VFL-TAGEBUCH: SAISON 2003 / 2004 - Teil 2
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DAS TAGEBUCH, SAISON 2003 / 2004:

VfL Bochum - 1. FC Kaiserslautern 4:0 (4.10.2003)

Ich schwör: Eine zweite Halbzeit zum Verlieben - aber zu viel Höhenluft ist auch nicht gut!

Gebt mir Abstiegskampf!

Also Stephan hat das so formuliert: "Also weisse, wenn dat 1:0 steht nä, wir kennen ja unsere", und winkt ab dabei, "dann hält da ma einer den Fuß hin, und zack hasse Kakao im Gesicht. Aber ich muss sagen: Heute, dat war, dat war so richtig schön zum Angucken, der Ball lief flott. Nee, hat Spaß gemacht!" Nennt mir einen besseren Straßenbahnfahrer in Mülheim! Einen besseren als Stephan. Gibtet nich!
Eigentlich ist alles schief gelaufen heute. Komm grad von einer eher öden Karaoke-Party (ich steh da nicht so drauf). Und wie der Tag erst angefangen hat: Bin zu spät aus dem Bett gekommen, hab die Straßenbahn Richtung Oberhausen verpasst (musste dort etwas abholen), bin dann doch hin und wieder zurück gefahren, hab aber meinen angestammten Regionalexpress um 13.46 Uhr nicht mehr gekriegt. Will dann mit dem 133er-Bus Richtung Hauptbahnhof fahren, der kommt nicht, und in den zehn Minuten, in denen ich zum Bahnhof sprinte, regnet es in Strömen. Kaum unterm Dach der ersten Gleises angekommen, hört es auf. "Boooh is dat n Scheiß-Wetter, Alter ich schwör", meint jemand, und mir ist trotz des grammatikalischen Ohrenschmauses nicht nach Lachen zumute. Ich glaub Petrus will mich verscheißern. Und dann kommt auch noch mein Angstgegner Lautern nach Bochum, nur gegen Bayern hab ich eine miesere Bilanz. "Wir können gleich zu Hause bleiben", kapituliere ich zu Thommy, der extra früher aus Belgien zurückgekehrt ist, nur um sich so ein matschiges Rumgewurschtel anzuschauen. Gerd teilt per sms mit, dass es ihm "pein5ich ist, aber ich bin schon wieder nicht da" (die 5 steht tatsächlich an der Stelle) - und das passt doch ins Bild. Etwas angesickt drohe ich ihm eine Verwarnung per Homepage an (und die GELBE KARTE sei Dir hiermit gezeigt, bei ner Roten wird ein Essen im Three-Sixty im Bermuda-Dreieck fällig!).
Lasst mich zu Gedanke Nummer drei springen: "October" von U2 säuselt in meinem Ohr, als ich - vom Regen noch ganz nass - im Regionalexpress meinen Rock-am-Ring-Kapuzenpulli auszuwringen versuche. "October - and the trees are stripped bare", summt U2-Sänger Bono. Thommy leert grad ein Döschen Köpi und versucht mir weiszumachen, dass der VfL meinen miesen Vormittag doch wiedergutmache. Da wir schon ein bisschen zu spät dran sind, betreten die Kurve, als sich Rein van Duijnhoven schon längst aufwärmt. 14.59 Uhr, noch 31 Minuten bis zum Anpfiff, und kaum eine Sau ist da und will sich den ganzen Kram reinziehen. Da kann der Peter Neururer noch so sehr schimpfen und trommeln und fordern: Mehr als 20.000 kriegste im Moment gegen normal-gute Mittelklasse-Gegner einfach nicht ins Ruhrstadion. Bochumer Fans brauchen einfach diesen Nervenkitzel, diese Existenzangst. "Gebt uns Abstiegskampf!", fordern der mittlerweile eingetrudelte Sam, Thommy und ich. Immer nur auf 8, 9 oder 10 stehen - wer will denn diese emotionslose Scheiße? Hmm..., wenn Bochum wieder unten steht, denke ich bestimmt anders, aber jetzt? Scheiß drauf. Hier ist doch so lange schon kein echtes Feuer mehr gewesen.
Sam hat bald Geburtstag. Er lässt sich ein holländisch-oranges Nationaltrikot mit der Aufschrift "Vriesde" schenken. Das ist doch mal eine Idee. An der Aufstellung gibts nichts zu meckern, Momo spielt für den Wikinger Thoddi - das heißt wieder 4-3-3 statt 4-4-2 - und in der Kurve passiert nix Neues. Die "Ultras" kommen mit dem üblichen Megaphon, dem üblichen Megaphon-Man, und ihren üblichen Sprüchen ("Bochum ist die geilste Stadt der Welt!", "Alles außer Bochum ist Scheiße", "BVB-Hurensöhne", "Wiese Du Fotze" - wahlweise für alle Torhüter - "Arschloch-Wichser-Hurensohn" - beim Torwartabschlag). Der Stadionsprecher ist immer noch der gleiche Stuten wie immer (wann lässt der endlich bei der Aufstellung das "VAN" bei "Rein van Duijnhoven" weg? Wir Fans beanspruchen das "VAN" für uns! Wir wollen nicht immer nur "Duijnhoven" rufen!). Alles nix Besonderes.
Nix Besonderes? Haaaaa, jaaaaa, es regnet wieder ein bisschen, ein Hauch von Union-Berlin-, von Alemannia-Aachen-Stimmung - und, jepp, es entwickelt sich ein munteres Spielchen. Nicht so ein wie-vertrimme-ich-am-langweiligsten-das-Spielgerät-Gebolze wie gegen Hertha und in Mönchengladbach. 22 heiße Spieler laufen auf. 22 mit Spaß am Job und mit Spaß am Grätschen. "Endlich mal ein bisschen Power", schaukeln wir uns auch ein bisschen hoch und entfachen das Feuer mit. Und es nicht einmal gelogen und fehl am Platz. Eine halbe Stunde ist alles ganz ausgeglichen, die beste Chance hat Klose für Lautern in der 25. Minute. Eine "Puuuuuuuuh"-Durchatmen-Chance, eine Chance, bei der sich alle Fans einmal um die eigene Achse drehen, das Gesicht hinter den Händen verstecken und einmal feste reinpusten. Noch mal gut gegangen. Gegangen ist ein gutes Wort. Fünf Minuten später bringt Hristov das Stadion ganz zum Beben, als er Wosz wegmäht und dafür mit Gelb-Rot vom Platz muss. Beim Verlassen desselben schießt er dem Wosz den Ball in den Rücken. Dann Neururer-Sprint auf den Platz, Gerets auch, alle drumrum, und "FCK-Hurensöhne"-Gebrüll von allen Tribünen (aber nicht von mir). Naja, ein gutes Bild geben die hier nicht ab. Treten, meckern und sehen das dann auch nicht ein... tsetsetse. "Ich kenn ja unsere", denkt Stephan auf der Sitzplatztribüne. "Die kriegen dann bestimmt einen rein!" Aber nicht mehr in Halbzeit eins. 0:0. Ein nettes Fußball-Spielchen, mit hohem Brüll- und Prollfaktor - so wie ich´s gerne mag. Mit elf gegen zehn, das müsste zu schaffen sein.
Die zweite Halbzeit beginnt, und unser Lieblingstalent Anton Vriesde (eingewechselt für Kalla) ist noch nicht mal negativ aufgefallen. "Eigentlich ist der Platzverweis korrekt", frohlockt Thommy über einen geglückten Scherz: "Die haben einen Mann weniger - und wir Vriesde!" Aber fortan wird der Lieblingsspieler von Sam nicht mehr gebraucht. Hätte ich ein Kartenspiel dabei gehabt, dann hätte ich mit van Duijnhoven und Anton aus Tirol ne Runde Skat gekloppt. Es passiert etwas, was Thomas Wark als "Fußballfest" bezeichnen würde, und wozu Günter Netzer das Wort "Demontage" gewählt hätte. Keine drei Minuten in der zweiten Halbzeit sind gespielt: Freistoß Wosz in den 16er, Gewurschtel, Hashemian trocken rechts ins Eck, 1:0! HUB-HUB-HUBSCHRAUBER-EINSATZ!!! Lautern gibt sich auf, einfach nur auf - da kann Stephan (siehe oben), noch so bangen. Oliseh ganz überragend im Mittelfeld. Stopft jedes Loch, stark im Zweikampf, fast jeder Pass kommt an, selbst die langen; er tanzt kurz vor Schluss demütigend mit dem Ball als Partner. Madsen und Hashemian rochieren ständig, rackern unheimlich. Wosz nun wie aufgedreht und kaum wiederzuerkennen. Colding und Bönig wechseln die Seiten im Sekundentakt, um das Spiel zu verlagern und Lautern zu verwirren. Himmlisch.
Nächste Chance für Momo Diabang, 52., Wiese hält. Lautern ist gar nicht mehr auf dem Platz, eine tote Mannschaft, taumeln und joggen nur noch, keine Sprints mehr. "Yes Baby! Wenn ich nicht da bin, ist sogar Lautern schlagbar. Feiert schön!", trägt Gerd zu unserem Freudentaumel bei. Ach ja, Lautern, mein Angstgegner. "Lasst Sie laufen, die Arschgeigen!", brüllt einer vom Fanklub, der auch in unserer Reihe steht. Ja, und das lassen sie: Riesenpass von Wosz auf Madsen, 60., der steht freeeeeeeeiiiii, Kopfballllllll, in die Ecke! "Deeeeeeeeer neue Spielstaaaaand: VfL Bochum????" "ZWEI !!!!!!" "Kaiserslautern?" "NULL!!!!!" "Danke!" "BITTE!" Herrlich. Die Vorentscheidung. "Wir singen Lautern-Lautern-zweiiiite Liiiigaaa!" Schwach. Nur noch ein Torschuss in der gesamten zweiten Halbzeit. Bin gespannt, wie die das schönreden wollen. Wahrscheinlich kommen die mit der Platzverweis-Nummer. Dabei war der sonnenklar und wir hätten auch mit elf gegen elf die zweite Halbzeit so bestimmt. Jede Wette! Wir demütigen Lautern. Hashemian verwertet einen Klassepass von Buckley auf 3:0 in der 76., und als Madsen mit dem Schlusspfiff nach einem Zdebel-Pass auf 4:0 erhöht, da gucken wir uns alle nur ungläubig an. Gebt uns Abstiegskampf, so viel Höhenluft tut dem Ruhrstadion gar nicht gut. Dann schon lieber solche Brachial-Sprechchöre wie in der U-Bahn zurück: "Auf der Alm da steht ne Kuh---halleluja---die macht ihr Arschloch auf und zu---halleluuuja---und die Scheiße fällt und fällt---halleluja---auf Arminia Bielefeld---hallelujaaa!". Gegen die haben wir zwar gar nicht gespielt, aber das hat Thommy und mir grad noch gefehlt. Wir schlagen quietschvergnügt ein, rechnen die Tabelle aus, freuen uns wie kleine Jungs. Über das Spiel. Das Ergebnis. Die Huuuut-ab-Leistung der Mannschaft. Die "So-steigen-wir-niemals-ab"-Stimmung. Die Currywurst-Pommes-Majo" im City-Grill. Was habe ich gesagt? Das war ein verkorkster Tag? Wenn der VfL gewinnt, und dann auch noch so, das heißt mit einem brillanten Sieg, dann ist mir alles andere völlig schnuppe. Die nächsten beiden Spiele, auf Schalke und gegen Dortmund, sind am Sonntag. Muss eigentlich arbeiten. Aber egal. Sollen sie mich doch rausschmeißen.
Also Stephan hat das so formuliert: "Weisse, auffe Arbeit, da bin ich ja immer ganz groß mit der Klappe, von wegen Champion und so, auch nach drei Niederlagen", und er grinst. "Abba irgendwie gucken wir doch auch nur alle auf Platz 16!" So sind wir, wir Bochumer. Richtig nette und lustische Gesellen, mit einer unendlich nervenden großen Schnauze. Aber insgeheim gilt der Blick nur dem 16. Platz. Auch heute, trotz der Jubelorgie.
Aber das verraten wir natürlich keinem.

