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ZUM 1. TEIL DES TAGEBUCHS DER AKTUELLEN SAISON 2004 / 2005 ----
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ZUM 3. TEIL DES TAGEBUCHS DER AKTUELLEN SAISON 2004 / 2005 ----
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ZUM 4. TEIL DES TAGEBUCHS DER AKTUELLEN SAISON 2004 / 2005 ----
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ZUM 5. TEIL DES TAGEBUCHS DER AKTUELLEN SAISON 2004 / 2005 ----
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ZUM 6. TEIL DES TAGEBUCHS DER AKTUELLEN SAISON 2004 / 2005 ----
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VfL Bochum - FC Hansa Rostock 0:1 (16.10.2004)
Erfolg ist vergänglich - dem Fußball-Orgasmus vor fünf Monaten folgt das Nichts und ein Nachmittag zum Schämen
In der Fankurve... (v.l.) Sam, Krüger, Gerd
Bochum, wir haben ein Problem!
Fünf Monate ist es her,
dass ich mich freudestrahlend, siegestrunken, überglücklich und
fassungslos an diesen Computer setzte und die Zeilen "Wir sind im UEFA-Cup"
verewigte. Zwei Jahre lang war diese Homepage eine einzige Partyorgie,
ein verbaler Fußballorgasmus, ein fortlaufender. Elf Pflichtspiele
und einen Sommer später hocke ich auf meinem höhenverstellbaren
Schreibtischstuhl, habe mich nach ganz unten gedrückt, ganz so, wie
es meine Gemütsverfassung momentan will, und mir sprudeln die Worte
wieder heraus. Aber diesmal bin ich nicht freudestrahlend. Nicht siegestrunken.
Nicht überglücklich. Aber doch fassungslos.
Es ist das erste Mal, dass
ich das Ruhrstadion nach "dem" Spiel betrete. "Dem" Spiel, dessen Name
wir alle nicht mehr aussprechen wollen. In den letzten Tagen, in den letzten
zweieinhalb Wochen habe ich Abstand gebraucht. Musste Zeit für mich
gewinnen. Es klingt danach, als sei ich von der Liebe meines Lebens verlassen
worden, und ein bisschen was davon hatte dieser Moment auch. Er hat so
weh getan. So weh, dass mich dieses Tor in "diesem" Spiel bis in meine
Träume verfolgt hat. Ich an der Stelle von Edu, und ich haaaaauuuuu
den Ball weg, bis zum Hauptbahnhof, bis nach Essen, bis nach Mülheim,
der Ball fliiiiiegt, und wir sind weiter. Ich wusste eine Sekunde später,
dass ich diesen Moment in meinem ganzen Leben nicht vergessen werde. Ein
Moment, den mir niemand mehr nimmt. Was ist da nur passiert? Deprimiert
schlich ich durch Turku, durch Stockholm, durch Mülheim. Ab und zu
hämisch beklatscht, meist aber bemitleidet. Bitter, so bitter. Das
"Bochum"-Lied von Grönemeyer höre ich eigentlich selten bis nie
zwischen den Heimspielen. Zur Aufmunterung hörte ich es in den letzten
Tagen täglich. Und das dreimal.
Okay, Neubeginn.
Der "worst case", der größte
anzunehmende Unfall, das Schlimmste ist eingetreten. Raus aus dem UEFA-Pokal.
Raus aus dem DFB-Pokal. Und in der Bundesliga stehen wir weit unten. Eigentlich
können wir schon mit der Planung für 2005/2006 beginnen, absteigen
werden wir wohl nicht. Es sei denn, ja es sei denn, wir schaffen nochmal...
aber dann müssen wir heute damit anfangen. Heute, gegen Rostock, den
Tabellenletzten, den vermutlich sicheren ersten Absteiger dieser Saison.
Voller Tatendrang ziehe ich mein Kalla-Trikot über den Kopf, stopfe
meine Digitalkamera in die rechte Hosentasche, und motiviere mich selbst,
die Spieler, den Trainer, alle VfL-Fans: "LOS!!! HEUTE!!!" Muss das bescheuert
aussehen. Huch, was ist das denn? Die aktuelle Stadionzeitung "Mein VfL"
für das heutige Spiel steckt in meinem Briefkasten. Merkwürdig.
Ist das üblich für Mitglieder? Wenn ja: Warum kriege ich die
heute zum ersten Mal? Mitglied bin ich schon etwas länger! Egal. Gutes
Omen? Schlechtes Omen? Gar kein Omen. Sortier dich, Andi, sortier dich.
Wofür war das UEFA-Pokal-Aus gut, frage ich mich im Regionalexpress.
Ich überlege und denke nirgendwofür. Dass wir alle wieder auf
dem Boden der Tatsachen sind, ist zwar korrekt, aber wer will schon auf
dem Bürgersteig der Tatsachen herumlaufen? Wo es doch in schwindelerregenden
Höhen so schön ist? Der Bochumer Hauptbahnhof ist eine Baustelle.
Wie der VfL. Und im U-Bahn-Tunnel wird auch gebaut. Erstmals geht es mit
Sonderbussen zum Stadion. Und der scheint einen Umweg über Mülheim
zu nehmen. Das dauuuuert und dauuuuert. Endlos. 30 Minuten später
hocke ich in der Kurve, mit einer Bratwurst in der Hand. Das Stadion steht
noch. Deprimiert sind wir alle geblieben. Viele empfangen ihre Kurvenkollegen
(ich auch) mit dem Satz "Wir konnte deeeer bloß über den Ball
treten?" Es verfolgt uns alle. Es ist keine leichte Zeit für die Stadt
Bochum. Der VfL scheint wieder da anzukommen, wo er ein paar Jahrzehnte
verbrachte - und dem Opel-Werk droht die Schließung. Es ist eine
traurige Atmosphäre. Auf den Pupillen der meisten Zuschauer ist die
Anzeigetafel vom UEFA-Cup-Spiel mit dem "1:1" drauf zu erkennen. Und im
Sinn haben viele das Opel-Werk. Einige Mitarbeiter dieser Firma kommen
auch zum VfL, und solidarisch ist auch der Rest. "Bochum ohne Opel ist
wie der VfL ohne Ball", steht auf einem Plakat, "Gemeinsamer Kampf um jeden
Arbeitsplatz" auf einem anderen. 4000 von 10.000 sollen abgebaut werden,
von den Zulieferfirmen ganz zu schweigen. Im Opel-Werk läuft ein Streik,
und wir brüllen laut "Opel! Opel! Opel!"
Keine leichte Zeit.
Das "Bochum"-Lied kommt
zur rechten Zeit. Die Melodie bohrt sich fest im Kopf, obwohl sie schon
1000-mal mein Gehirn erreichte, meine Sinne streichelte. "Tief im Westeeeeeen....",
eiert Grönemeyer durch die Lautsprecher. Und es versöhnt ein
wenig. Mit der Ungerechtigkeit der Fußballwelt. Mit dem Herbstwetter.
Ach mit wasweißich. So richtig aus sich raus geht niemand heute.
Zumindest zu Beginn. Dass fast 25.000 Zuschauer da sind, ist für mich
ohnehin ein Wunder. Folgt eine Trotzreaktion? Es wäre zu schön.
So können wir uns nicht aus dem internationalen Geschäft verabschieden.
Doch wie lange dauert die erneute Rückkehr? Nicht an dieses Spiel
denken. Nicht! "Andi, wir wollten doch nicht darüber reden", sagt
Sam zu mir, und JA, er hat Recht. Aber, by the way: Wie konnte der Edu
da über...!?! Neeeein... Rostock, unser Angstgegner. Ein offensives
Spiel kündigt sich an. Beide Trainer setzen auf drei Stürmer.
Bei uns spielt Peeeeeeeeter Madsen wieder - Preuß muss raus. Und
Meichelbeck vertritt den verletzten Knavs in der Abwehr. "Ich hab", unkt
Sam, "ein verdammt gutes Gefühl, dass die das klar gewinnen." Doch
nichts passiert. Dieses eine Gegentor in diesem einen Spiel scheint unseren
Jungs die Fähigkeit, gepflegt Fußball spielen zu können,
zerstört zu haben. Kaum ein Pass findet einen Abnehmer. Die Bemühungen,
einen Zweikampf zu gewinnen, enden zwar oft im Erfolg - aber genauso oft
verschwindet der Ball danach im Niemandsland. Langsam, behäbig, schlecht.
Die Rostocker haben Platz, nutzen den Raum für ihr gutes Kombinations-
und Direktspiel. Und haben eine Chance nach der anderen. Oft verschränke
ich meine beiden Arme, noch öfter halte ich mir die flache rechte
Hand vor die Augen. Will nicht mehr hingucken. Ist es wieder da, das Abstiegsgespenst?
Schaut es mal wieder vorbei in Bochum, hat es geklingelt, ganz nach dem
Motto "ich wollte mal wieder alte Bekannte auf nen Kaffee besuchen?" Im
Moment machen alle Fehler. Der Trainer, die Spieler, auch die Fans. LAUT
UND NOCH LAUTER müsste es in dieser Lage werden, doch immer leiser
wird es. Rostock vergibt eine Riesenchance nach der anderen. Zweimal rettet
Sören Colding auf der Torlinie, was Sam zum Satz "Wenigstens auf der
Linie sind alle gut" treibt. Dass es zur Pause 0:0 steht, ist so glücklich,
dass die Mannschaft in der Kabine ein Rubbellos freirubbeln sollte. Gewinn
an einem solchen Tag garantiert. Wir schauen uns ratlos an. Verstehen die
Welt nicht mehr. Was ist da los? Wenigstens lassen wir uns die Laune nicht
verderben. "Hängt sie auf die schwarze Sau", brüllen Unverbesserliche,
und Sam schaut über seine Schulter und meint lässig: "Jaja, immer
auf die Schwarzen." Ganz groß. In der Halbzeitpause beim Torwandschießen
hat Sponsor Novoferm ein elektrisches Garagentor ausgelobt. Habe ich auch
noch nicht gehört.
