die Mitreisenden: Natürlich die Fury-Tanja, die mich auch erpresste, an dieser Stelle einen Extra-Bericht zu verfassen! (Gell, Bock?)

DIE PLAYLIST:

0) Zur Einleitung der von Fury produzierte Kurzfilm "Small World" (Dauer: ca. 5 Minuten)
1) "Every generation got its own disease" (vom Album "Mono"/1993)
2) "Milk and honey" (vom Album "The Hearing and the Sense of Balance"/1995)
3) "Shape of things to come" (vom Album "The color fury"/2002)
4) "Come on" (vom Album "Nowhere... fast"/1998)
5) "Boomtown Babylon" (vom Album "The color fury"/2002)
6) "Radio Orchid" (vom Album "Mono"/1993) - Sänger Kai rannte mitten durchs Publikum
7) "My little world" (vom Album "Brillant thieves"/1997) - mitten im Publikum gespielt
8) "Won´t forget these days" (vom Album "Mono"/1993) - mitten im Publikum gespielt
9) "Dancing in the sunshine of the dark" (vom Album "The Hearing and the Sense of Balance"/1995)
10) "Are you real" (vom Album "Home Inside"/2000)
11) "Romantic" (vom Album "Hookahey"/1991)
12) "Then she said" (vom Album "Fury in the Slaughterhouse"/1989)
13) "Midnight Rider" (vom Album "The color fury"/2002)
14) "Angels & Saints" (vom Album "The color fury"/2002)
15) "Rain will fall" (vom Album "Jau"/1990)
16) "Kick it out" (vom Album "Fury in the Slaughterhouse"/1989)
17) "When I´m dead and gone" (vom Album "Mono"/1993)

1. Zugabenrunde:
18) "Reality Sucks" (vom Album "Nowhere... fast"/1998)
19) "Time to wonder" (vom Album "Fury in the Slaughterhouse"/1989)

2. Zugabenrunde:
20) "Pussycat" (vom Album "Fury in the Slaughterhouse"/1989)
21) "Down there" (vom Album "The Hearing and the Sense of Balance"/1995)

3. Zugabenrunde:
22) "Things like this" (vom Album "The color fury"/2002)

Zusammenfassung:
"Fury in the Slaughterhouse" (1989) = 4
"Jau" (1990) = 1
"Hookahey" (1991) = 1
"Mono" (1993) = 4
"The Hearing and the sense of balance" (1995) = 3
"Brillant thieves" (1997) = 1
"Nowhere... fast" (1998) = 2
"Home inside" (2000) = 1
"The color fury" (2002) = 5

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Die Toten Hosen - 22. Dezember 2002 - Arena Oberhausen

Was zählt

Rechts der ist Campino

- Der Bericht
- Der Abend
- Die Playlist

DER BERICHT:

Müde, verschwitzt, durstig und zugedröhnt pflanze ich mich vor den Bildschirm, vor die Tastatur; schließe die Digitalkamera an, schleiche zur Anlage, schmeiße eine CD in den Ofen, setze den Kopfhörer auf. Ziehe vorher den Pullover und das T-Shirt aus. "Bis zum bitteren Ende" steht darauf, in weiß auf schwarz,, und jawohl, jetzt ist das bittere Ende für das Shirt gekommen. Ab in die Waschmaschine mit Dir! Oh je, ist da wohl ein Tinitus im Anmarsch? Nöö, bestimmt nicht, alles nur Nachwirkungen eines musikalischen Genusses. Müde, verschwitzt, durstig und zugedröhnt. Wo ist die Wasserflasche? Ansetzen und *schluckschluckschluck*
Sehe die Lichter noch vor mir. Wie sie rot blinken, orange, blau, sogar weiß. Höre einzelne Wortfetzen aus den verschiedensten Liedern. Danke Ihr Hosen, für diesen Gröl-Faktor, diesen erneuten Ausflug in die Vergangenheit. Lust am Erinnern, Lust an der Vergangenheit, aber noch viel mehr Lust an der Gegenwart. Und in der Zukunft erst recht. Will mehr Hosen-Konzerte hören. Mein Gott, was bin ich heiser. Und wieder diese Fortwetzen (na da hätt ich FAST das richtige Wort getroffen...).
- Madeleine, ich bin keiner, der sein Herz schnell verliert. Aber ich glaub, wir passen gut, das hab ich gleich beim Tanzen gespürt. Ich will diiiiiiich, ich will diiiiiich, aber nicht bevor ich weiß: Gibt es irgendwelche Nazis in Deinem Bekanntenkreis? ("Madeleine (aus Lüdenscheid)")
Wie geil das aussieht, aus der Tribünensicht, wenn sich die Massen in die Lüfte schweben, und klatschen. Nein, nicht mal im Takt, aber im Takt ist doch eh scheiße.
- Tod oder Freiheit soll auf unserm Grabstein stehn ("Bonnie und Clyde")
Wie geil das aussieht, wenn Tausende von Feuerzeugen anspringen.
- Es kommt die Zeit O-HOOO, in der das Wünschen wieder hilft ("Wünsch Dir was")
Wie geil das ist, hemmunglos mitzuschreien, und trotzdem sein eigenes Geschreie nicht zu hören.
- Und alles nur, weil ich Dich liebe, und ich nicht weiß, wie ich´s beweisen soll ("Alles aus Liebe")
Wie geil das ist, mit jedem Lied gewisse Ereignisse zu verbinden. Und wenn es nur das April-Konzert ist.
- Es gibt soviel auf dieser Welt.... ... ich würde niiie zum FC Bayern München gehen! ("Bayern")
Wie geil das ist, mal wieder guten alten Rock zu hören. Die Hosen-Punkrock-Anfänge. Macht Spaß, nicht aggressiv.
- Geil "The little drummer boy", noch nie live gehört, "und die Jahre ziehen ins Land... und wir trinken immer noch ohne Verstand..." (okay, ich hab wohl ein wenig zu viel Verstand); "kein Alkohol ist auch keine Lösung" (für mich schon, aber mitsingen tu ich´s trotzdem...); ein Cover von "Westerland" (Campino: "Wenn ich gewusst hätte, dass Ihr auf Schmusesongs steht, hätte ich mich drauf eingestellt" - und stimmt direkt danach "Alles aus Liebe" an).
Wie geil das ist, wenn zweieinhalb Stunden so vorbeigehen, als seien es nur 15 Minuten gewesen.
Höre immer noch Hosen-Lieder. Müde ja, verschwitzt nicht mehr, durstig - nee, auch nicht mehr. Und zugedröhnt? Joaaa, mein Ohr schmerzt immer noch.
Remember the other storys.
Story 1: Einen richtigen Hosen-Fan kenne ich; den wilden Gilden; auch Martin Gildemeier im richtigen Leben genannt. Unter geschätzten 7000 Zuschauern lief mir Gilde selbstverständlich über den Weg; doch ziemlich, formulieren wir es positiv, betrunken und daher nicht mehr so richtig in der Lage, seine Stimme zu regulieren. Ich denke nicht, dass es die Leute um uns rum interessiert hat, dass er seinen Namen auf meiner Homepage entdeckt hat (er war mal mit beim Bochum-Auswärtsspiel)...
"Mein Kollege hat gesagt, er hätte noch nie ne Homepage gesehen, auf der so viel geschrieben wurde."
Kompliment oder nicht? Egal.
Story 2: Meiner Oma (fast 90) habe ich übrigens versucht zu erzählen, dass ich zum Konzert der "Toten Hosen" gehe. So richtig gescheckt hat sie das glaube ich nicht... erst als ich die "Toten Hosen" eine "Kapelle" genannt habe (die Worte "Band", "Gruppe" und "Orchester" konnte sie nicht wirklich zuordnen), wusste sie ansatzweise, was ich mache... hihi, die "Toten Hosen" als "Kapelle"; wenn die das lesen würden!
Story 3: So viele Leute wie heute hat Campino wohl noch nie gegrüßt. Krieg die alle gar nicht mehr zusammen. Auf jeden Fall war wohl die Mannschaft von Fortuna Düsseldorf da (ihr wurde das Lied "Steh auf wenn Du am Boden bist" gewidmet; warum wohl?) Ach, da muss ich was zu Gilde nachtragen, ein echter Fortune (die spielen nur noch in der 4. Liga, für diejenigen, denen das nicht bekannt ist). Trotz des Alkohols merkte er noch eine Sache süffisant an: "Also wenn alle, die hier ein Fortuna-Trikot tragen, wirklich Fortunen sind, dann würde es uns wohl kaum so schlecht gehen!" Unrecht hat er wohl nicht...
Story 4: Und was noch? Die Auflösung einiger Rätsel. Zum Beispiel, warum Campino "Nur zu Besuch" geschrieben hat. Weil nämlich Weihnachten vor zwei Jahren seine Mutter gestorben ist. Oder wie "Weihnachtsmann vom Dach" entstand. Einst in Berlin half Campi mal als Weihnachtsmann aus, und bekam an jeder Tür einen Schnaps geschenkt. Am nächsten Tag durfte er nicht mehr den Nikolaus spielen...
"Weihnachtsmann vom Dach"?
- Frohe Weihnacht, ich hoffe es geht Euch gut. Seid nicht böse über meine Flucht.
Irgendwie ist alles geschmückt. Die Mülheimer Innenstadt, alle Wohnungen, das gesamte Centro. Wohltuend farbig und ablenkend wirkt die Arena. Kaum weihnachtliche Stimmung, dabei ist es übermorgen soweit. Geschenke, dickes Essen, die ganze Familie beisammen. Bin nicht so der Weihnachtstyp. Geschenk-unkreativ; freu mich drüber, dass ich immer lange schlafen kann. In diesem Jahr nehme ich das Wort "fest" sehr wörtlich. Am 21. ne Geburtstagsparty, am 22. das Hosen-Konzert, am 24. der Ringlokschuppen, am 25. eine 80-er-Party in der Turbinenhalle. Zwischendurch ein bisschen Family. Wish me a merry christmas... So richtig weihnachtlich zumute ist mir nur, als Kuddel seine Version von "Still Still Still" vorträgt... (wer´s kennt, der weiß, warum mein Magen in diesem Augenblick sehr warm wurde...).
Und was zählt nun?
- Weil nur die Liebe zählt, weil nur die Liebe zählt
plärren die Hosen in einem ihrer neusten Lieder. Das zählt wirklich. Kann ich bestätigen. Nur wie ist das mit Fußball und der Liebe? Man verliebt sich, ohne den Hintergedanken, mit wie viel Schmerz und Zerrissenheit das verbunden ist. Warum ich das gerade hier schreibe, werdet Ihr vermutlich nicht verstehen.
Ich jedenfalls danke den Hosen für die wundervolle Ablenkung und einen genialen Abend!
Doch nun seid nicht böse über meine Flucht.
Nicht mehr verschwitzt, durstig und zugedröhnt.
Aber müde.
 