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FC Schalke 04 - VfL Bochum 0:2 (19.10.2003)

Wir sind Helden

Geschichte wiederholt sich!!! Der nächste Abend zum Ausrasten in der Arena!

Da steht´s!

Dreifach schön

Nach dem 1:0

Wenn ich in ein paar Jahren einmal auf diese Homepage klicke, oder nur in meinem Hirn die VfL-Schublade herausziehe, dann gibt es ein paar Erlebnisse, die sofort ins Auge springen. Bislang hab ich immer gedacht, der 2:1-Sieg des VfL im April sei dabei nicht zu toppen. Dachte. Bis heute, Sonntag, 19. Oktober 2003, um 19.17 Uhr. Huckepack trägt mich Thommy aus der Schalker Arena, wir brüllen, brüllen, brüllen. WIE GEIL WIE GEIL WIE GEIL !!! Unglaublich! Trägt mich vorbei an namenlosen, gesichtslosen Polizisten, deren Knüppel still halten. Die verziehen keine Miene. Wir schon. Selbst im Ausgang erschallt lautes "Oh wie ist das schöööööön"-Gegröle. Brüllen brüllen brüllen. 2:0 auf Schalke - sagen wir uns immer wieder, zum zweiten Mal in einem halben Jahr Gelsenkirchen gestürmt. Wir mit unserer Kirmestruppe sitzen am Schalthebel und fahren mit dem Rest der Liga Karussell. Ist das Wahnsinn?
Eine von den Newcomer-Bands in Deutschland heißt Virginia Jetzt! Das ist ein ziemlich affiger Name, aber die Debüt-CD hat´s ganz schön in sich. Ein nettes Liebeslied ist da drauf, trägt den Titel "Dreifach schön". Dreifach schön ist die absolut passende Überschrift für den heutigen Text. Gewinnen ist schön. Auf Schalke gewinnen ist dreifach schön. Passt, gell? Brüllen brüllen brüllen. Ergreifend der Schlusspfiff. Ergreifend schon beim Einlaufen. Habt Ihr "Whatever you want" im Ohr, den Klassiker von "Status Quo"? Im April, da hab ich das schon einmal ausführlich beschrieben, aber ich muss es noch einmal tun: Stellt Euch das Lied vor... schließt die Augen (naja, öffnet sie doch besser, sonst könnt Ihr nix lesen)... schließt in Gedanken die Augen: Hört Ihr die sanfte Gitarre im Hintergrund, die immer härter, immer lauter, immer melodiöser wird? Hört Ihr sie? Und jetzt malt Euch aus, wie 61.000 Leute auf grünen Rasen blicken und wie Eure elf Lieblings-Rumpelfußballer auf den Platz stolpern. "Thommy", stups ich meinen Bruder an, "das ist doch unglaublich, oder?" Ist es. Wirklich. Dreifach schön. Es ist so herrlich, so ein Super-Gefühl. Könnt jetzt noch stundenlang, seitenweise über meine Gefühle schwadronieren, über den Anblick des Videowürfels, der so fest in meinem Schädel sitzt, wie eintätowiert.
Und doch muss ich Euch erzählen, dass ich über das Spiel an sich den Mantel des Schweigens aus meinem Schrank hervorholen und darüber decken muss. Fragt nicht nach, fragt nicht.
Die erste Halbzeit?
 
 

Da passierte genauso viel wie in den letzten drei Zeilen.
Nichts. Noch nie habe ich Thommy so brüllen gehört. "MAN WIE SCHLECHT!!!!" "WAS IST DENN DA LOS BEI EUCH?" "KANN GAR NICHT WAHR SEIN!", fluchen wir in einer Tour. Unsere Jungs spielen scheinbar mit angezogener Handbremse, geben nur 75 Prozent. Kann doch nicht sein, ist doch die Schalke-Arena hier, da würd ich mir so die Lunge aus dem Leib rennen, dass nach fünf Minuten die Lungen qualmen. Und unsere traben nur mäßig interessiert auf und ab, pölen die Kugel unmotiviert nach vorn, nach links, auf die Tribüne, überall hin, nur nicht zum eigenen Mann. Kein Torschuss in 45 Minuten, zieht Euch das mal rein (hihi, und wir haben am Ende noch gewonnen - kaum zu fassen). Ich kann nicht mal bestreiten, dass die Schalker feldüberlegen sind und sogar zwei ziemlich dicke Chancen haben. Aber irgendwie ist auch den Polizisten in der Arena langweilig. Also kommen die in unsere Kurve gelaufen und lassen den Knüppel schwingen. Keine Ahnung warum. Präsenz zeigen? Hat da einer irgendwas gesagt? Wenn ja: Ist doch eigentlich egal: Als Auswärtsfan bist Du sowieso so eingepfercht, dass Du nicht rauskommst. Manmanman, was für ein unglücklicher Auftritt. Inmitten unserer Schimpftiraden unterhalten Thommy und ich uns über John Blankenstein, einen homosexuellen Schiedsrichter, der Thommy im Rahmen einer Veranstaltung einige erschreckende Geschichten zum Thema "Tolerenz im Profi-Fußball" erzählte. Und über die aktuellen Zwischenergebnisse in den Amateurligen. VfB Speldorf gewinnt, Union Mülheim auch, Vatanspor Mülheim sowieso. "Mensch - die Arena", findet Thommy, "ganz schön viel Synthetik. Das hat doch mit Fußball nichts mehr zu tun." Stimmt. "Nicht mal die Toilette hab ich gefunden. Als ich dann dort war, hab ich ne geile Geschichte erlebt." Ein Besoffener (mal wieder) erzählte seine private Erlebnisstory am Kassenhäuschen. "Ich steh da, und der Typ fragt mich: Hast Du Alkohol getrunken? Sollte ich dem: Eine Flasche Whisky und eine Flasche Rum antworten? Ne, hab nur JA gesagt. Kommse ma mit, zum Pusten. Also bin ich mit, hab gepustet, und? 0,49 Promille!" Sprachs und taumelte davon, als hätte er 1,49 !
Und nochmal 45 Minuten überstehen. Mir fehlt noch das Derby-übliche Rumgeschimpfe. In der Straßenbahn vom Hauptbahnhof zur Arena galten die Anfeindungen ausschließlich Dortmund (dummes Beispiel: "Keiner ihn mag - den Stricher aus Prag - Koller, Koller - zwei Meeeter Scheiße!" Hilfe!) - Bochum scheint (bei dem Trainer...) einen guten Ruf zu haben. In Halbzeit eins gab es kaum Aufreger. Aber kaum ausgesprochen, gibts ein paar heikle Szenen. Hashemian fällt Asamoah mit ner Brutalo-Grätsche. Klar, der Vahid hat den Ball gespielt, aber das kann auch ROT geben. Gibts aber nicht. Puuuh. Es bleibt beim 0:0. Nächste Szene, Agali geht in den Strafraum, fällt.... Elfmeter? Nein, ein bisschen Rudelbildung und GELB für Agali, Schwalbe. "Hut ab der Schiri. War ne Schwalbe!", sms-t Premieregucker Helmut. Der arme Agali. Nachdem er dann auch noch eine 100-prozentige Chance auslässt, wird er mit einem dröhnenden Pfeifkonzert in die Kabine verabschiedet. Das ist hart.
Unsere probierens derweil mit der Bayern München´schen Effektivität. "Wenn hier ein Tor fällt, dann nach einer Standardsituation", klugscheiße ich zu Thommy in der 55. Minute. Und ein bisschen Ahnung von Fußball hab ich doch: Freistoß Oliseh, Fahrenhorst schmeißt sich in den Ball und seine Gegenspieler, und nudelt die Kugel irgendwie über die Linie. Erster Torschuss, erste Chance, erstes Tor, 65. Minute. Tocktocktock, ab mit dem Finger an die Stirn. Wir führen. Pfiffe werden lauter, und wir souveräner. Nochmal Freistoß, 79. Minute, Bemben weit weit weit, Diabang aus 17 Metern, Kopfball, der senkt sich wie in Zeeeeitluuupe - Boing Latte, Boing Rosts Hinterkopf, REEEEIN brüllen brüllen brüllen brüllen!!!! 2:0! Der Rest ist Jubel. "Wir singen SCHALKE SCHALKE - ZWEEIIIIIITE LIIIIGA!" Beschissen gespielt, und doch drei Punkte geholt. Es kann sportlich nur bergauf gehen, und doch sind wir schon Dritter. Der "Schalker", ein alter Freund (der Spitzname ist Programm), ruft an! "Für unsere Verhältnisse haben wir gar kein schlechtes Spiel gemacht!" hihi...