Jetzt, auf die eigene Kurve,
jetzt müsste es doch gehen. V-F-L, V-F-L, WEEEEN LIEBEN WIIIIIR???
V-F-L !!!!! Jaaa, brüllt, noch lauter, doch die Stimme versagt. Genauso
wie den Spielern die Füße zu versagen scheinen. Das Wetter versagt
auch ein bisschen. Mal Regen. Mal Sonne. Man Petrus: Jetzt ENTSCHEID dich
doch mal endlich! "Bochum, wir haben ein Problem!", stellt Sam messerscharf
fest, irgendwann in einer langweiligen Sekunde zwischendurch, als ich Gerd
frage, ob er für sein Haus in Bochum-Dahlhausen, das er im November
bezieht, IKEA-Möbel kauft. In Minute 75 passierts. Rade Prica hält
aus geschätzten 58 Metern drauf, und drin. 0:1. Hochverdient, längst
überfällig, wie erwartet Riesenpfiffe. Und ausgerechnet der in
den letzten Jahren konstanteste, unser heute bester Mann, patzt. Im Moment
läuft alles schief und schräg. Zwei Jahre nur Glück gehabt,
und jetzt dreht sich der Wind. Jetzt knallt uns die volle Pech-Breitseite
mitten ins Gesicht. Mitten ins Tor trifft Prica. Genau in die Mitte. Und
das nichtmal feste. Doch van Duijnhoven zeigt null Reaktion. Einen klareren
Torwartfehler gibt es nicht. Der Rest geht in Pfiffen unter. Gut, eine
Chance nach einer Ecke für Madsen gibt es noch, aber er wollte den
negativen Unterton dieses Textes nicht zerstören. Einer ist scheinbar
schuldig für diese Pleiten, Pech und Pannenserie: Vratislav Lokvenc.
Jede unglückliche Aktion unseres neuen Stürmers wird kritisch
beäugt, jeder Fehlpass, jede verunglückte Chance mit wütenden
Beschimpfungen begleitet. Der Mann gibt alles, aber er hat kein Glück.
Er ist ein wenig langsam, statisch, unbeweglich, aber er meint es doch
nicht böse!! Außerdem hat er es schwer. Fast alle Pässe
kommen auf Halshöhe und ständig wird er von zwei Gegenspielern
umringt. Hart. Nach dem x-ten Ballverlust brüllt die halbe Kurve "LOKVENC
RAUS!" und das unüberhörbar laut. Ich schäme mich. Mit einem
Hammer möchte ich mich in den Boden hauen, als wäre ich in einen
Asterix-Comic verpflanzt worden. Was soll das? Einen eigenen Spieler auspfeifen?
So etwas ist wirklich das Allerletzte! "LOKVENC! LOKVENC!", brüllt
sogleich die andere Hälfte der Kurve, und kurzzeitig befürchte
ich eine Schlägerei in blau-weiß. Lokvenc stolpert nur noch
mehr herum. Er tut mir leid. Das hat er nicht verdient, obwohl er - wie
gleichwohl alle anderen auch - einen unerträglichen Mist auf dem Rasen
produziert hat. "Das gibt Abstiegskampf", zieht der vor dem Anpfiff noch
unglaublich optimistische Sam sein eigenes Fazit. Natürlich bleibt
es beim für Bochum noch schmeichelhaften 0:1 in diesem Grottenkick.
Erfolg ist vergänglich,
würde der Literat zigarettenrauchend und Kaffee trinkend auf seinem
Laptop verewigen. Aber ich bin keiner. Vor fünf Monaten, da haben
wir alle "Europa wir kommen! Europa wir habens geschafft!" gesungen. Vor
fünf Monaten hat es Lokvenc mit seinem Tor für Kaiserslautern
gegen Dortmund erst ermöglicht, dass wir im UEFA-Cup spielen. Und
jetzt scheint alles kaputt. Bochum in Liga zwei, Opel weg. Eine Beerdigung
ist gegen diese Stimmung eine Comedyshow. Auf der 30-minütigen Busfahrt
zurück zum Hauptbahnhof reagieren viele panisch, reden von Burghausen,
Aue, zweiter Liga. Wir haben erst sieben Punkte, richtig, aber es sind
noch 26 Spieltage! 26!!! Erfolg ist im Fußball wohl vergänglicher
als anderswo.
"Tief im Westeeeeeen", klingt
von weither, aus irgendeinem Lautsprecher am Hauptbahnhof, aus irgendeiner
Kneipe, in Richtung Andis Trommelfell.
So bitter und traurig klang
es lange nicht mehr.
... Flutlichtspiele sind einfach nur geil ...
Das 1000. Bundesligaspiel für den VfL - und die Statistik freut sich über drei weitere Punkte und drei weitere Tore
Das Feuer ist zurück
Fan des VfL Bochum zu sein,
ist nicht leicht. Nun gut, das ist keine allzu große Neuigkeit, schon
gar nicht nach den Tausenden von Definitionsversuchen an dieser Stelle...
aber seitdem ich diese Homepage nun "betreibe", gab es immer positive Ereignisse
und Erlebnisse zu berichten. Kaum etwas Deprimierendes. Nur eine einzige
schlechte Serie, und die war aufgrund von einer unheimlichen Verletzungsmisere
auch noch erklärbar. Doch in den letzten Wochen merkte ich, warum
ich diesen Verein so schätzen und lieben gelernt habe. Gescheitert
im DFB-Pokal, knapp, unglücklich, unverdient. Gescheitert im UEFA-Pokal,
knapp, unglücklich, unverdient. An heftigen Zusatzeinnahmen vorbeigeschrammt,
knapp, unglücklich, unverdient. In der Liga ganz weit unten, nach
dem 0:3 in Wolfsburg sogar erstmals unter Neururer auf einem Abstiegsplatz,
und das knapp, unglücklich, unverdient, weil uns in diesem Jahr schon
drei korrekte Treffer aberkannt wurden, die zusammen vier Punkte gebracht
hätten. Gescheitert. Allüberall. Und nun muss ich all den Hohn
und Spott ertragen, den ich zweieinhalb Jahre in aller Überheblichkeit
über den Rest der Fußballwelt um mich herum ausschüttete.
"Aha, sind wir also doch endlich Tabellennachbarn", unken die Fans des
zurzeit auf einem fast schon unheimlichen Zweitliga-Höhenflug schwebenden
MSV Duisburg. Und Gerd schickte schon eine sms mit dem Inhalt: "Na spitze,
so eine Saison mit langem Abstiegskampf hatten wir schon lang nicht mehr."
Es ist nicht leicht, Fan des VfL Bochum zu sein. Vor allem in diesen Tagen.
Es ist spät abends
im Herbst. Das bedeutet eigentlich an der Straßenecke zwischen Oktober
und November mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Nebel, Wind
und Nieselregen. Es regnet nicht, der Wind ist nur schwach, und eine Nebelwolke
hat sich auch nicht über das Ruhrstadion gelegt. Aber doch: Es ist
ein Herbsttag, um 18.45 Uhr, und an der Castroper Straße strahlt
nur das Ruhrstadion hell. Wie lange schon warten wir auf ein waschechtes
Flutlichtspiel? Der Duft der Bratwurst wirkt abends wie der Duft eines
glänzend komponierten Joint in einem Amsterdamer Coffeeshop und nicht
nur wie der Duft einer Bratwurst. Die Kohlensäurebläschen in
der Cola streben abends nicht einfach nur nach oben, sie scheinen miteinander
Walzer zu tanzen. Wenn Ihr einen sucht, der ein Plädoyer für
Freitagabendspiele in der Bundesliga halten soll: Ich bin Euer Mann. Im
Bus vom Hauptbahnhof zum Stadion - so eine Scheiße, die U-Bahn-Röhre
ist immer noch gesperrt - höre ich per Discman zur Feier des Tages
"Football´s coming home" von den Lightning Seeds, ignoriere die lauten
"Bochumer Frauen, ficken und verhauen"-Sprechchöre von grün-schwarz
gekleideten Fans, die danach noch ein "Ohne Bullen habt Ihr keine Chance"
nachlegen. Was ist bloß los mit dem VfL? Ich kann diese Frage nicht
mehr hören. Das ist eigentlich die Standardfrage an mich nach jedem
Spiel, und in den letzten beiden Jahren beantwortete ich sie auch immer
fröhlich, freundlich und gern. Aber im Moment geht mir die Frage einfach
nur auf den SACK! Jaaaaa, wir sind Vorletzter! Jaaaaa, es droht wieder
Abstiegskampf. Jaaaa, wir spielen im Moment den größten Mist
zusammen. Angekommen am Ruhrstadion. Das Flutlicht brennt.
Solche Abendspiele haben
den Vorteil, dass der Tag schon rum ist, und jeder einzelne Fan mit einer
ganzen Ansammlung von aktuellen Erlebnissen ins Stadion geht. 30.975 aufgeladene
Gefühlsknubbel sind heute da; vermutlich ist es das, was die Abendspiele
neben der Dunkelheit so auszeichnet. Am Samstag oder Sonntag sind alle
Fans gerade einmal ausgeschlafen oder immer noch verkatert... wochentags
stehen alle voll im Saft, sind hellwach, konzentriert, bereit, lauter zu
werden als sonst. Ich habe noch die Stadionzeitung des VfB Speldorf im
Kopf, die ich heute Morgen erstellen musste, für das Freitagspiel
gegen Viktoria Goch (nochmal Flutlicht, hurra), und vor allem das Germanistik-Seminar
zum "Spracherwerb" an der Uni, in dem es unter anderem über "melodisches
Brabbeln" geht. Ein netter Begriff, den ich glatt aufgreifen kann, um das
Geschehen in der Stunde vor dem Anpfiff zu beschreiben. Gerd ist auch schon
da. Jeder von uns verschlingt eine Bratwurst, und ab geht es auf den Stammplatz.
