VFL-TAGEBUCH: SAISON 2003 / 2004 - Teil 5
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Die ersten Utensilien

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VfL Bochum - FC Hansa Rostock 0:0 (28.2.2004)

DAS Scheiß-Ergebnis!Ich hasse das WC-Ergebnis!

Leise rieselt der Schnee

Sie kommen!Noch fallen nur Schnipsel vom Himmel...

Nullnummer auf Lanzarote

Schnee... denn bald wird dichtes Schneetreiben folgen!

Wie ist das Wetter wohl gerade auf Lanzarote? Lasst mich die Augen schließen und von dieser Insel träumen, auf der ich noch nie war und auf die ich wohl so schnell nicht kommen werde. Wahrscheinlich scheint die Sonne, die Strahlen prickeln auf der Haut, und vermengen sich mit ein paar Schweißtropfen zu einem undefinierbaren chemischen Gemisch. Wahrscheinlich ist es dort so warm, dass es nötig ist, sich ins Meer zu stürzen, um sich ein bisschen abzukühlen. Das ist Lanzarote. Und was ist im Ruhrgebiet? Nach einem Traum mit geschlossenen Augen von Spanien ist der wirkliche Anblick der Natur ein Graus. Es ist morgens früh, und ich wage gar keinen Blick aus dem Fenster... dann tu ich´s doch - und? Es schneit immer noch. Seit zwei Tagen rieseln die Flöckchen vom Himmel, mal mehr und mal weniger dicht. Die Straßen, Bürgersteige, Wiesen und Felder sind längst komplett weiß und die Straßen die reinste Rutschbahn. Schmeiße den Computer an. Gehe ins Internet. Auf sonnige Seiten. E-Mail von Gerd. "Kann heute nicht zum Spiel kommen. Bin mit meiner Frau auf Lanzarote. Aber über eine Ergebnis-sms würd ich mich freuen"... mensch Leute, so macht´s doch keinen Spaß. Den Zettel von Bruder Thommy habe ich auch noch an der Pinnwand hängen: "Bin am Wochenende mit Marrit in Paris." Und im Ruhrpott schneit es und schneit und schneit es.
Ihr alle da draußen, in Europa verteilt, wollt sicherlich wissen, was Ihr verpasst habt... NICHTS! Dieses Spiel sollten wir alle ganz ganz ganz ganz ganz schnell vergessen.
In der U-Bahn auf dem Rückweg fasste es ein berlinernder VfL-Fan treffender zusammen als ich es jemals könnte: "Wetter scheiße, Spiel scheiße, Schiedsrichter scheiße, Anfahrt scheiße, Abfahrt scheiße, wir scheiße, Rostock scheiße - einfach allet scheiße!"

Wer was zum Spiel wissen will, sollte die Bildunterschriften lesen:
 
Sam verdeckt die Jungs Elfmeter für Rostock Abpfiff!
Die Spieler werden verdeckt von Sams orangefarbener "Niederlande"-Mütze, die er extra wegen Anton Vriesde trug. Nach einer Zwangspause im schon ausverkauften Bayern-Spiel kehrte Sam mit seiner Freundin in die Ostkurve zurück - und das für diesen Scheiß-Kick... Die wichtigste Szene des Spiels: Martin Max tritt in der 25. Minute zum Elfmeter gegen Rein van Duijnhoven an... In 60 Sekunden wird Max sehr deprimiert sein. Den schwach geschossenen Elfer hat Rein pariert, und den noch viel leichteren Nachschuss aus zwei Metern vor dem leeren Tor hat er an die Latte gehämmert. Es ist vorbei... im dichten Schneetreiben haben beide Mannschaften in einer trostlosen Fehlpass-Orgie (mindestens Spielnote 5) das 0:0 ins Ziel gerettet. Auch die Überzahl in der letzten halben Stunde (Gelb-Rot für Rostocks Rasmussen in der 60.) hat nicht geholfen. Aber wie heißt es so schön? Immer positiv denken und nicht enttäuscht sein: Trotz des mageren Resultats haben wir Leverkusen überholt und sind nun Vierter!!!

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Hertha BSC Berlin - VfL Bochum 1:1 (6.3.2004)

Das war klasse, Jungs!

Das ist diiiiie Berliner Luft Luft Luft! Berlin regt an, Berlin ist kalt, Berlin schenkt mir erstmals einen Punkt

Sieht nicht schlecht aus, oder?