Aber wen interessiert an so einem Abend schon, wie das Spiel selbst gelaufen ist?
Mir ist das scheißegal. Mein zweiter Sieg auf Schalke in sechs Monaten. Ich kann es kaum fassen.
Es ist nicht nur schön.
Es ist dreifach schön.
 
Thomas Mader Warmlaufen Schalke-Fans vor dem Anpfiff Einlaufen
Und so begann der Tag... mit spöttelnden Arbeitskollegen wie Thomas Mader... ... aber da war der Arbeitstrott vergessen: Die Jungs laufen sich warm! "Blau und weiß wie lieb ich dich", ertönt´s aus dem Lautsprecher, und Realität und Fiktion (siehe Würfel) vermischen sich in der Synthetik-Halle! "Whatever you want" - wie in der letzten Saison wieder ein ergreifender Moment!
Megaphon-Man und Team Was machen die denn da? Gefährliiiich! So stand´s zuerst!
Einschwören aufs Spiel - die Mannschaft macht das oben, der Megafon-Man unten im Bild. Den Bullen war auch langweilig, also fingen die an zu knüppeln. Gefährliiiiiiich wurd´s nur selten; wenn, dann nach Oliseh-Freistößen wie hier! Würfel, zeig´s mir an!
Und so stand´s hinterher! Und tschüss! Es ist geschafft! Neururer mal unscharf!
Würfel, zeig´s mir nochmal an! Nur schwach zu erkennen: Zehn Minuten vor Schluss wandern Tausende von Schalke-Fans ab! ... wir bleiben natürlich und bejubeln Spieler... ... und Trainer!

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VfL Bochum - Borussia Dortmund 3:0 (26.10.2003)

Die Tafel zum ersten... Da war´s schon unglaublich!

Der Wahnsinn geht weiter - Und jetzt alle:

Da wurde es Realität! Da stand mir die Suppe in den Augen!

Die Nummer 1 im Pott sind wir !

Da hatte ich´s geschnallt! Da hatte ich´s geschnallt!