Sam kommt auch, sogar mit seiner Frau, Krüger ist sowieso da, und
um 19 Uhr traue ich meinen Augen nicht. 1000 Spiele leuchtet auf der Anzeigetafel
auf, und stiiiiiiimmt, heute feiert der VfL ja Jubiläum!?! Und von
links nach rechts werden unsere alten Helden nacheinander interviewt. Thomas
Kempe, Ata Lameck, Dieter Bast, Peter Közle und Rob Reekers. Herrlich.
Alle werden beklatscht, gefeiert. "Közle, zieh das Trikot an", möchte
Gerd sogar anstimmen. Aber er lässts.
Man, das ist heute ein gar
nicht mal so unwichtiges Spiel... wenn wir verlieren, sind wir vermutlich
Letzter, haben schon den Anschluss an die einstelligen Plätze, an
denen wir so gern schnuppern würden, verloren. Oh neeein, bloß
das nicht. Aber heute ist Borussia Mönchengladbach zu Gast. Keine
andere Mannschaft habe ich so oft gegen den VfL spielen sehen. Und die
Gladbacher sind ein saukomisches Volk. Jahr für Jahr bezahlen sie
bei uns in Bochum den absolut gemeinen "Top-Zuschlag" für das in den
meisten Fällen nahezu ausverkaufte Abstiegsderby und meist holen sie
sich zum Dank dafür noch eine unverdiente Niederlage ab. Auch heute
sind wieder mehrere Tausend Gladbacher da. Und sie sind besser gelaunt
als wir. Kurz vor dem Anpfiff leuchtet noch einmal die Zahl "1000" auf
der Videowand auf. Ich habe 171 Spiele gesehen. Nur einen Bruchteil.
Die Spieler laufen ein.
"In BLAU", ruft Sam, als er die Trikots unserer Mannschaft erblickt. "Dann
kann ja nichts schiefgehen." Zuletzt war Weiß unsere Heimfarbe. Zuerst
auf die Ostkurve... fertigmachen zum Jubeln?!? Das Spiel wird keins, das
in die Annalen meiner VfL-Fan-Geschichte eingeht. Oh nein, wirklich nicht.
Es ist 90 Minuten lang "intensiv" (Scheiß-Wort für einen Fußballbericht,
aber das triffts nun einmal am besten), hart umkämpft, bietet unendlich
viele Kopfballduelle und Zweikämpfe, doch in den ersten 75 Minuten
sind gelungene Spielzüge über mehr als drei Stationen die Seltenheit.
Aber was erwarte ich?
Der Reihe nach. Anpfiff.
Die ersten Minuten vergehen. Es ist ein anderer "Zug" in der Mannschaft.
Die Spieler attackieren früher, sind aggressiver in den Zweikämpfen.
Egal, ob Lokvenc, Maltritz oder Meichelbeck. Meichelbeck? Jooo, der spielt
für den jungen Matip. Nach seinem enttäuschenden Debüt hockt
der arme Marvin jetzt erst einmal wieder auf der Tribüne ab. Doch
auch die Borussia hält dagegen. Fouls, Unterbrechungen und eine Rauchbombe
im Borussia-Block. Pfui! Spielnote vier, Kampfnote zwei. So schauts aus.
In Minute 18 der erste Aufschrei. Einen Ulich-Kopfball kratzt van Duijnhoven
mit Ach und Krach von der Linie. Puuh, durchatmen. Bis zur Grundlinie oder
in den Fünf-Meter-Raum dringt keine Mannschaft entscheidend vor. Bei
uns zimmert Misimovic (auch der darf von Beginn an spielen) zweimal knapp
vorbei, und auch Gladbach hat zwei gute Weitschusschancen. Dann ein Schock
für uns, in Minute 29. Kalla muss raus, unser einziger noch verbliebener
Innenverteidiger. Dann müssen es Meichelbeck und Maltritz alleine
richten. Klappt bis zur Pause gut. 0:0. Die Stationettes kommen. Soso,
also 1000 Bundesligaspiele. Das verpflichtet. Die VfL-Fans, die beim letzten
Heimspiel durch die Lokvenc-Kretik viel Kredit verspielten, machen einiges
wieder gut: Bei mir und beim Wratislaff. "Lokvenc"-Sprechchöre hallen
mehrfach durchs weite Rund, wenn die immer besser gelaunten Gladbacher
mal nicht die Lauteren sind. Halbzeit 0:0. Die Stationettes bilden wie
immer zum Abschluss ihres Mini-Tanzes eine "VfL"-Formation.
Noch 45 Minuten. 45 Minuten
Zeit bis zum ersten Heimsieg. 45 Minuten alles geben, rennen, kämpfen,
brüllen. Gegenseitig hangeln wir uns das Seil bis zu den drei Punkten
hinauf; man, das ist ein JUBILÄUMSSPIEL, und solche Spiele gewinnt
"man" gefälligst. Noch 45 Minuten. Noch eine Halbzeit. Misimovic nach
zwei Minuten - vorbei. Startschuss? Startschuss! Das Spiel bleibt erst
zerfahren, nur selten blitzt die technische Stärke der beiden Mannschaften
auf. Minute 54. Lokvenc lässt den Ball mit dem Kopf kurz auf Preuß
abprallen, zwei Drehungen, ein Schuss, Kampa fällt wie ne Bahnschranke,
EINS ZU NULL!!!! YEEEEEEEEEES!!!!! Schicke eine sms zum Urlauber Dirk in
die USA. Freude auf zwei Kontinenten über ein Tor. Über ein blödes
Tor nach einem individuellen Fehler. Erleichterung. Erster Heimsieg in
dieser Saison? Fünf Minuten später. Strasser foult Lokvenc. Gelb-Rot
für Strasser, und ich klatsche doppelt so laut. Denn dieser Luxemburger
ist einer der letzten aus der Fußball-Generation der Arschlöcher.
Der Mann ist so unsympathisch, dass sich Krusty der Clown weigern würde,
ihn zu belustigen. Strasser, wenn der nicht gerade in deiner eigenen Mannschaft
spielt, dann ist er der Todfeind jedes Fans. Unfair, nicht einsichtig,
stets tretend und laut meckernd. Und jetzt muss er gehen. Tschüss!
Die Gladbacher wirken k.o.;
und das nach 60 Minuten. Mittlerweile lässt sich auch Gerd auf die
"Lokvenc"-Sprechchöre ein, und ach, wie wär ein Tor jetzt doch
schön und passend? Aber 1:0... das Gefühl kenne ich. Die mitlaufende
Uhrzeit auf der Videowand vergeht nicht und vergeht nicht. "Der bringt
doch wohl nicht den Edu", ruft jemand von oben. Ein bisschen Ironie klingt
in seiner Stimme. Die Gladbacher lassen aus irgendwelchen Gründen
nach. Sie kommen nicht mehr richtig in die Zweikämpfe, und Konterchancen
gibt es gar nicht mehr. Führung und Überzahl, brennt da noch
was an? Nein, vor allem dank unserer Abwehr. Martin Meichelbeck macht als
Abwehrchef wohl das beste Spiel in seiner Zeit beim VfL. Jede Grätsche
sitzt, fast jeden Zweikampf bestreitet er erfolgreich. Hut ab! Erstmals
erntet er ganz laute "Martin Meichelbeck - schalalalalalala"-Sprechchöre.
Gerd und ich wollen die "Erste Runde Budapest... Europapokal!!"-Nummer
anstimmen - sind nur noch fünf Punkte, wenn wir gewinnen - doch das
wird missverstanden. Oh jee, der Lüttich-Schock sitzt doch noch. Und
die Gladbacher? Die sagen nüscht. Gar nüscht. Fünf Minuten
vor Schluss ist der Tag für sie vollends gelaufen. Nach einem ganz
ganz üblen Schnitzer von Korzynietz netzt Wosz zum 2:0 ein. YEEEEEEES,
UUUUUUHHHHHH, TOOOOOOR!!! Madsen packt sogar noch das viel zu hohe 3:0
drauf, nach Flanke des lange zu Unrecht nicht berücksichtigten Thoddi
Gudjonsson, und so haben wir sogar noch einen Kantersieg zu sehen bekommen.
Der Rest ist die Versöhnung
zwischen Fans und Mannschaft. Zwischen zwei sich kurzzeitig fremden Gruppen,
die sich zwei Jahre lang super verstanden, und nun fast getrennte Wege
gingen. Ein wichtiger Sieg in einem packenden, aber nicht sehr niveauvollen
Fußballspiel. 45 Minuten dauert die Busfahrt auf den völlig
überfüllten Straßen bis zum Hauptbahnhof. Wäre ich
doch gelaufen. Im Bus sehen sich zwei nach ein paar Wochen mal wieder :"EEEEEYYY,
Du SITTICH!", brüllt der eine zur Begrüßung. Gute Idee...
mach ich morgen auch mal.
Ich höre mir noch einmal
die letzten Takte von "Football's coming home" an. Dahinter nochmal "Bochum"
von Grönemeyer. Heute kriege ich selbst nach dem Abpfiff noch Gänsepelle,
so schön klingt das. Ich glaube, den Lüttich-Schock habe ich
jetzt verdaut. Denn das Spiel brachte zwar keine neuen Erkenntnisse über
die taktische Entwicklung des Fußballs in Gegenwart und Zukunft.