Die Hosen 1 Die Hosen in Oberhausen 2
Gestatten, Hosen! Put the lights on...
Die Hosen in der Arena 3 Die Hosen im Pott 4
Campino eher im Hintergrund, der Rest (Andi, Kuddel, Breiti - so heißen sie glaub ich) mit den Gitarren im Geschehen! Unscharf, aber trotzdem deutlich zu erkennen: Campino kniet vor dem Mikro!

DER ABEND:

Konzertbeginn: 20 Uhr, EINLASS 19 Uhr. Ich lernte abermals den unschätzbaren Vorteil einer Sitzplatz-Tribünenkarte kennen. Egal, wann Du kommst, Dein gepolsterter Untersatz steht Dir immer zur Verfügung; während Du für einen guten Platz im Innenraum sehr rechtzeitig da sein solltest... trotzdem will ich irgendwann bei einem Hosen-Konzert auch mal im Innenraum sein; denn das ist nach wie vor absolut unschlagbar. So saß ich neben zwei ausgeflippten Teenies (rechts), die mir die Füße platt hüpften und zwei Hosen-Fans der ersten Stunde (links), die eher gemächlich und immer mit Bier in der Hand mitfeierten. Mein Sitzplatz nannte sich übrigens "Block 105, Reihe T, Sitz 22" (für alle, die sich in der Oberhausener Arena auskennen). Die Vorband "The Briefs" - guter alter Punkrock aus dem US-Städtchen Seattle - spielte von 20.10 Uhr bis 20.40 Uhr; naja, eher durchschnittlich; hab schon geilere Vorbands erlebt. Die Hosen selbst sorgten für den längsten Auftritt, den ich jemals von einer Band gesehen habe. Sie waren insgesamt von 21.05 Uhr bis 23.30 Uhr auf der Bühne (also 2:25 Stunden; natürlich abzüglich der Zeit zwischen den Zugaben)! Hut ab. "Je länger eine Tour dauert, desto weniger will man aufhören" meinte Campino kurz vor Konzertende. Für die Jungs war dies das letzte Konzert im Jahr 2002.
Ort: Arena Oberhausen; ausverkauft bis auf den letzten Platz. Keine Ahnung, wie viele da reingehen, vermutlich zwischen 6000 und 7000; würd ich mal so schätzen.
Eintrittskarte?: Kostenpunkt 24 Euro; ach, bei den Hosen ist´s wie mit Fury. Eine Tour, ein Datum, ein Gang in den Ticket-Shop, Karte kaufen. Das ist das typische Reiz-Reaktions-Schema; und kurz vor dem Konzert frag ich mich "warum schon wieder?" - und mittendrin weiß ich dann die Antwort. Einfach geil! Ich bekam im Ticket-Shop übrigens eine der letzten hundert Karten! Ansonsten hätt ichs über "ebay" versuchen müssen.
Die Mitreisenden: Gab es nicht. Solo-Andi allein unterwegs!

Bengalo-Fackel

DIE PLAYLIST...:
... habe ich diesmal nicht mitgeschrieben; allerdings ist sie mit geringen Unterschieden gleich mit der April-Playlist, die daher unten noch einmal steht...
- die Änderungen und Ergänzungen (vor allem Weihnachtslieder), die ich im Kopf habe, sind notiert -
also diesmal OHNE GEWÄHR !

1) "Auswärtsspiel" (vom Album "Auswärtsspiel" / 2002)
2) "Liebesspieler" (vom Album "Unter falscher Flagge" / 1986)
3) "Du lebst nur einmal" (vom Album "Auswärtsspiel" / 2002)
4) "Schön sein" (vom Album "Unsterblich" / 2000)
5) "Call of the wild" (vom Album "Unsterblich" / 2000)
6) "Was zählt" (vom Album "Auswärtsspiel" / 2002) - "Kein Alkohol" wurde diesmal in die Zugaben-Ecke verschoben
7) "Bonnie & Clyde" (vom Album "Opium fürs Volk" / 1996) mit stage-diver Campino
8) "Wofür man lebt" (vom Album "Unsterblich" / 2000)
9) "Paradies" (vom Album "Opium fürs Volk" / 1996)
10) "Hier kommt Alex" (vom Album "Ein kleines bisschen Horrorshow" / 1989)
11) "Wünsch DIR was" (vom Album "Kauf MICH" / 1993)
12) "Pushed again" (SINGLE ZWISCHENDURCH / 1999) mit bengalischen Feuern etwas nach vorn verschoben
13) "Venceremos - wir werden siegen" (vom Album "Auswärtsspiel" / 2002)
-  "Should I stay or should I go" kam diesmal nicht
14) "Steh auf wenn Du am Boden bist" (vom Album "Auswärtsspiel" / 2002)
- "Liebeslied" kam diesmal nicht
15) "Madelaine (aus Lüdenscheid)" (vom Album "Reich und Sexy II" / 2002)
16) "Hang on Sloopy" (COVER!) diesmal nicht als Zugabe
17) "Cokane in my brain" (vom Album "Auswärtsspiel" / 2002)
18) "Niemals einer Meinung" (vom Album "Kauf MICH" / 1993)
19) "Weihnachtsmann vom Dach" (vom Album "Wir warten aufs Christkind" / 1998)
20) "Nur zu Besuch" (vom Album "Auswärtsspiel" / 2002)
21) "Unsterblich" (vom Album "Unsterblich" / 2000)
22) "Bayern" (vom Album "Unsterblich" / 2000)
23) "10 kleine Jägermeister" (vom Album "Opium fürs Volk" / 1996)
24) "Schönen Gruß & Auf Wiedersehn" (vom Album "Auf dem Kreuzzug ins Glück" / 1990)

1. Zugabenrunde (DIE ZUGABEN WURDEN IM VERGLEICH ZUM APRIL WILD DURCHEINANDER GEWÜRFELT):
25) "The little drummer boy" (vom Album "Wir warten aufs Christkind" / 1998)
26) "Kein Alkohol (ist auch keine Lösung) (vom Album "Auswärtsspiel" / 2002) diesmal als Zugabe
- "Eisgekühlter Bommerlunder" kam diesmal nicht
27) "Still Still Still" (vom Album "Wir warten aufs Christkind" / 1998)
28) "Auld Lang Syne" (vom Album "Wir warten aufs Christkind" / 1998)
2. Zugabenrunde:
- "Guantanamera" (COVER!) kam diesmal nicht
29) "First Time" (COVER! Gemeinsam mit Jürgen Engler und "The Briefs")
30) "Highway to hell" (COVER! Gemeinsam mit Leuten aus dem Tour-Team)
31) "Westerland" (COVER! Gemeinsam mit Leuten aus dem Tour-Team)
32) "Alles aus Liebe" (vom Album "Kauf mich" / 1993)
33) "Bis zum bitteren Ende" (vom Album "Opelgang" / 1985)
3. Zugabenrunde:
34) "All die ganzen Jahre" (vom Album "Auf dem Kreuzzug ins Glück" / 1990)
35) "Wort zum Sonntag" (vom Album "Damenwahl" / 1988)
36) "You´ll never walk alone" (COVER!)

Zusammenfassung:
Cover-Songs (5) = 5
"Opelgang" (1985) = 1
"Unter falscher Flagge" (1987) = 1
"Damenwahl" (1988) = 1
"Ein kleines bisschen Horrorshow" (1989) = 1
"Auf dem Kreuzzug ins Glück" (1990) = 2
"Kauf MICH" (1993) = 3
"Opium fürs Volk" (1996) = 3
"Wir warten aufs Christkind" (1998) = 4
"Pushed again" / Maxi-Single (1999) = 1
"Unsterblich" (2000) = 5
"Auswärtsspiel" (2002) = 8
"Reich und Sexy II" (2002) = 1



Kettcar - 13. Januar 2003 - Zakk Düsseldorf

Ein Toastbrot im Regen

Kettcar

Es ist an der Zeit, von meinen üblichen Konzertbericht-Gepflogenheiten abzuweichen. Denn "Kettcar" dürfte die unbekannteste Band sein, die ich Euch an dieser Stelle präsentiere. Daher - nur mit dieser kurzen Vorrede - eine Charakterisierung der Hamburger Band von der Homepage des veranstaltenden "Zakk" Düsseldorf:

"Ist diese Platte ein Wundermittel?", fragte kürzlich die Musikzeitschrift SPEX. "Wer mies drauf ist, hört Hoffnung, wer auf der siebten Wolke schwebt, möchte die achte erklimmen, wer ratlos ist, schwört nach dieser Platte auf das Morgen..." Gemeint ist das Debütalbum "Du Und Wieviel Von Deinen Freunden" von Kettcar, der Hamburger Band um Ex-Sänger und -Texter von But Alive, Marcus Wiebusch. Der wollte nicht ewig Punkrock machen und hat seine musikalischen Koordinaten verschoben hin zu Pop und Singer/Songwriter. Punk als Haltung haben er und Kollege Reimer Bustorff, mit dem er auch in der Ska-Punkband Rantanplan zusammen spielte, allerdings nicht abgeschworen und das erste Kettcar- Album gleich auf ihrem eigenen Label heraus gebracht. Jetzt sind die Hamburger zu fünft auf Tour, im Gepäck Emotion ohne Kitsch und Peinlichkeit, große Melodien und Texte mit Tiefgang. Melancholischer Rock, gemixt mit Pop, der seinen Punk-Background nicht verleugnet.