Blicke in die Augen von Dirk. Von Sam. Von Daniel. Von Mama. Von Gerd. Von Thommy.
Blicke aufs Feld, auf die Anzeigetafel, auf die imaginäre Bundesliga-Tabelle im Hinterkopf.
Umarmt mich Leute, packt mir auf den Schädel, durchwühlt meine Haare, hört meine Rufe, "yeeeeaaaaaah", "jaaaaaaaaaaaaaaaa" undsoweiter und mehr und mehr, umarmt mich einfach, drückt mich feste! Das ist der absolute Wahnsinn. Ich kann es nicht glauben. Kann es einfach nicht glauben. Will es nicht wahrhaben. 3:0 gegen Borussia Dortmund.
Zurückspulen.
Union 09 Mülheim hat vier Spiele in Folge nicht verloren. Und nun kommen die Amateure von Rot-Weiß Oberhausen zur Mülheimer Südstraße. Gestern noch hab ich den Trainer Bachmann angerufen, um ihm mitzuteilen, dass ich früher "abhauen muss, aus privaten Gründen" (nicht gelogen, oder?) und deshalb die Pressekonferenz schwänze. Nun ist es 16.41 Uhr. Die mit fünf Profis unfair verstärkten Oberhausener führen sensationell hoch mit 2:1, es ist beinahe peinlich, und zappelig sitze ich auf der Tribüne. Bis ich es nicht mehr aushalte. Die 84. Minute läuft, und ich verschwinde. Ich sprinte in Richtung Fahrrad, halte kurz inne, um den Fahrplan vor mir abzuspulen, springe beschwingt aufs Rad und trete in die Pedale. 16.41 Uhr. Ich fühle mich wie in einer Werbepause der fantastischen TV-Serie "24", in der 24 Stunden in Echtzeit ablaufen. Eine Uhr läuft mit, die Sekunden schlagen im Takt, mit einem unverwechselbaren Geräusch. Wie steht es bei Union? Ist doch scheißegal. Hauptsache, dieser Scheiß-Regionalexpress kommt pünktlich.
Zwei Minuten Verspätung. Ich hab ihn noch erwischt und kann sogar noch die Zusatz-Fahrradfahrkarte abstempeln. Der Zug ist voll. Telefonat mit dem Union-Stadionsprecher: Es ist beim 2:1 geblieben; puh, zum Glück nichts verpasst. Warum bleibt denn jetzt dieser verdammte Zug stehen, in der Nähe von Essen-Kray? "Nächster Halt - Essen Hauptbahnhof", "Nächster Halt - Wattenscheid", "Nächster Halt - Bochum Hauptbahnhof". Na endlich. Und der Takt schlägt monoton, 17.07 Uhr. SMS an Gerd: "Ich befinde mich im Anflug auf Bochum Hauptbahnhof! Macht schon mal Platz!" Die Sekunden verrinnen. Schaffe ich es pünktlich zum Anpfiff? Oha, wie lange bin ich nicht mehr zu Fuß vom Hauptbahnhof bis zum Stadion gelaufen? Wo muss ich langfahren? Was für ein Stress. Strampeln. Erinner Dich an Udo Bölts, der Jan Ullrich einst bei der Tour "Quäl Dich, Du Sau!" zubrüllte. Ich quäl mich und erblicke am Horizont die Fluchtlichtmasten. Ich hab es geschafft, und als ich das Stadion erreicht habe, läuft "Mein VfL" mit der Zeile "Du hast alles hergegeben". Oh ja, wie wahr. Egal, ob mein Fahrrad geklaut wird oder nicht; ich schließ es irgendwo ab. Ich will nur noch dieses verdammte Spiel sehen.
Super, die Kamera geht mit durch. Kontrolliert werde ich kaum. Ein Maschinengewehr hätte ich problemlos reinschmuggeln können. Oh scheiße ist das voll. Da kann ich mich niemals bis zu meiner VfL-Sippe durchboxen. Versuchs aber. "Mit der Nummer eins REEEEEIIINNNNN..." "VAN DUIJNHOVEN!!!" Pünktlich. "V-F-L; V-F-L"! Ich sehe sie. Der Dirk ist da. Der Sam ist da, die Schals sind alle da. "Tief im Westeeeen, wo die Sonne verstaubt!" Der Revier-Schlager. Der zweite in sieben Tagen. Egal, dass ich völlig ausgelaugt bin. Vergessen die Strapazen. Bin da, bin da, bin da. Anpfiff, Bönig über links, siebte Minute, Flankeeeee, Flugkopfball, TOOOOOOOR, TOOOOOOR, TOOOOOOR, wer wars? Hashemian? Hashemian!!!!! TOOOOOOOORRRR! JAAAAA! Yeaaahhh! Ist das nicht der Wahnsinn? Der pure Wahnsinn? "I will survive" läuft durch die Lautsprecher! La-la-la-la-laaaaa-lalalalala-laaaaa- undsoweiter. Klatsche in meine Hände, wie 30.000 andere. Wie schnell ist man als Fan doch geneigt zu sagen, es handle sich um ein "intensives" Derby. Ja, das ist es. Wir sind seit zwei Spielen ohne Gegentor, haben zwei Spiele in Folge gewonnen, sind fünfmal unbesiegt. Das ergibt alles addiert eine breite Brust. Für mich wäre das der 100. Sieg in meiner VfL-Laufbahn, das nächste Tor wäre das 400.! 400-mal aufspringen, schreien, jubeln. 400 orgastische Erlebnisse. "Die Nummer eins - die Nummer eins - die Nummer eins im Pott sind wiiiiiiiir!!!" Nach einem Sieg auf Schalke und einer Führung gegen den BVB dürfen wir sowas schonmal singen. Doch: Ewerthon schießt knapp vorbei. Ricken führt einen Freistoß schnell aus - daneben. Glüüüüüüück für uns. Intensiv? Da war doch was. 32. Minute, was rotes pappmäßiges leuchtet in den Abendhimmel - eine Karte? Irgendwie verschwindet der Kehl in den Katakomben. Auf Wiederseeeeehn. "Der hat dem Zdebel in die Eier getreten", klärt Helmut per sms auf. Ich will es an Dirk aus München weiterleiten, aber Scheiße, der steht doch neben mir... Wie geil! "Jetzt müssen wir uns entscheiden: AC Milan, Real Madrid oder wen wollen wir haben?" witzelt Sam. Ich rege mich derweil tierisch über den Champagner-Charakter der BVB-Fans auf, die 500 Karten zurückgeschickt haben. Zu Hause 80.000 im Schnitt und auswärts nach Bochum (15 Kilometer weiter) kriegen die nicht mal 2.800 zusammen! Halbzeit. Hat sich irre gelohnt. Fotos für die Homepage. Siehe unten.