Aber es brachte etwas anderes:
Nämlich mein Feuer zurück!
Schlecht, schlechter, am schlechtesten - ein Spiel, das kein Foto verdient
Augen zu und durch
"Den Text schreibe ich erst
morgen", denke ich mir, ziehe mein verrauchtes Bochum-Trikot aus und werfe
mich in mein Bett wie vom Drei-Meter-Brett ins Schwimmbecken. Ich schließe
die Augen und schüttle den Kopf. Schüttle, schüttle und
schüttle. Wie den ganzen Tag. Wie zwischen 15.30 Uhr und 17.15 Uhr
eigentlich pausenlos. Lange Zeit habe ich einen Tag nicht mehr so dermaßen
vergeudet. Nicht mehr so weggeschmissen. Meine Zeit und mein Geld nicht
so sinnlos verpulvert. Es war kompletter Schwachsinn, was ich da gemacht
habe. Es ist das typische Bochumer Abstiegskampf-Auswärtsspiel-Gefühl.
Du gehst mit einem Riesenfrust auf dich, die Mannschaft, den Trainer, den
Verein und den Rest der Welt ins Bett und ärgerst dich über verflucht
idiotische Stunden. Und beim nächsten Mal bist du doch wieder da.
Und jetzt nur noch Augen zu. Und durch.
10.15 Uhr... vielleicht...
ja vielleicht beginnt ja heute die große Serie. Und bei 96 endet
eine solche. Wir Bochumer sind ja grenzenlose Optimisten, um im Zweifelsfall
dann zu den gnadenlosesten Pessimisten zu werden (ich berichtete mehrfach
davon), aber so früh am Tag... Hannover hat mit einer relativ namenlosen
Mannschaft viermal in Folge gewonnen, dabei war Trainer Zettel-Ewald schon
so gut wie arbeitslos. Und wir? Nach dem grandiosen Sieg gegen Gladbach...
"Hab ein gutes Gefühl", meint Thommy am Telefon, und ich steige in
den Regionalexpress Richtung Bad Oeynhausen. Mein VfL-Schal liegt noch
versteckt in meiner Tasche, und vermutlich schaue ich aus wie ein Student
auf einem Wochenend-Ausflug. Ist ja auch nicht so ganz falsch. Als am Bochumer
Hauptbahnhof ein ganzer Trupp mit allerlei blau-weißen Utensilien
zusteigt, merke ich, dass es gar nicht so dumm war, mich noch nicht als
VfLer zu outen. Als alter Soziologe perfektioniere ich die empirische Methode
der "teilnehmenden Beobachtung". Ich hocke mitten in der bestimmt 20-köpfige
Fangruppe, die mir eine der witzigsten Hinfahrten beschert. Wir sind noch
gar nicht in Dortmund, als jemand brüllt: "Eeeeeey EFENDI, hol mal
die Gitarre raus..." Und Efendi, mutmaßlich ebenso Mitglied in dem
Fanklub, fuchtelt an seinem "Handgepäck" herum, und zieht tatsächlich
eine waschechte Klampfe hervor. Mit einer VfL-Fahne wird der Regionalexpress-Waggon
in zwei Hälften geteilt, und in meiner sitzen außer dem VfL-Trupp
nur noch ein türkischer Vater mit zwei Kindern. Ein herrliches Bild.
"Eyyy Efendi, singt der beim Steiger eigentlich bei der Hand oder bei der
Nacht???" Efendi nimmt diesen Steilpass volley und versenkt ihn unter der
Latte. Und es wird gesungen. "Glüüüückauf glüüüüückauf,
deeeer Steeeeiger kommt, und er hat sein helles Licht bei der NACHT..."
Und direkt danach das "Bochumer Jungenlied". "Es kann ja nicht immer so
bleiben, hier unter dem wechselnden Mond..." Im Refrain, als eigentlich
drei schrille Pfiffe kommen müssten, brüllen alle "Pfeifen könn
wir nicht..." Hab ich noch nie gehört. In Hamm gibts ne kleine Pause.
Trinkpause. Efendi setzt sich hin. Jemand singt ohne Gitarre und dichtet
den alten Gassenhauer "Deutscher Meister wird nie der VfL" um. "Schießt
der Lokvenc wieder drüber, lahmt im Mittelfeld Zdebel, stolpert Kalla
in der Abwehr, passt der Darek wieder fehl." Gelächter. Und die nächste
Runde Fiege-Pils wird beim Getränkewart geordert. Efendi ist wieder
dran. Er verteilt das scheinbar fanclubeigene Liederheftchen. Und der alte
Ruhrpott-Schlager "Der Tag, als der FC Schalke starb", auf die Melodie
von "Der Tag, an dem Conny Kramer starb", läuft. Dann wird lautstark
irgendein Martin gefordert, und zuerst weiß ich gar nicht, was Sache
ist. Auf einmal steht der mutmaßliche Alterspräsident von seinem
Sitz auf, den er bisher beinahe lethargisch mit einer Flasche Bier in der
Hand bevölkerte, und alle lauschen andächtig, wie er "Griechischer
Wein" von Udo Jürgens grandios vorträgt. Längst ist auch
die abgetrennte Hälfte des Waggons Zeuge des unverwechselbaren Schauspiels.
"Bundesliggaaaaaaa", schmettert er anstelle von "Griiiiechischer Wein",
und fährt fort: "Bayern, Dortmund, Werder Bremen // Wir sind wieder
daaaaaa". Und so gehts weiter. In Bielefeld unterbrechen alle ihre Aktivitäten,
um gemeinsam "Ostwestfaaaaaalen-Idioooooten" zu brüllen. Nach Vadder
Abrahams "Schlumpflied" wird Bad Oeynhausen angekündigt. Die türkische
Familie und ich steigen aus. Ein ganz lautes und wenig schmeichelhaftes
"Unser Abteil !! Unser Abteil !!! Unser Abteil !!!" begleitet uns nach
draußen. Wenn die wüssten, dass ich ein Kalla-Trikot unter meinem
grünen Pulli trage.
Ich habe mich für die
ein wenig schnellere Luxus-Variante der Hinfahrt entschieden. Der letzte
Weg wird im IC zurückgelegt. In Bad Oeynhausen will ich meine Foto-Story
beginnen, doch - oh Graus - meine Kamera springt nicht an. Biiipbiiiipbiiiip,
piepts nur. Scheiße, Akku leer. Oh FUCK, so ein Anfängerfehler.
Maaan, mein erstes Auswärtsspiel ohne jegliches Bild, wie peeeeeinlich!
Dreimal laut geärgert, und schon sitze ich im IC. Der beschleunigt
ruckizucki auf 198 und um 13.10 Uhr erreiche ich Hannover Hauptbahnhof.
Dass hier alle Ansagen zweisprachig sind (Deutsch und Englisch), finde
ich immer noch wahnsinnig überheblich. In Hannover bin ich mittlerweile
schon zum unzähligsten Mal. Dreimal habe ich hier den VfL gesehen,
dreimal gab es ein Unentschieden. Das würde diesmal auch reichen.
Finde ich. Diesmal - erst recht ohne Kamera - lasse ich eine große
Innenstadt-Tour sein. Ich belasse es bei einem ausgiebigen Frühstück
am "Kröpcke", dem Hauptplatz in der City, und verziehe mich mit der
Linie "3" bis zur "Stadionbrücke".
Ich habe dieses Stadion
in allen Phasen erlebt. In der uralten Version vor fünf Jahren. Also
quasi in der WM-1974-Version. 3:3 ging dieses Spiel aus, damals in der
2. Bundesliga, als wir schon als Aufsteiger feststanden und das nur eine
Partyfahrt war. Vor zwei Jahren,
beim 2:2, da begann der Umbau erst, vor
einem Jahr, ebenso beim 2:2, war das Stadion im kalten Dezember eine
einzige Bruchbude. Und nun? Um 14.20 Uhr stehe ich in der schon überdachten
Kurve, rufe aus Langeweile meinen Bruder Thommy an und sage: "Joooaaa,
ist eines WM-Stadions doch würdig." Das Stadion wird schön. Alle
Sitzplätze sind schon angeschraubt. Nur das richtige Fußballfeeling
will nicht ankommen. Weil es nämlich ein Ovalbau ist, der doch eher
an Leichtathletik erinnert. Die eckige Variante á la Ruhrstadion
ist mir doch deutlich lieber. Eine Stunde schlage ich tot, beobachte die
Spieler beim Aufwärmen und bewundere zum wiederholten Mal den erstaunlichen
Musikgeschmack des Sprecherteams. "Runaway", eins der besseren Lieder von
Bon Jovi, habe ich jedenfalls noch nie irgendwo gehört, und Liquidos
"Narcotic" ist immer noch das Tor-Lied.
Ab 15.30 Uhr wünsche
ich mir nach so viel positivem Vorgeplänkel aber sekündlich,
dass Efendi irgendwo in meiner Nähe steht. Ich würde zu ihm hingehen,
ihn und seine Freunde schnappen, zum benachbarten Maschsee wandern und
am Lagerfeuer und bei kühlen Getränken ein paar schmutzige Lieder
grölen. Ach wie wär das schön. Doch die Realität ist
so grausam. Es ist ein Rückfall in allerschlimmste Zeiten. Es ist
schlecht, richtig schlecht, und so mies wie alle miesen Spiele in der bisherigen
Saison zusammen. Siehe oben. Ich schüttle, schüttle und schüttle.
Nichts stimmt mehr bei uns. Was am Dienstag gegen Gladbach noch so prächtig
harmonierte, ist heute ein Scherbenhaufen. Es ist so ein Tag, an dem uns
ein richtig guter Gegner zweistellig nach Hause schicken würde. Doch
ist Hannover ein guter Gegner? Pidder Neururer setzt auf die gleiche Taktik
wie gegen Gladbach. Mit Misimovic und Wosz. Leider ist Misimovic ein Totalausfall.