Berlin hat viele Kapitel

Der Andi

Kapitel 1:
Die Sitzbänke im U-Bahnhof "Dahlem-Dorf" sind mir noch gar nicht aufgefallen. Keine "normalen" 08/15-Holz-Plastik-oder-irgendwas-dazwischen-Schalen, sondern richtige Kunstwerke. Kunstwerke mit weiblichen Brüsten. Ich bemerke es, und notiere es auf meinem Notizzettel im Kopf. Nur so. Der Kiosk gegenüber hat geschlossen. Letztes Mal, im Juni 2003, da hat Thommy dort noch eine Currywurst verdrückt. Jetzt geht ein Opa dort spazieren und mault einem Auto hinterher. Im Hintergrund höre ich, dass eine U1 Richtung Warschauer Straße einfährt. Dann biege ich links ab und passiere die Baumschule. Kein Mensch ist dort, um die Bäume im Wachsen und Gedeihen zu unterrichten (ein sehr irreführender Name, Baumschule, oder...?), und die Pfützen, die durch den Schnee der letzten Tage entstanden, sind gefroren. Zum Schlittschuh laufen reicht es aber noch nicht. Warm ist das nicht in Berlin. In Deutschland. Heute Morgen, als ich um 8.50 Uhr in Mülheim meine Wohnung verließ, da schneite es sogar. Nun ist der Schnee das einzige, was zum perfekten Winterwetter noch fehlt. Warum habe ich nur die dünnen Chucks angezogen? Meine Füße frieren schon jetzt! Und es kommen noch drei Stunden in der Kälte. In Dahlem ist nichts los an einem Samstag zur Mittagspausen-Zeit. In der FU ganz in der Nähe ist wahrscheinlich kein Mensch, und auch sonst schläft der vornehme Vorort. Ich überquere die Straße, sehe viele Blumen in der Gärtnerei und am Horizont die Kapelle des Friedhofs der St. Annen-Gemeinde. Auf dem Boden liegt ein kastaniengroßer Stein, kick it like Beckham. Kein Auto fährt mehr die Straße entlang, keine laute Musik aus den Autoradios verpestet die Luft. Das schwarze Gittertor ist geöffnet. Auf dem Friedhof bin ich der einzige, der die Ruhe sucht. Der sich auf eine Sitzbank begibt, diesmal keine versaute - ist ja ein Friedhof hier - und die Bäume anguckt, die langsam nachwachsenden Blätter, die Kapelle, und das Grab von Rudi Dutschke. Es ist eine himmlische Ruhe. Ich weiß nicht, warum ich hergekommen bin. Aus purer Lust... purer Lust an der Stille, der Einsamkeit. Noch 90 Minuten bis zum Anpfiff.
Kapitel 2:
Haaaaach, was habe ich mich auf Berlin gefreut. Bin extra am Freitagabend zu Hause geblieben, hab nicht mal groß rumtelefoniert, bin für meine Verhältnisse unverschämt früh um 1 Uhr schlafen gegangen. Das alles für diese Stadt, die ich auf dieser Homepage an verschiedenen Stellen, ob beim letzten Auswärtsspiel im April 2003 oder dem Kurzurlaub im Juni 2003 gewürdigt habe. Es ist eine andere Vorfreude als vor den letzten Auswärtsspielen in Leverkusen, Hamburg oder Hannover. Berlin ist groß, Berlin regt an, in Berlin passiert was, Berlin, das hat was. Atmosphäre. Stimmung. Luft? "Daaaas ist diiie Berliner Luft Luft Luft", heißt es doch in irgendeinem schlechten Schlager. Die Blätter in meinem BAEDEKER Berlin sind fast schon vergilbt, die Eselsohren nur noch per Taschenrechner zu zählen. Überall und nirgends hab ich mich schon rumbewegt, und doch will ich immer wieder hin. Immer wieder. Vielleicht werd ich doch nochmal hier wohnen, ich weiß es nicht. Gebucht habe ich schon lange "meinen" Zug. Losfahrt 9.24 Uhr am Essener Hauptbahnhof. Steige ein, suche meinen reservierten Platz und knacke direkt weiter. So richtig gut hab ich nicht geschlafen die Nacht, und mit meinen mutigen Zielen (50 Seiten in einem Buch für die Uni) wird es nichts. Auf der Hinfahrt reicht es gerade für die aktuelle WAZ und die aktuelle "taz". Und für die Konzentration auf meine Playlist. "Slave to the wage" von Placebo ist wie bei jedem Auswärtsspiel mein Beginner-Song, gefolgt von Herberts "Bochum". Und dann noch das fantastisch-geniale "Believe" von K´s Choice sowie  "I can´t win" von den Strokes als Hommage an wohl vergangene VfL-Zeiten, und immer wieder "Denkmal" und "Aurélie" von Wir sind Helden. Marschiere zum Bordbistro, schnipse mit den Fingern und bekomme einen kalten Kakao entgegen geschleudert, da ruft Thommy an. Liest mir die Aufstellung vor, die der Videotext für uns entworfen hat. Mit Bemben, Tapalovic, Diabang, Buckley und Meichelbeck von Anfang an. "Was für ein Trümmerhaufen, oder?", fragt er mich. Alter Schwede, was für ein Trümmerhaufen. Der ICE ist pünktlich. Komisch. Premiere. 13.01 Uhr. An Bochum, Dortmund, Hamm, Bielefeld, Hannover und Berlin-Spandau vorbei. Was tun? Ich ziehe meinen VfL-Schal ein wenig fester und spaziere. Nehme die U9 Richtung Spichernstraße und dann die U1 Richtung Krumme Lanke. Bis Dahlem-Dorf.
Kapitel 3:
Lasst mich ein Wort zu Sunday Oliseh verlieren. Letzte Woche habe ich mich an dieser Stelle bewusst knapp ausgedrückt. Bewusst, um allen klarzumachen, wie wenig passiert ist und wie SCHEISSE das Spiel war. Und dann wurde es zu dem Spiel, über das wohl leider am meisten diskutiert wird. Schon in der Halbzeitpause, da haben sich Oliseh und Hashemian beharkt. Das hat Sam´s Freundin bemerkt. Wir anderen alle unterhielten uns grad, rissen Scherzkes, keine Ahnung. Der Schock erreichte mich Sonntagabend mit meinem kicker.de-Newsletter. "Morgen im Kicker: Der Fall Oliseh!", stand dadrin. Eingeschlafen, aufgewacht, und der Schock war da. Nasenbeinbruch. Kopfstoß. Aus drei Metern Anlauf. Ein Sonntags-Schuss. Von Sunday, ins Herz von Tausenden von Bochumern. Und dann die Folgefragen: Haben die uns einen vorgespielt? Zweckgemeinschaft? Was ist los? SMS-Orgien mit anderen Fußballfans; mit Dirk, Gerd, Telefonate mit Thommy; unser VfL wird endlich auch mal in den "heute"-Nachrichten erwähnt. Aber nicht, na klar, weil er auf Platz vier steht, sondern wegen dieser Kopfstoß-Sache. "Ganz Deutschland schaut auf uns", hat unser Torwart RvD (alias R=Rein V=Van D=Duijnhoven) gesagt. Auf uns? Uns, dazu zähle ich auch die Fans, also mich. Es ist ein besonderes Spiel heute in Berlin, und die Vorgeschichte ist unfassbar. Wir stehen so gut wie noch nie in unserer Vereinsgeschichte zu diesem Zeitpunkt, und trotzdem ist die dickste Krise seit zwei Jahren da. Wir reisen als Vierter an, Hertha ist in größter Abstiegsnot - auch das war zuletzt stets umgekehrt. Nichts ist mehr normal. Nur in einem sind wir uns einig: So gut der Oliseh auch war, so nett er auch gespielt hat, und so sympathisch er rüberkam: Rausgeschmissen hätten wir ihn alle.
Die S-Bahnlinie zwischen "Zoologischer Garten" und "Charlottenburg" ist immer noch gesperrt. Das war sie im ganzen letzten Jahr auch schon. Was legen die denn da? Schienen aus Gold? Mein Vorwissen ist hilfreich. Mit der U1 - Berlin-Insider wissen Bescheid (Hallo Dad!) - geht es von "Dahlem-Dorf" bis zum "Heidelberger Platz", dann mit der S-Bahn bis zum "Westkreuz" und von dort mit einer Sonder-S-Bahn bis zum "Olympiastadion". Noch 75 Minuten dauert es bis zum Anpfiff, und ein paar unangenehme Zeitgenossen haben hinter mir im Zug Platz genommen. Sie singen "Blonde Haare - blaue Augen - BSC" und klatschen dabei rhythmisch. Direkt danach kommt ein laut gebrülltes "wir sind deutsch wir sind deutsch wir sind deuuuutsch", und das ganze hundertmal hintereinander. Es nervt. Ob wir ein gutes Ergebnis erreichen? Wie benimmt sich eine Stadt, ein Verein, Fans im Abstiegskampf, die sonst nur Cocktail-Fußball gewöhnt sind? Ich erstehe für einen glatten Euro ein wirklich gutes Stadionmagazin (inhaltlich stark verbesserungswürdig, aber nicht in Hochglanz, sondern in HochHochHochglanz) und für 2,50 Euro eine Fanzeitung von der PhotoMafia, einer Tochtergesellschaft der Ultras. Oft an dieser Stelle brachte ich meine Gedanken und Meinungen zu diesem Trend der Fangruppierung zum Ausdruck, und - tätäää - jetzt ist es quasi auch schriftlich belegt. Wer dort über Spiele berichtet, achtet kaum auf das Geschehen auf dem Platz. 75 Prozent der Zeilen gelten den "Choreos" (Choreografien) der eigenen und der gegnerischen Mannschaft, den Sprechchören, den Kontrollen. Und es gibt nicht nur VfL-Spielberichte, sondern auch von zahlreichen anderen Vereinen. Offensichtlich handelt es sich um ambitionierte Grundhopper. All das hilft mir, die Zeit bis zum Anpfiff zu vertreiben. Nervös und vor Kälte tänzelnd bewege ich mich in der großen Schüssel auf und ab. Es ist der Deutschen liebstes Stadion; der Führer hat´s 1936 selbst für perfekt erklärt... Der Mief der Nazizeit will nicht verschwinden, nicht für meine Nase, obwohl die Modernisierung weit voran geschritten ist.
Ich habe mich etwas an den Rand gesetzt, möchte heute nicht so viel mitrufen. Vor mir sitzt eine, die so aussieht wie Judith Holofernes von Wir sind Helden. Hübsch hübsch. Unsere Aufstellung ist tatsächlich die im Videotext angekündigte. "Nick ihn ein. Mit drei Metern Anlauf zum Auswärtssieg", versucht mich Dirk aus München aufzumuntern. Als die Berliner einlaufen, ertönt es laut "Absteiger! Absteiger!" aus dem VfL-Block. Hoffentlich erwischt´s die nicht. Will doch auch im nächsten Jahr nen Grund für einen Berlin-Besuch haben! 15.30 Uhr, Anpfiff, und Oliseh ist allgegenwärtig. Der Geist des Sonntags lähmt uns alle. Uns Fans genauso wie die Spieler. Es ist ein unheimlicher Bruch im Spiel. Van Duijnhoven, Fahrenhorst, Kalla, Zdebel, Wosz, Freier - das sind die wichtigen Spieler. Und der Rest? Meichelbeck? Bemben? Tapalovic? Diabang? Buckley? Jungs, die bisher kaum auf dem Platz standen, sollen nun unser 4-2-1-3-System bei Laune halten. Hertha kommt mit Reina, mit Neuendorf, mit Friedrich, mit Marcelinho, mit Bobic, und mit mächtig Druck im Abstiegskampf. Mazzelinho darf ungehindert von Kalla dann auch in der 22. Minute das 1:0 schießen und verwandelt eine Minute später einen Freistoß zum 2:0. Aufgrund irgendeiner seltsamen Eingebung pfeift der Schiedsrichter den Freistoß ab. Warum auch immer. Egal. Bobic steht in der 30. Minute sowieso ganz frei vor RvD, schießt den aber genauso an wie Mazzelinho kurze Zeit später. Simunic jagt den Ball nach einer Standardsituation vorbei, und so sind wir alle schwindelig, als es nur mit 0:1 in die Pause geht. "Alles prima: Mein Tipp 3:1 für uns", versucht Dirk wieder eine sms-Aufmunterung. Hilft es? Mir nicht. Die Berliner Luft ist abgekühlt. In der Halbzeitpause schießt Rolf Zacherl, der Ziegenbärtchen-Koch von PRO 7 mit der komischsten Stimme seit Mr. Ed aufs Tor; und schafft 85 km/h.
In Grün laufen unsere Jungs auf. In diesem hässlichen, schleimgrünen Rotzshirts. Und mir ist kaaalt. Bibber, bibber, bibber. Und ich bibber eigentlich nicht so schnell. Slawo Freier hat ein eigenes Mittel zum Aufwärmen und donnert die Kugel gleich nach Wiederbeginn an die Latte. Ein "Hoppla"-Effekt für Spieler und Fans. Die Unterstützung wird lauter und besser, die "VfL"-Rufe schwappen bis in die Randgebiete der Kurve, also bis zu mir. Und in der 57. Minute zappelts. Freistoß von Wosz, und dann ist´s irgendwie passiert. Wer? Wie? Warum? Wer? Wer? Wer? Und vor allem wie? Egaaaaal... 1:1 steht auf der Anzeigetafel, dann wird es schon stimmen. Es ist so unwirklich, so ungläubig, so unerwartet. Holen wir hier was? Nehme ich einen Punkt mit aus Berlin? 1:1, es wird hektischer. Sechs Wechsel, viele Fouls, kein Spielfluss. Unser Trainer wechselt bis auf Freier alle Offensiven aus, bringt drei Defensive. Er will diesen einen Punkt retten. Das wollen wir auch. Marcelinho schießt - RvD hält. Bobic in der Nachspielzeit - vorbei; in doppeltem Sinne. Ein Abstiegsaspirant hat einen dezimierten Trümmerhaufen nicht geschlagen. Hertha ist eingebrochen in Halbzeit zwei. Bei uns stimmt die Gemeinschaft. Zweifel unangebracht. So überschwänglich wie noch nie in diesem Jahr feiern die Jungs in der Kurve den Punkt. Telefonat mit Thommy. Er hat bei mir zu Hause Premiere geguckt. Wir sind beide zufrieden. Mit Hashemian und Madsen hätten wir das bestimmt gewonnen.
Kapitel 4:
Abpfiff. Spieler beklatscht, Endergebnisse angehört, immer noch Vierter und ab zur S-Bahn. Nee, erst mal Fußgymnastik. Und von links nach rechts, von oben nach unten, und weiter und weiter und weiter. Eingeschlafen und erfroren gleichzeitig, hoffentlich brech ich mir nichts. Mensch, Anfang März und trotzdem so kalt. Muss das sein? S-Bahn bis Charlottenburg, Bus-Ersatzverkehr bis zum Zoo. Der Abend ist noch jung. 90 Minuten bleiben noch. Der 100-er-Bus ist richtig. Ab zum Brandenburger Tor, zum Reichstag, Unter den Linden, Hotel Adlon. Das touristische Schnellprogramm. Schaue mir ihn an, den langen Schatten der Geschichte. Stelle mir auch diesmal vor, wie es so gewesen wäre, wenn ich am 30.1.1933 oder dem 13.8.1961 in den Bögen des Brandenburger Tores gestanden hätte? Berlin regt an, ich sauge Berlin auf. Berliner Luft, Berliner Atmosphäre, die Internationalität, Kreativität. Hier laufen so viele rum, die einfach nur lässig angezogen sind, mit denen ich gern ins Gespräch käme. Ein Spaziergang über den Kudamm zum Abschluss, dazu noch ein von mir geplätteter Klopapierhalter bei Burger-King am Bahnhof Zoo (Thommy war am Telefon Zeuge, gemerkt hat´s keiner), und vorbei ists. Hab jede Sekunde genossen, in mich aufgesaugt. Momente der Großstadt.
Im ICE erwische ich einen Sitzplatz. Die Städte rauschen vorbei. Ohne Halt bis Hannover. Bielefeld. Hamm. Dortmund. Bochum. Aussteigen. Umsteigen. Bochum-Langendreer, 23.40 Uhr. Ich lasse den Tag in der "Matrix" ausklingen, tanze bis 2.30 Uhr, so lange, bis die Schweißperlen auf meiner Stirn stehen. Trinke eine Cola, einen Water Joe, beobachte Tanzende, unterhalte mich mit guten Freunden. "Are you gonna go my way?", fragt Lenny Kravitz. "Basket case", schmettern Green Day. "Ok", brüllt Farin Urlaub. Und wir alle mit.
Zu Beginn, ja zu Beginn war die Ruhe. Bei Rudi Dutschke.