45 Minuten noch. Wie gegen Lautern vor zwei Wochen: Überzahl - und diesmal führen wir noch dazu. Buckley für Diabang, Buckley frei vor dem Tor, 48., das wäre es doch gewesen. Es ist lauter als auf einem Flughafen, im Augenwinkel entdecke ich, dass Dirk kurz davor ist, bei einem dieser unsäglichen "BVB-Hurensööööhne"-Sprechchöre mitzuträllen. Hat er? Weiß ich nicht. Ich überlege derweil, ob ich Gerds erneuten "Titten"-Ruf für die Cheerleaders in diesen Text einbaue (was hiermit getan wäre...), schreibe zeitgleich eine sms an einen im Urlaub weilenden Schalker, um ihn mit dem Zwischenergebnis zu beglücken und unterbreche diese Gedanken. Es passiert zu viel auf dem Platz, viele Grätschen, schöne Pässe, wir haben ihn im Sack, diesen kapitalistischen Haufen, diese arroganten Schnösel. Wir gegen die. Klein gegen Groß. Sympathisch gegen Großkotzig. Buckley auf links, flaaankt, der Hubschrauber frei, TOOOOOOOOOOOOOOR, Tor-Pogo, endlich mal wieder so richtig geil, hoch, runter, auf und ab, Mama lebst Du noch? Sie lebt, Küsschen, 2:0. "OOhhhhh, wie ist das schöööön, sowas hat man lange nicht gesehen"... "DIE NUMMER EINS IM POTT SIND WIIIIIIIIRRRRRR - DIE NUMMER EINS IM POTT SIND WIIIIIIRRRRR!" Es ist glücklich gelaufen. Wie in den letzten Spielen auch. Wer oben steht, hat nun mal dieses Quäntchen. Hätte nie gedacht, dass ich diese 5-Euro-Phrase wirklich im Zusammenhang mit dem VfL erwähne. Niemals.
Rest geht unter. Oliseh versenkt noch einen Freistoß links unten zum 3:0, dreht völlig durch. So einer geht von dem auch nur in diesem Spiel rein, in keinem anderen sonst. Jetzt brechen alle Dämme und ich denke gar nichts mehr.
Blicke. In viele Augen.
Viele glückliche.
* * *
Und wie analysiert der "kicker" das Spiel?
PERSONAL:
Trotz der bisher guten Heimbilanz baute der Ostkurvenblock P seine Besetzung um. Neben dem Dreierblock Sam-Thommy-Andi feierten Dirk und Daniel ihr überraschendes VfL-Comeback nach langer Fehlzeit. Nach dreiwöchiger Pause kehrte Gerd in die Anfangsformation zurück. Als Dirigent wurde Mama Ernst aufgeboten.
TAKTIK:
Gerd sollte in den oberen Reihen des Fanblocks die Übersicht behalten und seinen Vater - BVB-Fan - beruhigen. Thommy hatte gleich mehrere Aufgaben zu erfüllen. Erstens: Mama Ernst zum Sehen zu verhelfen (was bringt ein Dirigent, wenn er nicht aufs Feld blicken kann?). Zweitens und drittens: Unterhalten mit Harald und Dirk. Sam, Dirk, Daniel und Andi sangen drei Treppenstufen unter Gerd mit voller Kraft. Alle zusammen sollten "V-F-L" schreien bis zur Heiserkeit.
SPIELVERLAUF:
Nicht nur die Spieler können 90 Minuten Vollgas geben, sondern scheinbar auch die Fans. Von der ersten Sekunde feuerte die Ostkurve in diesem heißen Derby mutig-offensiv an, gegen überraschend tief gestaffelte und zurückhaltende Dortmunder. Mit dem Vorsprung stiegen Kreativität und Stimmkraft. Nach dem 3:0 zehn Minuten vor Schluss war es ein kompletter Selbstläufer.
FAZIT:
Ein unvergesslicher Fußball-Abend mit einer wohl einmaligen Fan-Besetzung. Tolles Spiel, Riesen-Stimmung, da passte alles.
FAN DES SPIELS:
Dirk von Gehlen.
Nach zweieinhalb Jahren Pause mal wieder im Ruhrstadion und dann direkt dieser Knaller. Das nenn ich Riecher.
* * *
Es regnet nach dem Abpfiff. Ganz langsam setze ich mir die Kapuze meines gleichnamigen Pullis auf, um gleich im nächsten Moment "Ach scheiß drauf" zu denken. Hey, mein Fahrrad ist ja sogar noch da. Ich springe über die Barriere zwischen Bürgersteig und Straße, laufe in Richtung Straßenbahn-Haltestelle und muss mich kneifen, um nicht aus Tradition in die 308 zu steigen. Die Straße ist nass, Blätter liegen darauf, oha, das kann ja eine Fahrt bis zum Hauptbahnhof werden. Menschenmassen drängen sich über die Castroper Straße, Blätter sorgen für einen Glitschfilm, es regnet. Aber kein Problem: In völliger Trance umkurve ich alles, was sich mir in den Weg stellt. Parkende Autos, fahrende Autos, stehende Menschen, laufende Menschen, Glückliche, Traurige; und zum Schluss umkurve ich sogar mein eigenes Hirn. Es ist so wahnsinnig. Am City-Grill warte ich auf den Rest der Gruppe, verabschiede mich kurz und verschwinde im Dunkel des Regionalexpresses. Aus der Entfernung erklingen immer noch die "Die Nummer eins im Pott sind wir"-Rufe, und es ist keine Einbildung. Nein, es ist der Sprechchor des Abends. Es kommt die Zeit, sich in Ruhe mit all diesem Knubbel von Emotionen zu befassen, ihn zu entwirren, auseinander zu fummeln. Was für eine Tortur. So eine habe ich noch nie mitgemacht, so eine werde ich nie mehr mitmachen. Alles war so eng, ein so enger Zeitrahmen, und doch ist es gut gegangen. Wenn ich dieses Spiel verpasst hätte, dann hätte ich da jahrelang dran zu knabbern gehabt. Wir sind Sechster, haben unser Punktesoll für die Vorrunde erfüllt. Und es sind weitaus mehr Gedanken als diese drei.
Als Überschrift für den 94-zeiligen Artikel über Union werde ich wohl irgendwas mit "Verstärktes Amateurteam setzte sich knapp durch" oder so wählen.
Aber es ist mir so egal.