Die Stürmer Lokvenc und Madsen haben einen ganz fürchterlichen
Tag. Entlastung kommt keine. In der Innenverteidigung ersetzt Maltritz
unsere schwarze Wand Kalla. Und das schlecht. Er verliert ganz viele Zweikämpfe.
Soviel Unfähigkeit nutzt 96 in Minute 16 erstmals aus. Und damits
so richtig schmerzt, heißt der Torschütze Thomas Christiansen.
Der trifft scheinbar nur gegen den VfL. "So kommen wir in große Schwierigkeiten",
funke ich per sms in die Welt. Und es wird schlimmer. Vor und nach der
Pause. Hannover fährt das Spiel mit dem Selbstbewusstsein eines Serientäters
und mit der Souveränität eines derzeitigen Spitzenteams nach
Hause. So trostlos sind eigentlich nur VfL-Auswärtsspiele in Bremen.
Unser Torwart präsentiert sich mal wieder als der Mann mit den Zauberhänden.
Er bringt seine Patschehändchen mal wieder in alle Ecken des Tores
und verhindert einen höheren Rückstand. Dass es nicht schon zur
Halbzeit 0:2 oder 0:3 steht, gleicht einem Wunder. Und irgendwie machen
wir uns ja sogar noch Hoffnungen. Auf eine Wende.
Doch nichts da. Schon nach
wenigen Augenblicken beginnen die Kopfschüttler, selbst eine kurzzeitige
Feldüberlegenheit vergeht ohne einen Torschuss. Die Spieler sehen
so aus, als hätte ihnen Neururer in der Kabine befohlen, ab sofort
jeglichen Siegeswillen vermissen zu lassen und sich total aufzugeben. Folgen
bei uns nun wieder sieben magere Jahre, wie nach der letzten UEFA-Cup-Teilnahme?
Mit insgesamt fünf verschiedenen Trainern sowie jeweils zwei Auf-
und Abstiegen?? Die Stimmung ist gut. Wir als Bochumer sind solchen Leid
und Kummer gewöhnt. "Oleeeee, oleeeeee, VfL Bochum oleeeeee VfL Bochum
ole VfL Bochum oleeee...", hallt es minutenlang durch die AWD-Arena, aber
gegen die Jubelschreie der Hannoveraner kommt das kaum an. Zweimal noch
muss ich diesen stechenden Schmerz des Torjubels ertragen. Wie ein mieser
Stich zuckt mein Körper automatisch zusammen, wenn ein ganzes Stadion
ein Tor brüllt - das aber für den Gegner gefallen ist. Es tut
weh, so weh. Daniel Stendel verarscht unsere ganze Abwehr beim 2:0 in Minute
66, und als zwei Minuten vor Schluss Leandro gar das 3:0 schießt,
sind wir alle zu faul, um "Wir haben die Schnauze voll" zu brüllen.
Neururer hat die Angst, dass die Stimmung kippt? Glaubt mir, die Stimmung
ist längst gekippt. Manche planen schon die Fahrt nach Aue. "Im Radio
hört sich das mal wieder maximal scheiße an", ärgert sich
Gerd per sms. Mein Frust ist sehr sehr groß. Ich rufe Thommy an,
um meinen Ärger kommunikativ loszuwerden. Und gebrauche die Worte
"schlecht" oder "megaschlecht" im Sekundentakt. Am Ende steht die Null
gleich zweimal. NULL Tore, NULL Torchancen. Gut, ein paar Standardsituationen
gab es, aber die Ecken landeten allesamt bei Torwart Enke - oder wurden
wegen eines Offensivfouls abgepfiffen. Schlimm. Wenn die 96er ernst gemacht
hätten, wären wir mit einem Siebener- oder Achterpack ins Ruhrgebiet
zurückgefahren. Wären wir mal. Dann wäre diese Niederlage
wenigstens ein entlarvender Warnschuss gewesen.
Ganz schnell verlasse ich
nach dem Abpfiff den Ort des großen Grauens, bemerke, dass ich auch
im vierten Anlauf in Hannover keinen Sieg gesehen habe, verstaue meinen
Schal wieder in der Tasche, und belustige mich an einem VfL-Fan, der mit
seinem Schädel aus einem Opel Corsa hängt und "ÜBERNÄCHSTES
JAHR SIND WIR WIEDER DA!!" brüllt und damit die Gedanken eines jeden
VfL-Fans wiedergibt. Auf der Stadionbrücke treffe ich Domi, einen
alten Stufenkollegen, der in Hannover studiert und den ich vor zwei Jahren
auch hier getroffen habe. Kurze Unterhaltungen über früher, heute,
morgen, das Spiel. Nach einem Essen beim China-Mann ist der Frust immer
noch riesengroß. Im IC bis Minden und im Regionalexpress von dort
bis Dortmund höre ich eine selbst zusammengestellte CD, die vor zig
Jahren unter dem Motto "Pure Lust am Saufen" entstand. Die habe ich nämlich,
aber es reicht wieder nur zu einem Kohlensäure-Zucker-Cola-Rausch...
Lied Nummer vier ist "99 Luftballons"... "Hast du etwas Zeiiit für
mich?", fragt Nena und ich sacke verzückt in meinen Zugsessel. Kein
Efendi in Sicht. Fünf Lieder später "Augen zu und durch" von
Wolle Party. Ich schlafe ein wenig. Bis Dortmund.
Ein letztes Mal umsteigen,
und ein weiteres Mal schämen. Im Dortmunder Hauptbahnhof fällt
mir eine 10- bis 20-köpfige VfL-Gruppe auf, die Jagd auf noch am Bahnhof
herumlungernde Borussia-Fans macht und im Stakkato "Juden-BVB" brüllt.
Alles Jugendliche, ja fast noch Kinder, und alles solche, die mir im Ruhrstadion
noch nie begegnet sind. Es ist so traurig, ein Drama, wieder schäme
ich mich für meine eigenen Fans; zum zweiten Mal innerhalb von vier
Wochen. Wäre ich doch lieber ganz mit dem ICE von Hannover bis in
den Pott durchgefahren. In Mülheim feiere ich noch in Tinas Geburtstag
hinein. Die hämischen Sprüche ihres Freundes Helmut ignoriere
ich schnell. Einfach nur vergessen. Und zum Titel "Wie schön dass
Du geboren bist" klatschen. Zu diesem Zeitpunkt ist nicht mehr heute, sondern
schon morgen.
Denn heute, diesen Tag,
den will ich ganz schnell aus meinem Gedächtnis, aus meinem Gehirn
verbannen.
Diesen Tag hat es nie gegeben.
Es war unnötig verschenkte
Zeit.
Der Herbst-Himmel überm Revier!
Phase 1 des Abstiegskampfs: Es nicht wahr haben wollen
Klassisches Zustandsfoto:
Standardsituation für den VfL, der Megaphon-Mann (r.) brüllt,
und nebenbei kommt Vander (rechts oben) für van Duijnhoven.
Viel zu wenig
Viel habe ich gelernt in
meinen anderthalb Jahrzehnten als Fan des VfL Bochum. Wenn du dich nämlich
- als Beispiel - ein wenig zu sehr auf "deinen" Verein einlässt, dann
kann das schnell zu einem Nebenjob werden. Unbezahlt natürlich. Vielmehr
zahlst du sogar noch drauf, um diesen Job ausüben zu dürfen.
Und zwar ganz schön. Im Dienst bist du immer, tagtäglich, in
jeglichem Wachzustand. Sechs Tage fieberst du auf den siebten entgegen,
bis er dann endlichendlichendlich kommt. Die Nacht vor dem Spiel ist traditionell
unruhig, der Tag selbst von Nervosität geprägt. Im Umfeld eines
jeden Berufsfans weiß jeder Bescheid. Wo immer du auftauchst, jeder
fragt dich sofort: "Und? Was macht der VfL?" Und diejenigen, die sich auch
noch ein wenig für Fußball interessieren, sagen direkt: "Ganz
schön gut/schlecht gespielt am Samstag/Sonntag, oder?" Doch das ist
alles nicht genug: Wenn dann mal Auswärtsfahrten vor der Tür
stehen, müssen die geplant werden. Welche Züge? Wie komme ich
dann zum Stadion? Kann ich da FreundInnen treffen? Kommt jemand mit? undsoweiter...
Und bei mir gibts dann noch einen drauf, nämlich diese Homepage. Jeden
Tag klicken Internet-User aus aller Welt in meinen VfL-Tagebüchern
herum, blättern über die zahlreichen Geschichten, mailen mich
an. Oder auch nicht. Letzte Woche wurde ich von der Seite "vfl4u" verlinkt.
Wenn ich irgendwann nochmal nach meinem Beruf gefragt werde, sage ich nicht
mehr nur "Student" oder "Journalist", sondern auch "VfL-Fan".
Und noch etwas habe ich
begriffen. Nämlich dass so ein echter Abstiegskampf in mehrere Phasen
unterteilt ist. Und die erste lautet "Nicht wahr haben wollen, dass man
mittendrin steckt". Und wieder kommen die Träume, in die uns unsere
goldene 04er-Mannschaft im Mai durch das 3:1 gegen Hannover schickte, zurück
ins Gedächtnis. Kommt die fantastische Siegesserie im Ruhrstadion
in mein Gehirn zurück, als ganz reales Doping. Nun sind wir auf Platz
15, und Kaiserslautern auf Platz 17. Müde schalte ich morgens das
DSF ein, "Bundesliga pur". "Nur das nackte Ergebnis zählt", plärrt
unser Trainer in die Kamera. Meine Fresse, was klang das doch in den ersten
fünf Monaten des Jahres anders.