Im Spiel
 
Tataaaaaaa - Einmarsch! Das sind ZEEEEHNTAUSEND Bochumer! Irgendwann im Spiel!
Wer hat diese schäbigen grünen Trikots entworfen? Da fährst du Hunderte von Kilometern, und was siehst Du? Tsetsetse... ... unsere Farben sind nämlich doch eher blau-weiß! Etwa 1500 VfL-Fans waren im Olympiastadion mit dabei. Irgendwann mitten im Spiel... das ist diesmal mein "ich kann auch IM Spiel fotografieren"-Bild!
Unscharf - aber trotzdem Tor! Erkennt Ihr die beiden 1-en? Anton Anton Anton Anton
Ganz schön unscharf geworden, aber das Tor zum 1:1 durch Fränkie Fahrenhorst zählt trotzdem! Unsere Jungs (die in grün, ich muss das leider nochmal sagen, BÄH!) sind auf dem Weg vom Torjubel zurück in die eigene Hälfte. Könnt Ihr das auf der Anzeigetafel erkennen? Also ich meine, das 1:1 in diesem grellen Etwas zu sehen! Ein Foto extra für Sam: Unser aller "Kaiser Anton" durfte natürlich auch mitspielen - und er hat nichts kaputt gemacht! Braver Anton!

... davor und danach ...
 
 
Rudiiii! Versaut Versaut! Das Olympiastadion! Reichstag im Schnee!
Rudi´s Grab! In Mülheim gibt es nicht solche versauten Sitzbänke in U-Bahn-Haltestellen, wie hier in "Dahlem-Dorf"! Des Deutschen liebstes Stadion: Das Olympiastadion Berlin. Hat auch Adolf 1936 ganz gut gefallen. Durch den Umbau verschwindet der Nazi-Geruch wenigstens ein bisschen - aber nicht ganz... der Muff von 1000 Jahren? Geschneit hat´s nicht, aber auf diesem Bild vom Reichstag entsteht fast der Eindruck. Sei´s drum. Da bin ich jedenfalls auch gewesen.
Unter der Erde! Ku´damm in der Dunkelheit des späten Abends! Bahnhof Zoo! Andi ganz müde!
Und da auch! Tief unter der Erde im U-Bahnhof "Potsdamer Platz"! Es ist dunkel, alleine bevölkere ich den Breitscheidplatz - und blicke dabei auf den Kurfürstendamm alias Ku´damm! Dort bleibe ich aber nicht lange, denn meine Endstation ist der Bahnhof "Zoologischer Garten" alias Bahnhof Zoo. That´s me; beim Träumen, Discman hören, Fotografieren!

Ausführlichere Information zu einem früheren Berlin-Besuch im Juni 2003 gibt es HIER!

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VfL Bochum - Borussia Mönchengladbach 1:0 (14.3.2004)

Die Zelle? Ja, die Welle auch!

Nostalgie, Depri-Stimmung, Judiths Stimme, Riesenjubel und sogar eine Hochzeit - im Text ist alles drin

Niedergekämpft!

Wenn Du oben stehst...

Gerd und die Hüpfmäuskes!Gerds Wunschfoto mit "seinen" Hüpfmäusken!