- Der Bericht
- Der Abend
- Die Playlist

DER BERICHT:

Es ist Ende Dezember 2002, kurz vor Silvester, ein Jahr neigt sich dem Ende entgegen, und es regnet in Belgien. Ununterbrochen prasseln die Tropfen aufs Dach, auf den Bürgersteig, auf die Sandkörner am Strand. Melancholische Momente, gleichzeitig schön und doch einsam. Oostende im Winter. Andi vorneweg an der Nordsee, dahinter Thommy (mein Bruder) und seine Freundin Marrit. Ein Bild wie gemalt. Ab gehts in den Zug zurück nach Brüssel, müde und träge. Bis der CD-Player anspringt und Thommy seine neueste Errungenschaft präsentiert:
- wollt ich leben und sterben wie ein toastbrot im regen?
wie ein betrunkener hund im zorn ohne grund?
die erinnerungssplitter liegen herum.
ich tret rein. -
"Thommy, was is´n das für geile Musik?" "Hat mir Dirk aus München geschickt. Kettcar! Das IM TAXI WEINEN ist zurzeit mein absolutes Lieblingsstück!"
Die CD springt vier Stücke weiter, da begrüßt uns eine kurze Klaviereinleitung mit einer soliden Gitarre im Hintergrund.
- na dann herzlichen glückwunsch. noch ein ganz kleines stück jungs.
das böse fiese leben erdrückt uns.
(...)
aber irgendwie ist es doch besser im taxi zu weinen als im vrr-bus, oder nicht? -
Noch stark verzaubert von den Takten macht Thommy die Stimmung komplett: "Am 13. Januar spielen die in Düsseldorf. Sollen wir dahin gehen?" Ich kenne die Band gerade einmal acht Minuten - und sage direkt zu. Ist zwar Uni und Arbeit vorher, aber egal. Für Kettcar schaff ichs.
Zwei Wochen später.
Die Lieder gehen mir nicht aus dem Kopf, die Debüt-CD "du und wieviel von deinen Freunden" ziert einen meiner CD-Ständer. Die "Repeat"-Taste muss herhalten, vor allem für "Landungsbrücken raus" und eben jenes "Im Taxi weinen". Thommy hat inzwischen für den Abend abgesagt (tsetsetse, nichts wurde es mit dem Geschwister-Abend. Irgendsoeine Dissertationsarbeit ging vor; völlig unverständlich ... also wenn ich die Wahl hätte zwischen einem Doktortitel und einem Abend mit Kettcar und mir ... *g*), und keiner außer mir kennt Kettcar (Frage an den WAZ-Redakteur Thomas Richter: "Kennst Du Kettcar"; "Yo, bin ich mit fünf Jahren mal gefahren!" Das war die Standard-Antwort). 13. Januar, morgens weiß ich noch nicht, wo ich abends sein werde. Verschlafen. Uni. Müde. Aber doch: Ich muss die einfach sehen. Keine Ahnung, wo das Zakk liegt, einfach durchfragen. Treffe ein junges Pärchen aus Köln, die das Zakk auch nicht kennen. Zu dritt Detektiv spielen. Ui, komische Gegend, aber YEPP da ist´s.
Nix los in dem Laden. "Sind Kettcar wirklich so unbekannt?" frage ich die beiden. "Also in Köln wars voll", antworten sie. Wie lange das Konzert wohl dauern wird? Das Repertoire umfasst schließlich nur zwölf Stücke...!?!
Als Dritter betrete ich um 19.05 Uhr die Halle, keiner ist da. Erst allmählich füllt sich der Raum, spannend, all die Partygäste zu beobachten. Die Vorband kommt - und geht nach ner halben Stunde. "Sometree" aus Hannover, kaum zu verstehen, weil ziemlich laut. Egal, wegen "Sometree" bin ich nicht hier. Noch ein bisschen warten, und um 21.10 Uhr betritt KETTCAR die Bühne. Fünf Kerle, darunter ein Gitarrist, der so aussieht wie Thomas Gsella (mein Bruder Thommy weiß jetzt Bescheid - schöne Grüße, Junge!) und eben Marcus Wiebusch, der Sänger und Songwriter. 70 verträumte Minuten warten auf mich und all die anderen, obwohl die Musik nicht wirklich zur Melancholie verleitet wie beispielsweise bei "Element of Crime". Dafür ist es zu - wie soll ich das nennen? - gitarrenlastig. Aber die Melodien bleiben trotzdem abwechslungsreich, schlicht schön. Zudem lohnt es sich, den Texten zuzuhören - und auch so mancher Erläuterung von Marcus Wiebusch über die Entstehung. Beispielsweise "Balkon gegenüber": "Das ist eine zu 25 Prozent wahre Geschichte. Morgens habe ich viele Flaschen auf dem Balkon gegenüber gesehen. Die Geschichte dazu ist ausgedacht!" Beispielsweise "Volle Distanz". "Das ist über meine einzige Kneipen-Schlägerei, in die der Sänger von TOMTE verwickelt war."  Beispielsweise "Lattenmessen": "Jeder, der mit 15 in einer Fußballmannschaft war, weiß wie der Titel gemeint ist" (war ich in einer so langweiligen Mannschaft?) Beispielsweise "Landungsbrücken raus". "Ein Lied über unsere Heimatstadt Hamburg."
Ja, "Landungsbrücken raus". Das war mein eindeutiger Höhepunkt.
- an den landungsbrücken raus, dieses bild verdient applaus
und noch 200 meter und jetzt geht der fallschirm auf.
jetzt geht der fallschirm auf, na dann herzlich willkommen zuhaus
und ein letztes mal winken und ich bin raus -
Ein rockiger, und doch ruhiger - ein euphorischer und doch trauriger - ein stimmungsvoller und doch sanfter Abend geht vorbei; mit Gitarristen, die nicht zwanzig Instrumente zur Verfügung haben, sondern nur zwei. Die nicht Helfer beanspruchen, die ihnen die Geräte stimmen und anreichen; die nur einen Quadratmeter zum Abrocken haben. Schade, dass das schon relativ kleine "Zakk" nicht einmal richtig voll war. Diese Band hätte mehr Zuschauer verdient gehabt - und sie wird in Zukunft auch mehr Fans anziehen. Ganz sicher. Und dann gehen Thommy und ich gemeinsam hin (gell, Bruderherz?)
Die Erinnerungssplitter liegen rum.
Ich tret rein.
Bitte lasst mich diesen Abend noch einmal zurückspulen.

DER ABEND:

Konzertbeginn: 20 Uhr, EINLASS 19 Uhr. Verschiedenartige Gründe trieben mich bereits um 19.05 Uhr zur Eintrittskasse. Einerseits hatte ich keine Ahnung, ob es überhaupt noch Karten gibt (es gab noch MASSEN!!!), zweitens wusste ich nicht, ob ich das "Zakk" finden würde, und drittens war meine Uni-Veranstaltung schon um 17.45 Uhr zu Ende, und von Essen bis Düsseldorf dauerts nicht ewig. Wenn der Regionalexpress nicht zu spät gekommen wäre - ich hätte das "Zakk" noch 15 Minuten früher erreicht. Jedenfalls war ich der DRITTE (!!!) in der gesamten Halle, und konnte so ein gemütliches einstündiges Nickerchen halten. Richtig voll wurde es erst, während die Vorband "Sometree" (aus Hannover, sehr laut, Texte kaum zu verstehen) spielte (20.15 Uhr bis 20.45 Uhr). Zwischenzeitlich dachte ich, da kommen maximal 50 Leute. Und das für KETTCAR, eine richtig geile Band. Scheint, als seien die Jungs noch ziemlich unbekannt. Ist auch kein Wunder, die haben erst eine CD draußen, mit 11 Liedern. Daher dauerte das echte Konzert auch nicht wirklich lange, sondern "nur" von 21.05 Uhr bis 22.15 Uhr. Zweimal kamen KETTCAR wieder. Trotz des "nur" 70-minütigen Auftritts: Hut ab! Die werde ich wiedersehen! Diesmal war ich übrigens ein "Am-Rand-Steher", denn mit meiner Arbeits- und Unitasche wollte ich nicht unbedingt mitten ins Gewühl. Und bei den 30 Leuten unmittelbar vor der Bühne ging zwischenzeitlich die Post ganz schön ab!
Ort: Das "Zakk" in Düsseldorf. In dem Laden war ich bisher noch nie, der hält aber locker den "Ringlokschuppen Mülheim" und "Kulturfabrik Krefeld"-Vergleich. Ein etwas alternativerer Laden, 15 Fuß-Minuten vom Düsseldorfer Hauptbahnhof entfernt (für Lauffaule: Ihr könnt auch bis zur U-Bahn-Haltestelle "Kettwiger Straße" fahren und dann "nur" etwa fünf Minuten latschen). Naja, jedenfalls hätten da - schätze ich mal - so um die 800 Leute reingepasst, wenn sie dicht an dicht gestanden hätten. Weil aber "nur" zwischen 400 und 500 da waren, blieb es sehr überschaubar. Schade eigentlich!
Eintrittskarte?: Hatte ich nicht - und ich glaube, auch kein anderer Besucher erstand eine im Vorverkauf. Kostete an der Abendkasse 10 Euro.
Die Mitreisenden: Eine Band, die keiner kennt, und dann auch noch spontan - das geht nun wirklich nicht. Also: crazy Andy solo on Tour! Eigentlich war (siehe Text) ein Geschwister-Ernst-Treffen geplant. Aber ... lest oben nach!

DIE PLAYLIST:
... brauchte ich mir nicht notieren, da alle 11 Stücke des Debütalbums "du und wieviel von deinen Freunden" gespielt wurden...
... die Reihenfolge war natürlich anders als auf der CD, und es kamen noch zwei neue Lieder dazu, aber ich denke, dass ist nicht so wichtig!
Es liefen:
- Volle Distanz
- Ausgetrunken
- Money left to burn
- Wäre er echt
- Landungsbrücken raus (Höhepunkt Nummer eins)
- Balkon gegenüber
- Jenseits der Bikinilinie
- Lattenmessen
- Im Taxi weinen (Höhepunkt Nummer zwei - als vorletztes Lied - "Unser Hit"; Zitat Marcus Wiebusch)
- Hiersein
- Ich danke der Academy (als letztes Lied vor den Zugaben!)
Eine Zugabe...
... war das Lied
- Mein Skateboard kriegt mein Zahnarzt

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Die Ärzte (alias "Nackt unter Kannibalen") - 4. März 2003 - Kulturfabrik Krefeld

Wie am ersten Tag

- Der Bericht
- Der Abend
- Die Playlist

DER BERICHT:

Eine Band, die meine Kindheit versüßte, habt Ihr auf dieser Homepage schon kennengelernt. Doch nicht nur die viel gerühmten "Toten Hosen" aus Düsseldorf zählten zu den Helden des Grundschul-Andis, nein, vielmehr waren die "Ärzte" aus Berlin diejenigen, die sogar noch über den "Hosen" in meinen internen Jubel-Charts rangierten und sogar per Poster meine Pinnwand zierten (eher als die Mannschaft des VfL Bochum!). Die "Ärzte" aus Berlin, rebellisch, anders. Unvergessene Momente, als mein Bruder erste Musikkassetten mit Songs wie "Zu spät" und "Wie am ersten Tag" mitbrachte, und mein Vater zweifelnd in der Kinderzimmertür stand. Er - Beamter beim Jugendamt - war natürlich bestens über die Untersuchungen der "Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften" informiert. Wir hörten trotzdem. Die "Ärzte" aus Berlin. Sie fehlen noch auf meiner Live-Liste. Ich habe viele Konzerte gesehen und einiges erlebt. Und nun? Nun geht es nach Krefeld, und offiziell spielt die Combo "Nackt unter Kannibalen". Die Insider (oder besser: die eingefleischtesten Fans - so wie ich einer bin) wissen, dass die selbst ernannte "beste Band der Welt" dahinter steckt. Auf ihre alten Tage wollen Jan Vetter (alias Farin), Dirk Felsenheimer (alias Bela) und Rodrigo Gonzales (alias Rodrigo Gonzales) noch einmal in kleinen Klubs unter Pseudonym vor wenig Fans spielen.
Nervöser als sonst betrete ich die Konzert-Location. Zuletzt waren es "Kettcar" in Düsseldorf, "nur" mit der Vorfreude auf etwas Unbekanntes, davor die "Hosen" in der Arena Oberhausen - da weiß man, was man hat. Schon bevor das Konzert beginnt, ist es supereng, total warm und der Schweiß läuft Stirn und Wangen hinunter. Hab zuletzt wenig Sport gemacht. Zurecht. Die ganzen Kilos werd ich mit Leichtigkeit an diesem Konzertabend los. Gibts eine Vorband? Gar nicht drauf geachtet. Nee, gibts nicht, meint mein Nebenmann. Die Masse ist sehr heterogen. Ich zähle zu den Älteren. Vorn stehen die 16- bis 20-Jährigen mit Bierpullen und Augenrändern (Karnevals-Nachwirkungen) und bereiten sich auf seichten Pogo vor, die Älteren haben sich nach hinten verzogen. Da will ich eigentlich auch hin, doch irgendwie lasse ich mich in die Mitte drängen. Scheiße, da werd ich um ein paar blaue Flecken nicht herum kommen. Auch lang nicht mehr gehabt. Handy rausholen. Wie viel Uhr ist es? 20.15 Uhr. Kein Netz. Umso besser. Werd ich wenigstens nicht gestört. Licht geht aus. Spotlight an. Drei Kerle betreten die Bühne. Sie sinds. Farin links an der Gitarre. Mit schwarz gefärbten Haaren. Vor 15 Jahren waren die noch grellblond. Bela der Tätowierte an den Drums. Und Rod. Es rockt. Es rockt ohne Ende ab. "Kopfüber in die Hölle" wird zuerst getrümmert, hüpfen, hüpfen, hüpfen, von vorn bis hinten, stoß mit meinem Vordermann zusammen. Autsch das gibt ne Beule. 700 Fans werden zweieinhalb Stunden abfeiern.
Und es nicht immer leicht haben. Denn ein "Ärzte"-Konzert, das hörte ich schon vorher und wurde bestätigt, begeistert und strapaziert doch gleichzeitig die Nerven. Diese Typen wirken zuweilen unglaublich alternativ, und im nächsten Moment wie arrogante Arschlöcher. Es ist eine altbekannte Tatsache, dass die "Ärzte" während Ihrer Auftritte unheimlich viel labern. Bestimmt viermal witzeln Farin und Bela miteinander, ohne dass es irgendeinen juckt. Da muss Rod schon mal nachhaken: "Hört mal Jungs, das interessiert hier keinen!" Ist ihnen aber schnuppe. Zu Beginn ihrer Zeit, Anfang der 80-er, wollten sie noch die Welt revolutionieren, drehten die Verstärker bis zum Anschlag auf und schrammten auf der Gitarre rum, bis sie den Geist aufgab. Jeder Auftritt ein Genuss. Und nun? Nun begrüßt Farin die Menge mit den Worten: "Hallo. Wir sind die Ärzte aus Berlin. Ich hoffe, Ihr seid gut drauf, denn Bela ist krank und Rod und ich haben keine Lust!" Die Menge jubelt. Meint er bestimmt nicht ernst. Oder? Was für ein Witzbolzen. Zuweilen scheint sich Farin - mittlerweile 40 und auch schon mit Solo-Album auf der Visitenkarte - zu amüsieren, darüber, dass sich noch so viele Mädchen und Teenager unter den Fans befinden; spätestens nach dem dritten BH, der auf die Bühne fliegt. "Und nun kommt ein Lied von damals", brüllt er ins Mikro. Um anzufügen: "Gebt mir ein D" (die Menge: "D!!!"). "Gebt mir ein amals" (die Menge: "AMALS!!!"). "Und das macht?" (die Menge: "DAMALS!!!") "Ihr seid so verflucht schlau!" Der sitzt. Auf der Bühne erlauben sich die Drei alles. Sogar als absolut nervenden "running gag" ein Panflöten-Stück von einem George wasweißich, das den ganzen einstündigen Zugabenblock begleitet. Doch niemand pfeift, obwohl die von Rod auf Keyboard geklimperten Takte stets übelst gleich klingen. Fast wie Harald Schmidt auf SAT.1. So lange sich keiner beschwert, immer weiter, immer weiter... In Krefeld sind sowieso nur die Eingefleischten. "Wenn Ihr heute Abend von einem Stück träumt, dann von dem Panflötenstück. Und wir sind das schuld", so beginnt die Verabschiedung nach der letzten Zugabe. Mit der Ergänzung: "Die Ärzte haben alles gegeben. Und ihr habt als Publikum Eure Sache sehr gut gemacht. Wir hatten Spaß. Vor allem mit einem Stück." Und Farin spielt nochmal die Panflöte auf Keyboard an.
Hat das irgendwas dekonstruktivistisches (keine Ahnung, ob dieses Wort hier wirklich passt, aber ich versuchs...)? Nee, weil das irgendetwas mit "kritisch" zu tun hat. Und kritisch sind die Ärzte gar nicht mehr. Alle drei haben vermutlich längst Millionen auf dem Konto, und lassen das auch raushängen. Punk nur noch auf dem (Noten-)Papier. Fehlt nur noch, dass sie voller Inbrunst "Ich bin reich" spielen. "Jede vierte Mail", verrät Farin bei irgendeiner seiner Laberattacken, "die wir bekommen, trägt den Inhalt: Früher wart Ihr besser, ganz anders, punkiger." Und fügt hinzu: "Wozu gibt es die "Delete"-Taste? Dann steht da noch der Satz: Vor dem Kommerz!" "Oh ja, der Kommerz", schreit Bela aus dem Hintergrund und schmeißt Drumsticks in die Menge. "Ach man gewöhnt sich so schnell an die S-Klasse." Gelächter auf der Bühne. Und unten in der Menge. Ist doch scheißegal, wieviel die verdienen. Hauptsache Paaaadiiieeee. Punk, ursprünglich auch politische Bewegung. Tagespolitik bei den "Ärzten"? Es bleibt inhaltsleer. "Schrei nach Liebe" - der Song gegen Nazis - wird nicht gespielt; in "Friedenspanzer" wird die Zeile "wenn Brüder und Schwestern sich wieder hassen" in "wenn die Amis wieder hassen" umgewandelt - und das hinterher selbstverständlich hervorgehoben, von wegen "die Tagespolitik eingebunden" und so! Die "Ärzte", das ist die Band, die fast so viele "Best of"-Alben herausgegeben hat wie "normale". Da war die "Ist das alles? 13 Höhepunkte" von 1987, die "Live"-CD von 1990, die "Die Ärzte früher" von 1993, die "Das Beste von früher nach kurz bis jetze" von 1994, die "Gib mir Deine Seele - LIVE" von 1999 und schließlich die "Rock´n´Roll-Realschule" im Rahmen der "MTV-Unplugged"-Reihe aus dem Dezember 2002. Ärzte überall. Und die Kohle fließt und fließt. Sollten sie irgendwann diesen Text lesen, würden sie vermutlich nur müde lächeln, und auf ihr pralles Bankkonto schauen. Mal sind sie Helden, und mal Diebe. Und doch mag sie noch genauso wie am ersten Tag und find bei aller Kritik den Abend total klasse. Eben weil ich ein ganz Eingefleischter bin. Der alle CD´s zu Hause hat. Verrückt, oder?
Macht es den drei Jungs überhaupt noch Spaß? Nach 20 Jahren auf der Bühne immer wieder dieselben Lieder singen? Bei allen Zweifeln kann ich diese Frage doch bejahen. Es sind die Höhepunkte, die mir, den anderen und auch den dreien selber unter die Haut gehen. Wenn alle Fans die Hände in die Höhe recken, klatschen, was das Zeug hält, und hüpfen, so hoch sie können. Konzert-Ekstase. Höhepunkte wie "Wie am ersten Tag" ("Hey Du bleib stehen, ich weiß, wohin Du gehst, Du brauchst nicht so zu tun, als ob Du nicht verstehst... Du bist auf dem Weg zu Ihr, sie gehörte mal zu mir... usw."), ein Mix aus "Westerland" und "Elke" (die Melodie des einen Songs gemixt mit dem Text des andern) und natürlich "Zu spät" ("Eines Tages werd ich mich rächen, ich werd die Herzen aller Mädchen brechen, dann bin ich ein Star, der in der Zeitung steht - dann tut es Dir leid, doch dann ist es zu spät!"). Von jedem einzelnen Lied kenne ich alle Silben, und singe sie voller Inbrunst mit. Ungeahnt gut ab gehen auch Songs wie "Friedenspanzer", "Du willst mich küssen", "Käfer" und "Alleine in der Nacht". Ein richtiger Flop ist nicht dabei. Leise wirds nur - siehe oben, bei den Mono- und Dialogen. Ein begrenztes Programm ist den "Ärzten" beim besten Willen nicht vorzuwerfen. Schaut nach in der Playlist - aus jedem Album wurde fast die gleiche Anzahl an Songs gespielt. Ein "Ärzte"-Rundblick über das bisherige Schaffen.
Der 4. März 2003 wird als unvergesslicher Tag in meine Lebensgeschichte eingehen. Zweifelsohne. Sicherlich hat das den Grund, dass ich den 4.3.03 ohnehin zum rot markierten Datum erheben wollte, denn normalerweise hätte der VfL an diesem Tag im DFB-Pokal-Halbfinale gestanden (wenn nicht dieses blöde Elfmeterschießen gewesen wäre, verdammt!). Aber das "Ärzte"-Konzert dient als mehr als guter Ersatz. Unvergesslich auch der Preis für die Eintrittskarte. Nie vorher und auch (versprochen!) nie wieder nachher werde ich so viel Geld bei "ebay.de" für eine Eintrittskarte bezahlen. Zu guter letzt sind die Emotionen mit Sicherheit zu vergleichen mit denen bei den "Hosen"-Konzerten, wenngleich die Bands äußerst wenig gemeinsam haben. Die Hosen: Fußball, Düsseldorf, Alkohol. Die Ärzte: Hassen Fußball, Berlin, Versautes. Gut, die Musik klingt ähnlich. Aber das wärs schon.
Ich glaube Bela aufs Wort, wenn er sagt: "Wir sind zurzeit die einzigen Superstars Deutschlands" - in Anspielung auf die elende RTL-Show. Sie haben das Geschäft verstanden. Ihr Etikett früherer Tage behalten, und die Kohle immer weiter vermehrt. Und vermehrt. Und vermehrt. Da können sie es sich auch mal erlauben, in zehn kleineren Hallen für eine ganz kleine Gemeinde zu singen.
Und ich danke Ihnen dafür.