Im kalten Regen des Novembers
betrete ich die Welt, spaziere über das nasse Laub. Die Blätter
tragen alle Farben, na gut, nicht alle, aber wenigstens alle in den Farbtönen
grün und braun, windig ist es nicht. Ich trage meinen VfL-Schal, ziehe
ihn ein wenig enger um meinen Hals als noch im Sommer. Die Witterung ist
dafür verantwortlich, dass ich die schäbigsten Klamotten angezogen
habe, die in meinem Schrank lagern. Mein Rock-am-Ring-Allzweckpulli schützt
mein Kalla-Trikot, und meine blaue Jeans habe ich zum ersten Mal in diesem
Jahr überhaupt an. Die ist bestimmt schon fünf Jahre alt. Am
Bahnsteig sehe ich gleich zwei Hunde mit Regencape. Egal. Der November
ist der dööööööfste Monat der Saison. Das
ist die blödeste, komischste, langweiligste Phase. Die Starteuphorie
ist futsch, das Wetter wird schlechter und ungemütlicher, es ist nicht
heiß, nicht warm, aber auch nicht so richtig knackig eiskalt, alle
Wettbewerbe sind mehr oder weniger entschieden (und wir überall raus,
so wie immer), und in der Bundesliga ist nichts wirklich absehbar. Bööööööh,
vom neunten bis zum vierzehnten Spieltag mag ichs so gar nicht. Nichts
wirklich absehbar? Merkt Ihr, wie ich den Abstiegskampf verdränge?
Letztes Jahr, daaaa war
alles anders. Da war von der herbstlichen Tristesse in aller Euphorie nichts
spürbar. Mit einem teuflischen Viererpack
schickten wir Kaiserslautern einst in die Pfalz zurück. Und nun zählt
das nackte Ergebnis. Man, was für ein Begriff: nacktes Ergebnis. Was
für ein Rückfall. Perfektes Beispiel für unsere Situation
ist Martin Meichelbeck. Vor einem Jahr, als sich Kaiserslautern eben jenes
0:4 im Ruhrstadion abholte, da saß Martin-hat-den-geilsten-Schuss-der-Welt
auf der Tribüne. Da war Spielkultur gefragt, schnelle kurze Pässe,
arschgenaue Zuspiele... ruckzuck ging das, und das war nix für unseren
ungelenkigen Martin. Jetzt allerdings, mitten im - ähem, ich wills
ja nicht wahr haben - Abstiegskampf, da ist Martin auf einmal der Allergrößte.
"Martin Meichelbeck schalalalalalala", hallt es auf einmal durchs Ruhrstadion,
beim Warmlaufen ist er inzwischen der zweite Spieler, der gefeiert wird.
Warum? Weil er immer eine 80- bis 100-prozentige Zweikampfbilanz hat. Weil
er sich den "Arsch aufreißt", wie die Fans hinter mir in der Ostkurve
bemerken. Sie stimmen ein ins "schalalalalala" und versprechen, auch mal
den einen oder anderen Fehlpass, das eine oder andere nicht arschgenaue
Zuspiel zu verzeihen. Spielkultur, oh Spielkultur, das wird wohl heute
nichts. Rechts neben mir steht Gerd, und der Herr Doktor versteht erstmals
den Sprechchor, der da "Keine Titel und Trophäen, trotzdem wird es
weitergehen" lautet. "Ich hab mich immer gefragt, was "Keine Titten und
Trophäen" bedeuten soll", sagt er. Links hat sich Krüger postiert,
mit einer Wollmütze (also so kalt ists nun auch wieder nicht), und
stolz verkündet er, in zwei Wochen eine Aida-Kreuzfahrt durch die
Karibik zu beginnen. Der Arsch! Sam ist mittlerweile sowieso die Kultfigur
in Block P. Jeder kennt Sam, jeder will Sam kennen, jeder will Sam begrüßen;
es ist echt herrlich. Sam ist das Paradebeispiel für Phase eins. Er
faselt immer noch was von Platz acht, und irgendwie beschleicht mich das
Gefühl, als meine der das auch noch ernst. Bei Kaiserslautern ist
"Gustl" Ernst Ersatztorwart. Gerd und ich brüllen "Gustl". Aber kein
anderer. Es regnet nicht mehr.
"V - F - L --- mein Herz schlägt nuuuur für Dich" - Gerd kann den Text
Immerhin fast 23.000 sind
noch da - normalerweise ebben die Zuschauerzahlen im öden Herbst rapide
ab, vor allem gegen einen solchen Durchschnittsgegner, der den Abstieg
in die zweite Liga seit Jahren verdient hat. Aus sportlichen Gründen
sowieso, und dazu noch aufgrund der dubiosesten finanziellen Machschaften.
Ich glaube, die sind nur noch in Liga eins, weil der FCK "dem Fritz sei
Klubb" ist. Es ist ein klassisches Spiel, dass man sich im "Three Sixty"
im Bermuda-Dreieck bei einer heißen Tasse Kakao anschaut, inmitten
einer großen Menge. Aber ich, aber wir - wir sind ja alle so bekloppt,
und gehen immer noch ins Stadion. Wo wird das heute enden?
Es geht erstaunlich gut
los. Unser Trainer hat Trojan, Kalla und Knavs gebracht; Bönig sitzt
zum ersten Mal in seiner Zeit beim VfL draußen. Tja, Junge, Pech
gehabt, sei ehrlich, du warst auch echt schlecht in letzter Zeit. Die Lauterer
ziehen sich ganz ganz weit zurück, leider spielt Jancker nicht, über
den hätten wir uns alle gern kaputt gelacht. Trojan sorgt als Linksaußen
für mächtig Furore. Für so mächtig viel, dass der arme
Madsen auf rechts keinen Ball kriegt, und wenn, ihn dann direkt wieder
verliert. Trojan jagt den Ball gleich zu Beginn mal geschmeidig an die
Latte, und der sehr agile Lokvenc scheitert an Wiese. Das Zwischenfazit
nach 25 Minuten ist sehr positiv. "Also wenn Lautern auf diesem Niveau
bleibt, dann mache ich mir keine Sorgen. Dann wird das ein souveränes
Ding", sage ich zu Gerd, der nickend zustimmt. Auch der ganze Ostkurvenrest
ist gut gelaunt, und hat sich auch diesmal ein Feindbild ausgesucht: Lauterns
Torwart Wiese. Na gut, der ist wirklich dumm und kann nicht vom Fünfmeterraum
bis zur Latte denken, ich kann den alles andere als leiden, aber direkt
"Wiese du Fotze" und "Wiese ist ein Hurensohn" brüllen? Sowas puscht
den nur auf. Der braucht sowas. Und die Parade beim Lokvenc-Schuss war
schon erste Sahne. Wiese ist der einzige Lauterer, der halbwegs überzeugt.
In Minute 26 kommt Lautern erstmals vor unser Tor. Auf einmal steht Lembi
völlig blank und nimmt das Geschenk per Kopf an. 0:1, Rückstand.
"Gegen einen solchen Gegner. Wahnsinn!", schreibe ich per sms zu Kumpel
Helmut, der in Mülheim mit Freundin Tina die Konferenz guckt. Sechs
Minuten später rasselt unser Torwart mit Seitz zusammen und muss raus.
Unser Ersatzschnapper Vander kommt; keine Frage, ein guter Ersatztorwart,
aber ohne Spielpraxis. Halbzeit. Aus einem souveränen Sieg ist ein
0:1-Rückstand geworden. Aus einem souveränen Sieg gegen einen
schwachen Mitkonkurrenten, der nur die eigene Hütte verbarrikadiert,
ist ein Spiel ohne unseren Besten geworden. Aus einem souveränen Sieg
ist Angst geworden.
Halbzeit zwei; jetzt wirds
lauter. Vorher hatte das "Weeeen lieben wir?" "V-F-L" noch leicht müden
Charakter. Gepfiffen hat keiner, das macht im Abstiegskampf zu solch einem
Zeitpunkt niemand (sowas wissen wir in Bochum aus Erfahrung), außerdem
spielen die Jungs nicht schlecht, kämpfen, bemühen sich. Ja,
wirklich, sie spielen gut, kaum einer macht einen Vorwurf. Der dunkle Herbsthimmel
weicht langsam der untergehenden Sonne, weiße Wölkchen schieben
sich neben die grauen Romantiktöter, und wir kombinieren sogar gut.
Teilweise. Bechmann kommt für Maltritz, und bereitet eine Minute später
gleich das 1:1 durch Lokvenc vor. 64. Minute, noch 26 zu spielen. Überfällig
ist es. Längst überfällig. Lokvenc hat stark gespielt, längst
brüllt glücklicherweise keiner mehr "RAUS", längst wird
er gefeiert, und jaaaa - wird es doch noch ein Sieg, ein Dreier, ein so
dringend benötigter? Die Jungs spielen gut, aber nicht gut genug.
Sie geben alles, aber eben nicht genug. In den letzten zwanzig Minuten
wird es ein richtiges Fußballspiel, da auch die Lauterer aus ihrem
Herbstschlaf erwachen und ihrerseits aus mir kaum ersichtlichen Gründen
versuchen, sich einen Sieg zu erkontern. Beide Mannschaften bekommen noch
ein paar Chancen. Zuerst bugsiert der mittlerweile herausragende Wiese
irgendwie einen Knavs-Kopfball von der Linie, zweimal unterlaufen Lauterer
Abwehrspielern fast Eigentore, Lokvenc schießt zweimal aufs Tor.
Nix. Lautern versuchts aus der Ferne. Kosowski und Mettomo beispielsweise.