Hier also ist er, der Punkt, auf dem ich stand, als ich mein erstes Tor schoss. Hier ist er, dieser verstaubte, manchmal mit Glassplittern übersäte Ascheplatz, der als Symbol für zahlreiche Bolzplätze steht, dessen Tore selbstverständlich keine Netze haben, der natürlich von einem hässlichen Mehretagen-Haus ersichtlich ist, hinter dessen Zaun in regelmäßigen Abständen Güterzüge entlangbrausen. Hier ist er, der Platz an der Frühlingstraße. Es ist Sonntagmorgen, kurz nach 11 Uhr, in der nebenliegenden Sporthalle findet ein Judokampf statt, über den ich berichten muss, doch Judith von Wir sind Helden flüstert mir via Discman "Und ich male uns beide als Umriss aus Kreide auf den Asphalt" zu. Ich drehe ein paar nostalgische Runden. Der siebte Geburtstag lag gerade vier Wochen zurück, als meine Eltern mich in der F-Jugend des VfB Speldorf anmeldeten. Deren Training fand eben an dieser Frühlingstraße statt. Ich weiß es noch genau, am 29.4.1985, also zweieinhalb Jahre vor meinem ersten VfL-Spiel, betrat ich mit meinen kleinen Fußballschühchen den Platz und jagte dem Leder hinterher. Und schoss sofort mein erstes Tor. Auf diesem Platz hatte alles seinen Anfang. Wer weiß... wenn die ersten Übungseinheiten blöd gewesen wären, wenn der Platz unbespielbar gewesen wäre... wäre ich dann Fußballfan geworden? Wäre ich dann VfL-Fan geworden? Würde ich dann Sport-Journalist werden wollen? "Du erkennst mich nicht wieder", singt Judith in dem gleichnamigen Lied,  "unerkannt, flieg ich ans Ende der Stadt, ans Ende der Welt, und über den Rand." Ich geh zum Judo.
Sonntag-Spiele sind deprimierend. Im letzten Jahr waren wir schon oft mit diesem hoffentlich bald sterbenden Spielplankiller konfrontiert, und diesmal wieder der gleiche Scheiß. Fünf von den letzten elf Spielen sind am Sonntag, meinem Haupt-Arbeitstag. Die von mir schon vorgeplanten Auswärtsfahrten nach Köln und Dortmund muss ich knicken. Wenigstens die Heimspiele, wenigstens die, so der Schwur mit mir selbst, die will ich mitnehmen, egal, wie anstrengend es auch sein mag. Um auf die Anstrengung richtig vorbereitet zu sein, schlemme ich in einer Bäckerei bei einem Stück Käse-Sahnetorte, und allein der Nachgeschmack hält mich beim Verbandsligaspiel Union Mülheim gegen Union Nettetal bei Laune. Abstiegskampf in bester VfL-70er-Jahre-Manier, wildes Rumgepöle, ohne Ende Fouls... ein Blick aufs Layout, 90 Zeilen... schaue auf die Uhr, es wird wohl wieder so eng wie beim Spiel gegen Dortmund. Es gibt viele Fach-Gespräche, den noch in der Hosentasche versteckten Schal (weiß zwar jeder, dass ich hingehe, aber bin ja noch im Dienst) umklammer ich fest. Nettetal führt 1:0, als ich um 16.30 Uhr beschließe, Richtung Bahnhof zu verschwinden. Ich sprinte, hoffe, den Regionalexpress noch zu erwischen. Die Bahnhofs-Anzeige streckt mir aber den Mittelfinger entgegen. "20 Minuten Verspätung" steht drauf. Anruf bei Union. Nettetal hat 2:1 gewonnen. Der übliche Journalisten-Alltag. Ergebnisse weitergeben, Torschützen herausfinden, andere Resultate einholen. Schreibe eine sms an Gerd, dass es später wird, dass er sich breit machen soll. Seine Antwort: "Ich tue was ich kann. Sam wird dich dann mit Kopfstoß empfangen, wie Schwarze das so tun ;-) mach voran, bis gleich..." Damit qualifiziert er sich umgehend für diese Reportage, und unruhig warte ich auf den Zug. Will einen ICE nehmen. Werde vom Schaffner abgebürstet: "NEEE, der ist NICHT freigegeben. Sie dürfen NICHT einsteigen!" So ein Arsch!! Das geht auch freundlicher! Unruhig und deprimiert laufe ich auf und ab, als müsste ich fünf Liter pinkeln. Sprinte in Bochum zur U-Bahn... Hä? Kopfstoß? Ach so, ist ja erst Spiel zwei ohne Oliseh. Und das ist erst zwei Wochen her. Aber doch so weit weg. Und wer ist eigentlich der Gegner? Borussia Mönchengladbach. Heute Abend werde ich gegen keine andere Mannschaft so viele VfL-Spiele gesehen haben. 17.33 Uhr, endlich angekommen... Bude ist gerammelt voll. Stelle mich auf die Zehenspitzen... sehe... einen indirekten Freistoß im Strafraum... für uns... Zdebel, abgewehrt. Welch ein Auftakt!
Sonntag-Spiele sind auch deshalb Quatsch, weil dadurch mein ganzer Rhythmus aus dem Takt gerät. Immer denselben Zug nehmen, früher da sein, den Stehplatz sichern, in Ruhe mit den Jungs quatschen - njet, alles unmöglich. Pünktlich zum Anpfiff im Stadion, und direkt nach Spielende wieder zurück. Das macht alles nur halb so viel Spaß. Der Weg durch die Reihe ist mühsam, aber unsere "Gruppe" finde ich spielend. Thommy hat nämlich gleich einen ganzen Hörsaal mitgebracht, und der Rest ist auch komplett da - Sam, seine Freundin Nicole, Gerd, Krüger... fast eine kleine "Familie"... Es bleibt keine Zeit zum Luft holen... Spiel gucken. Gleich fünf Veränderungen gibt es bei uns. Madsen, Colding, Hashemian, Bönig und Stevic spielen. "Und?", frage ich Thommy, "wurde Hashemian besonders gefeiert nach der Oliseh-Attacke?" "Ja, beim Einlaufen. Die Spieler kamen, und sofort danach die Va-hid-Va-hid-Va-hid-Ha-she-mi-an-Rufe!" Vorbei die Nervosität, die Depri-Stimmung, das Union-Spiel, die Arbeit irgendwo am Horizont meiner Gedanken. Konzentration. Wir beginnen gut, aber nach zehn Minuten? Nach zehn Minuten fragen wir uns alle, wer gegen den Abstieg kämpft und wer in den UEFA-Cup will. Die Gladbacher Viererkette macht das Spiel geschickt eng, hält unsere schwachen Stürmer zweikampfstark in Schach. Dazu ruckzuck vorgetragene Angriffe, vor allem über unsere linke Abwehrseite, wo der Bönig alles andere als souverän aussieht, das alles macht: überlegene Gladbacher. Das Spiel ist ordentlich, munter, aber den Ton gibt Gladbach an. Die Fans sind in ihrem Auswärtsspiel des Jahres prächtig gelaunt, und die Mannschaft hat Chance um Chance. Als aber Demo in der 38. Minute Großchance Nummer vier auslässt, winkt jemand hinter mir ab und meint: "Jetzt haben wir gewonnen. So kläglich wie die sind. Die schießen kein Tor. Und wir murmeln schon irgendwie einen rein. Warte ab." Halbzeit. Bin jetzt noch ganz verschwitzt, von der Hetzerei, von der Nervosität. Kann erst jetzt Sam (der auf den Kopfstoß verzichtet und über die sms heftig grinst), Gerd und den Rest begrüßen. Wir alle lachen uns über die Mitarbeiter von "Coca Cola", des "Sponsors of the day" kaputt, die mit einer Art Pistole irgendein Zeugs in die Ostkurve böllern. Was soll das denn? Gerd freut sich über die Stationettes (die Hüpfmäuschen des VfL), brüllt obligatorisch "Titten!" und verlangt ein Erinnerungsfoto. Nicole und Sam erfreuen uns mit der besten Nachricht seit Wochen: Sie werden bald heiraten! Heißt der erste Sohn - wenn es einen gibt - Anton nach dem Kaiser unter den Abwehrspielern der derzeitigen Bundesligaklubs? Sam: "Ja!" Nicole: "Neeeein!" Ehekrach?
Mensch ein Sieg wäre doch so wichtig. Wir hätten fünf Punkte Vorsprung auf einen Nicht-UEFA-Cup-Platz, hätten unsere Rekordserien ausgebaut. Und das ist doch nur MÖNCHENGLADBACH! Präventiv singen wir "Gladbach - Gladbach - zweeeite Liiiga!" und "UUUUEFA-Cup - und wir ham das blau-weiße Licht bei der Nacht!" Indes: Das Spiel gibt keinen Anlass dafür. Mit einem "Stadionverbot für Oliseh!"-Schild tragen auch die Ultras abschließend zur Diskussion bei (man kann´s auch übertreiben), und das Spiel flacht ab. Die Gladbacher, in der ersten Halbzeit noch klar überlegen, lassen es ruhiger angehen, verschieben in der Defensive aber immer noch sehr geschickt und lassen unsere Stürmer immer und immer wieder ins Leere laufen. Eine Chance für Freier, ein Kopfball von Hashemian, zwei/drei Ecken, vier/fünf Freistöße aus der Halbposition. Nix dolles. "Schlimm", grummeln ein paar Leute um mich rum, während die Gladbacher immer lauter feiern. "Mensch", grummle ich zurück, "ihr wart alle vor zwei Wochen gegen Rostock nicht da. Da war das NOCH SCHLIMMER! Und da hats außerdem noch geschneit!" Diesmal ist es ein sehr schöner Frühlingstag, und in der 86. Minute beschließe ich, die Anzeigetafel zu fotografieren. 0:0. "Da passiert nichts mehr. Das dritte Unentschieden hintereinander. Gegen Rostock, Hertha und Gladbach, drei Abstiegskandidaten." Buckley ist mittlerweile im Spiel, hat bisher aber schön versagt. Freistoß noch einmal. Ich fotografiere den Strafraum - als Spielszene für diese Seite - und warte... Buckley? Lasst deeen doch nicht schießen. Läuft an, der Ball fliiiiegt, und der ist DRRRIIIIN!!!! Unglaublich! Unglaublich! Unglaublich! Kommt alle in meine Arme. Das gibts doch gar nicht! Das gibts doch gar nicht! Keiner jubelt, Madsen nicht, Kalla nicht, Buckley ein bisschen... muss ein Eigentor gewesen sein... egaaaal! Und wirklich: Gladbachs Asanin wars. Zwei Minuten noch überstehen..... und..... ABPFIFF! Ich krame einen Satz aus meinem Sprach-Repertoire aus, von dem ich glaubte, dass ich ihn niemals in Zusammenhang mit dem VfL Bochum schreiben werde. Aber er trifft so gut zu wie kein anderer. Denn SO IST DAS, WENN DU OBEN STEHST! "Das ist der VfL Bochum im Jahr 2004", frohlockt derjenige hinter mir, der in der 38. Minute das Murmel-Tor angekündigte. Er hat Recht behalten. Unsere Serien sind auch noch da. Genau ein Jahr ohne Heimniederlage, seit acht Spielen zu Hause ohne Gegentor, seit neun Spielen unbesiegt. Hey, wir haben 41 Punkte, und damit sicher den Klassenerhalt geschafft. Aber das ist gar kein Thema mehr bei uns. Wo soll das bloß noch hinführen? Und das nach so einer unterdurchschnittlichen Leistung... Den Jungs ist das fast selber peinlich, die jubeln nicht so überschwänglich wie nach dem 1:1 in Berlin. In der U-Bahn fragt mich ein Gladbacher Fan: "Hast Du wenigstens Mitleid?" Ich überlege und antworte: "Nö. Wer so blöd ist und hier die Punkte liegen lässt... der hat´s auch nicht verdient!"
Unsere kleine Familie zerstreut sich sofort nach Spielende in alle Himmelsrichtungen. Meine Currywurst-Pommes-Majo nehme ich auf die Hand mit in den diesmal pünktlichen Regionalexpress. Der ist um 20.15 Uhr in Mülheim. Schalte den Hebel wieder um auf Verbandsliga-Fußball, auf die vorentscheidende Niederlage von Union Mülheim. Auf Judo.
Und ich höre im Hinterkopf wieder Wir sind Helden. "Unerkannt flieg ich ans Ende der Stadt ans Ende der Welt und über den Rand."