DER ABEND:

Konzertbeginn: 20.15 Uhr, EINLASS 19 UHR. Sitzplätze gibt es in der Kulturfabrik nicht. Nachdem ich einen WAZ-Termin unbeschadet überstanden hatte, fuhr ich mit dem Zug um 18.16 Uhr in Mülheim los, und betrat gegen 19.10 Uhr den Laden. Passenderweise traf ich dort Lars, einen ehemaligen Mannschaftskollegen meines Bruders, der uns Ende der 80-er die ersten Songs der Ärzte (damals noch auf Musikkassette) mitbrachte. Jedenfalls verzichteten die Ärzte auf eine Vorband, und kamen direkt um 20.15 Uhr live auf die Bühne. Den letzten Takt spielten sie um 22.40 Uhr, also waren sie genau 2:25 Stunden auf der Bühne (vergleicht mal mit dem Hosen-Konzertim Dezember - allerdings haben die Ärzte deutlich mehr geredet, also ist die Netto-Musikzeit ein wenig geringer als bei den Hosen). Insgesamt drei Zugaben-Runden zauberten die Jungs aus Berlin aufs Parkett. Zurück gings mit dem Zug ab 22.59 Uhr - um 23.45 Uhr war ich wieder in good old Mülheim...
Ort: Kulturfabrik Krefeld. Ich war schon einmal dort, nämlich bei einem Konzert von "Element of Crime". Damals besaß ich noch ein Auto, diesmal musste ich mit der Bahn kommen. Das machte aber gar nix, denn vom Krefelder Hauptbahnhof läuft man gerade einmal 10 Minuten (bei Normaltempo) bis zur "KuFa". Selbst für "Element of Crime" war diese anno 1999 zu klein... sprich: da gehen nicht mehr als 700 Leute rein. Dementsprechend schnell waren alle Karten für die "Ärzte" ausverkauft, und dementsprechend voll und eng ist´s gewesen. Eben ein ganz kleines "Club"-Konzert.
Eintrittskarte?: Hatte ich nicht. Vielmehr wurde ich erst Anfang Februar von Silke Brembt, einer Mitarbeiterin bei der "Mülheimer Woche", auf dieses "Nackt unter Kannibalen"-Konzert aufmerksam gemacht. Da alle Karten im Normalverkauf längst ausverkauft waren, musste ich (siehe Bericht), über "ebay.de" gehen. Welche Summe ich für die Eintrittskarte überweisen musste, werde ich allerdings niemals irgendeinem Menschen erzählen.
Die Mitreisenden: Siehe oben... da ich meine Karte bei "ebay.de" ersteigerte (und das eben für nicht wenig Geld), konnte ich es keinem anderen zumuten, mich zu begleiten. Ich zählte daher allein zum exklusiven Kreis der Partygäste.

DIE PLAYLIST:
... ist an dieser Stelle ohne Gewähr und dazu absolut unvollständig; ich finde, dass 26 Songs nur aus der Erinnerung eine erstaunlich gute Quote sind, oder? Die Reihenfolge übrigens stimmt auch beim besten Willen nicht, weder beim "normalen" Konzert noch bei den drei Zugabenrunden!
1) "Ärzte-Thema" (vom Album "Debil" / 1984) das war wirklich das erste Lied
2) "Kopfüber in die Hölle" (vom Album "Die Bestie in Menschengestalt" / 1993) und das war wirklich das zweite Lied
3) "Radio brennt" (vom Album "Ist das alles?" / 1987)
4) "Wie am ersten Tag" (vom Album "Für immer" / 1986)
5) "Komm zurück" (vom Album "Das ist nicht die ganze Wahrheit" / 1988)
6) "Super Drei" (vom Album "Planet Punk" / 1995)
7) "Teddybär" (vom Album "Die Ärzte früher 1982-1983" / 1994)
8) "Gib mir Zeit" (vom Album "Runter mit den Spendierhosen, Unsichtbarer" / 2000)
9) "El Cattivo" (vom Album "Debil" / 1984)
10) "Alleine in der Nacht" (vom Album "Für immer" / 1986)
11) "Frank´n´stein" (vom Album "Debil" / 1984)
12) "Langweilig" (vom Album "Planet Punk" / 1995)
13) "Yoko Ono" (vom Album "Runter mit den Spendierhosen, Unsichtbarer" / 2000)
14) "Schunder-Song" (vom Album "Planet Punk" / 1995)
15) "Käfer" (vom Album "Im Schatten der Ärzte" / 1990)
16) "Party stinkt" (vom Album "13" / 1998)
17) "B.S.L." (vom Album "Planet Punk" / 1995)
18) "Ich weiß nicht, ob es Liebe ist" (vom Album "Im Schatten der Ärzte" / 1985)
19) "Hey Huh (In Scheiben)" (vom Album "Die Bestie in Menschengestalt" / 1993)
20) "Vollmich" (vom Album "Die Ärzte früher 1982-1983" / 1994)
21) "Wilde Mädchen" (vom Album "Die Ärzte früher 1982-1983" / 1994)

ZUGABEN:
22) "Friedenspanzer" (vom Album "Die Bestie in Menschengestalt" / 1993)
23) "Du willst mich küssen" (vom Album "Im Schatten der Ärzte" / 1990)
24) "Zu spät" (vom Album "Debil" / 1984)
25+26) "Elke"+"Westerland" (zusammengemixt) (beide vom Album "Das ist nicht die ganze Wahrheit" / 1988)
PLUS:
27) irgendwas zu "Käpt´n Blaubär"

Zusammenfassung:
Sonstige = 1
"Die Ärzte früher 1982-1983" = 3
"Debil" (1984) = 4
"Im Schatten der Ärzte" (1985) = 3
"Für immer" (1986) = 2
"Ist das alles?" (1987) = 1
"Die ist nicht die ganze Wahrheit" (1988) = 3
"Die Bestie in Menschengestalt" (1993) = 3
"Planet Punk" (1995) = 4
"13" (1998) = 1
"Runter mit den Spendierhosen, Unsichtbarer" (2000) = 2

Was NICHT kam - ich aber gern gehört hätte:
1) Männer sind Schweine (1998)
2) Manchmal haben Frauen (1998)
3) Schrei nach Liebe (1993)
4) Goldenes Handwerk (1998)
5) Bitte bitte (1987)
6) Ich bin reich (1986)
7) Paul (1984)
8) Mach die Augen zu (1993)
9) 1/2 Lovesong (1998)
10) Gehn wie ein Ägypter (1987)

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Tom Liwa - 13. März 2003 - Ringlokschuppen Mülheim

Für die linke Spur zu langsam

- Der Bericht
- Der Abend
- Die Playlist

DER BERICHT:

Steht diesmal NICHT an dieser Stelle, sondern auf der Seite "WAZ-Lokalteil". Er stand so wortwörtlich am 15.3.2003 in der WAZ Mülheim!
Also bitte HIER klicken!

DER ABEND:

Konzertbeginn: 20.30 Uhr, EINLASS 19 Uhr. Es war der wohl spontanste Konzertbesuch der letzten Jahre, wenn nicht sogar überhaupt. Morgens noch hatte ich keine Ahnung von meiner Abendgestaltung, bis mir in der WAZ auffiel, dass Tom Liwa im Schuppen spielt. Nachmittags in der Redaktion stellte ich fest, dass noch niemand für den Abendtermin eingeteilt war, also schnappte ich mir flugs die Karten. Somit konnte ich a) Tom Liwa live und b) auch noch für lau sehen. Ich war um 19.50 Uhr im Schuppen, als dritter. Tom Liwa stand da schon auf der Bühne, solo und unplugged. Nur ein weißer Stuhl und drei Gitarren benötigte er für diesen sehr intensiven Auftritt. Er kam spielte vier Zugabenlieder, und insgesamt bis 22.15 Uhr, also 105 Minuten, also 1:45 Stunde.
Ort: Ringlokschuppen Mülheim, ein Konzert im Rahmen der LIED.GUT-Reihe (u.a. noch mit Hannes Wader, Stefan Stoppok). In dem Saal, in dem ansonsten besoffene Jugendliche bei Discoabenden wie der "Tower Party" oder der "Wilden 30" tanzen, saßen diesmal 40 Zuhörer gespannt in ihren Stühlen und lauschten Tom Liwas Musik. Nur 40? Jepp, hat mich auch etwas gewundert. Sooo unbekannt ist der nun auch wieder nicht.
Eintrittskarte?: Kostete nichts. Auf WAZ-Kosten, hihi... Streng genommen bekam ich sogar noch was raus (das Zeilengeld)!
Die Mitreisenden: Eigentlich hatte ich zwei Karten, doch mein Bruder, den ich spontan gefragt hatte, sagte spontan ab. Ansonsten kennt keiner aus meinem näheren Umfeld Tom Liwa. Schade eigentlich! So waren mein Block und ich ganz allein.

DIE PLAYLIST:
... ist leider unvollständig, da ich noch nicht Tom-Liwa-bewandert genug bin, um wirklich alle Lieder zu identifizieren!
1) "Kylie und Jochen"
2) "Gib ihnen was sie wollen"
3) "Faultier" (Zitat Liwa: "Das ist ein Lied für meine Frau" *gelächter* "Lacht nicht, Faultiere sind sehr intelligent")
4) "Lieber als hier"
5) "Für die linke Spur zu langsam"
6) "Zu fickig zum schlafen"
7) "Seltsames Mädchen"
8) "Herz aus Stein"
9) "Leb gefährlich Artur"
10) "In the drugs" (Cover)
11) "Stunde des Zweifels"
12) ?
13) ?
14) "Eskimo"
15) "Tom" (Zitat Liwa: "Wer hat diese verdammte Setlist gemacht? Das ist das fünfte Lied in Folge mit den Worten "Mond" und See" Jetzt heißt es wieder, ich sei ein Romantiker. Dabei hasse ich Romantiker.")
16) "Julianastraat"
17) "Elvis ist nicht mehr und nicht weniger als der King"
18) "Frag nie wieder"
ZUGABEN: (Liwa steht am Rand, für alle sichtbar... "ich weiß nicht, wohin ich mich verpissen soll!")
1. Runde
19) ?
20) ?
2. Runde
21) "Sweet thing"
3. Runde (Liwa: "Draußen liegt ein Zettel. Dann kommt ihr auf den Mail-Verteiler. Der zweite Newsletter kommt demnächst. Jetzt muss ich mich nur noch News ausdenken.")
22) "Wish you were here" (Cover)
Verabschiedung: "Ich sitz gleich auf der Treppe und rauch!"