Doch Vander ist jedes Mal sicher und hervorragend zur Stelle. Nach 92 Minuten
ein Pfiff. Der Abpfiff. 1:1. Viel zu wenig.
Ohne große Gespräche
gehen wir alle direkt auseinander. Kaum einer wartet auf die Mannschaft,
die artig ins Publikum applaudiert. Niemand fordert die Welle, niemand
will den Trainer sehen. Aber keiner pfeift. Keiner weiß, wie er dieses
Spiel analysieren soll, wie er es werten soll. Abends in der Kneipe, in
der Disco, lohnt es sich nicht, dieses Spiel zum Party-Anlass zu erheben.
Aber es war eben auch nicht wirklich schlecht. Ich mache in einer solch
schwierigen Analysesituation das, was ich immer mache und rufe meinen Bruder
an. Der siehts ganz nüchtern: Bochum hat eine Riesenchance verpasst.
Vor uns stehen der HSV, Dortmund und Hertha. Alles Mannschaften, die am
Saisonende wohl kaum in den Abstiegskampf verwickelt sind. Die nächsten
Mitkonkurrenten, also Nürnberg und Bielefeld, sind schon fünf
oder sechs Punkte weg. Wir haben nur elf, bis zum Zwischenziel 20 zur Winterpause
fehlen noch neun. Um diese Rechnung zu komplettieren: Wir müssen drei
der letzten fünf Spiele 2004 gewinnen, um dieses Ziel zu erreichen.
Schwierigschwierig, zumal jetzt auch noch die Piss-Bayern zu uns kommen.
Und wir schaffen garantiert nicht jedes Jahr ein 1:0.
"Bis zur Winterpause kommen wir da nicht mehr raus", sagt Thommy.
Wenigstens einer, der Phase
eins schon hinter sich hat.
Erst abgefälscht, dann Abseits und schließlich ein Eigentor - sechs Minuten Ruhm reichen den Piss-Bayern
So sieht das aus, wenn Deine Mannschaft gegen Bayern 1:0 in Führung geht!
Von Glücklosigkeit und Brutalität
Da war noch alles richtig auf der Anzeigetafel!
Die ersten Lichterketten
für den Weihnachtsmarkt hängen schon. Sie sind auf der Schlossstraße
von Haus zu Haus gespannt, und werden in zwei Wochen in allen möglichen
Farben leuchten. Langsam steige ich die eine Treppenstufe von der WAZ-Redaktion
auf den Bürgersteig hinab, wühle ein wenig in meiner schwarzen
Arbeitstasche, drücke zwei Knöpfe in beide Ohren, stippe kurz
auf die "Play"-Taste. Ein schnelles Gitarrensolo kommt, und Dieter Thomas
Kuhn brüllt: "Wind-Nordost-Startbahn-Nulldrei". Na toll, habe ich
doch die Mallorca-2000-Erinnerungs-CD drin gelassen. Ich bin zu faul, sie
auszutauschen und singe dann eben mit. Innerlich. "ÜÜÜÜüüüüüüüber
den Wolken... muss die Freiheit wohl grenzenlos sein!" Ich erblicke den
blau-weißen VfL-Schal, der seit 17 Uhr meinen Hals ziert, ziehe ihn
ein wenig fester, genau so, dass das VfL-Wappen für jeden deutlich
zu erkennen ist, und gehe durch Mülheims Fußgängerzone
Richtung Heimat. Die Straßen sind leergefegt. Nur ein paar Laternen
erhellen die Innenstadt. Ein paar Servietten und ein bisschen Müll
bezeugen noch den Trubel des Tages, im Café Lux schlürfen noch
ein paar an ihrem Kaffee, Kakao, was auch immer. Von denen ist wohl keiner
beim Spiel gewesen.
Morgens. Radio Einslive
springt an, aber meine Augen nicht auf. Man, war das eine kurze Nacht,
denke ich, ziehe mir mein Kissen wieder über den Kopf, und beschließe,
bis Weihnachten durchzuschlafen. Selbst irgendein Ärzte-Lied kann
mich nicht aufwecken, und schon gar nicht die Vorfreude auf das Bochum-Spiel.
Bayern München kommt heute. BAYERN!!! "Niiiie im Leeeben würde
ich zu Bayern geeeeeehn!", heißts doch im Hosen-Lied. Ich würds
heute nicht mitbrüllen. Aufgrund unserer bisher miesen Saison und
der noch mieseren Tabellensituation liegt meine Hoffnung bei nullkommaeins.
Und wer geht schon freiwillig gern zu einem Spiel, dass deine Mannschaft
sowieso verliert? Wir VfL-Fans sind zwar Masochisten, aber so weit gehen
selbst wir nicht. Ich dreh mich nochmal rum, meine Haare fallen mir in
meine Nase. Bääääh, riechen noch ganz nach Nebelmaschine.
Auf dem Boden liegt noch die "Big Puma"-Flasche, einer Art "Red Bull",
nur als Billigvariante vom Plus-Eigenbetrieb, die wir gestern fast auf
Ex getrunken haben, auf dem Weg zur und auf dem Weg von der "Matrix" in
Bochum-Langendreer. Was für ein Abend. Das erste Mal habe ich um halb
vier auf die Uhr geguckt. Und bin jetzt müde. Ich quäle mich
aus dem Bett, quäle mich durch eine telefonische Umfrage über
mein Nutzungsverhalten von Radios und quäle mich durch ein Handballspiel,
über das ich berichten muss. 34:23 gewinnt die Mülheimer Mannschaft,
und - ach hätte ich doch weitergeschlafen. Ab in die Redaktion, ärgern,
schreiben, telefonieren. "Tschüss, ich geh dann mal." "Viel Erfolg!
Wir alle drücken die Daumen, dass Bochum gewinnt." "Dann drückt
mal."
Ich marschiere am Mülheimer
Hauptbahnhof vorbei. Ein ICE kommt herangerauscht und ist in Sekundenschnelle
wieder weg. Nur ein paar Mal am Tag hält so ein Ding bei uns, und
dann auch nur, um noch die restliche Zeit bis zur Endstelle Dortmund oder
Köln totzuschlagen. In der Bahnhofspizzeria mit dem sensationellen
Namen "La Stazione" ist und isst niemand. Ob ich vielleicht noch...? Nee,
hab doch grad erst beim City-Grill eine Currywurst-Pommes-Majo bestellt.
"Willenlos" hat Marius Müller-Westernhagen in meinem Gehirn angestimmt.
"Frauen gegenüber bin ich willenlooooooooos..." Mallorca 2000, jaja.
Gestern Abend in der "Matrix" war die Musik um Längen besser. Von
Peppers "Can´t stop" über Offsprings "Self esteem" und Green
Days "When I come around" bis zu "Last Nite" von den Strokes und "Seven
Nation Army" von den White Stripes.
Bayern München. Gegen
keine andere Mannschaft habe ich persönlich eine schlechtere Bilanz,
und doch ist die aktuellste Erinnerung die positivste. Unser 1:0-Sieg
im Februar war mein Sieg das Jahres, und das Tor von Pidder Madsen
mein persönliches Tor des Jahres. Diesen Tag, jaaa, den werde ich
nie vergessen. Fünfter, oder sogar Vierter waren wir damals, zu den
besseren, unglaublichen, unfassbaren Zeiten. Nun sind wir wieder da, wo
wir eigentlich schon immer standen. Ganz unten. Dass Freiburg und Rostock
noch unter uns stehen, ist kaum erklärbar. Nach solch einer missratenen
Hinrunde haben wir es überhaupt nicht verdient, Drittletzter zu sein.
Der Regionalexpress ist voll, aber viele Fußballfans sind nicht mehr
drin. Die sitzen oder stehen wohl alle schon längst im Ruhrstadion.
Per Live-Ticker lasse ich mir die Zweitliga-Ergebnisse und die lokalen
Fuppes-Resultate auf mein Handy schicken, was Überraschendes passiert
nicht. 17 Uhr, ich stehe am Eingang zum Block P und zupfe mir gerade meinen
Schal zurecht, da laufen beide Mannschaften zum Warmlaufen aufs Feld. "Vahid-Vahid-Vahid-Ha-she-mi-an",
hallts aus Tausenden von Kehlen durchs eckige Rund, und ein kleiner Mann
mit Pudelmütze applaudiert. Ich glaub, nur sein monatlicher Blick
auf den Kontoauszug entschädigt ihn dafür, dass er nicht mehr
im Ruhrstadion vor den Ball treten darf. Bayern. Ballack. Kahn. Frings.
Lucio. Makaay. "Keine Angst vor Rheuma-Kai", steht auf einem Plakat. Pizarro.
Schweinsteiger. Elf Nationalspieler. Das kann ja heiter werden. Sam ist
mit seiner Frau schon da, zwei Freunde von den beiden kommen auch noch.
Nach dem Motto "Jeden Tag eine gute Tat" habe ich meine drei Karten an
dieses Trio verscheuert. Gerd und Krüger fehlen. Krüger schippert
gerade auf der Aida durch die Karibik. Der hats gut.
Bei "Okay" von Farin Urlaub
haben wir traditionsgemäß am lautesten mitgebrüllt, gestern
Abend gegen zwei oder halbdrei, als auf der Tanzfläche kaum noch Platz
war. Danach habe ich mir ein "Kelt´s" gegönnt, um nach einer
kurzen Pause zu "Denkmal" von den Helden wieder ein wenig abzuzappeln.