Kafumm!Kafumm! Der "Sponsor of the day", Coca Cola, katapultierte irgendwas in die Kurve. "Iiiihr macht Euch lääächerlich!!"

Fotoserie (die Fotos entstanden innerhalb von 90 Sekunden)
 
Anzeigetafel zum ersten! Noch ist Rentner Reitmaier ruhig! Da ists grad passiert! Ab auf den Zaun! Anzeigetafel zum zweiten!
19.13 Uhr - Andi: "Scheiße, ich fotografier schon mal die Anzeigetafel für meine Homepage." 15 Sekunden später: "Wenn ich schonmal dabei bin, klick ich direkt noch ne Spielszene nach!" 19.14 Uhr: Uuuunglaublich! Tooooor! Der gröbste 30-sekündige Jubel ist grad überstanden! Andi: "Das gibts doch nicht!" Weitere 30 Sekunden später: "Mensch, jetzt muss ich die Tafel glatt wieder fotografieren."

Nostalgie und Aktualität
 
Das eine Tor... ... und das andere Tor! Eben noch in der Verbandsliga...
Ohne diesen kleinen, verstaubten Ascheplatz an der Frühlingstraße in Mülheim-Speldorf wäre meine fußballerische Laufbahn - aktiv, passiv und beruflich - nicht in diese extreme Richtung gelaufen! DANKE PLATZ! Schaut Euch das mal an... also wenn dieses Panorama nicht das Symbol für Straßenfußball sein könnte! Die Aktualität und mein Job schrieben vor, dass ich mir noch das Verbandsligaspiel Union Mülheim gegen Union Nettetal anzusehen hatte. Nettetal gewann mit 2:1.

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1. FC Kaiserslautern - VfL Bochum 2:2 (20.3.2004)

So stand´s!

Ein vom Winde verwehtes Jubiläumsspiel mit dem Standardergebnis!

Verdammt windig...Ganz schön windig war´s!

La Valse d'Andi

You´ll never walk alone..."You´ll never walk alone..." - nicht schlecht...!