"Du hast alles hergegeben; Andi wir sind stolz auf Dich" (Frei nach "Mein VfL" - Vorsicht Eigenlob!)
 
Union-Platz Bochum
16.41 Uhr, Südstraße, Union 09 Mülheim gegen RW Oberhausen Amateure, 1:2 - ich will nur weg, will nur weg, will zum VfL! Na dann mal rauf aufs Rad... 17.24 Uhr, Ruhrstadion Bochum... "Tief im Westen, wo die Sonne verstaubt, ist es besser, viel besser als man glaubt!"

Das Spiel
 
So sehen wir´s doch gern! Ach Du je, sie tanzen wieder! DARIUSZ!!!
7. Minute, und es ist passiert: TOOOOR! Das sind die Mädels, die jeweils in der Halbzeitpause eine neue "Geografie" vortragen! Unser Käpt´n trabt zur Ecke: DARIUSZ! DARIUSZ!
Viel los beim BVB! Unser Trainer - unscharf! Ich präsentiere: Die Welle!
Zweite Halbzeit: Ecke für den VfL - und vergleicht diese Sicht mit ALLEN anderen Aufnahmen von Auswärtsspielen: So nah steht "man" nur im Ruhrstadion am Spielfeld! "Wir wolln den Trainer sehn, wir wolln den Trainer sehn, wir wolln wir wolln wir wolln den Trainer sehn"! Und alle zusammen die Welle... ooooooooooooohhhhh....

Lauter tolle Menschen (nur Thommy fehlt; keine Ahnung warum - aber er ist ja oft genug auf dieser Seite verewigt)
 
Sam Machst mit nem Doppelpass! Daniel Mum und Gerd! Dirk
Sam, der altbekannte! Dirk und Andi schmettern "Machst mit nem Doppelpass jeeeeeeeeden Gegner nass, Du und Dein VfL!" - und das kurz nach dem Abpfiff! Der Sohn der Oberbürgermeisterin: Daniel Mühlenfeld, ein Kumpel aus alten Fußball-Zeiten - und ein VfL-Fan! Gestatten, Ernst! Die junge Frau vorn - das ist meine Mum, die sich auch in die Ostkurve traute. Rechts dahinter Gerd! Dirk nochmal, einer der begabtesten Jung-Journalisten der Republik (oder?), der aus München kommt. Ansonsten auch unter dem Spitznamen "sms-Ticker" bekannt.

Und der Tag endete, wie er anfing: mit Arbeit
 
Tina! Der Bildschirm!
Völlig geschafft abends um 22.30 Uhr: meine Arbeitskollegin und gute Freundin Tina! Und doch konnte ich mich nicht wirklich auf den Union-Text konzentrieren. Ein anderer Satz schwirrte mir viel eher im Kopf rum!

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VfL Bochum - 1. FC Köln 4:0 (8.11.2003)

Surreale Tage im Oberhaus der Bundesliga! Beispiel? Raymond Kallas darf sein historisches erstes Tor köpfen!