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Coldplay - 3. April 2003 - Philipshalle Düsseldorf

Nobody said it was easy

- Der Bericht
- Der Abend
- Die Playlist

DER BERICHT:

Schon oft genug habe ich Euch an dieser Stelle von den "schließt-die-Augen-und-träumt"-Bands erzählt. Zum Beispiel JJ 72. Zum Beispiel K´s Choice. Zum Beispiel Travis. Und zum Beispiel Coldplay. Ich steh ja auf so Gruppen, auf so Musik. Die tut zwischendurch mal gut und ist auch live ganz gut verträglich. Oder?
Wer von Euch kennt Benjamin von Stuckrad-Barre? Ich sehe ein paar Finger.... jaaaa.... links hinten der Herr auch? Och kommt... Benjamin von Stuckrad-Barre ist doch nicht unbekannt, oder? Diesen "Popliteraten", der zwischendurch mal bei MTV eine Sendung moderiert hat, der mal Gagschreiber bei Harald Schmidt war, der so Bücher wie "Soloalbum" und "Livealbum" verzapft hat? Dieses arrogante Arschloch? Und was hat das alles mit Coldplay zu tun? Vermutlich werden jetzt alle, die etwas für Stucki übrig haben (und ich befürchte, das sind nicht wenige), leichte Krämpfe in allen Körperpartien verspüren, aber Coldplay - das sind die Stuckrad-Barres der aktuellen Musikszene. Die Bücher von dem Deppen sind leicht verträglich, leichte-seichte Kost. Die Musik von Coldplay ist? Natürlich leicht verträglich, leichte-seichte Kost, die die breite Masse gern konsumiert, aber nur für ne halbe Stunde, um dann die wirklich wichtigen Dinge im Leben zu tun. Das Stuckrad-Barre-Phänomen entwickelte sich erst in den letzten zwei/drei Jahren, das Coldplay´sche auch. Und nicht zuletzt werden beide von einer fast schon gar nicht mehr überschaubaren Anzahl Prominenter angehimmelt. Der Coldplay-Sänger soll eine Liaison mit Gwyneth Paltrow haben, in den USA war Brad Pitt froh, eine Ehrenkarte ergattert zu haben. Zu Stuckis Verehrern zählt eben jener Harald Schmidt, der mal von seinen Gags profitierte. Ein zum Massenphänomen gewordener Geheimtipp. Stuckrad-Barre hat´s nicht gut getan, und bei Coldplay? Wirds dasselbe?
Ach so, eins haben beide auch noch gemeinsam, nämlich Talent: Während Stuckrad-Barre wirklich ein talentierter Schriftsteller ist, der pointiert und treffsicher formulieren kann, können Coldplay Musik machen. Es war im Jahr 2000, als die Songs "Trouble" und "Yellow" direkt mein Trommelfell streichelten, und sogar noch auf den "Crossing-all-Over"-CD´s veröffentlicht wurden. Einfach herrliche Musik. Das Nachfolge-Album war dann schon lange überfällig, und Ende 2002 stand "A rush of blood in the head" auch endlich in allen CD-Regalen. Glaubt mir: Selbst wenn es mir nicht gefallen hätte, ich wäre zu diesem Konzert gegangen. Dieser Hype hat mich ganz einfach interessiert. Was sind das für Leute, die sich dafür Zeit nehmen?
Coldplay sind eine Pärchen-Band. Eigentlich kann ich mir das schon denken, als ich um 19 Uhr die S-Bahn Richtung Düsseldorf betrete - und diese Vermutung wird in der langen Schlange vor der Philipshalle glatt bestätigt. Bestimmt 80 Prozent der Zuschauermenge bestehen aus Pärchen, die sich bei den Schmusesongs in den Armen liegen wollen. Siehe oben. Eine "schließt-die-Augen-und-träumt"-Band. Eine Band, die das Ordnerteam der Philipshalle in Verlegenheit bringt. Gerade einmal zwei Eingangstüren sind offen, die Wartenden schlängeln sich bestimmt 500 Meter lang über den kompletten Parkplatz.
- Also das letzte Mal, dass es hier so voll war, war bei POLICE in den 80-ern, posaunt eine Frau vor mir, deren Lippenstift so dick aufgetragen ist, dass er bestimmt noch im Dunkeln leuchtet.
- Schätz mal, wie alt ich bin, will sie von einer mit ihr in der Schlange stehenden Studentin wissen. Die reagiert nicht, als prompt die Antwort "48" kommt. Ein Himmelreich für ein Pflaster.
Von hinten kommt René angetrabt, ein alter Fußball-Mannschaftskollege, der die Eintrittskarte seiner Freundin geschenkt hatte (jaja, Pärchen-Band). Manchmal hat das Single-Dasein auch so seine Tücken.
Als ich schließlich den Innenraum betrete, rockt die (wirklich gute) Vorband FEEDER schon gut ab. Ruckzuck ist´s vorbei, und eine dreiviertelstündige Wartezeit beginnt... Sinnieren über meine letzten Konzerte (waren ganz schön viele in kurzer Zeit), über den heutigen Arbeitstag (nicht der Rede wert), über das am Samstag folgende VfL-Spiel, den üblichen Kram. Nur nicht über Coldplay. Das zeigt, dass ich wohl ein typischer Fan dieser Band bin. Sauge die Musik auf, würde sie aber niemals als Hintergrundmusik für meinen persönlichen Lebensfilm auswählen.
Dann endlich joggt Chris Martin - so heißt er glaube ich - auf die Bühne. Okay, dass er Chris heißt, bestätigt mir ein richtig albernes Plakat ("We love u Chris! Make us a baby!") - Gwyneth lässt grüßen. Das Publikum ist jung, die 48-Jährige (sie war bestimmt älter) eine Ausnahme, René habe ich im Trubel des Hallenfoyers verloren. Es rockt. Ich gebe zu, vorher die Befürchtung gehabt zu haben, es würde ein ganz ruhiger, beschaulicher Abend, ohne großartiges Mitgebrülle, ohne lang anhaltende Beifallsstürme, nur mit dem üblichen Mitgewippe. Falsch gedacht. Coldplay bringen die Halle zum Beben. Sehr stark, als sie bei "Yellow" die ganze Bühne in ein schönes Gelb tauchen. Überhaupt gut, diese Lichteffekte. Bei der ersten Zugabe "Clocks" fängt eine grüne Laserstrahlplane den Nebel aus der Nebelmaschine auf und erhebt sich über dem Innenraum. Beeindruckend. Chris Martin ist der Star. Zu jeder Sekunde befindet er sich im Mittelpunkt, sind die Lichter auf ihn gerichtet. Aus 100 Metern Entfernung (und ich hab keine Brille auf) sieht er sogar ein wenig nach Stuckrad-Barre aus, und die Rahmung meines Textes ist komplett. Chris Martin singt jaulend, zärtlich, laut, leise. Er kann´s. Chris Martin preist den fairen Welthandel an, und lässt den Irak-Krieg mal lieber außen vor. Ganz klar: In den USA machen Coldplay fette Kohle. Highlights sind die fünf großen Hits "Yellow", "Trouble", "In my place", "Clocks" und "The Scientist"...
"Nobody said it was easy,
It's such a shame for us to part.
Nobody said it was easy,
No-one ever said it would be this hard,
Oh take me back to the start",
heißt es in dem zuletzt genannten Song, der mein persönlicher Höhepunkt an einem gut verträglichen Abend ist.
Der mit einer Panne begann (die lange Schlange, Ihr wisst schon...) und mit einer Panne aufhörte. Offenbar ist die dritte Zugabe "Trouble" am Philipshallen-Veranstalterteam vorbei gegangen. Dieses hatte schon das Licht in der Halle angeschaltet; aber Chris und Co. spielten trotz dieser unromantischen Atmosphäre den Song zu Ende. Wenigstens ihre 80 Minuten machten sie voll. Schade, dass Coldplay ab sofort wohl nicht mehr auf einer Crossing-all-over-CD erscheinen werden. Sie sind in den großen weiten Pop-Olymp aufgenommen. Wenigstens haben sie sich einen ganz leisen alternativen Touch bewahrt. Hoffentlich behalten sie auch ihre Fähigkeit, "schließt-die-Augen-und-träumt"-Songs zu schreiben.

DER ABEND:

Konzertbeginn: 20 Uhr, Einlass 18.30 Uhr. Stand zumindest auf der Karte. Klein-Andi tapste gegen 19.40 Uhr in Richtung Philipshalle, und dachte, damit noch gut in der Zeit zu liegen. Doch weit gefehlt. Gaaanz weit gefehlt. Eine so lange Schlange hab ich noch nie bei einem Konzert erlebt, und ich war schließlich schon bei Massenerlebnissen... wenn ich diese Szenerei aufzeichnen würde, wäre ich ein Kandidat für die Rubrik "die wirrsten Grafiken der Welt" in der taz, so kompliziert war das. Jedenfalls dauerte das Warten eine halbe Stunde, und erst gegen 20.10 Uhr betrat ich das Innere der Philipshalle. Die Vorband "Feeder" war gerade auf die Bühne gegangen, um ihren 30-minütigen Auftritt runterzurattern. Feeder? Die waren gut. Die waren wirklich gut. Kompliment. Eine der besten Vorbands, die ich gehört habe. Tolltolltoll. Trotz der freien Platzwahl und der daher theoretisch vorhandenen Sitzmöglichkeit entschied ich mich fürs Stehen! Nach "Feeder" ging es mit einer schon wieder eher ungewöhnlich langen Wartezeit weiter ("nobody said it was easy" eben). Denn erst nach weiteren 45 Minuten, nämlich gegen 21.25 Uhr betraten "Coldplay" die Bühne. Sie blieben nicht wirklich lange, nämlich inklusive zweier Zugabenrunden "nur" 80 Minuten (bis 22.45 Uhr). Der grobe Rahmen war also eher leicht negativ; wobei ich zuletzt von den Ärzten und den Hosen in Sachen Konzertlänge vermutlich zu sehr verwöhnt wurde... jedenfalls in der Kurz-Zusammenfassung: erst laaaange warten, dann spielte die Vorband schon, dann wieder laaaange warten, dann spielte "Coldplay", und blieb relativ kurz. Das hatte allerdings den Vorteil, dass ich danach noch in den "T-Club" in der Turbinenhalle konnte. Ich hab sogar noch die vorletzte Bahn Richtung Oberhausen bekommen.
Ort: Philipshalle Düsseldorf, direkt neben dem S-Bahnhof "Düsseldorf-Oberbilk". Irgendwie gehe ich nur in diese Gemäuer, wenn Bands "von der Insel" dort spielen. Zuerst The Corrs aus Irland im Oktober 2000, dann Travis aus Schottland im November 2001 und nun Coldplay aus England im April 2003. So voll wie diesmal habe ich die Philipshalle noch nicht erlebt oder besser: noch nicht empfunden. Womöglich lag das daran, dass ich erst so spät in der Halle war. Die Zuschauerzahl ist schwer zu schätzen, so zwischen 3000 und 4000 würd ich sagen. Ist eine kleine schnuckelige Halle. Hoffentlich ist Anfang 2005 die neue Mülheimer Ruhr-Sporthalle mit der Philipshalle zu vergleichen. Wär doch klasse, wenn Bands vom Coldplay-Format auch mal direkt vor der Haustür spielen würden.
Eintrittskarte?: Och, die hatte ich schon ne ganze Weile. Die 30,piependeckel Euro habe ich irgendwann im Januar oder so auf die Theke des Ticketservice geschmissen.
Die Mitreisenden: Ich war gaaaaanz allein unterwegs - und doch wusste ich, dass mein ehemaliger Fußball-Mannschaftskollege Réne auch da war; samt Freundin. Beim ellenlangen Anstehen hat er mich auch gesehen und wir haben kurz gequatscht (kein Wunder, denn in der Schlange war es sehr gut möglich, nahezu alle Konzertbesucher persönlich kennenzulernen). Das die Vorband schon spielte, und es daher recht dunkel war, als wir die Halle dann endlich betreten, verloren wir uns aus den Augen. Also Réne, falls Du das mal liest: Ich habe den rechten Eingang genommen und dann halbrechts in der Mitte gestanden!