Langsam schlendere ich über die Straße. Ein Auto kommt mir entgegen, hupt einmal laut und dann sogar mit den Frontscheinwerfern, jaja, ich geh schon zur Seite. Das nächste Auto ist noch weit entfernt. Es ist dunkel geworden in Kaiserslautern, die Straßenlaternen weisen den Weg, und in meinem Ohr kratzt der Kopfhörer. Er kratzt, weil das "Ohrkissen", das sich zwischen den Kopfhörer und die Ohrmuschel bettet, schon so ausgefranst ist, dass es die schonende Funktion nicht mehr erfüllt. Ich setze einen Fuß vor den anderen, wechsel die Straßenseite, schau den Leuten ins Wohnzimmer, ohne dass es sie stört, und höre "La valse d'Amélie", den Hauptsong, den "Walzer" (la valse) aus dem Film "Die fabelhafte Welt der Amélie". Ich schließe die Augen, könnte wie ein Berufstänzer Runde um Runde um Runde auf der Straße drehen... und vergesse für einen Augenblick, irgendwo in Kaiserslautern abzuhängen und auf den Zug zu warten. Es ist Amélie-Zeit. Amélie ist Träumen. Amélie ist Schweigen. Amélie ist Nachdenken. Ich kenne viele, die von sich behaupten, genau wie Amélie zu sein. Das behaupte ich nicht von mir. Aber ein Hauch von diesem Film, von Yann Tiersens Soundtrack, der schlummert so tief in mir, dass keiner außer mir weiß, wo er liegt.
Hab mir gestern die neue Beatsteaks-CD gekauft. Im neuen Musikexpress hat die "Smack Smash" fünf von sechs möglichen Sternchen bekommen, zudem wurden die Jungs aus Berlin von vielen anderen geadelt, muss wohl was dran sein. Und an diesem windigen, bewölkten Morgen kann ich eine gute Portion klassischen Punk sehr sehr gut gebrauchen. Lied 5 ist "Hand in hand", soll das geilste der Scheibe sein... und WOW - das fetzt mir so das Trommelfell weg morgens um 8.45 Uhr, dass meine frisch geduschten Haare ohne Fön ganz alleine trocknen. "She ain´t never gonna get wise!!!", brüllt mir der Sänger ins Ohr, und schon früh stelle ich fest, dass die Scheibe bei mir funktioniert. Zwei Wochen seit dem Berlin-Spiel sind rum. Es geht mal wieder zu einem Auswärtsspiel. Jede einzelne weite Fahrt ist so außergewöhnlich, dass es mir diesmal total normal erscheint, nicht eine halbe Stunde zum Bochumer Ruhrstadion, sondern fünf Stunden zum Lauterer Betzenberg zu fahren. Bleibt noch Zeit zum inne halten? Ruuuuuhig... ganz ruuuuuhig... denn.... TUSCH! Es ist mein 250. VfL-Spiel! 250-mal zittern, 250-mal Vorfreude, 250-mal Jubel, 250-mal Trauer, 250-mal Lachen, 250-mal analysieren... und das 250. Spiel soll ein Beispiel sein für die meisten anderen. Alleine mache ich mich auf den Weg, stelle fest, dass sich mein Pullover nicht mit Regen verträgt und deshalb stinkt, und denke nach. 250. Spiel - in Kaiserslautern. Am Betzenberg. Einmal bin ich schon dort gewesen, aber das ist bestimmt neun Jahre her. Es war mein erstes Auswärtsspiel außerhalb Nordrhein-Westfalens. Damals war das Wochenend-Ticket grad neu eingeführt worden, es kostete noch 15 Mark! Wirklich, nur 15 Mark! Und Thommy Schmalenbach, ein damaliger Mitschüler in der zehnten Klasse, und ich teilten uns die Fahrkarte (für 7,50 Mark nach Kaiserslautern...) und saßen die sehr ermüdende Zeit von sechs Stunden im Zug; stiegen alle 45 Minuten um und sprinteten den Betzenberg rauf und wieder runter. Pünktlich zum Anpfiff waren wir im Stadion, und nach 15 Minuten lag der VfL schon 0:3 zurück, soweit ich mich erinnern kann. Was für ein Tag. Schaue aus dem Zug, höre immer noch "SHE AIN´T NEVER GONNA GET WISE!!!!!!", und es macht mich wacher von Moment zu Moment. Ich muss vorsichtig sein. Aufpassen. Darf nicht einschlafen. Umsteigen in Köln. In Mainz. Und in Bad Münster am Stein, wo auch immer das sein mag. Die Zugfahrt ist ruhig. Es ist bereits mein drittletztes Auswärtsspiel in dieser Saison. Dortmund und Köln fallen für mich aus, weil ich arbeiten muss; bleiben noch Stuttgart und Frankfurt. Und eben Kaiserslautern.
Es geht vorbei an Weindörfern. Auf der neuen ICE-Strecke zwischen Köln und Frankfurt entlang, die ich zwischendurch in Mainz verlasse. Zwischenhalte in Montabaur und Limburg Süd, da steigt keiner ein, keiner aus, und ich überlege, ob ich in diesem Text rumpolitisieren soll, wie sich die Bahn beim Bau dieser Strecke finanziell verhoben hat... na, ich lass es sein. Es ist so trostlos im Zug und draußen im Frühlingssturm, dass die Fahrt langweilig und vor allem langatmig zu werden droht; hab keine Lust auf Telefonieren, auf Lesen, auf Schreiben, auf smstippen, noch nicht einmal das Kribbeln ist da, wir stehen ja schließlich momentan relativ sicher auf Platz vier und das heutige Ergebnis ist mehr oder weniger schnurz...
... bis, ja bis ich in Bad Münster am Stein eintreffe. Nur sechs Minuten Zeit habe ich zum Umsteigen... ich komme an und weiß: Hier bin ich richtig. "Unsere Heiiimat - unsere Liiiebe - in den Faaaaaaarben BLAU und WEISS!!", schallt es aus einem an einem anderen Gleis stehenden Zug, und ich weiß: Das muss meiner sein. Mittlerweile bin ich in meinem Discman auf die Ärzte umgestiegen, und während Farin "Ich bin reich" brüllt, drücke ich auf den STOP-Knopf und schaue einfach nur noch eine Stunde lang meinen VfL-Mitstreitern zu, die ununterbrochen grölen und saufen. "2010...", stimmt jemand an, "ihr werdet es schon sehn, wir holen den U-U-EFA-Cup und wir weeeerden deutscher Meister", singt der Zug mit. Den Einheimischen (und noch viel mehr den zusteigenden FCK-Fans) wird immer mulmiger, bis ich dazulerne, wie der Song weitergeht! Nämlich mit dem alternativen Beginn "2008 - wer hätte das gedacht" und "2006 - da seid ihr ganz perplex!" Mein absoluter Favorit, und da geht es gerade an der Weltstadt Imsweiler vorbei (die gebührend gefeiert wird; "Imsweiler - oho, Imsweiler - ohohoho!"), geht nach der Melodie der Vogelhochzeit: "Die absolute Hääärte sind Oberlippenbääärte - peterneururerpeterneururerpeterneuruneururer!" Da muss ich sogar laut lachen, und alle gucken mich an.
Es läuft alles so wahnsinnig glatt. Pünktlich am Hauptbahnhof, pünktlich am Stadion, den Weg direkt gefunden. Direkt gefunden? Das ist nicht wirklich schwer. Es ist beeindruckend. Schon nach dem ersten Schritt auf Lauterer Boden wird der Auswärtsfan mit der rauen Wirklichkeit konfrontiert. Wie eine Statue wirkt das Stadion, bedrohlich nahe, als würde es den Rest der Welt unter sich begraben wollen. Kein anderes Stadion der Bundesliga liegt so passend, so erhaben, so zentral, so schön. Vom "Mythos Betzenberg" ist oft die Rede, und nur wer auf den Gleisen des Lauterer Hauptbahnhofs steht, begreift einen Teil davon. Ohne diesen Anblick wäre Kaiserslautern eine Stadt von vielen anderen, aber mit ihm...!?
Ich bringe meine Tasche zum Gepäckbus, knipse ein bisschen rum, sage Dirk und Gerd meinen sms-Ergebnisticker an, bestelle bei der schönen Diana, die extra ein handbemaltes Namensschildchen trug (wo war ihre Telefonnummer?) eine Cola und eine Bratwurst und setze mich ins Stadion. Betzenberg. Fritz-Walter-Stadion. 70 Minuten noch. Der "Mythos". Das Stadion ist total unförmig. Die so "legendäre" Westkurve sieht aus wie der altmodische Stehplatzblock im Georg-Melches-Stadion, absolut klein und traditionell. Und der Rest? Der Rest ist gerade frisch modernisiert, und die Osttribüne - auf der wir Gäste stehen - befindet sich noch mitten in der Bauphase. Der Betzenberg. Fritz-Walter-Stadion. Pfalz. Sturm. Es ist so windig, dass ich mir wohl bald einen Zopf binden muss. Vor lauter Haaren im Gesicht kann ich kaum noch etwas sehen.
Das Kribbeln kommt später als sonst. Später als in den bisher 249 Spielen. Wir stehen alle eng zusammen; in dem Bereich der Kurve, in dem der schon gebaute Teil des Dachs vor Regen schützt. Trocken. Und Körperwärme. Die üblichen Auswärtsgesichter sind auch diesmal vertreten, die üblichen Gesichter fehlen aber auf dem Platz. Nicht Meichelbeck vertritt den gesperrten Kalla, sondern unser Anton Vriesde Fußballgott. "Na dann wird die Null wohl stehn", frohlockt Gerd. Die letzten drei Spiele haben wir hier gewonnen, und doch bin ich skeptisch. Irgendwann muss doch unsere Serie reißen - und da wir ohnehin erstmal Vorsprung haben; warum nicht heute? "You´ll never walk alone", schmettern die FCK-Fans, und die Abertausend Schals sorgen für Gänsehaut-Feeling. Und in Liverpool ist das bestimmt doppelt so laut. Anpfiff, abtasten, ein paar Ballstafetten auf beiden Seiten. Von der gefürchteten Betze-Stimmung keine Spur. Abstiegskampf gegen "Europapokal"-Sprechchöre. Und in den Abstiegskampf sind diesmal nicht wir verwickelt. Es ist kalt... und dann? Tchato wagt einen Rückpass, Hashemian jagt dazwischen, umspielt Wiese und Toooooooooooooooor... 16. Minute, der Spielverlauf steht Kopf. Aus dem Nichts, aus dem luftleeren Raum fällt dieses Tor und es ist der wahre Anpfiff für ein nun hochklassiges Spiel. Die Lauterer fühlen sich durch dieses 0:1 persönlich beleidigt und schlagen sofort zurück. Sie spielen so offensiv und mutig nach vorn, dass unsere kaum noch atmen können. Das Schema ist überwiegend gleich: Lange Bälle nach vorn, die per Kopf abgelegt oder verlängert werden. Fall eins: Klose, er ist frei durch - Pfosten - 13. Minute. Fall zwei: Malz, ein Kopfball, van Duijnhoven hält - 22. Minute. Fall drei: Bjelica, diesmal per Freistoß - Pfosten - 27. Minute. Zwischendurch ist unser Peter Madsen frei durch, Wiese hält, so ein Scheiß - 30. Minute. Dann noch ein Kopfball von Lokvenc - wieder hält van Duijnhoven, unser Teufelskerl - 40. Minute. Immer noch steht 1:0 auf der Anzeigetafel, mit mehr Glück als Verstand. Anton hintendrin wackelt ganz schön, vorn kommt kaum Entlastung. Mensch Schiri, pfeif doch Halbzeit. Ein Angriff. Zdebel flankt auf Madsen, der legt per Kopf kurz ab, WOSZ schießt, GEHALTEN, dannnn... Kopfball, Tooooooor! Kopfball? Der Zwerg Wosz? Das gibt es doch gar nicht. Der Schiri pfeift zur Pause, und es ist völlig unverdient. 2:0 für uns. Total abgezockt. Einfach clever und zum richtigen Zeitpunkt die Chancen ausgenutzt. Beeindruckend effektiv wie noch nie. Ein sehr gutes Fußballspiel.
Irgendwie erinnert die gegenüber liegende Westkurve ans Ruhrstadion. Aber die inzwischen dort und überall eingefügten Stangen mit fest montierten Sitzplätzen, die bei Bedarf runtergeklappt werden können, sind der Tod einer guten Fankurve. Hoffentlich kommt es beim VfL nie so weit. Halbzeit zwei beginnt... auf der Anzeigetafel läuft die ganze Zeit Werbung mit, es macht mich ein wenig kirre. 55. Minute, ein Schuss von Bjelica, van Duijnhoven? Was is´n da los? Der lässt ihn abklatschen, Lokvenc, Tor. 1:2. Ausgerechnet der Rein, der bisher beste Spieler des Tages und der Saison. Wir alle halten unsere Klappe. Wir wissen, was kommt. Die Abseitsfalle versagt, kein Kalla, der die Arme hebt, sondern Anton, der die Falle verpennt... Wieder Lokvenc, 64. Minute, 2:2. Vorsprung dahin. Keine Entlastung mehr. Peter setzt auf Defensive, nimmt Wosz raus und bringt Tapalovic. Anton verletzt sich noch, Edu kommt. Und jetzt ist er da, der Betze. Wobei´s mich eher stört. Jede Schiedsrichterentscheidung gegen die eigene Mannschaft wird mit Pfiffen und "Hängt sie auf die schwarze Sau"-Rufen begleitet. Das ist wirklich unsportlich! Als der Schiri eine ganz deutliche und offensichtliche Schwalbe von Klose nicht ahndet, bricht fast das Stadion vor lauter Pfiffen zusammen. Und dabei ist heute Minusrekord mit nur 33.000 Zuschauern! Wir strengen uns an, dass unsere Serie reißt. Lokvenc schießt - van Duijnhoven hält. Überhaupt hält der Rein danach alles. Und siehe da... so sehr wir uns auch um eine Niederlage bemühen, es klappt nicht. 2:2. Mein 250. VfL-Spiel beginnt mit dem Ergebnis, das ich in dieser Zeit am häufigsten gesehen habe. Ich bin zufrieden. Punkt geholt. Glücklich. Vorsprung behalten. Schönes, faires, spannendes Spiel gesehen.
Gemütlich schlurfe ich zurück in die Innenstadt. Höre als erstes wieder "Hand in hand" von den Beatsteaks, krame den Block hervor, auf dem ich mir die Baedeker-Notizen über Kaiserslautern aufgeschrieben habe. Die Polizei trennt VfL- und FCK-Fans, dabei ist die Stimmung bis auf wenige Ausnahmen sehr friedlich. "Ihr seid die Ruhrpott-Kanaaaaacken", brüllt ein offensichtlich betrunkener Lauterer. "Wir sind die Ruhrpott-Kanaaacken", antwortet ein Fünfer-VfL-Grüppchen, alles im Rahmen. Und die Polizei? Sie kesselt die Bochumer Gruppe ein. Auch ich werde darauf aufmerksam gemacht, mich nicht schnell fortzubewegen. Ich habe es so satt, kriminalisiert und wie ein Schwerverbrecher behandelt zu werden, nur weil ich Gästefan bin. Gerd Dembowski von BAFF, ich werde bald bei Deiner Organisation mithelfen, um etwas dagegen zu tun. Am Kassenhäuschen werde ich bis zum besten Stück abgetastet... aber nur, wenn ich den VfL-Schal trage. Heute habe ich das ausgetestet. Beim ersten Abtasten ohne Schal kam ich locker durch, beim zweiten mit Schal hingegen... Noch 75 Minuten verbleiben bis der Zug fährt. Ich wandere ein wenig durch die Straßen, durch die Randausläufer der City, und stelle fest, worin der Reiz dieser traditionellen Stadt liegt. Sie ist - so scheint´s mir - die kleinste aller Bundesligastädte mit nur 102.000 Einwohnern, und doch gemütlich und in sich geschlossen. Von vielen Punkten ist das Stadion zu sehen... Aus jeder Kneipe weht eine FCK-Flagge, hier kommst Du wirklich als Fritz Walters Enkel auf die Welt. Studenten gibts hier auch, sie passen auch ein wenig ins Stadtbild, zu den vielen kleinen Kneipen - und doch... du lebst wie in Seahaven, dem von der Außenwelt abgeschirmten Dorf aus der "Truman Show". Die nächst gelegene interessante Stadt ist 50 Kilometer weg; und einzig der Fußball verbindet Kaiserslautern mit den Leuten "da draußen". Daher die Heimatverbundenheit, die Identifikation einer ganzen Region mit dem FCK. Studieren und leben hier wäre nichts für mich. Und der Chinese, bei dem ich mir gebackene Hühnerbrust mit Reis und süß-saurer Soße einverleibe, auch nicht. Das Essen ist kalt. Ich knipse ein paarmal, formuliere meine Eindrücke im Kopf vor, und verschwinde.
Vor mir liegt eine anstrengende Rückfahrt. Viermal umsteigen, zur Ruhe werde ich wohl nicht kommen. Am Hauptbahnhof ist kein VfL-Fan mehr, der Sonderzug ist seit 40 Minuten weg. Ich steige ein in die Bimmelbahn, und stelle mir vor, wie es ist, in Münchweiler zu wohnen und zu einer Party nach Altenbamberg zu fahren. Nee, so ein Dorfleben will und werde ich niemals führen... Allein die Tatsache, dass es vom Ruhrgebiet keine Direktverbindung nach Kaiserslautern gibt, zeigt, wie weitab vom Schuss das liegt. Umsteigen in Bingen am Rhein. Ein besoffener Lautern-Fan taumelt mir entgegen. "Bist zufrieden mit dem Punkt?", fragt er. Ich bejahe. "Bochum-Fans sind alle nett. Da habe ich ganz andere erlebt!" "Danke!" Umsteigen in Koblenz. In Köln. In Duisburg. Alles ist pünktlich. Mein 250. VfL-Spiel, mein nächster Tagesausflug geht mit der Ruhe zu Ende, mit der er begonnen hat.
Auf dem Fußweg zurück zu meiner Wohnung lausche ich wieder den Tönen von "La valse d'Amélie".Träume von Filmszenen. Von Sacre Coeur in Paris, von dem kleinen Bistro, dem Gartenzwerg auf Reisen. Ein paar mehr Träume würden der Welt gut tun. Ein wenig mehr Phantasie, wenn ich bitten darf. Wie würde wohl ein Lied von Yann Tiersen klingen, dass "La valse d'Andi" heißt? Keine Ahnung. Ich weiß nur, wie das Video aussehen würde. Zusammenschnitte aus meinen bisher 250 Spielen. Zu Hause. Auswärts. Neue Städte erkunden. Sich in Bochum wohlfühlen. Jubel. Trauer.
Heute, das war ein Querschnitt durch alle Emotionslagen.
Durch alle.