Dreams

Manchmal mitten im Schlaf sprinte ich durch Mailand. Oder durch Manchester. Durch Glasgow. Regentropfen fallen vom Himmel, verteilen sich überall auf meinem Gesicht. Dann schaue ich extra hoch in die Wolken, um die Tropfen gebührend zu empfangen, schmeiße meine Brille auf den Bürgersteig und brülle ganz laut "YAAAAAAAAAAWP!!!!!", ganz wie Todd Anderson im "Club der toten Dichter". Um meinen Hals baumelt mein blau-weißer Schal mit dem VfL-Bochum-Wappen drauf und vor meinen Augen laufen Bilder von Champions-League-Spielen. Die Tore, die weiß ich dann im Schlaf ganz genau. Freistoß Oliseh von halbrechts, auf den langen Pfosten, Kopfball Kalla, Unterkante Latte; 1:0, gewonnen. Ob in Mailand, Manchester oder Glasgow. YAAAAAAAAWP! Doch am Morgen, wenn dann der Wecker klingelt, dann blinzel ich kurz und wache in Mülheim auf, in meinem eigenen Bett. Dann sind all die Träume vorbei, und die Tabelle der Bundesliga flüstert mir zu: "Pssssst... Andi.... das ist der VfL Bochum... der wird niiiiiieeee in der Champions League spielen. Und der Kalla... der schießt sowieso nie ein Tor für den VfL!"
So ist das nach meinen Fußball-Träumen. Einen solchen hatte ich heute Nacht - zugegeben - nicht. Eigentlich weiß ich gar nicht mehr so genau, was überhaupt in meinem Gehirn vorgegangen ist. War es mein Traum-Urlaub in San Francisco? Schnorcheln im ägyptischen Roten Meer? Eine wunderschöne Frau? Null Ahnung. Nur noch die Hintergrundmusik ist hängen geblieben. Passenderweise natürlich "Dreams" von den Cranberries.
Traumhaft schön waren die letzten beiden Spiele. 2:0 auf Schalke, 3:0 gegen Dortmund, das wird es so innerhalb einer Woche wohl nie wieder in der Vereinsgeschichte geben. Das ist Kapital 1 des Bochumer Surrealismus, der im Moment die Bundesliga überfällt. Vor der Saison stufte uns die gesamte Fußball-Expertenelite als Absteiger Nummer zwei nach Eintracht Frankfurt ein - und jetzt? Jetzt haben wir bewiesen, dass es doch geht, mit einem kleinen, aber feinen Familienverein in einem kleinen, aber feinen Stadion; in dem fast jeder jeden noch kennt, oben mitzuspielen. Nun gut, auch bei uns kriegen die Jungs Millionen, das ist schon klar. Aber in den meisten der anderen 17 Klubs kriegen die Spieler Aber-Millionen, und spielen in hochmodernsten, synthetischen, völlig unpersönlichen Arenen, die ruckzuck in Konzertsäle, Veranstaltungshallen umgewandelt werden können. Wo bleibt inmitten des Profits das Vereinsprofil? Unser Ruhrstadion steht allenfalls Herbert Grönemeyer zur Verfügung. Das nenne ich konsequent!
Meine Fresse, ist das alles surreal. Surreal? Was heißt das eigentlich, surreal? "Kunstrichtung, die das Traumhaft-Unterbewusste künstlerisch darstellen soll!" Na bitte. Traumhaft. Traum. Dream. Willkommen in der Rahmung dieses künstlerisch darstellenden Berichts. Da steht die Überschrift doch schon fest, bevor ich überhaupt losgefahren bin, frohlocke ich um kurz nach halb zwei, als ich mich auf den Weg zum Bahnhof mache, um in die S-Bahn zu hüpfen. S-Bahn? Genau, richtig gelesen. Die habe ich seit bestimmt fünf Jahren nicht mehr in Richtung Bochum benutzt, sondern stets immer brav auf den Regionalexpress gewartet. Der kommt aber aus Köln, und die ganzen rot-weißen Geißböcke zu sehen? Nee, das muss nun wirklich nicht sein. Also ab durch Essen-Steele, Essen-Steele Ost, Essen-Eiberg, Wattenscheid-Höntrop, und bis Bochum Hauptbahnhof. 14.30 Uhr treffe ich am Ruhrstadion ein, nach der Abhetzerei beim Dortmund-Spiel genieße ich das in vollen Zügen. Und denke an meine bisherigen Köln-Erfahrungen. Mensch, gegen den FC habe ich schon lange nicht mehr gespielt. Letztes Jahr waren die in der zweiten Liga, davor wir; und davor hat der VfL fast alle Spiele verloren, ein paar Jahre lang. Irgendwie waren mir die Kölner immer unangenehm, und jetzt kommen die auch noch mit nem neuen Trainer. Gefäääährlich, würde Faßbender sagen. Aber ist doch egaaaaaaaaal, wir können doch fünf Spiele in Folge verlieren, wir sind der VfL, wir haaaaben doch schon 18 Punkte. "Surreal", schmeiße ich Gerd mein heutiges Lieblingswort auch mal entgegen. Die Kölner laufen ein und wir brüllen laut: "AB-STEI-GER! AB-STEI-GER!!!" Aus unseren (!!) Mündern. Und wieder: "Surreal!"
Bruderhärzken Thommy ist wieder dabei, hat Kollege Harald mitgebracht, Gerd und ich vermissen allerdings unseren braunbegebrannten Freund Sam, der unentschuldigt fehlt (Setzen! Sechs!); dafür ist Heinz-Horst-Dieter-Günter (schlagmichtot, ich kenn seinen Vornamen nicht) da. Ein kleiner, circa 170 großer Mann, mit ganz kurzen Haaren, hat immer eine Brille auf und ein Baseball-Cap, ist gekleidet mit Jeans und Jeansjacke und ein genauso treuer Fan wie wir alle. Noch so eine reine Stadionfreundschaft. Außerhalb der Ostkurve könnte ich mit Heinz-Horst-Dieter-Günter nicht einen Satz wechseln. Ich wüsst nicht worüber. "Ey Jungs", präsentiere ich mich als grandioser Mathematiker, "vier Tore Differenz und wir sind für heute vor Bayern!"
Die Sonne steht am Himmel, aber tief, sehr tief, denn der Herbst ist gekommen. Das sorgt auf der einen Seite für herbstliche Depressionseuphorie (spürt Ihr sie auch?), andererseits für einen völlig verwirrten FC-Torwart Wessels. Kaum hat das Spiel angefangen, hat der Wessels sich zweimal verguckt. Unsere beiden Top-Stürmer Hashemian in der achten und Madsen in der 15. Minute sind da und netzen zum 1:0 und 2:0 ein. Jaaaaaaa, Riiiiesen-Jubel... YAAAAAAAAAAAWP!!!! Und es geht alles wieder von vorn los. Wir haben mal wieder richtig mies angefangen; aber unsere Chancenauswertung ist so göttlich. Zwei Angriffe, zwei Schüsse, 2:0! "DER IST SO GUT, DER HASHEMIAN - DER IST SO GUT!", frohlocken wir alle, schlagen ein, und bemerken kaum, dass Heinz-Horst-Dieter-Günters Birne brummt. Beim Torjubel zum 1:0 bekam er einen Bierbecher an den Schädel. Eine 5-Zentimeter-Risswunde ziert nun seine Rübe. "Gehts?" "Klar, der Kopf ist noch dran!" "Ach", brüllt einer aus den oberen Rängen, "lass dat anne Luft trocknen. Kommt ne Kruste drauf!" Was danach passiert, ist mit dem Begriff "Ergebnisverwaltung" zusammenzufassen. Es ergeben sich grandiose Gegensätze. Wir, die wir trotz unserer Serie immer noch (so erscheints mir) unterschätzt werden, führen die Kölner vor. Drei Torschüsse kriegt der FC zustande, das ist nicht bundesligatauglich. Zeitweilig kommt der FC drei Minuten lang nicht an den Ball, was bei jedem Kurzpass laute "oooooooohhhhh-HEY"-Rufe zur Folge hat. Eine Demütigung. Langelangelange hat sich keine so schlechte Mannschaft mehr im Ruhrstadion präsentiert (nicht mal Cottbus im letzten oder Schweinfurt im vorletzten Jahr). Für eine Mannschaft, die seit einer Woche einen neuen Trainer hat, ist das ein Armutszeugnis. Keiner spricht auf dem Rasen, niemand schnauzt sich an, nicht beim 0:1, beim 0:2, 0:3 und erstmal gar nicht beim 0:4. Wehrlos. Lieblos. Zahllose Flanken ins Niemandsland, unfassbare Missverständnisse. Uns genügt eine durchschnittliche "Wir-geben-nur-75-Prozent"-Trainingsspielleistung, um den FC völlig problemlos zu distanzieren.
Doch langweilig wird es aus zwei Gründen nicht. Erstens ist dafür ein herrlicher Fan-Gegensatz zuständig. Wir sind alle froh, glücklich, und trauen unseren Augen nicht (Stichwort "surreal"), die Kölner ironisieren das Geschehen; stimmen ein bei "Oh wie ist das schön", "So ein Tag, so wunderschön wie heute" und feiern ihrerseits den Ex-Kölner Sunday Oliseh. Und der zweite Grund? Eine kleine winzige Episode in diesem Spiel in der 45. Minute und doch eine große für viele VfL-Fans. Ein ganz normaler Freistoß aus der Halbposition (da sind wir die stärkste Mannschaft der Liga, könnte ich schwören), ein Kopfball von unserem Raymond Kalla, dem wir es alle sooo sehr gönnen, und der kullert, stolpert, hüppelt tatsächlich zum 3:0 ins Eck. DER KALLAAAAA!!!! Surreale Tage im Oberhaus? "Der Kalla schießt doch nie ein Tor", flüstert die Tabelle eigentlich. Nun nicht mehr (und der Sam hat´s verpasst, hihi!).
In einer objektiv langweiligen, aber subjektiv grandiosen zweiten Halbzeit verfliegt die Schlussphase im Ferrari-Tempo. Stevic streichelt einen Freistoß in den Winkel, in der 87. zum 4:0. Und Abpfiff. Slawo Freier hat nach seiner Verletzung mal wieder gespielt und ist nicht mal aufgefallen; Hashemian wird immer noch nicht solo gefeiert (Vahid, Du hast einfach einen Scheiß-Namen zum Feiern, Christiansen war da viel melodischer!), Kalla dafür umso mehr. "Wir wolln Euch tanzen sehn!", fordern wir in aller Euphorie, und van Duijnhoven und Oliseh legen einen perfekten Tango aufs Rasen-Parkett. Das ist es, jaaaa, 4:0 gewonnen, es ist nicht zu fassen, es ist nicht zu fassen, es ist nicht zu fassen. Da verkrustet Heinz-Horst-Dieter-Günters Risswunde doppelt so schnell. 21 Punkte nach elf Spielen. 13 Punkte Vorsprung vor dem ersten Abstiegsplatz. Kann nicht wahr sein.
Am Schluss, ganz am Schluss, als die Spieler nach dem 4:0-Tanz wieder auf dem Weg in die Kabine sind, hauchen wir alle gemeinsam das große 1996-er-UEFA-Cup-Lied. "Uuuuuefa-Cup, uuuuuuefa-Cup, und wir ham das blau-weiße Licht bei der Nacht und wir ham das blau-weiße Licht bei der Nacht, uuuefa-cuuuup, ueeeeeeefa-cup!" Aber wir hauchen es nur, ganz leise, damit es möglichst schnell wieder im Wind verweht. Denn wir sind der VfL Bochum; und wir alle kommen nervlich mit dieser Tabellensituation nicht wirklich zurecht. Es ist, als ob ein gut verdienender Beamter auf einmal eine Million im Lotto gewinnt. Dabei ist er mit seinem bisherigen Leben hochzufrieden und weiß nicht, wohin mit der Kohle. So geht es uns allen. Für heute sind wir also auf Platz fünf, und sogar vor dem FC Bayern. Und das am elften Spieltag (und nicht am ersten).
Lasst es uns tatsächlich nur hauchen, ganz leise. Brüllen können wir es nur zu Hause, im Schlaf.
Und dann vielleicht sogar in "Old Trafford" in Manchester, im "Ibrox Park" von Glasgow oder im Mailänder "San Siro", in den ganz großen Stadien.
Denn träumen, das dürfen wir. Und beim VfL sind wir darin ganz besonders gut.