Sieht bei mir zwar immer aus wie bei einem ungelenkigen Fußballer
auf Dope, aber das ist mir egal. In der Matrix jedenfalls. "Okay" ist leider
nicht auf der Mallorca-2000-CD, die ich gerade unter Selbstfolter höre,
sondern "99 Luftballons" von Nena. Ich spaziere an den zahlreichen Döner-Läden
auf Mülheims Eppinghofer Straße und damit der Verlängerung
der Fußgängerzone vorbei, und verspüre immer noch keinen
Hunger. Auf meiner Zunge liegt der Geschmack der City-Grill-Majo. Und der
0,5-Liter-Cola danach.
Anpfiff. Es ist laut, aber
nicht unvorstellbar laut. Die Anspannung ist da, aber nicht so stark wie
vor einer Woche. Heute sind die Bayern hier, darauf kommts nicht an. Wenn
das Spiel in die Hose geht, beschwert sich keiner; in solch einem Spiel
musst du die Punkte nicht holen. Die erste Halbzeit ist langweilig. Es
ist die "schönste Langeweile", die ich seit Ewigkeiten erlebe. Nichts
passiert. Und nichts und nichts und nichts. Wenn das beim 0:0 bis zum Ende
bleibt, dann steht meine Überschrift. Unsere Abwehr ist gut. Wirklich!
Konzentriert. Colding, Kalla, Knavs und Meichelbeck wirken auf einmal so
eingespielt. Die Bayern versuchen es oft aus der zweiten Reihe. Doch ein
Versuch ist ungefährlicher als der andere. "Die sind ganz schön
schwach", flüstern Sam und ich uns im Wechsel alle zwei Minuten zu.
Und ja, das sind sie. Bei uns sitzen sogar, wenn wir mal den Ball haben
und ihn nicht den Bayern überlassen, ein paar direkte Kombinationen,
über Zdebel, Preuß, Wosz, Madsen, Lokvenc und Trojan. Na gut,
richtig gefährlich wirds nur einmal, als Trojan eine Lokvenc-Flanke
verpasst (so um die 35. Minute), aber wir sind nicht deutlich unterlegen.
Im Gegenteil. Pause 0:0. Spielnote 4 bis 5, eher 5. Egal. Zufrieden sind
wir alle. Dafür, dass wir so offensiv spielen wollten wie immer, sieht
das ganz schön nach Schafstall-Beton aus. Ist mir schnuppe. "Geht
doch", meint Lupo von irgendeinem Fanklub, der immer in unserer Nähe
steht, während er sich an uns vorbeizwängt, um Bier zu holen.
In der Pause zappeln die "Stationettes", und irgendsoein bescheuertes Halbzeitspiel
findet auch statt. Aufreger Nummer eins, zwei und drei waren nur die Zwischenergebnisse
aus Rostock. 0:1, 0:2, 0:3 steht es dort gegen den HSV. "Na wenigstens
können die uns mit der Tordifferenz nicht mehr einholen", unkt Sam.
So allmählich kommt der typische Bochumer Abstiegskampf-Humor wieder.
Der hat was von Fahrrad fahren. Wenn du das einmal drauf hast, dann verlernst
du es nicht mehr.
Um in Richtung Wohnung zu
gelangen, muss ich von der Eppinghofer Straße abbiegen und durch
einen 100 Meter langen, dunklen kleinen Weg, der die Eppinghofer- mit der
Aktienstraße verbindet, stapfen. Als Nena gerade den letzten Ton
krächzt, piepts im Discman. Akku leer. Kein Wunder. Auch technische
Geräte haben Gefühle, und die "Mallorca 2000"-CD ging dem "Man"
bestimmt selbst auf den Geist. Ich floppe die Knöpfe aus dem Uhr,
die Uhr zeigt 21.35 Uhr. Abpfiff war schon vor fast zweieinhalb Stunden.
Am Horizont erblicke ich die Jet-Tankstelle an meiner Straßenecke.
Sie hat noch geöffnet. Mein Schal sitzt perfekt.
Zweite Halbzeit, es ist
ein seltsam ereignisloses Spiel. Die Bayern enttäuschen, wir nicht.
Zumindest nicht für unsere Möglichkeiten. Mensch, da sind Ballack,
Kahn und der Rest der Idioten endlich mal hier in Bochum, und dann zeigen
die NIX! WERDET DOCH MAL MUTIGER!, will ich den elf Blau-Weißen zubrüllen,
und dann werden sie es. Minute 66, Flanke Zdebel, Madsen toll auf Lokveeeeeencccccc,
TOOOOOOOOOOORRRRR!!!! Oléééééé
blau-weiiiiß! "Zieht den Bayern die Lederhooosen aus!" "Scheeeiß
Bayern München!" Eine Minute später fängt unser Torwart
eine Flanke ab. "Siehst Du Olli, so wird das gemacht, so wird das gemacht,
so wird das gemacht", brüllt eine ganze Kurve. 1:0, und wir alle lieben
uns. Zweimal in einem Jahr die Bayern schlagen? Okay, die hatten mehr vom
Spiel, und haben auch zwei-/drei-/neunmal häufiger aufs Tor geschossen.
Unverdient ist die Führung derweil aber nicht. Unser Trainer bleibt
bei derselben Taktik. 4-2-1-3. Die UEFA-Cup-Taktik. Er wechselt nicht.
Alle dürfen bleiben. Alle sollen das Ding nach Hause schaukeln. Irgendwie.
"Denk dran", sagt Sam. "Die Bayern brauchen nicht lange." "Sei ruhig, das
wissen wir doch alle", flüstere ich in mich hinein. So, dass mich
keiner hören kann. Magath reagiert. Guerrero kam schon zur Pause für
Pizarro. Guerrero. Nicht Hashemian. Der bringt lieber einen 18-Jährigen.
Und nicht unseren Vahid. Bezeichnend. Dann kommt Mehmet Scholl. "Der sieht
im Moment so aus wie Nicolas Cage bei Con Air", hörte ich neulich
jemanden sagen. "Con Air" habe ich nie gesehen. Die Bayern machen nix und
nix und nix. Und die wollen deutscher Meister werden? Drei Titel holen?
Inklusive Champions League? Minute 76, Freistoß. Scholl flankt, wir
gewinnen den Kopfball, eigentlich keine Gefahr. Doch keiner ist bei Guerrero
am Elfmeterpunkt, Schuss, abgefälscht, Tor. 1:1. Kinnlade runter.
Das kann und darf und muss und kann und darf nicht wahr sein. Ist das ungerecht,
brutal, hilfe. Scheiß-Piss-Bayern. Schuld? Trainer, weil er keinen
Defensiven gebracht hat? Preuß, weil er den Freistoß verursacht
hat? Derjenige, der das Ding abgefälscht hat? Das Schicksal? Alle?
Keiner? Wir kratzen und am Kopf, überlegen, wollen "V-F-L", "V-F-L"
brüllen, da steht es 1:2. Wieder Freistoß, gleiche Welle, gleiche
Stelle, gleicher Typ. Scholl, diesmal Seitenwechsel auf Schweinsteiger,
Querpass, Guerrero. Tor. Abseits? Denk nicht drüber nach, sie jubeln,
keiner sagt was. Würd mich nicht wundern, wenn das irregulär
war. Die Jungs spielen ordentlich, sie geben, was sie können, und
doch reichts nicht. Die Abwehr ist immer für einen Klops gut. Im letzten
Jahr hätten wir so ein Ding hundertprozentig "zu Null" nach Hause
gefahren. Anstoß. Bayern erobert den Ball, Missverständnis,
Preuß kloppt das Ding bei einem Klärungsversuch astrein links
unten in unser eigenes Tor. 1:3. Sechs Minuten, drei Gegentore. PISS-BAYERN.
SECHS MINUTEN haben die gebraucht. SECHS, um uns lockerflockig enttäuscht
nach Hause zu schießen. "Die Bayern brauchen nicht lange", hat Sam
gesagt.
Das Benzin an der Jet-Tankstelle
ist immer noch teuer. Gut, dass ich kein Auto mehr besitze. Sonntagabends
um 21.40 Uhr fahren nicht mehr so viele Leute über die recht breite
und sonst so belebte Aktienstraße. Ich bin nicht auf die Fußgängerampel
angewiesen, sondern schlendere gemächlich über die vom Nieselregen
feuchten Straßenbahnschienen in Richtung Wohnung. Schnell noch am
Spielplatz vorbei, und dann kann ich schon die Schlüssel herauskramen.
Das Spiel endet mit Applaus
für unsere glücklose Mannschaft. Alles das, was uns im letzten
Jahr an Glück widerfahren ist, kehrt sich nun um. Nicht einen Krümel
seines großen Kuchens hat uns Gustav Gans bisher geschenkt. Megablödes
Aus im UEFA-Cup, dummes Aus im DFB-Pokal, und nun das. 13 Spiele, elf Punkte,
so langsam wird es zappenduster. Nächste Woche geht es nach Mainz,
und da müssen, ich schreibs nochmal groß, MÜSSEN wir gewinnen.
Schon jetzt hat sich ein kleiner Rückstand auf die Mitkonkurrenten
gebildet. Schon jetzt. Wie gern würde ich diese bescheuerte Hinrunde
abhaken. Ich stelle mir vor, Duisburg, Aachen und Köln steigen auf.
Es ist eine NRW-Bundesliga. Und wir sind abgestiegen. Müssen nächstes
Jahr in Liga zwei spielen, in der dann keine einzige Mannschaft aus NRW
mehr dabei ist. Albtraum. Bitte nicht. Das Trio neben Sam bezahlt mir noch
das Geld für die Eintrittskarten, und tschüssi. Es war ein Versuch.
Aber gegen Bayern zu gewinnen, das schaffen wir nur einmal in 18 Jahren.
Zum Glück hab ichs gesehen.
Zu Hause angekommen, schmeiß
ich erstmal den Computer an. Spiele Sensible Soccer. Bochum gegen Bayern.
Es endet 1:3.
Mülheim by night
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