Das Spiel
 
Einlaufen Torjubel zum 1:0! Die Tafel zum ersten... ... und die Tafel zum zweiten!
Und zum 250. Mal beginnt bei mir in diesem Augenblick das Kribbeln vor einem Bundesligaspiel mit VfL-Beteiligung. Und es ist genauso groß wie beim allerersten Spiel! Und im 250. Spiel enttäuschen mich die Jungs nicht: Hashemian bedankt bei sich Lauterns Abwehr für einen sensationellen Fehler und trifft! Und dieses Bild hätte ich auch gern in der 90. Minute geschossen! Dieses Foto wäre mir in der 90. Minute sogar noch viel lieber gewesen. Aufgenommen kurz nach Dareks 2:0. Schaut Euch mal die Wolken an: Und das um 16.15 Uhr!!
Freistoß für den VfL...! Langer Pass... aber ABSEITS! Kurz vor der Welle... ... und GANZ GANZ KURZ vor der Welle!
Zweite Halbzeit, Lautern hat inzwischen ausgeglichen... wir greifen nochmal kurz an... ... aber weder der Freistoß noch dieser lange Pass auf Peter Madsen bringen etwas ein! Wir sind nachher dennoch mit dem einen Punkt am "Betze" zufrieden... ... und machen gern mit den Jungs die Welle. Mein 250. Spiel ist vorbei!

Kaiserslautern
 
Der Betzenberg vom Hauptbahnhof aus! Kaiserslautern vom Betzenberg aus! Das Fritz-Walter-Stadion von außen!
Das Stadion überstrahlt alles in dieser Stadt - wenn nicht irgendjemand auf die Idee gekommen wäre, diese hässlichen Hochhäuser davor zu bauen. Imposant ist es trotzdem... Von oben hat "man" logischerweise eine ziemlich beeindruckende Sicht über die gesamte kleine Stadt! So sieht die Gäste-Tribüne (in Kaiserslautern die Ost-Tribüne) von hinten aus!
Das Fritz-Walter-Stadion von innen! Irgendeine Kirche Downtown! Vom Wind verstrubbelt!
Die Hauptattraktion Nummer 1 der Stadt Kaiserslautern: Das Fritz-Walter-Stadion mit der noch frischen Gegentribüne! Gang durch die Innenstadt: Irgendeine Kirche, die Marienkirche oder so. Zu den "Hauptplätzen" der City habe ich es nicht ganz geschafft. Ganz schön geschafft schaut Euer Andi... war auch ganz schön windig, kann ich Euch sagen!
Komische Schilder! Irgendeine Straße! Der Betzenberg in der Nacht!
Versteh einer die Schilder... Ja wo ist denn nun Ost, Nord und West? Und warum so viele Parkhäuser, wenn die City genauso groß ist wie das Centro Oberhausen? Warum nicht nur ein Parkhaus? Sind doch sowieso Massen an Plätzen frei!! Die spinnen, die Pfälzer! Irgendeine Straße am Rand der City um kurz vor sieben. Dort fand ich einen China-Mann, bei dem ich etwas essen konnte. Und das ist der Blick vom Bahnsteig des Hauptbahnhofs auf den Betzenberg. Ich gebe zu, live war der Blick beeindruckender... Könnt Ihr überhaupt was erkennen?