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VfL Bochum - VfB Stuttgart 0:0 (29.11.2003)

... ist im VfL-Tagebuch 2003/2004 - TEIL 3 nachzulesen !

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VfL Bochum - Eintracht Frankfurt 1:0 (13.12.2003)

... ist im VfL-Tagebuch 2003/2004 - TEIL 3 nachzulesen !

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Hannover 96 - VfL Bochum 2:2 (17.12.2003)

... ist im VfL-Tagebuch 2003/2004 - TEIL 3 nachzulesen !

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VfL Bochum - VfL Wolfsburg 1:0 (31.1.2004)

... ist im VfL-Tagebuch 2003/2004 - TEIL 4 nachzulesen !

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Wie ich... (4.2.2004)

... auf dem Pidder sein Stuhl zum VfL selbst interviewt wurde...

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Hamburger SV - VfL Bochum 1:1 (7.2.2004)

... ist im VfL-Tagebuch 2003/2004 - TEIL 4 nachzulesen !

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VfL Bochum - FC Bayern München 1:0 (14.2.2004)

... ist im VfL-Tagebuch 2003/2004 - TEIL 4 nachzulesen !

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Bayer Leverkusen - VfL Bochum 1:3 (21.2.2004)

... ist im VfL-Tagebuch 2003/2004 - TEIL 4 nachzulesen !

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VfL Bochum - FC Hansa Rostock 0:0 (28.2.2004)

... ist im VfL-Tagebuch 2003/2004 - TEIL 5 nachzulesen !

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Hertha BSC Berlin - VfL Bochum 1:1 (6.3.2004)

... ist im VfL-Tagebuch 2003/2004 - TEIL 5 nachzulesen !

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VfL Bochum - Borussia Mönchengladbach 1:0 (14.3.2004)

... ist im VfL-Tagebuch 2003/2004 - TEIL 5 nachzulesen !

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1. FC Kaiserslautern - VfL Bochum 2:2 (20.3.2004)

... ist im VfL-Tagebuch 2003/2004 - TEIL 5 nachzulesen !

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VfL Bochum - FC Schalke 04 1:2 (27.3.2004)

... ist im VfL-Tagebuch 2003/2004 - TEIL 6 nachzulesen !

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VfL Bochum - TSV München 1860 4:0 (27.3.2004)

... ist im VfL-Tagebuch 2003/2004 - TEIL 6 nachzulesen !

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Eintracht Frankfurt - VfL Bochum 3:2 (15.5.2004)

... ist im VfL-Tagebuch 2003/2004 - TEIL 6 nachzulesen !

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VfL Bochum - Hannover 96 3:1 (22.5.2004)

... ist im VfL-Tagebuch 2003/2004 - TEIL 6 nachzulesen !

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Diese Seite wurde zuletzt geändert am 24.5.2004
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