DIE PLAYLIST:
... bei "Coldplay" bin ich bei weitem nicht so textsicher wie bei anderen Bands (z.B. "Ärzte" oder "Hosen"). Da ich zusätzlich auch auf einen Block verzichtet habe, fällt es mir diesmal besonders schwer, mich an die Playlist zu erinnern. Zumindest eins stimmt: die Zugaben sind exakt in dieser Reihenfolge (und Menge) gespielt worden! Die zuvor aufgeführten Songs haben die Jungs auf jeden Fall gespielt.
- A rush of blood to the head
- God put a smile on your face
- The Scientist
- Yellow
- Daylight
und noch ein paar weitere Sachen - meine Favoriten sind jedenfalls alle gelaufen (zum Beispiel alle drei Zugaben!
... dazu noch ein paar weitere... zur Ehrenrettung sei noch gesagt, dass es "Coldplay" erst seit dem Jahr 2000 gibt (soweit ich weiß) und sich das Material noch in einem überschaubaren Rahmen hält..
ZUGABEN:
1. Runde
- Clocks
- In my place
2. Runde
- Trouble
Das war´s!

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Herbert Grönemeyer - 10. Mai 2003 - Ruhrstadion Bochum

Gischt schlägt ins Gesicht

- Der Bericht
- Der Abend
- Die Playlist

DER BERICHT:

Es ist so wunderschön, am Meer entlang zu spazieren, wenn der Wind einem so die Haare durchs Gesicht weht, dass sie die Augen verdecken, dass sie sich im Mund verfangen, und einfach scheiße schmecken. Es ist so wunderschön, direkt am Wasser die Sandkörner durch die Hand flutschen zu lassen, und die Gischt im Gesicht zu spüren. Der Wasser sprüht wie per Pistole gespritzt. Und es prickeltprickeltprickelt... Es ist so wunderschön, das Bochumer Ruhrstadion zu betreten. Könnte es immer wieder sagen - und tu´s auch. Wandere in die Dämmerung, beobachte die Sonne, folge dem Lauf. Der Himmel ist blau, es riecht nach großen Gefühlen. Wenn ich mir diesen verdammten Geruch doch mal merken könnte.
Die fleisch gewordene Synthese deutscher Popmusik tritt live auf. Heißt Herbert mit Vornamen, Grönemeyer mit Nachnamen. Ein Mann, Mitte 40, der in den letzten Jahren einiges mitgemacht hat. Er musste seinen Bruder und seine Frau zu Grabe tragen, das alles noch innerhalb von zwei Wochen; und ganz Deutschland kondolierte. Herbert kam wieder, und alle rannten in die Plattenläden, um "Mensch" zu erwerben. Eine CD, die sich daraufhin monatelang an der Spitze hielt; eine "Maxi", die Dieter Bohlen und seine Superstars, aber auch Robbie Williams distanzierte. Eine "Hymne für die Berliner Republik" habe Grönemeyer komponiert, mutmaßte der SPIEGEL angesichts der unfassbaren Verkaufszahlen ("Der Mensch heißt Mensch / weil er vergisst / weil er verdrängt / weil er lacht, weil er lebt / und du fehlst"), einer der persönlich ist, ohne zu nerven; einer, der politisch denkt, ohne es sich mit einer Richtung zu verscherzen; einer, der Musik für alle macht, und das gar nicht einmal schlecht. Mainstream ist eigentlich immer Mist, denke ich mir an eben diesem 10.Mai, als ich mein Paul-Freier-Trikot samt VfL-Schal anziehe, um zum Bochumer Ruhrstadion zu fahren. VfL-Spiel? Mainstream? Nee, Herbert Grönemeyer kommt. "Das ist Pflicht für jeden VfL-Fan", bellte ich zu allen, die bisher das Wort "Grönemeyer" in meinem Wortschatz vermissten, und als ich den Dunstkreis des schönsten Stadions der Welt betrete, merke ich, dass ich nicht der einzige VfL-er bin. Nun gut, keine Invasion in blau-weiß, aber hier ist doch der VfL zu Hause. Mainstream, jawollja, dieser Gedanke spukt in meinem Kopf herum, und ich habe mir fest vorgenommen, das Konzert gut und doch gleichzeitig scheiße zu finden. Einer, der alle auf sich vereint? Da ist doch was faul! Ein Blick in die Menge bestätigt mein erstes Gefühl... DEN typischen Grönemeyer-Fan gibt es nicht, schon gar nicht im Innenraum. Da steht ein 16-Jähriger, der im Anschluss ans Konzert in der Turbinenhalle Oberhausen vermutlich auf übelsten Techno abfährt, zwei Reihen davor stehen Oma und Opa Müller, die den Platz im Seniorenheim bestimmt schon gebucht haben. Und auf der Tribüne hocken 40-Jährige Neururer-Popelbremsen, mutmaßlich Stammgäste im Ballermann (um auch dieses Klischee mal auszufahren, wo ich schon mal dabei bin). Jung, alt, arm, reich, Studis wie ich - that´s it. Grönemeyer hat´s gepackt.
Mein Stadion... dort, wo ich mich sonst über Tore des VfL freue, zieht sich Herbert gerade um. Ich atme die Luft des 16-Meter-Raums und genieße es, einmal auf dem Platz zu stehen. Ist mir noch nie aufgefallen, dass über unserer Ostkurve Baumwipfel zu erkennen sind. Massen an Karstadt-Werbung prangt allüberall, hab meine Karte sicher in der Hosentasche versteckt. Mal wieder eine ebay-Karte, weil mein guter Freund Björn (DU GELDGIERIGER GEIZKRAGEN!!!) nicht bereit war, mir eine von seinen Karten für denselben Preis zu verscherbeln. Stattdessen hat er sie alle für ein Vielfaches bei ebay selbst vehökert. Ich bin jedenfalls recht billig weggkommen und freue mich darüber. Björn ist auf Schalke im Juni dabei - schade Junge, Pech gehabt! Bochum ist das wahre Heimspiel!
Jaaaa, Bochum ist das wahre Heimspiel. 20.35 Uhr, kurze Aufreger über die Leute, die einmal pro Jahr bei ner Großveranstaltung sind und denken, sie hätten damit die Welt revolutioniert, doch die La-Ola-Welle schon weit vor dem eigentlichen Anpfiff und ständige "Hörbie"-Rufe entschädigen... dann Licht aus, Spot an, Hälse recken, och menno, warum setzen alle Jungs ihre Perlen auf ihre Schultern; egal, würd ich auch tun... wozu gibts die großen Leinwände, aber ... aber ... aber ... ich kann ihn seehn, ich kann ihn seehn... Open-Air hat Nachteile, aber auch Vorteile. Siehe oben. Himmel blau, Ruhrstadion, Dämmerung, Sonne versinkt über dem Ruhrgebiet, watt schöneret gibbet nicht. "Guten Abend zu Hause!!!!", brüllt Grönemeyer, und damit hat er die Menge schon automatisch auf seiner Seite. Herbert guckt, Herbert springt von links nach rechts, Auf und Ab, grinst in die Kamera, sprintet den "Steg" nach vorn und nach hinten, winkt unaufhörlich. Manchmal nervt es, dass er spricht, als hätte er ein Dauer-Schluckauf. Manchmal nerven seine kindischen Einlagen. Doch ohne die wäre er nicht Herbert, wäre er nicht so beliebt. Ein Streichorchester begleitet den Großteil der Songs, und die Lightshow, die in Verbindung mit der Dämmerung phantastisch wirkt, nötigt mir einen ersten Gefühlsausbruch ab, den ich so nicht erwartet hätte. Der Auftakt? Müde für mich... denn zunächst gibts die unbekannteren Songs von der neuesten CD "Mensch", die ich nicht wirklich mitsingen kann. Dann verlassen alle Musiker die Bühne, es wird dunkel, alle Spots auf ihn... nur Klavier... "Der Weg"... für seine verstorbene Frau. Als müsste er sich bald die Tränen wegwischen, hockt er am Klavier, entzaubert dem Instrument sanfte Töne. Sehr bewegend. Möchte am liebsten mitschluchzen, wenn er "Ich kann nicht mehr sehn / trau nicht mehr meinen Augen / kann kaum noch glauben / Gefühle haben sich gedreht / Ich bin viel zu träge um aufzugeben / Es wäre auch zu früh / weil immer was geht" ins Mikro haucht. Irre. Bewegend. Riesen-Applaus. Direkt danach "Mensch". Hui, was für ein Übergang.
Ein unglaublicher Übergang. Als ob er seine tiefe Trauer überspielen müsste, gehts rund auf der Bühne und davor. "Hörbie"-Sprechchöre. "Ohh wie ist das schön". "Wenn ihr wüsstet, wie überwältigend das von hier aussieht", sagt er zwischendurch, als er wieder einmal kopfschüttelnd in die Menge blickt. Heimspiel.
Heimspiel in Bochum. "Glück auf, glück auf" - Ruhe "DEEEER STEEIIGEEEER KOMMT" brüllt die Menge im Alleingang - "und er hat sein helles Licht bei der Nacht, und er hat sein helles Licht bei der Nacht schon angezüüüüüündet schon angezünnnddt"... "TIEF IM WESTEN, WO DIE SONNE VERSTAUBT...." ... hebt die Schals in die Höhe, Gegröle, ob von 16-, 30-, 45- oder 65-Jährigen. Kein Halten mehr. Ich erwische mich, wie mir die Soße so langsam in die Augen zu rinnen droht, als es fast vorbei ist. Nur eins: "MACHST MIT NEM DOPPELPASS JEEEEEEEEEEEEEEEEEDEN GEGNER NASS, DU UND DEIN V-F-L!" Unfassbar. Und direkt danach "Männer", "Alkohol" und "Was soll das?"
Puh. Kein Halten mehr. Was soll ich daran noch scheiße finden? Die Maschinerie funktioniert auch bei mir. Einfach nur geil. Zum Schluss schickt uns "Hörbie" zum Meer, und verschwindet nach 80 Minuten gen Block P, zu Andis Stehplatz. Das soll´s gewesen sein? Nein. Klatsch-Orgien, die üblichen, Zugaben, die üblichen? Es beginnt mit "Currywurst". Ob der das überall spielt? "Kommse vonne Schicht wat schöneret gibbet nich als wie Currywurst..." Der Rest läuft vorbei, als hätte jemand auf "Vorspulen" gedrückt. Überlege mir, welche Songs fehlen, aber die Kracher kommen alle hintereinander. Selbst meine heimlichen Lieblingssongs; "Bleibt alles anders". "Es gibt viel zu verliern / Du kannst nur gewinnen / genug ist zu wenig / oder es wird wie es war / Stillstand ist der Tod / geh voran bleibt alles anders / der erste Stein fällt aus der Mauer / der Durchbruch ist da". Und das phantastische "Land unter". "Der Wind steht schief / die Luft aus Eis / die Möwen kreischen nur / Elemente duellieren sich / Du hälst mich auf Kurs / hab keine Angst vorm Untergeh'n / Gischt schlägt ins Gesicht / kämpf mich durch zum Horizont / denn dort treff ich Dich". Die neuste Single "Demo". SMS. "Sie" findet das Lied klasse. "Ich bin dein siebter Sinn, dein doppelter Boden, dein zweites Gesicht. Du bist eine kluge Prognose, das Prinzip Hoffnung, ein Leuchtstreifen aus der Nacht. Irgendwann - find und lieb ich Dich."
Heavy emotions.
Und doch gibt es nur noch eins, das fehlt. "Ohne Bochum gehn wir nicht nach Haus - ohne Bochum gehn wir nicht nach Haus", intonieren Zehntausende, und Herbert erhört es. "DER STEEIGEEEER KOMMT....." Saxophon-Solo, auch nach zweieinhalb Stunden noch alle in Top-Form... die letzten Strophen "... DU BIST DAS HIMMELBETT FÜR TAUBEN..." ein erstes Knallen am Himmel... rote Feuerwerkskörper... "UND STÄNDIG AUF KOKS" ... Himmel in gelb... "HAST IM SCHREBERGARTEN DEINE LAUBE!" und es werde grün "MACHST MIT NEM DOPPELPASS JEEDEN GEGNER NASS. DU UND DEIN VFL!!!" alles ist blau... die absolute Krönung. Kaum zu toppen.
Völlig verstrahlt gehts auf den Heimweg.
Danke Herbert! Du hast vielen Menschen und nicht zuletzt mir einen grandiosen Abend beschert, obwohl ich mir so sehr gewünscht hätte, ein fettiges Haar in der Mainstream-Suppe finden zu können. Ich bilde mir ein, dieser Abend wird der herausragende unter den 28 Open-Air-Auftritten gewesen sein; denn hier bist Du zu Hause. Stelle mir vor, wie Du die Straßen entlang spazierst, in denen Du Deine Jugend verbracht hast, wie ich Dir über den Weg laufe, mit Dir plaudere; über dies und das, über das Leben, das Schicksal, die Musik, den VfL. Über das Meer.
"Gischt schlägt ins Gesicht", heißt es in einer Zeile. Und ich liebe das Gefühl, genau daran zu denken.
Nur "Halt mich" hättste Dir sparen können. Das ist ein Pärchen-Lied. Und ich hab nicht meine Augen geschlossen, um besonders romantisiert zu wirken, sondern um all die knutschenden Menschen zu übersehen.
Ein Schönheitsfleck?
"Gischt schlägt ins Gesicht"!
Nööö!