Ein paar Daten (entnommen dem BAEDEKER, der Kaiserslautern eine knappe Seite widmet):
Einwohnerzahl: 102.000 (so wenig? Hätte wirklich mit deutlich mehr gerechnet! Die Stadt ist nur 60 Prozent so groß wie Mülheim! Heftig!)
Bundesland: Rheinland-Pfalz (Anmerkung: Wie war das noch? Eine ganze Region, ein ganzes Bundesland steht hinter diesem Klub?)
Lage und Allgemeines: Die alte "Barbarossastadt" Kaiserslautern, so genannt nach der Pfalz, die Friedrich I. Barbarossa hier errichten ließ, ist das kulturelle und wirtschaftliche Zentrum des Pfälzer Waldes.
Geschichte: Eine früheste Siedlung entstand um einen Ende des 9. Jahrhunderts erstmals erwähnten fränkischen Königshof. 1152 wurde die Pfalz Barbarossas gebaut, neben deren Mauerreste Pfalzgraf Johann Casimir im 16. Jahrhundert ein Renaissanceschloss errichtete. Seit 1970 ist Kaiserslautern Sitz einer Universität (ich kenne keinen, der jemals dort studiert hat. Ihr etwa?)
Sehenswertes: Im Mittelpunkt der Stadt erhebt sich der Stiftsplatz mit der dreitürmigen Stiftskirche. Der sogenannte Schöne Brunnen vor der Kirche stammt von 1571. Unweit nordöstlich wurde im 14. Jahrhundert am St. Martinsplatz, der das Tor zur Altstadt bildet, die gotische St. Martins-Kirche im typischen Stil der mittlalterlichen Bettelordenskirchen errichtet. In nordwestliche Richtung führt von hier die Steinstraße mit ihren vielen Kneipen und Bistros. Unweit des St. Martinsplatzes ist die 1843 bis 1846 nach dem Vorbild des Palazzo Medici in Florenz erbaute Fruchthalle sehenswert. Heute dient sie als Veranstaltungshalle. Nördlich davon gruppieren sich um den Willy-Brandt-Platz das Theater, das 84 m hohe Rathaus und der Casimirbau, der in den Rathaus-Komplex eingegliedert ist. Und wieder merke ich was an: Ich bin eigentlich nur "um die City rum" gelaufen. Ich hatte nur 75 Minuten Zeit und wollte mir dringend in Ruhe was zu essen suchen. Aber mein kleiner Spaziergang hat trotzdem (siehe Text) Erkenntnisse gebracht!
Ausflugsziele: Schöne Ausflugsziele und Wandermöglichkeiten findet man südlich von Kaiserslautern im Pfälzer Wald und im Norden im Pfälzer Bergland. Im nördlich von Kaiserslautern gelegenen Dannenfels beginnen beispielsweise schöne Wanderwege zum 687 m hohen Donnersberg. Beim ca. 35 km nordwestlich gelegenen Ort Kusel hat man die mit einer Länge von 425 m größte pfälzische Burganlage. Die am nächsten gelegenen Großstädte sind Ludwigshafen, Mannheim, Mainz und Saarbrücken (jeweils etwa 50 km weg). Sprich: Arme Lauterer! Sie leben am Arsch der Welt!
UND DAS MEINT "1000 TIPPS FÜR AUSWÄRTSSPIELE": u.a. "Kaum ein Stadion hat eine derart herrliche Lage aufzuweisen wie Kaiserslauterns Fußballtempel, der hoch über der kleinen Stadt thront und wie eine Herrscherburg verkündet, wer in der Pfalz das Sagen hat: Der FCK" ... "Wo immer man in der Pfalz auch hinkommt, trifft man garantiert auf FCK-Fans, denn kaum ein Verein weiß seine Region derart geschlossen hinter sich wie die "Roten Teufel". Der FCK spielt eben nicht nur für Kaiserslautern, er spielt für die gesamte Pfalz." ... "Kneipen? Im Stadionumfeld sieht es eher mau aus und Genießer nehmen am besten die zehn Minuten Fußweg in die Altstadt in Kauf, um aus dem dortigen reichhaltigen Angebot auswählen zu können. Im Anschluss an ein FCK-Spiel bekommt man dort unten übrigens rasch den Eindruck, als sei jede Kaiserslauterer Kneipe auch FCK-Schuppen!" (Ich sah Läden mit tollen, einfach Namen wie "Bächle" oder auch "Theke")! ... "Parkplätze? In Stadionnähe katastrophal!" (oh ja, das kann ich bestätigen: Die haben alle geparkt wie Sau... unfassbar!)
Ganz zum Schluss: Eine kurze Geschichte des einst so gefürchteten "Betzenbergs" (dann ist der touristische Teil endlich vorbei): Seit 1920 wird das Betzenberggelände als Sportstätte genutzt. Das Areal wurde Schritt für Schritt ausgebaut. 1925 erhielt es eine Holztribüne, ein Jahr später wurde aus dem Sand- ein Rasenplatz und Anfang des 30er Jahre konnte das Fassungsvermögen mittels Betontraversen und einer kleinen überdachten Tribüne auf der Nordseite auf 18.000 geschraubt werden. Parallel dazu begann der Aufstieg des 1932 FCK genannten Klubs. Im zweiten Weltkrieg wurde der Betzenberg erheblich beschädigt, sodass der FCK oft nach Ludwigshafen umziehen musste. 1953 wurde das Fassungsvermögen auf 25.000 angehoben, der FCK kehrte zurück (feierte aber die Meisterschaften 1951 und 1953 noch auswärts). 1963 gab es eine neue Flutlichtanlage und 57 Stufen in der Westkurve, und sukzessive wurden alle Tribünen modernisiert bzw. ersetzt. Seit 1985 heißt der Betzenberg "Fritz-Walter-Stadion". Inzwischen ist die Arena wieder eine Baustelle - für die WM 2006 werden für 50 Millionen Euro die Ost- und Westtribüne aufgestockt. Dann fasst das Stadion 50.000 Zuschauer.

Hinfahrt (ohne Probleme - alles war pünktlich! Ein HOCH auf die Bahn!)
 
Köln Hauptbahnhof Mainz Hauptbahnhof Bad Münster am Stein Kaiserslautern Hbf
9.16 Uhr bis 10.11 Uhr: Regionalexpress von Mülheim bis Köln! 10.27 Uhr bis 11.44 Uhr: ICE von Köln bis Mainz! 11.55 Uhr bis 12.27 Uhr: Regionalexpress von Mainz bis Bad Münster am Stein! 12.33 Uhr bis 13.31 Uhr: Regionalbahn (oder besser: Bimmelbahn) von Bad Münster am Stein nach Kaiserslautern!

Für die Bahnfreaks hier noch der genaue Reiseplan (und für die anderen: Ich könnte schwören, dass keiner von Euch ALLE diese Orte kennt, an denen meine Züge heute anhielten...)
9.16 Uhr bis 10.11 Uhr: Regionalexpress von Mülheim Hbf bis Köln Hbf über: Duisburg Hbf - Düsseldorf-Flughafen - Düsseldorf Hbf - Düsseldorf-Benrath - Leverkusen Mitte - Köln-Mülheim - Köln-Deutz
10.27 Uhr bis 11.44 Uhr: ICE von Köln Hbf bis Mainz Hbf (die neue Schnellstrecke entlang) über: Montabaur - Limburg Süd - Wiesbaden Hbf
11.55 Uhr bis 12.27 Uhr: Regionalexpress von Mainz Hbf bis Bad Münster am Stein über: Ingelheim (Rhein) - Gensingen-Horrweiler - Bad Kreuznach - Bad Münster am Stein
12.33 Uhr bis 13.31 Uhr: Regionalbahn von Bad Münster am Stein bis Kaiserslautern Hbf über: Altenbamberg - Hochstätten (Pfalz) - Alsenz - Rockenweil - Imsweiler - Winnweiler - Münchweiler (Alsenz) - Enkenbach - Hochspeyer

Rückfahrt (nochmal alles pünktlich - hipp hipp hurra!)
 
Bingen (Rhein) Hbf Koblenz Hbf Köln Hbf Duisburg Hbf
19.24 Uhr bis 20.59 Uhr: Regional (bimmel) bahn von Kaiserslautern bis Bingen (Rhein)! 21.09 Uhr bis 22.03 Uhr: Regionalbahn von Bingen (Rhein) bis Koblenz! 22.12 Uhr bis 23.06 Uhr: IC von Koblenz bis Köln! 23.13 Uhr bis 23.47 Uhr: ICE von Köln bis Duisburg und...
23.57 Uhr bis 0.04 Uhr: S1 von Duisburg nach Mülheim!

Und zusätzlich noch sei Euch mitgeteilt, welche Irrwege ich auf dem Weg zurück zur Ruhr auf mich nahm (als einziger VfL-Fan mit einem solchen Umweg - ich mag es kompliziert):
19.24 Uhr bis 20.59 Uhr: Regionalexpress von Kaiserslautern Hbf bis Bingen (Rhein) Hbf über: Hochspeyer - Enkenbach - Münchweiler (Alsenz) - Winnweiler - Imsweiler - Rockenweil - Alsenz - Hochstätten (Pfalz) - Altenbamberg - Bad Münster am Stein - Bad Kreuznach - Bretzenheim (Nahe) - Langenlonsheim - Laubenheim (Nahe) - Münster-Sarmsheim
21.09 Uhr bis 22.03 Uhr: Regionalbahn von Bingen (Rhein) Hbf bis Koblenz Hbf über: Trechtingshausen - Niederheimbach - Bacharach - Oberwesel - St. Goar - Boppard-Hirzenach - Boppard-Bad Salzig - Boppard Hbf - Spay - Rhens
22.12 Uhr bis 23.06 Uhr: IC von Koblenz Hbf bis Köln Hbf über: Bonn Hbf
23.13 Uhr bis 23.47 Uhr: ICE von Köln Hbf bis Duisburg Hbf über: Düsseldorf Hbf
23.57 Uhr bis 0.04 Uhr: S1 von Duisburg Hbf bis Mülheim Hbf über: Mülheim-Styrum

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VfL Bochum - FC Schalke 04 1:2 (27.3.2004)

... ist im VfL-Tagebuch 2003/2004 - TEIL 6 nachzulesen !

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VfL Bochum - TSV München 1860 4:0 (27.3.2004)

... ist im VfL-Tagebuch 2003/2004 - TEIL 6 nachzulesen !

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Eintracht Frankfurt - VfL Bochum 3:2 (15.5.2004)

... ist im VfL-Tagebuch 2003/2004 - TEIL 6 nachzulesen !

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VfL Bochum - Hannover 96 3:1 (22.5.2004)

... ist im VfL-Tagebuch 2003/2004 - TEIL 6 nachzulesen !

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