DER ABEND:
Konzertbeginn: 20.35 Uhr, EINLASS (laut Eintrittskarte 17 UHR. Ich fuhr allerdings erst um 18.46 Uhr mit dem Regionalexpress in Mülheim los (naja, eigentlich erst um 19 Uhr - die Verspätung...) und betrat gegen 19.40 Uhr den Innenraum des Ruhrstadions (mal eine völlig andere Sicht). Irgendwie ärgerte ich mich, dass ich so früh da war und noch ne Stunde rumstehen musste (man wird alt, irgendwie). Aber die La Ola-Welle und erste Hörbie-Rufe lenkten ganz gut ab. Die erste Runde dauerte gar nicht mal so lang, nämlich "nur" bis 21.56 Uhr (macht insgesamt 1:26 Stunden, also 86 Minuten). Dafür gab es drei Zugabenrunde inklusive der stürmisch geforderten zweiten Auflage von "Bochum". Herbert verließ inmitten eines spektakulären Feuerwerks um 23.08 Uhr das Ruhrstadion (Zugaben insgesamt 1:07 Stunden!) - kam also doch noch auf 2:33 Stunden. Die britischen Bands (siehe "Coldplay"), die grundsätzlich nach 90 Minuten wieder gehen, können sich ne große Scheibe bei den deutschen (wie "Ärzte" oder "Hosen") abschneiden, die nahezu zweieinhalb Stunden für Furore sorgten. Zurück in Mülheim war ich dann gegen 0.10 Uhr.
Ort: Ruhrstadion Bochum. Wer meine Homepage einigermaßen ausführlich durchgeklickt hat, der wird wissen, was für einen enormen Stellenwert dieser Ort für mich hat. Er ist... mein Wohnzimmer... mein zweites zu Hause... ach ich könnte Hunderte von Huldigungen an dieser Stelle verfassen. Lest Euch einfach ALLE Texte von Heimspielen in meinem VfL-Tagebuch durch und Ihr wisst, was ich meine... Tief im Westen verstaubte die Sonne auch diesmal, bei herrlichem Open-Air-Konzert-Wetter... im Ruhrstadion darf übrigens nur ein Musiker auftreten: Herbert. Ansonsten ist dieses Stadion Fußballspielen vorbehalten, zumal es verdammt schwierig sein soll (aufgrund der Enge), eine vernünftige Bühne aufzubauen. Ist den Jungs aber trotzdem gelungen. Beschallung war auch astrein. Da waren Profis am Werk! Krönung natürlich das Feuerwerk, das von der Starlight-Halle oder so hochging!
Eintrittskarte?: Hatte ich nicht. Ich könnte Euch die Geschichte erzählen, wie ich dran (oder besser NICHT dran) gekommen bin. Denn die 20.000 oder 25.000 (keine Ahnung, wie viele da waren; die Sitzplatztribünen und der Innenraum waren total voll, die Ostkurve komplett leer, aufgrund der Bühne und des Backstage-Bereichs) Karten wurden exklusiv bei den Karstadt-Läden in Essen, Bochum und Mülheim verkauft. Innerhalb von drei Stunden waren alle weg. Mein Super-Kumpel Björn erstand insgesamt 12 (á 28,50 Euro!!!), verscherbelte sie aber bei ebay für das Doppelte (nicht schlecht, der Stundenlohn). Dafür stellte er sich extra schon morgens um 7 Uhr bei Karstadt in die Schlange! Jedenfalls war der geldgierige Geizkragen nicht bereit, mir eine Karte für den "Normalpreis" zu verkaufen. So musste auch ich über die ebay-Schiene gehen - aber ich blieb sehr deutlich unter 50, ja sogar unter 45, ja sogar unter 42 Euro... nochmal Glück gehabt!
Die Mitreisenden: Auch diesmal keine. So langsam wirds Zeit, dass ich mal ZUSAMMEN mit ein paar anderen Leuten zu Konzerten gehe. Das heutige hätte auf jeden Fall vielen meiner Freunde auch ne ganze Menge Spaß gemacht. Ganz sicher! Jedenfalls waren zwei WAZ-Fotografen im Stadion... einer davon verschwand nach der zweiten Zugabenrunde! Ich werds ihm noch in zwei Jahren vorhalten! Wie blöd muss man eigentlich sein?

DIE PLAYLIST:
... ist an dieser Stelle ohne Gewähr und dazu absolut unvollständig; ich finde, dass 26 Songs nur aus der Erinnerung eine erstaunlich gute Quote sind, oder? Die Reihenfolge übrigens stimmt auch beim besten Willen nicht (ich habe mich aber darum bemüht, dass sie einigermaßen authentisch ist). Immerhin ist sie bei den drei Zugabenrunden völlig korrekt!

1) "Blick zurück" (vom Album "Mensch" / 2002)
2) "Neuland" (vom Album "Mensch" / 2002)
3) "Ich dreh mich um dich" (vom Album "Bleibt alles anders" / 1998)
4) "Der Weg" (vom Album "Mensch" / 2002)
5) "Viertel vor" (vom Album "Mensch" / 2002)
6) "Mensch" (vom Album "Mensch" / 2002)
7) "Lache, wenn es nicht zum Weinen reicht" (vom Album "Mensch" / 2002)
8) "Bochum" (vom Album "Bochum" / 1985)
9) "Männer" (vom Album "Bochum" / 1985)
10) "Alkohol" (vom Album "Bochum" / 1985)
11) "Was soll das?" (vom Album "Ö" / 1988)
12) "Halt mich" (vom Album "Ö" / 1988)
13) "Fanatisch" (vom Album "Bleibt alles anders" / 1998)
14) "Bleibt alles anders" (vom Album "Bleibt alles anders" / 1998)
15) "Zum Meer" (vom Album "Mensch" / 2002)

1. ZUGABENRUNDE:
16) "Currywurst" (vom Album "Total Egal" / 1983)
17) "Luxus" (vom Album "Luxus" / 1990)
18) "Flugzeuge im Bauch" (vom Album "Bochum" / 1985)
19) "Vollmond" (vom Album "Ö" / 1988)
2. ZUGABENRUNDE:
20) "Dort und hier" (vom Album "Mensch" / 2002)
21) "Selbstmitleid" (vom Album "Bleibt alles anders" / 1998)
22) "Mambo" (vom Album "Bochum" / 1985)
3. ZUGABENRUNDE:
23) "Land unter" (vom Album "Chaos" / 1993)
24) "Demo" (vom Album "Mensch" / 2002)
25) "Mensch" - zum zweiten Mal - (s.o.)
26) "Bochum" - zum zweiten Mal - (s.o.)

Zusammenfassung:
"Total egal" (1983) = 1
"Bochum" (1985) = 5
"Ö" (1988) = 3
"Luxus" (1990) = 1
"Chaos" (1993) = 1
"Bleibt alles anders" (1998) = 4
"Mensch" (2002) = 9

Was NICHT kam - ich aber gern gehört hätte:
die Scheiben "Gemischte Gefühle" (1983) und "Sprünge" (1987) ignorierte "Hörbie" komplett... Leider!
1) "Deine Liebe klebt" (von "Luxus" / 1990)
2) "Chaos" (von "Chaos" / 1993)
3) "Kinder an die Macht" (von "Sprünge" / 1987)
4) "Angst" (von "Sprünge" / 1987)
5) "Komet" (von "Ö" / 1988)
6) "Musik nur wenn sie laut ist" (von "Gemischte Gefühle" / 1984)
7) "Total egal" (von "Total egal" / 1983)

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Diese Seite wurde zuletzt geändert am 13.3.2009
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